Episode 28/14 (vom 21.12.) Run 57/4

Welcome back, Omae. 

Wir freuen uns sehr, dass Du auch heute wieder dabei bist.

Derzeit On The Run sind: Blackstone, Bloody Guts, Chang, Gunner, Metge, Rubber Duck, Shark Finn, Snowcat und Triple S. 

Datum in unserer SR-Timeline: 05.10.- 06.10.2073

Was bisher geschah: Die Runner weilen in Hong Kong wo Mr. Johnson, ein Geist, den zweiten Wunsch seines Auftraggebers präsentiert. UC soll einen Coin Of Luck in der freien Handelszone Hong Kong aufspüren und holen. Um einen Ansatzpunkt für die Suche zu erhalten, führt Snowcat ein Divination-Ritual durch. Der Hinweis lautet, Kowloon Walled City. Rubber Duck erstellt via Drohne eine erste Karte vom härtesten Slum Südostasiens. Im Morgengrauen des 5. Oktober fahren die Runner an die ‚Mauer‘, um sich einen Eindruck zu verschaffen. Als Snowcat sich auf die Magie der Umgebung einschwingt, stellt sie erschreckt fest, dass die Hintergrundstrahlung im ganzen Bezirk ungewöhnlich hoch ist. Spontan wirft sie den bisher erstellten Plan um. UC soll sich nun nicht mehr zu Fuss durch das Gebiet bewegen, stattdessen wollen sie einen Hubschrauber besorgen und sich direkt über dem ausgemachten Zielgebäude abseilen.

Wir schalten uns genau in dem Moment in das Geschehen zurück, an dem wir die Runner das letzte Mal verlassen haben. 

Dabei erleben wir erneut alles aus den eisblauen Augen von Snowcat mit und tauchen wieder tief in ihre Gedankenwelt ein.

Deine Kommentare zur Episode passen am Besten unter ‚A Tale So Far, Part IX‘ [LINK].

Eine Beschreibung der Runner findest Du hier [LINK].

Hat ein Wort im Text eine andere Farbe, verbirgt sich darunter wahrscheinlich ein Link und es wird im Glossar erklärt. Du kennst ein anderes Wort aus dem Shadowslang nicht? Dann schau doch einfach auf gut Glück im Glossar vorbei. [LINK]

Noch eine Kleinigkeit: die Songs zum Text sollen lediglich zur Stimmung beitragen und sind keine versteckten Hinweise- jedenfalls meistens nicht. ;-) (Ich versuche immer Videos ohne störende Werbung raus zu suchen. Ich kann allerdings nicht garantieren, dass sie auch ohne Werbung bleiben. Manchmal werden die Videos von Songs sogar schneller komplett entfernt, als ich die Episode hoch laden kann, darum nenne ich vorsichtshalber Künstler und Titel neben dem Link. Wegen Lizenzrechten muss ich bei You Tube immer öfter auf Coverversionen oder schlechte Live-Varianten zurückgreifen, oder ich finde ein anderen Anbieter. Die komplette Episoden-Playlist findest Du hier [LINK].)

Bereit Omae? Na dann los!

[Song 1: Korn - Another Brick In The Wall] Wir fuhren zurück zum Hotel und kehrten wieder mal in meine Suite ein. Sie war ja auch am schönsten, abgesehen davon bot sie den meisten Platz.

„Ich hab das jetzt nicht ganz verstanden.“, meldete sich Bloody Guts zu Wort, „Was ist jetzt an der magischen Hintergrund-Strahlung so schlecht?“

Ich erklärte, „Sie schwächt erheblich die Fähigkeiten von jedem magisch Aktiven von uns. Wir verlieren Kräfte. Das Zaubern wird schwerer, die Zauber kleiner, aber dafür kann auch ein kleiner Zauber dem Mage den Kopf platzen lassen. Die schlimmeren Gegenden in Kowllon Walled City werden Domänen sein. Die, die dort leben haben es dafür mit ihrer Magie leichter und können dort riesige Zauber locker aus dem Ärmel schütteln. Stell es dir so vor, als wenn du in den Turf einer dir feindlich gesonnenen Gang eindringst, in den du dich nicht mal auskennst. Alle machen es dir schwer, aber den ‚anderen' helfen sie sofort. Generell wird sich die Stimmung der Gegend auf jeden von uns auswirken. Auch auf die, die nicht magisch aktiv sind. Unsere Stimmung wird gedrückt sein. Hinzu kommt, dass die Wahrscheinlichkeit ziemlich groß ist, dass sich die Münze genau in dem Gebiet eines Yama-Königs befindet. Im Zentrum seiner Macht - und zusätzlich sind wir durch die Stimmung auch noch anfällig für seine Kräfte.“

Alle blickten ernst drein, Bloody Guts sah sogar richtig besorgt aus, was ich leider nicht mal unangebracht fand.

„Diese Yama-Könige sind Geister?“, fragte Bloody Guts nach.

Ich wog meinen Kopf sanft einmal hin und her, „Viele Magier würden sie so klassifizieren. Aber so einfach sehe ich das nicht. Ich würde es bei dem Wort Dämon belassen. Es gibt schon einen Grund, warum sich diese Bezeichnung durchgesetzt hat. Das Wort Dämon hat den richtigen bösen Beigeschmack. Wir dürfen die Yama Könige in keinem Fall unterschätzen.“

Bloody Guts kratzte sich am Kopf, „Und was können die dann alles so?“

Ich musste leider mit den Schultern zucken, „Das ist bei Geistern immer so einen Sache. Je nach Art haben sie unterschiedliche Kräfte. Aber irgendwie gehe ich davon aus, dass die Dämonen über beeinflussende Kräfte verfügen. Das heißt, sie könnten einen zum Beispiel dazu zwingen, den anderen anzugreifen.“

Bloody Guts verzog das Gesicht, was es nicht gerade hübscher machte, „Das heißt, wir gehen in feindliches Gebiet, verlieren unsere Kräfte und dann kann es auch noch sein, dass mir einer von meinen Chummern eine Kugel in den Kopf jagt?“

Ich nickte.

„Das ist doch scheiße.“, entfuhr es ihm laut.

Metge klopfte Bloody Guts aufs Knie, „Sieh ezz mal zo, wenigstenzz isst äs unter Freundän.“

Alle lachten kurz, das wirkte entspannend. 

Bloody Guts grinste noch einen Moment und meinte dann ernst, „Jetzt mal ehrlich, die haben es doch hier alle in Hong Kong so mit Feng Shui und Wujen. Können wir da nicht ein Bandana kaufen, dass uns davor schützt? Oder einen Alu-Hut falten? Oder wenigstens einen finden, der ein bisschen sein Mojo wirkt und dann ist alles besser für uns?“

Ich lächelte, „Nein, ganz so einfach ist es nicht. Es gibt tatsächliche eine metamagische Fähigkeit, die die magische Umgebung temporär säubern kann. Aber einen sogenannten Geomancer, der bereit ist, uns zu helfen, werden wir wohl kaum finden und bezahlen können.“

Bloody Guts sah Triple S an, „Jetzt hol mal deinen dicken Folianten raus und guck, was wir da magisch tun können. Du bist doch der, der bei uns für Magie zuständig ist.“

Triple S nickte, „Das mag sein. Ich hab nur keine Folianten. Ich habe gehört, ein Geomancer kann einen Talisman mitnehmen, der Hintergrundstrahlung negiert. Allerdings gilt das nur für ihn. Das hilft uns also auch nicht.“

Nachdem wir nun wussten, was uns alles nicht half, besprachen wir, was wir alles tun konnten.

Wir beschlossen, eine Rescue-Drohne zu erwerben. Mit der konnte Rubber Duck einen Verletzten rausfliegen und Metge konnte denjenigen ohne Magieverlust im Hubschrauber und sogar schon unterwegs  per Valkery-Modul behandeln, wenn auch nur mit mundänen Mitteln.

Ferner beschlossen wir, uns Guts zu besorgen. Diese Droge würde uns zumindest gegen jegliche Form von Angst immunisieren, auch die, die Geister oder das Heulen einen Barghest in einem auslösen konnten. Selbstverständlich war auch diese Droge mit Vorsicht zu genießen. Sie schaltet zwar nicht völlig den gesunden Metammenschenverstand aus, aber es ist schon gefährlich, wenn man jeden knappen Sprung wagt, weil man keine Angst mehr hat, zu fallen. 

Zusätzlich hatte uns Metge eine Liste mit Medikamenten zusammen gestellt, die wir in einer Apotheke kaufen konnten. Daraus würde er uns einen Happy Maker zusammen mixen, der uns gegen die düstere Stimmung in den Slums helfen würde.

Als letztes stand ein Metalldetektor auf unserer Liste, den wir auf Bronze programmieren wollten.  Immerhin sollten wir ja eine Bronzemünze finden. Auf einen Coin Of Luck konnte man den Scanner leider nicht einstellen, laut Auftraggeber war der Name ja auch nicht mal erwähnt worden.

Während unseres Meetings hatten wir diverse Möglichkeiten erörtert, wie wir wohl einen eventuell vorhandenen Geist ablenken könnten. Am Ende hatten wir uns darauf verständigt, uns ein paar Portionen Crimson Orchid so besorgen und die in Kapsel-Munition zu füllen. Wenn wir sie auf die Bewohner von Kwoloon Walled City abfeuerten, würden sie sich nicht nur besser fühlen, nein, sie würden im Astralraum rot leuchten und einem Geist so die klare Sicht erschweren. 

All das konnten wir in Hong Kong käuflich erwerben, blieb noch der Hubschrauber.

„Da hab ich eine Idee.“, verkündete Rubber Duck, „Wir suchen uns ein Sky-Taxi-Unternehmen raus, besorgen uns passende Overalls und dann stellt Bloody Guts einen davon auf Wartung. Wir schleichen uns als Wartungspersonal rein, machen einen Wartungsflug und schon beschwert sich keiner darüber, dass das Teil fehlt. Je größer das Unternehmen, je mehr Taxis hat es und desto weniger fällt es auf.“

Ich war begeistert.

„Kannst du das Teil denn hacken?“, fragte Bloody Guts nach.

Der junge Asiate schüttelte den Kopf, ein paar Strähnen seiner modernen Frisur fielen ihm dabei ins Gesicht, „Nein, das musst du machen.“

Bloody Guts grinste schief, „Ach so, das muss ich machen. Kannst du bei deinem tollen Plan auch was alleine?“

Nun grinste Rubber Duck jungenhaft, „Ja, ich kann den Hubschrauber fliegen.“

Damit war hierfür zumindest auch die Grundidee geklärt.

Was jetzt noch blieb, - inzwischen war es Nachmittag geworden - war das Besorgen der Sachen und das vor Ort Umhören. Zwar nicht direkt in Kowloon Walled City, aber dafür direkt in der Umgebung der Häusermauer. Außerdem wollte ich mit meinem Gespür für den Astralraum die Höhe der Hintergrundstrahlung im Zielgebiet näher bestimmen. Dafür musste ich näher ran. 

Wir bestellten Essen aufs Zimmer und machten uns im Anschluss wieder in die Gegend auf, in der wir vor wenigen Stunden gewesen waren.

Katze gähnte.

Wegen fehlender Chinesisch-Kenntnisse und mangels sozialer Kompetenz, blieb das Umhören in der realen Welt fast ausschließlich mir überlassen. Bloody Guts trug derweil Informationen aus der Matrix zusammen und nach einigen Stunden war unser Bild von Kowloon Walled City noch düsterer und schmutziger, als zuvor. 

Dort regierten Kriminalität und das Recht des Stärkeren und die hygienischen Gegebenheiten waren nicht vorhanden. Je mehr ich erfuhr, desto weniger hatte ich noch Bock dorthin zu gehen. Die Schwarze Chrysanthemen-Triade trieb dort ihr Unwesen, denn ihr „Fleischhandel“ funktionierte dort ganz hervorragend. Eigentlich hatte sich in dem Slum niemand anderer aufhalten wollen, doch vor einiger Zeit hatten die Black Chrysanthemes den Handel mit Tempo, der erwachten Droge, die uns nur all zu gut bekannt war, übernommen. Das hatte die Smoked Circle Society auf den Plan gerufen, die in Hong Kong das Monopol für den Handel mit Crimson Orchid besaß, einer weiteren erwachte Droge. Die waren über die Konkurrenz nicht erfreut und hielten in Kowlloon Walled City Einzug. Natürlich am Rand. Noch mehr Triaden-Präsenz wollte nun wiederum Knight Errant nicht auf sich beruhen lasen und so hatte KE in der Vergangenheit immer mal wieder Razzien durchgeführt. Für die Bewohner hatte es das Alles nicht besser gemacht.

Interessanter Weise drang Knight Errant immer nur mit mindestens einem zusätzlichen Ares Firewatch-Team in das Gebiet ein. Sie gingen also davon aus, dass man es dort mit Geistern und Magie zu tun bekam, denn sonst würden sie ihre kampferfahrenen Magieexperten wohl nicht einsetzen. 

Üble Geschichten über Rivalitäten, die besonders grausam abgelaufen waren, hatte ich zu Dutzenden zu hören bekommen. Metamenschen hatten anderen Gliedmaßen ausgerissen oder sie bestialisch zerstückelt.

So war ich nicht weiter überrascht, als ich mit meinem Sinn für den Astralraum auf die Stelle konzentrierte, an der wir unseren Zielort vermuteten. Dort herrschte die heftigste Hintergrund-Strahlung und ich war ziemlich sicher, dass es sich um eine Domäne handelte.

‹Katze, ich wette ein Pfund gegrillten Lachs, dass das Haus und somit die Münze, mitten in einem Court eines Yama Königs liegt.›

‹Ich wette 2 Pfund davon, dass du Recht hast, Elfenmädchen.›

Ja, Kowloon Walled City war die Hölle.

Und in der Hölle lebten nun mal Dämonen.

Ich grinste schief in mich hinein, ganz korrekt war das nicht, jedenfalls nicht im Sinne jedes Glauben.

‹Aber ich verstehe deinen Punkt, Elfenmädchen.›, betonte Katze.

Da wir lieber bei Tageslicht in die Hölle eindringen wollten, beschlossen wir, bis zum nächsten Sonnenaufgang zu warten. So hatte ich eine weitere Nacht in meinem großen Bett vor mir. 

Okay, wir würden früh aufstehen, also war es eigentlich nur eine halbe Nacht. 

Allerdings fiel es mir schwer einzuschlafen. Sehr schwer. Also stand ich auf und sah eine Zeit lang aus dem Fenster. Das Treiben auf der Strasse hatte etwas Beruhigendes. Ebenso wie der nächtliche, wegen der Stadt sehr blasse, Sternenhimmel und der Blick auf den Victorias Peak. Dennoch blieb da diese Unruhe und dieses Gefühl zu frösteln.

Es gab niemanden, vor dem ich Angst hatte. Es gab natürlich sehr wohl Situationen, in denen ich Angst empfunden hatte, aber generell gab es eben nichts, wovor ich mich wirklich fürchtete. Permanente Angst isst die Seele auf und wer sich ständig vor einem schlechten Ausgang ängstig, kann schon bald vor lauter Zweifel die Lösung nicht mehr sehen. 

Doch Schattengeister, beeinflussende Kräfte und etwas, was man als Dämon bezeichnete, so etwas - nun, sagen wir mal, bereitete mir Sorge. Ich gruselte mich davor. Sie jagten mir einen Schauer über den Rücken.

‹Es spricht nichts dagegen, auch mal vor etwas Angst zu haben, Elfenmädchen.›, bemerkte Katze.

Ich seufzte laut und begab mich wieder ins Bett, ‹Ja. Nein. Ach ich weiß nicht. Angst zu spüren ist kein Ding, Katze. Aber sich generell vor etwas ängstigen und dann genau dort hinzugehen, ergibt doch keinen Sinn. Wenn ich vor etwas Angst habe, dann doch nur, weil ich nicht glaube, dass ich es besiegen oder schaffen kann und wenn es so ist, dann gehe ich dem doch aus dem Weg. Wenn ich aber hingehe, dann rechne ich mir Erfolgschancen aus und wenn die da sind, dann brauche ich auch keine Angst zu haben.›

Katze sprang ebenfalls aufs Bett und kuschelte sich zurecht, ‹Hmm, Elfenmädchen. Ich verstehe deinen Punkt. Wenn du dem Wort Angst diese Bedeutung beimisst, dann solltest du keine Angst haben. Doch am Ende ist es doch egal, wie du es nennst, das ungute Gefühl bleibt. Und dass es da ist, ist auch gut so. Denn wenn du es nicht hättest, würdest du unvorsichtig werden. Ich rate Dir auch, das ‚Guts‘ nicht zu nehmen. Es ist nichts unehrenhaftes daran, weg zu laufen und es reicht völlig, wenn ein paar der anderen das Zeug schlucken und die Stellung halten, bis du entkommen bist.›

Ich kicherte, „Nein, weglaufen ist nicht unehrenhaft, besonders nicht, wenn man so gut dabei aussieht wie ich. Allerdings ist es ungünstig, wenn man die Maus schnappen könnte und sie nur nicht bekommt, weil das Wesen gegenüber, seine Angstkraft gegen einen einsetzt, Katze.›

Katze schloss die Augen, ‹Das stimmt, Elfenmädchen. Verlier einfach nur nicht die Option des Weglaufens …›, Katzes Worte waren leiser geworden, ‹… aus den Augen. Später … könnte einfach…. ›. Katze war eingeschlafen, bevor sie den Satz beendet hatte.

Auch ich schloss die Augen. 

Dann kuschelte ich mich zurecht und …. machte die Augen wieder auf. 

Ich war einfach zu unruhig. So würde das nichts werden. Also schnappte ich mein Commlink und wies dem Bad via Haussystem des Hotels an, mir Wasser in die Wanne zu lassen.

Das warme Wasser und der duftende Schaum erfüllten schon bald seinen Zweck. Das ungute Gefühl löste sich fast völlig auf und wich Entspannung und einem Hauch Geborgenheit. 

Im Anschluss cremte ich meine Haut genussvoll und gewissenhaft ein, was das Gefühl von Sicherheit hinzufügte. Ich mochte sowohl den Anblick meines Körpers, als auch das Gefühl über meine Haut zu streichen. Meine Haut war feinporig und makellos, hell und weich. Sie war so perfekt, wie Haut nur sein konnte. 

Auch der Rest von mir war mehr als nur gut geraten. Ich bin schön! Und das wusste ich nicht erst, seit es mein Professor für Kunstgeschichte gesagt hatte. 

Mein Äußeres und meine Art mochten vielleicht nicht jedermann Geschmack sein, aber die Veränderung, die der Komet 2061 in meinem kindlichen Körper ausgelöst hatte, hatte mein Äußeres auf eine Art perfektioniert, der sich nur wenige entziehen konnten. 

Ich weiß nicht mehr viel von der Nacht meiner ersten Veränderung, doch die Auswirkungen hatte ich schnell zu spüren bekommen und zwar auf die positive Art. 

Ich war für die Metamenschen denen ich begegnet war, nicht einfach mehr nur ein halb verhungertes Kind gewesen. Ich war zu einen Mädchen geworden, dem man helfen wollte, dem man etwas zu essen gab und dem man freundlich gegenüber gesonnen war. Die, die mich nicht mochten, wollten mir zumindest nichts tun - und gehasst, weggestoßen oder gar angegriffen wurde ich ab diesem Tag immer seltener.

Ich bin fest entschlossen, dieses Geschenk oder diese Gabe - denn allgemein geht man davon aus, dass der Komet nur Veränderungen magisch auslöste, die schon zuvor in den Genen gesteckt hatten - zu erhalten und darum ist die Pflege meines Köpers eine wichtige Prozedur für mich. 

Mein Äußeres ist meine wichtigste Überlebensstrategie.

Nur wenige Jahre nach dem Kometen ist die Magie in mir erwacht und ich erhielt einen zweiten, positiven Schub.

Auch meine dritte Veränderung, das Erwachen meiner Drakeform, hatte sich durchweg positiv für mich entwickelt und meine Überlebenschancen abermals erhöht. 

Ich gehe nicht davon aus, dass noch ein vierter Boost in meinen Genen steckt, - die Veränderung meiner magischen Fähigkeiten nach den Ereignissen im Bunker sehe ich übrigens nicht als Boost, - also muss ich das schützen, pflegen und fördern, was ich habe. 

Umhüllt von Mandelduft kehrte ich zurück ins Bett. Leise und vorsichtig, um Katze nicht zu wecken.

Im Zimmer nebenan brannte noch Licht. Shark Finn war mein nächtliches Bad also nicht entgangen.

Ich schloss zufrieden die Augen und war im Nu eingeschlafen.

❄❄

Noch vor Sonnenaufgang standen wir gestriegelt und in Panzerkleidung in meiner Suite. 

Rubber Duck trug über seiner Combat-Biker Rüstung einen Mechaniker-Overall und dazu fahrertaugliche Turnschuhe. Er würde sich beim Eindringen beim Skytaxi-Unternehmen schon mal nicht durch seine Schuhe verraten.

Chang würde ihn begleiten, wenn er uns den Hubschrauber ausborgte, ebenso wie Triple S der schon allein deshalb mit musste, damit er Chang eine Körpermaske zaubern konnte.

Chang trug ebenso wie Triple-S keine Panzerkleidung, jedenfalls nicht offensichtlich. Ich ging aber fest davon aus, dass beide Form-Fitting Body Armor unter ihrer Kleidung trugen. 

Chang trug seinen asiatischen Stoff-Anzug, nebst weichen Schuhen. 

Triple S hatte einen fast schon legeren schwarzen Anzug nebst weißem Hemd an und trug drüber einen Duster. Seine schwarzen Schuhe waren blank geputzt. Er sah wieder nicht aus, als würde er auf einen Run gehen. Die Perlenkette um den Hals rundete das Bild ab.

„Ey.“, meinte Bloody Guts kopfschüttelnd, „Lauf bloß nicht neben mir. Ich will nicht, dass mich ne daneben gegangene Kugel trifft, die für dich gedacht war. ‚Kill the mages first’ und so. Schon mal gehört? Ich kann dir ein AR-Schild mit ‚Mage‘ drauf basteln, das wäre auch nicht eindeutiger, als dein Auftritt. Schon mal dran gedacht zur Tarnung ne MP und ne Panzerjacke zu tragen?“

Triple S schüttelte den Kopf, „Ich halte das für unnötig, da es mich nur behindern würde.“

Die drei machten sich dann auch gleich auf, um unser ‚vorbestelltes‘ Flugtaxi abzuholen. 

Wir anderen würden hier einfach auf sie warten. 

Metge trug ebenfalls gepanzerte Kleidung, doch da er den Hubschrauber nicht verlassen würde, hatte er darauf geachtet, nicht all zu martialisch daher zu kommen. 

Shark Finn trug wie immer seine schwarze Panzerweste und seine gepanzerte Hose und bei ihm wusste ich, dass er zusätzlich Form Fitting Body Armor angezogen hatte. Die Cyberarme blieben unbedeckt und man konnte die hawaiianisch-keltischen Muster gut sehen.

Bloody Guts trug eine Panzerjacke mit geschwätzten Nieten und Spikes, dazu eine gepanzerte Hose.

Gunner trug einen gepanzerten Urban-Camouflage-Anzug. Kombiniert mit dem Gurtzeug, machte er den kämpferischsten Eindruck. Die drei Männer trugen Combat-Boots, genau wie Blackstone und ich.

Wir beide hatten uns wieder mal für die maßangefertigten Chamäleon-Suits entschieden, die sich mit wandeln konnte. Blackstone würde diese Fähigkeit zwar in Kowloon Walled City verlieren, aber darum musste er ja nicht gleich völlig auf die Möglichkeit verzichten, sich überhaupt mit Panzerung wandeln zu können. Wir hatten zudem unser Daypack mit den dehnbaren Gurten dabei. 

Genau so würden wir uns in den Express-Lift nach oben zum Helipad begeben, wenn das Signal unserer Kollegen kam. 

Nur die Kapuzen und Masken würden wir erst im Hubschrauber aufsetzten. Dort würden wir auch erst unsere Waffen ausrüsten, die bis dahin in unseren Taschen oder Tüten schlummerten. 

Das Peninsula war für seine Diskretion bekannt und wenn man nicht gerade einen Trupp bewaffneter, wütender Polizisten hinter sich her zog, würde sich hier niemand um unser Aussehen scheren. Weder Angestellte, noch Gäste. 

Dennoch mussten wir es ja nicht übertreiben und konnten unsere Waffen in Taschen stecken.

Das ‚Ausborgen‘ des Hubschraubers verlief problemlos. Niemand hielt Rubber Duck, Chang und Triple S auf, als sie mit dem zu wartenden Hubschrauber eine Proberunde drehten. 

In den Lüften eines so hoch bebauten vollen Sprwals, war der Luftraum so stark mit SkyTaxis gefüllt, dass niemand die Möglichkeit hatte, alle Sky-Taxis genau zu überprüfen. Es fiel also nicht weiter auf, als Rubber Duck mit mit dem Huges Areospaces Emblem, einem Shuttle-Helikopter mit genügend Platz für uns alle, auf dem Dach des Peninsula landete.

Bloody Guts grinste, als wir in den Hubschrauber stiegen. Er hatte eine V.I.P.-Variante des Shuttles in die Wartung geschoben und zwar inklusive gekühlten Champagners und einiger Flaschen Bier.

«Glückwunsch zu diesem Kunststück.», kommentierte Rubber Duck.

«Na ich muss doch unseren Bonzenrunner-Level halten.», erklärte der Troll.

In einiger Entfernung nahmen wir die Drohnen auf, die Rubber Duck vorsorglich auf meiner Terrasse geparkt gehabt hatte und nun zu uns steuerte. 

Als wir uns auf einer der erlaubten Routen dem Zielgebiet näherten, setzten Blackstone und ich die Kapuzen unser Anzüge auf und sowohl Gunner, als auch Shark Finn zogen ihre verzierten, ballistischen Masken vors Gesicht.

„Boah, wie cool.“, bemerkte Bloody Guts, „so eine besorg ich mir auch.“

„Bittä nähmän sie jetzt ihre Cocktäils ein.“, bat uns Metge.

Es dauerte nur wenige Sekunden, dann machte sich in uns allen eine feine und dezente Euphorie breit. Wir waren gewappnet.

Wir hatten schon im Hotel geklärt, dass Triple-S der einzige von uns war, der sich noch nie in seinem Leben aus einem Hubschrauber abgeseilt hatte. Gunner half ihm in das Gurtzeug.

«Ich glaub, ein Profi sollte Snowcats Gurtzeug kontrollieren. Ich sollte mal zu euch kommen.», meinte Rubber Duck fröhlich.

«Vergiss es!», erwiderte Shark Finn sofort.

Rubber Duck sandte einen Smiley ins Teamnetzwerk und ging genau über der Mitte des langen Dach-Rechteckes des sechsstöckigen Gebäudes tiefer und tiefer. 

Es war an der Zeit, die Breezer auf zu setzten, denn die Luft da unten konnte durchaus schon toxisch sein. 

Blackstone und Chang seilten sich geschwind ab. Rubber Duck glich den Ruck mühelos aus, die Spannung stieg.

Ich hatte mich schon oft abgeseilt, generell war ich aber mehr so der Springer und weil Shark Finn das wusste, mussten wir gar nicht erst lange reden. Wir harkten uns beide an ein Seil und er nahm mich einfach mit.

Wir waren noch nicht ganz unten, als sich die Verzweiflung und der Kummer der Umgebung wie ein schwerer, nasser Mantel auf meine Seele legte. Und das trotz des Happy-Maker-Cocktails von Metge.

Der hohe Magieverlust war fast überwältigend. Ich musste Übelkeit und einen aufkommenden Kopfschmerz unterdrücken. 

Nein, hier wollte ich nicht sein!

‹Fokussier dich, Elfenmädchen.›, wies Katze an, ‹Du wusstest, dass es so kommen würde.›

Ich riss mich zusammen und dankte Shark Finn mit einem Lächeln und einem Danke auf Hawaiianisch. „Mahalo!"

Chang bewegte sich bereits vorsichtig über das Dach und sah sich um.

Als nächster kam Gunner vom Hubschrauber herab und auch ihm konnte man die schwierigen Gegebenheiten nicht am Gesicht ablesen. Was natürlich zu einem großen Teil daran lag, dass er eine Maske trug.

An Bord ging Bloody Guts noch einmal die Details des Abseilen mit Triple S durch und dann sagte er, «Nee, du kannst das gar nicht. Komm, wir machen das so wie Shark Finn das mit Snowcat gemacht hat. Du kannst den Ruck doch auch abfangen, wenn er heftiger ist, oder Rubber Ducky?»

«Copy, na klar kann ich das.»

Was er dann auch wirklich problemlos schaffte.

Während der Hubschrauber an Höhe gewann und sich entfernte, entglitten Triple S sämtliche Gesichtszüge. „Scheiße.“, sagte er halblaut und panisch, „All meine Foki sind aus. Da geht ja wirklich gar nichts mehr. Ich will zurück!“

Ich trat zu ihm und lächelte ihn an, „Hey, die sind nur aus und nicht kaputt. Lass uns das hier zügig durchziehen und so schnell wie möglich von hier verschwinden.“

Er holte tief Luft und nickte dann. Glücklich war er natürlich nicht mit der Situation.

Plötzlich schepperte und polterte es!

Ich drehte mich um. Chang war nicht mehr zu sehen. Verdammt, er war im Dach eingebrochen. 

Na das ging ja gut los.

«Chang? Alles Okay?», fragte ich über den Teamkanal.

«Ich kann mich noch halten.» erwiderte er.

Blackstone griff schnell nach seinem Gladius und machte ihn an einem Seil fest. Dann suchte er nach einer Möglichkeit, das Gebilde irgendwo fest zu stecken. «Ich hol ihn.», gab er bekannt.

Von Rubber Duck kam, «Wartet, meine Dragonfly hat Radar, ich kundschafte die Bodengegebenheiten aus.»

Und da erschien das kleine Teil auch schon bei uns. Gleich im Anschluss blendeten sich rote und grüne Bodenzonen in einem AR-Fenster ein. 

Blackstone kannte nun einen Weg, legte sich nahe des Lochs auf den Boden und zog Chang mit dessen Hilfe hoch.

Wir anderen waren genau dort geblieben, wo wir gestanden hatten. Etwas, was besonders auf die Trolle zutraf.

Als wir alle wieder beisammen waren, setzte sich Gunner Richtung Tür im Aufbau in Bewegung. Er hatte gerade einen Fuss gehoben, als ein lautes ‚STOP‘, von Rubber Duck kam. 

Gunner blieb bewegungslos stehen.

Rubber Duck lachte, «Da ist nichts, war nur ein Scherz. Der Weg bis zum Aufbau liegt im grünen Bereich.»

Wir stießen alle erleichtert die Luft aus und einige lachten. Gunner gehörte dazu.

«Sorry, den musste ich einfach bringen.», entschuldigte sich Rubber Duck, «Kommt sicher kein zweites mal vor.»

Gunner winkte ab, «Schon in Ordnung. Lockert die Stimmung auf und das können wir hier gut gebrauchen.»

[Song 2: Constantine Score - The Cross Over] Tageslicht fiel nun in das staubige Treppenhaus. 

Die Farbe an den Wänden war abgeplatzt und es lag Geröll und Müll auf dem Boden. 

Die Last auf unseren Seelen schien größer zu werden, als die Tür hinter uns zu schlug. Das Geräusch dazu kam mit ungewohnt laut vor. Zum Glück fiel die Tür nicht fest ins Schloss. Spärlich drang das Licht durch den Spalt der angelehnten Tür.

Ich hatte einen Grossteil meiner Adeptenfähigkeiten verloren. So konnte ich weder nach Bewegung noch nach Magie spüren. 

‹Keine Sorge, Elfenmädchen.›, beruhigte Katze mich, ‹die wichtigsten Fähigkeiten sind dir geblieben und Shark Finn ist auch noch da.›

Ich nickte, «Lasst uns loslegen, je früher wir durch sind, desto schneller können wir hier wieder weg,»

Wir folgten der Dagonfly die schmale Treppe runter. Zuerst kam Blackstone, dann Chang, Gunner und dann ich. Hinter mir lief natürlich Shark Finn, dann folgten Triple S und Bloody Guts. Rubber Ducks Kampfdrohne deckte unseren Rücken. Ihr Summen hatte etwas Beruhigendes.

Nachdem Blackstone die Tür zur 6. Etage geöffnet hatte und wir den Innenhof des Hauses betraten, wurde das Bild, dass sich uns bot, noch düsterer. 

Ein breiter, durch eine Balustrade zum Schacht in der Mitte abgetrennter Balkon führte im Viereck im Inneren um das Haus. Über den Schacht konnte man bis auf den Boden des Gebäudes sehen. Auf den ersten Blick war schwer zu sagen, ob es sich um den Boden im Keller oder Erdgeschoss handelte, aber nach dem Durchzählen, war es klar, dass es der Boden des Erdgeschosses sein würde. 

Wir waren ziemlich genau in der Mitte eines ‚Balkons‘ raus gekommen, gegenüber auf der anderen Seite des Balkons führte eine Treppe nach untern. Über den offenen Schacht konnte man immer einen Teil der anderen Etagen sehen. Nur der Blick direkt nach unten war verschlossen, denn die Böden der Balkons bestanden aus Beton. 

Die Dragonfly ließ sich in der Mitte des Schachts hinab.

Auf der linken und rechten Seite des Balkonumlaufs führte ein Gang auf jeder Etage nach rechts und links ab. Diese Gänge waren nicht sonderlich breit und wie der Innenhof fensterlos. Auch hier lag Tür neben Tür. Die Wohnungen dahinter mussten winzig sein.

Der Rest der Wände gegenüber der Balustrade wurde entlang der ganze Strecke immer wieder durch Wohnungstüren unterbrochen. Teilweise hingen sie schief in den Angeln. Überall auf den Balkonumläufen lagen Unrat und Geröll umher. Eine Etage tiefer, genau unter uns, befand sich ein weiterer Treppenaufgang, der die Etagen verband.

Jede Etage bot des gleiche, traurige Bild. Sie unterschieden sich nur durch die verschiedenen Lage der intakten Türen. Keine Namensschilder, keine Farbe, kein AR. Kaum Tageslicht, denn nur wenig davon kam durch die blinden Oberlichter im Dach. Die Lampen waren so schmutzig, dass die wenigen, die überhaupt funktionierten, auch nur wenig Licht beisteuerten. Genug für Elfenaugen, doch für Menschen herrschte ewiges Halbdunkel.

Nur Verfall, Artmut und Trostlosigkeit. 

Wenigstens schütze mich der Breezer vor dem Gestank,

Eine Etage stellte eine Ausnahme zu den anderen da. Und zwar die sechste, in der wir uns gerade befanden.

Dem linken Balkon fehlten sowohl die trostlosen Türen als auch der Gang weiter in das Gebäude. Genau dort, wo auf den anderen Etagen der Gang nach links lag, befand sich hier oben eine schwere, große, doppelflüglige Tür, die aussah, als wäre sie aus Bronze. Die Tür war mit asiatischen Symbolen verziert, die mir nichts sagten. Ferner wurde die Tür durch einen schweren Balken verschlossen, der wiederum durch eine dicke Metallkette mit den Türen verankert war, die durch ein Vorhängeschloss verschlossen war. 

‹Bingo, Elfenmädchen.›, verkündete Katze.

In der dritten Etage regte sich etwas auf einem der Balkone. Rubber Duck steuerte die Dragonfly so, dass wir zusehen und zuhören konnten.

Ein hager, hochgewachsener Chinese Mitte 20, ein Mensch, stritt sich heftig und lautstark mit einer dürren Chinesin, ebenfalls ein Mensch, Mitte 50. Beide sahen ungesund aus und waren vom Leben hier gezeichnet.

Der Streit wurde von Sekunde zu Sekunde heftiger.

„Das ist mein Schatz.“, brüllte der Mann.

“Nein, der Schatz gehört mir.“, kreischte die Frau.

Sie rissen und zerrten an irgend einem Lappen oder einer Decke. Dann schubsten sie sich und schlugen auf einander ein. Schließlich erschlug der Mann die alte Frau, er riss die Decke an sich und drückte sie fest. Währenddessen trat er noch ein paar Mal auf den reglosen Körper der alten Frau ein. Dann kuschelte er die Decke an sich und schlurfte von dannen, als wenn nichts geschehen wäre. Ein paar Türen weiter verschwand er in einer der Wohnungen.

Mir war das Blut in den Adern gefroren und ein kalter Schauer nach dem anderen jagte mir über den Rücken. 

Es war schlimmer, als ich gedacht hatte.

Mit fester Stimme wies ich an, «Sehen wir uns erstmal um. Vielleicht finden wir ja jemanden, der uns verrät, wer hinter der Bronzetür wohnt oder gewohnt hat. Ich schätze, hinter der Tür liegt unsere Ziel. Lasst uns aber auf der anderen Seite lang gehen.»

Gleich in der fünften Etage fanden wir eine geschlossene Tür, hinter der wir laut Radar einen Bewohner vermuteten. Da er auf unser Klopfen nicht öffnete, trat Gunner die Tür einfach ein. Bei dem leichten Material war das kein Problem. 

Ein in Lumpen gehüllter, magerer, zerzauster Chinese, ebenfalls ein Mensch, ich schätze ihn auf Mitte 40, erschrak nur kurz, als wir eindrangen. Dann starrte er uns finster an, „Geht weg.“, zischte er.

Angst schien er keine zu haben. 

Ich machte nur einen Schritt auf ihn zu und war abermals froh, dass der Breezer meine Nase schützte. 

Der Chinese kniff die Augen zusammen, ließ mich aber näher kommen. „Geh weg.“, sagte er nicht mehr ganz so entschlossen, aber von Hilfsbereitschaft oder gar Freundlichkeit fehlte jede Spur.

„Wir würden dich gerne etwas fragen.“, begann ich vorsichtig.

„Ihr bekommt meine Schätze nicht.“ erwiderte er, „Ihr seid Diebe!“, er blickte hektisch und giftig zwischen den anderen hin und her. Er wurde wieder leiser, „Seid ihr Diebe?“ fragte er mich besorgt.

Ich schüttelte den Kopf, „Wir möchten Information tauschen. Kannst Du uns sagen, wer da oben hinter der Bronzetür wohnt? Wir geben dir auch etwas dafür.“

Der Mann schüttelte erst den Kopf, dann sah er sich um, sah mich an und nickte, „Holt mir meinen Schatz zurück.“, verlangte er leise. Dann brüllte er plötzlich, „Meinen Schatz, den mir der Dieb gestohlen hat! Der widerliche Dieb!“

Wieder schauderte es mich. Ich holte Luft und sagte freundlich, „Wenn du weißt, wer es war, holen wir die deinen Schatz zurück und dann sagst du uns, was du über den Bewohner hinter der Tür weißt!“

Er nickte und kam eine winzigen Schritt näher. „Gut, abgemacht.“, flüsterte er.

Ich verstärkte mein Lächeln, „Wie sieht denn dein Schatz aus?“, fragte ich freundlich.

Der Mann schreckte hektisch zurück und rief, „Das sag ich euch doch nicht! Dann behaltet ihr den Schatz für euch. Bringt mich hin. Der Dieb wohnt unter mir.“

Ich seufzte innerlich. Es war sogar viel schlimmer, als befürchtet. Doch dann nickte ich, „Na dann komm.“

Auch eine Etage tiefer trat Gunner kurzen Fusses die Tür ein. Das Radar der Dragonfly hatte uns schon verraten, dass niemand in der kleinen Wohnung war. 

Der Chinese flüsterte, „Ich suche! Ihr passt auf. Ich kenne die besten Verstecke.“

Dann begann er tatsächlich zu suchen. Er riss Türen auf und fand den einen oder anderen Gegenstand in einem Versteck, der aber offenbar nicht sein Schatz war. „So ein gemeiner Dieb.“, murmelte er immer wieder.

Das war so was von gruselig.

Rubber Duck meldete, «Da unten an der Wand befindet sich ein Hohlraum. Ich blende euch ein, wo.»

Ich wies auf die Stelle, „Hey, sieh doch dort einmal nach. Ich glaube da ist ein Versteck.“

Der Chinese sah mich ungläubig an, „Du meinst da?“, er zeigte auf die richtige Stelle.

Ich nickte. „Ja, genau da.“

Er begann vor sich hin flüsternd zu suchen, fand einen Mechanismus, öffnete eine Klappe, wurde dann ganz aufgeregt und zog einen Ziegelstein aus dem Versteck hervor. 

Einen verdammten Ziegelstein!

Den er dann glücklich an sich presste, in einen Lappen einschlug und verstaute. „Mein Schatz. Das ist mein Schatz.“ sagte er zufrieden. Dann kniff er die Augen wieder zusammen, „Dann gehe ich.“

„Sag uns bitte, was du über den Bewohner hinter der Tür weist.“, bat ich, nachdem wir uns ein Stück von der Wohnung entfernt hatten.

Der Chinese trat näher an mich heran. Näher, als mit lieb war. 

Ich konnte die Anspannung von Shark Finn spüren. Er fasste mir vorsichtshalber an die Hüfte, um mich wegreißen zu können. 

Der Chinese flüsterte zischend, „Da wohnt keiner mehr.“ Er blickte sich mehrmals um und wurde noch leiser, „Da hat mal ein alter, dicker Mann gewohnt, aber der hat mir was gestohlen.“ In das Gesicht des Chinesen trat ein wahnsinniger Gesichtsausdruck, der einem das Blut in den Adern gefrieren ließ, „Den hab ich getötet!“, stieß er hervor. Dann presste der Mann seinen Schatz noch fester an sich und rannte von dannen. 

Wir ließen ihn ziehen.

Viel war in diesen frühen Morgenstunden noch nicht in dem Haus los. Ein kurzer Flug der Dragonfly in die Gänge der fünften Etage hatte ergeben, dass sich an deren Enden weitere Treppenhäuser befanden, es von dort aus aber keinen Zugang zur sechsten Etage gab. Der Treppe nach oben war zugeschüttet, so blieb nur die Bronzetür, um auf diese Etage zu gelangen. Denn auch dem Dach, ließ sich kein Einstieg finden.

So versammelten wir uns dann alle vor der eigentümlichen Tür, die tatsächlich aus Bronze bestand. 

Ich nahm astral wahr. Die Hintergrundstrahlung äußerte sich in einem dunkelgrünen, wabernden Nebelfeld, dennoch konnte ich sehen, dass auf der Tür ein Zauber lag. Sie war magisch verstärkt, also durchbrechen würden wir nicht können, so viel war klar. Ich teile dem Team diese Erkenntnis mit, so wie ich auch vorher nichts zurück gehalten hatten. Das war nicht der Ort für Extra-Geheimnisse.

Vorsichtig, wie wir hier waren, drückten wir die Tür so weit auf, wie der Balken es zu ließ. Der entstehende Spalt reichte zumindest am Boden aus, um meine Endoskop-Kamera hindurch zu schieben. 

Es war zu erwarten gewesen, dass die ‚Wohnung‘ hinter der Tür über die halbe Etage reichte. Doch das, was dahinter war, wunderte mich dann doch. 

Die Bilder der Kamera zeigten einen spärlich erleuchteten Audienzsaal, wie man ihn vor einem asiatischen Tempel oder Thronsaal erwartete. 

Entlang der Wände standen Sitzgelegenheiten und Skulpturen, der Boden war glatt und die breite Mitte des Raumes ansonsten leer. Im oberen Drittel der Wände hingen in regelmäßigen Abständen Lampen, nur ein paar davon flackerte dunkel. Ganz so, als müsse erst noch ein Funke überspringen, um sie leuchten zu lassen. Es konnten durchaus auch Kerzen sein, das ließ sich nicht sagen. Aber wer sollte die entzündet haben?

Das Eigentümliche war, dass das alles hier nur den Eindruck von vergangener Pracht machte. Ich Wirklichkeit hatte sich jemand Mühe gegeben, dieses Bild mit Hilfe von Müll zu erzeugen. Einige Bänke waren ursprünglich mal Transportboxen gewesen und die Buddha-Skulpturen waren aus diversem Plastikabfall zusammen geschustert.

Auf der anderen Seite des langen Raumes befand sich eine weitere doppelflüglige Tür, die geöffnet war. Es war zu dunkel, um etwas zu erkennen, aber dadrinnen schien sich etwas zu bewegen.

«Commsignale sind da jedenfalls keine.», gab Bloody Guts bekannt.

Wir diskutierten kurz einige Möglichkeiten in den Raum zu kommen, aber am Ende lief es wohl auf das Knacken des mechanischen Schlosses hinaus. Zum Glück hatte Bloody Guts einen Autopicker dabei. 

Ich war mir nicht sicher, ob das reichen würde. Niemand von uns war gut darin, mechanische Schlösser zu knacken. 

Triple S räusperte sich, «Ich habe einen Zauber, der beim Öffnen des Schlosses helfen könnte.»

Ich nickte, «Na dann los. einen Versuch ist es Wert.»

Blackstone sicherte nach rechts, Gunner nach links und Chang behielt vom Geländer aus so viel von unter uns im Auge, wie möglich war.

Triple S zauberte und machte sich dann mit Werkzeug von Bloody Guts am Schluss zu schaffen. Es sprang tatsächlich auf. Triple S blutete nur etwas aus der Nase. Ich reichte ihm ein Taschentuch, damit er sein weißes Hemd nicht beschmutzte. 

Gunner entfernte die Kette, Bloody Guts nahm den Balken runter und dann schoben die beiden die Türen bis zum Anschlag auf.

Ich nahm astral wahr, um weitere Zauber entdecken zu können und blickte gegen eine Wand aus schimmernder Magie. 

Frag. 

Da stand ein Hüter und die Kraftstufe hatte sich gewaschen.

Ich konnte mich da eventuell durchdrücken, aber Blackstone würde mit Sicherheit scheitern. 

Mit ruhiger, fester Stimme sagte ich an, «Hier im Türrahmen steht ein mächtiger Hüter. Magisch kann dahinter also alles sein. Aber eine Sprengfalle scheint es schon mal nicht zu geben. »

Jetzt konnte man auch erkennen, dass die Fenster nach außen blickdicht vernagelt waren. Das spärliche Licht flackerte immer noch, was den merkwürdigen Eindruck verstärkte. 

Bloody Guts meldete, «Commsignale gibt es immer noch keine.»

Ich sah Triple S an, «Trittst du bitte durch den Hüter und siehst dich dahinter nach Zaubern um?»

Der Mann zuckte mit den Schultern, «Okay, kann ich machen. Meine Foki sind ja eh schon alle aus. Feindlich gesonnen ist uns bisher übrigens niemand, aber der Zauber reicht ja auch nicht durch den Hüter.»

»Gut zu wissen.», bestätigte ich.

Triple S zögerte, «Warum kommst du nicht mit, Snowcat?», fragte er in neutralen Ton.

Shark Finn ersparte mir einen Antwort, «Beweg einfach deinen Hintern da rein, Triple S.», jegliche Freundlichkeit war aus seiner Stimme verschwunden.

Triple S trat hindurch. 

Er wurde schon mal nicht desintegriert, wie ich erfreut feststellte. 

Der Mann sah sich um, «Ich kann bei der Suppe hier kaum was erkennen. Zumindest sehe ich aber auch keine Zauber. Der Hüter ist im Boden verankert, wir müssten schon ein Riesen-Loch in den Boden sprengen, um die Verankerung zu zerstören. Da das Teil wirklich potent ist, werden wir ihn auch schwer zerstören können.»

«Ist das ein Problem?», fragte Gunner.

Nein, dachte ich bei mir, normaler Weise nicht, aber für die Drakes Im Team dann schon. Laut fügte ich hinzu, «Nicht unbedingt ein Problem, nur Blackstone und ich können erstmal nicht mit rein.»

Triple S hob eine Augenbraue. Er würde zumindest in die richtige Richtung denken, auch wenn er nicht gleich einen Treffer bei unserer Natur landen würde. Er sah mich kurz an, setzte sich dann aber in Bewegung, um langsam tiefer in den Raum zu gehen.

Die anderen reagierten nicht weiter auf meine Bemerkung. Ich wies an.. «Shark Finn wird bei uns bleiben. Chang, Gunner, Bloody Guts, begleitet ihr Triple S bitte und seht euch weiter hinten um? Bloody Guts denk an den Bronzescanner. Aber passt auf, ich habe vorhin hinten eine Bewegung bemerkt.»

Es behagte mir nicht sonderlich, die vier alleine ziehen zu lassen. Nicht, weil ich ihnen nichts zutraute. Ich war einfach viel zu neugierig und war mir nicht sicher, ob die Jungs mich ausreichend informieren würden. Zum Glück schickte Rubber Duck die Dragonfly mit rein. So würde ich Bild und Ton haben.

Blackstone fand, das sicher, sicher war und verkeilte mit Finns Hilfe den Balken in der Doppeltür. Die Ritzen an beiden Seiten füllte er mit Müll von der Etage. Zufallen konnte die Tür nun nicht mehr.

[Song 3: Constantine Score -  Circle of Hell] Die vier Jungs hatten erst wenige Schritte getan, als in einem Teil des - ich nenne es jetzt mal Vorraum - die Lichter angingen. Das Flackern hatte aufgehört und der Raum war nun gut erleuchtet.

Mit weiteren Schritten erwachten weitere Lichter zum Leben. Das war schon irgendwie unheimlich. 

Kurz bevor die Männer die Schwelle in den Raum dahinter überschritten, gingen auch dort die Lichter an. Und was da erhellt wurde, war ganz und gar kein Müll.

In einem Thronsaal mit prächtigen Tapeten an den Wänden, goldenen Leuchtern und einem weichen Teppich, residierte ein dicker Chinese auf einem Berg von Kissen. Sein Haar war dünn und zerzauselt und er sah nicht gerade gesund aus.

Gleich darauf musste ich mich revidieren. Das war leider gar kein Kissenberg auf dem er da saß. Das war sein übelerregend fetter Körper und wenn da ein Thron war, umschloss er den mit seiner Masse vollständig. 

Ekelhaft.

Der Mann war zumindest in eine prächtige, gelb-grüne, asiatische Seidenrobe gekleidet, deren Muster sich …bewegte? 

Bei allen Drachen der 6.Welt. Das war keine Robe. Das waren Hunderte von Heuschrecken, die sich einer Robe gleich an den Mann schmiegten.

So etwas Widerliches hatte ich noch nie im meinem Leben gesehen und eigentlich hätte ich es auch nicht sehen wollen.

Noch hatte der Typ die Augen geschlossen, doch er öffnete sie, als meine vier Jungs vor ihn traten. Alle hatten sich unter Kontrolle und niemand wandte sich ab, als der Yama King müde seine Augen über die Männer schweifen ließ.

Bloody Guts begann vorsichtig mit dem Scannern.

Ich war absolut sicher, dass es sich bei dem Kerl um einen Yama King handelte. Leider wusste ich zu wenig über die Könige, als dass ich ihn beim Namen hätte nennen können.

‚Recherche, Recherche, Recherche!‘, schossen mir die mahnende Worte meines Mentors durch den Kopf. Ich zuckte mit den Schultern, nun war es zu spät dafür.

Da niemand von uns etwas sagte, ergriff der Yama König das Wort, «Was begehrt ihr?», fragte er auf Chinesisch.

Chang übersetzte.

Triple S stand ein Stück weiter vorn als die anderen, er erwiderte , „Wir begehren nichts. Wir suchen etwas." 

Da er Englisch sprach, reagierte der Yama King nicht weiter.

Ich soufflierte ihm eine Übersetzung und Triple S sprach mir nach.

„Begehrt ihr nicht, was ihr sucht?“, fragte der Mann im Heuschreckengewand. 

Chang übersetzte und Triple S schüttelte den Kopf. „Nein. So dringend brauchen wir das nicht.“ Was ich dann übersetzte und soufflierte und Triple S im mehr schlechten als rechten Chinesisch wiederholte.

Es entstand eine lange Pause und dann fragte der König, „Und was sucht ihr?“

Triple S drückte sich um eine Antwort. Er lobte den Saal und sagte erstmal nachträglich guten Tag. Was ich irgendwie übersetzte und ihm soufflierte und immer so weiter.

So tanzten Triple S und der Yama König eine Weile um den heißen Brei. Das würde zu nichts führen, sondern ganz schnell an der Sprachbarriere scheitern. «Chang, du musst die Verhandlung übernehmen.», erklärte ich. «Ich helfe dir weiter, wenn du ins Stocken gerätst. »

Chang zögerte. Natürlich behagte ihm das alles nicht. Doch er verbeugte sich schließlich und sagte, „Vielen Dank, dass ihr uns empfangt:“

«Der Scanner liefert keine Treffer.», meldete Bloody Guts, «Aber ich kann auch nicht durch den Fleischberg scannen und ich glaub, dadrunter liegen Sachen. »

Es schüttelte mich kurz bei dem Gedanken, etwas an mich zu nehmen, worauf der Kerl gesessen hatte.

Chang erhielt unterdes die volle Aufmerksamkeit des Yama Kings, auch wenn er sich ihm nur langsam zuwandte.

Ich gab Chang Tipps und er bot ein paar Höflichkeiten dar, die der König entgegen nahm. Chang machte das ganz gut, er wusste sich zu benehmen und ich überließ ihm das Steuer. 

Einige Textnachrichten schlugen auf Changs Commlink ein. Wir mussten mehr rauskriegen. Zum Beispiel mussten wir herausfinden, was dem König die Bewohner bedeuteten, ob er wissen konnte, wer die Münze hatte oder ob er sie selber besaß, wovon irgendwie immer noch auszugehen war. 

Chang fragte, „Wie steht Ihr zu den Bewohnern des Hauses?“

„Das sind meine Untertanen. - Ich frage noch einmal, was sucht ihr?“

Chang erwiderte nach einigem Überlegen, „Was verborgen zu sein scheint.“

Der Yama King warf Chang einen scharfen Blick zu, „Ich spüre Unaufrichtigkeit in euren Antworten und in eurem Zögern.“ 

Ich übersetzte simultan und Triple S bemerkte, „Sag ihm, wie sind von seinem Hof so beeindruckt.“ Der Yama König sah nun wieder zu Triple S und meinte auf Chinesisch, „Ach bist du das? Ich habe nicht den Eindruck.“

Ach, sie mal einer an, der Typ verstand ja doch Englisch. 

Chang verbeugte sich und sagte, „Ein Sprichwort sagt, wer leicht zustimmt, hält selten Wort. Wir befinden uns auf der Suche nach Wissen.“

Der Yama König blickte verächtlich drein. „Wohlstand, Reichtum, dabei kann ich euch helfen. Wissen findet ihr hier nicht.“

Chang erwiderte, „Genug zu haben ist Glück. Mehr als genug zu haben ist Unglück.“ 

Der Yama König blieb ruhig, doch zufrieden wirkte er nicht mehr, „Wenn ihr Wissen sucht, seid ihr am falschen Hof.“

Das konnte ewig so weiter gehen, «Verrat ihm ruhig, was wir suchen.», riet ich Chang, « mal sehen, wie er reagiert.»

Chang nickte, „Ihr habt Recht, jeder Tag bietet genug Möglichkeiten um Wissen zu suchen und  Weisheit kommt mit dem Alter. Meine Begleiter suchen eine Münze. Sie ist alt, aus Bronze, vier Symbole stehen darauf und sie hat ein viereckiges Loch in der Mitte. Es heißt, sie bringt Glück.“

Das war eine Aussage, die den Mann im Heuschreckengewand erfreute, „Wenn ihr eine solche Münze sucht, die habe ich in meinem Besitz.“

„Was müssten wir tun, um sie zu bekommen?“, fragte Chang nach.

„Bringt mir alle Schätze der Bewohner dieses Hauses.“

Verdammt, das war gar nicht gut. Er konnte uns mit den Details fertig machen und am Ende standen wir mit Nichts da, weil wir den ‚Schatz des alten Wu‘ nicht hatten finden können. Im Teamnetzwerk entstand bereits eine Diskussion. 

Wenn wir nur mehr über den Yama König, seine Ziele und seine Magie wüssten. Bis jetzt wussten wir ja nicht mal, ob das wirklich ein Geist war.

Ich wollte da rein, um selbst mit dem König zu sprechen. Ich überlegte einen Moment. Eigentlich war ich stark genug, mich da durch zu drücken und rein theoretisch müsste ich in der Lage sein, Blackstone mit zu nehmen. Den Versuch war es wert.

Ich bat Chang, «Frag ihn, wie wir ihn ansprechen können. Dann erfahren wir vielleicht, wer das ist. Ich versuch jetzt rein zu kommen.» 

Chang verbeugte sich und fragte artig, „Wie dürfen wir euch eigentlich ansprechen?» 

«Mit König oder Richter.», lautete die kurze Antwort.

Das war unbefriedigend. Ich hatte weiter keine Ahnung, wofür der Kerl stand. Egal, wenn ich willensstark genug war, konnte ich meinen letzten aktiven Fokus ebenso mit durch den Hüter nehmen, wie Blackstone. 

Und ich war willensstark und vor allem charismatisch genug. 

Ich griff nach der Hand des Zwergs, sagte selbstbewusst, „Folge mir.“ und dann trat ich festen Schrittes hindurch.

Wir kamen auf der anderen Seite an, beide. Oder viel mehr alle drei, Shark Finn stand bei uns, so deckte nur noch die Kampfdrohne den Rückweg, aber das musste reichen, zumal im Hubschrauber gleich zwei von uns die Sensoren im Auge behielten. 

Während wir schnell in den Thronsaal eilten, überlegte das ganze Team weiter, was wir tun konnten. Konnten wir alle Schätze zusammentragen? Würde wir dabei Bewohner töten müssen? Sicherlich. Wie lange würde es dauern? Woher sollten wir wissen, was der wichtigste Schatz war? Wie viele lebten hier? War es nicht einfacher, gleich mit dem Yama King zu kämpfen? Konnten wir ihn besiegen? 

Chang hatte lange nichts mehr gesagt. Die Teamdiskussion lenkte ihn ab. Gut, dass ich jetzt da war. 

Ich verbeugte mich sofort nach unserer Ankunft. 

Blackstone brabbelte etwas von Unaufrichtigkeit, Misstrauen und ähnlichem. Er war definitiv bereits auf Konfrontation aus und versuchte den Yama König auf Englisch zu provozieren. 

Doch zunächst schenkte der König mir seine volle Aufmerksamkeit, „Ah!“, meinte er erfreut.

Doch dieses Ah war nicht erfreut genug, um mich zu erfreuen. Der - ich nahm astral wahr- Geist wurde nicht durch mein schönes Äußeres beeinflusst. Nun mochte ich ihn noch weniger. 

Die Aura zeugte von der Macht, die ihm inne wohnte. Aber er war weniger potent, als ich befürchtet hatte. Wir würden eine Chance haben, ihn zu besiegen.

Wahrscheinlich.

„Wenn wir die Schätze der Mitbewohner besorgen, könnten wir sie alle töten müssen.“, setzte ich die Verhandlung nahtlos fort, „Ist euch das egal, Majestät?“ 

Er lächelte nicht, doch ich hatte das Gefühl, dass ihm die Idee gefiel. „So sind Metamenschen, eben.“, erklärte er gelassen.

Im Teamnetzwerk wurde inzwischen diskutiert, ob es Gier war, wenn man etwas wollte, was man nicht behielt. 

„Habt ihr genau die Münze, die wir suchen überhaupt, Hoheit? Münzen ähneln sich doch meist“, fragte ich frech nach. 

„Willst du mich in meinem eigenen Hof der Lüge bezichtigen?“, brauste der König erbost auf. 

Die verdammten Heuschrecken regten sich bedrohlich. Nein, der Typ würde mich kaum anders behandeln, als alle andere. Also nicht genug jedenfalls. 

«Ich bin Richter und König und habe es nicht nötig zu lügen.»

‹Ich finde ihn auch widerwärtig, Elfenmädchen.›, betonte Katze.

Ich war mir nicht sicher, wie es weiter gehen sollte und ich erwog sogar unverrichteter Dinge zu gehen und später wieder zu kommen, allerdings nicht besonders ernsthaft. 

Ich hielt den König mit der einen oder anderen Bemerkung bei Laune, während das Team weiter Optionen erläuterte. 

Wie blöd, dass es mir selbst durch den Kräfteverlust heute auch schwerer fiel, gleichzeitig zu reden, zu zu hören und zu denken. Aber eines war mir im Gespräch klar geworden, egal, was ich sprachlich versuchte, er würde mir den Münze nicht einfach geben.

Ich verbeugte mich, wandte mich leicht ab und tippte ins Commlink, ‹Was wollt ihr? Gehen und später wieder kommen? Alle Schätze der Bewohner besorgen oder gleich gegen ihn kämpfen?›

In Sekundenbruchteilen trafen alle Antworten ein und sie alle hier drinnen waren einer Meinung. Sie wollten gleich gehen den Yama König kämpfen.

Oh, sie hatten es zum Teil wortreicher ausgedrückt. Triple S hatte gemeint, er wissen nicht, was ein Weggehen bringen sollte, wenn Kampf, dann jetzt. Gunner hatte gesagt, dass Thor Feiglinge hasse und Bloody Guts hatte gefragt, ob jetzt der Zeitpunkt war, an dem er seine Keule und seinen Willen nutzen sollte. Shark Finn stand stumm hinter mir, von Blackstone war ein ‚Kämpfen‘ gekommen und Chang hatte das alles bestimmt aber stumm abgenickt.

Also gut.

Ich sah den Richter der Gier - so hatte ich ihn mangels Wissen um seinen echten Titel getauft - an und täuschte absolutes Desinteresse vor, ich zuckte mit den Schultern und sagte, „Na, dann eben nicht, wir wollen deine Untertanen nicht töten oder ihre Schätze stellen. Wir gehen.“ Ich drehte ihm den Rücken zu.

Katze verdrehte die Augen, ‹Oh bitte, Elfenmädchen, du glaubst doch nicht, dass er darauf reinfällt. Zumindest die eine oder andere Aura deiner Kollegen wird euch verraten.›

Rubber Duck näherte sich vorsichtig mit der Kampfdrohne und ich nutzte die Gelegenheit, Bloody Guts raus zu schicken und unseren Rücken auf dem Balkon zu decken. 

Er zögerte, nickte dann aber und beeilte sich. Völlig ohne Magie würde er gegen die Immunität des Geistes gegen normale Waffen, die ein Geist nun mal besaß, nicht ankommen.

«Los!», gab ich bekannt, nach dem der hässliche unserer Trolle sich entfernt hatte.

Wie immer geschahen nun alle Dinge gleichzeitig. 

Gleich zu Beginn kam ich mir irgendwie langsam und eingeschränkt vor. Mir fehlten Sinneseindrücke, die ich sonst zur Verfügung hatte. Meine Waffenfoki funktionierten nicht, also war es an der Zeit sich in meine kräftigere Gestalt zu begeben. Entschlossen sagte ich an, «Ich wandle mich.», und tat das dann auch.

Meine Muskeln strecken sich, sie dehnten sich aus. Kraft und Macht durchströmten mich. Meine Sinne wurden schärfer. Ein erhabenes Gefühl. In dieser Gestalt konnte ich dem Dämon problemlos entgegen treten.

Ein Großteil des hier anwesenden Teams hatte weder gewusst, dass ich ein Drake war, noch je eine solche Verwandlung gesehen. 

Sie fingen sich schnell und in Triple S Augen leuchtete Erkenntnis auf.

Blackstone griff zuerst an. Er zog seinen Gladius und stieß vor. Doch der Hieb prallte ab und der gewaltige Bauch des Dämons schubste Blackstone einfach zurück. 

Igitt und ach ja, Mist.

Finn riss seine Waffe hoch, doch die Kugeln seiner automatischen Riesenkanone drangen mit reduzierte Geschwindigkeit in die Fettmasse ein und blieben darin stecken, ohne Schaden zu verursachen, so, als habe man sie in Wackelpudding geworfen.

Den Kugeln aus der Waffe der Drohne erging es noch schlechter. Sie prallen ab. 

Gunner hatte seine Axt gezogen. Sein Kampfschrei hallte durch den Saal, doch auch er wurde vom Bauch zurück geschubst.

Igitt!

Wir richteten Nichts aus und wir waren in der Summe zu langsam.

Frag.

Doch dann kam Chang.

Er tumbelte über den gewaltigen Körper des Dämons hinweg und versetzte ihm einen Schlag in den Nacken, der den König zumindest aufschreien ließ. 

Chang war auch Kräfte-geschwächt immer noch der Brecher.

Ein Hauch von Erleichterung machte sich in mir breit. Das Team konnten Treffer landen und wenn das nur einer von uns konnte, mussten die anderen den Gegner eben beschäftigen.

Triple S hatte sich für Astralkampf entschieden und auch er landete einen Treffer. Respekt.

Hmm? Das hätte ich natürlich auch versuchen können. Ich war darin eigentlich auch ziemlich gut.

Der Dämon fand das alles gar nicht lustig. Er griff nach Chang und schmetterte ihn gegen die Wand an der Seite. 

Es krachte gewaltig.

Das war nicht gut.

Blackstone versuchte es mit einem weiteren Schlag, aber er kam einfach nicht durch. 

Gunner ritzte den Yama König zumindest an, aber der Treffer war nicht gut genug gewesen, um ihn wirklich zu verletzen. 

Rubber Duck hatte verstanden, dass er hier gar nicht ausrichten konnte. Er sandte die Kampfdrohne zu Bloody Guts, um ihm beizustehen. Die Dragonfly ließ er bei uns. Sie war uns zusätzliche Augen und Ohren.

Ich positionierte mich so, dass ich alle im Blick behalten und dennoch mit meinem Eisstrahl den Dämon treffen konnten. Dann holte ich Luft und stieß meinen eisigen Atem aus. 

Ich traf und landete einen beachtlichen Treffer. 

Stolz machte sich in mir breit, aber nur kurz.

Der Blick, mit dem mich der Dämon nun strafte, stand meinem Angriff an Kälte in nichts nach. Meine Nackenschuppen stellten sich auf. 

Dennoch fragte ich gelassen, ‹Wünscht ihr eine neue Verhandlung, Majestät?›

Ich erhielt keine Antwort.

Zu meiner Erleichterung griff der Dämon zunächst Triple S im Astralkampf an. Er schlug heftig zu, doch Triple S hielt unverletzt stand. Noch mal Respekt.

Chang rappelte sich auf und griff augenblicklich wieder an und zwar mit ganzer Kraft. Er sprang dem Yama König mitten auf den Kopf und schlug mit der Handkante zu…

PLATSCH!

Es gab eine widerwärtige Fleischexplosion mit der sich der Geist auflöste. 

Wir bekamen alle etwas von der Masse ab, doch ein Großteil der Überreste blieb auf einem Berg voller Schätze liegen.

Ich unterdrückte mein Jubelgeschrei, denn die Wahrscheinlichkeit war groß, dass nur ein ‚Igitigittt‘ heraus kommen würde. Zumindest waren die Heuschrecken verschwunden. 

In meinen Igitigitt-Ruf wären vielleicht so einige mit eingestiegen, alle sagen angewidert aus. 

‹Das ging ja leicht, Elfenmädchen.›, bemerkte Katze.

Ich warf Katze einen grimmigen Blick zu, ‹Leicht? Das nennst du leicht? Ich dachte zwischendurch, wir hätten keine Chance und würden untergehen.›

Statt einer Antwort näherte sich Katze vorsichtig einem Fleischbrocken. Schnüffelte daran und verzog dann angewidert das Näschen.

Ich brauchte dringend ein Bad, eine Dusche oder zumindest einen Healthy Glow Zauber. Wir sollten machen, das wir hier wegkommen.

Ich hatte schon fast in Drakegestalt Anweisungen geben wollen, doch dann belehrte ich mich eines besseren. Nicht jeder kam so gut damit klar, wenn meine schöne Stimme in seinem Kopf erklang. 

Dank Liam machte die Panzerung und auch das meiste von meinem Zeug, die Verwandlung mit. 

Gunner reichte mir grinsend meine Tac-Net-Brille, die er aufgefangen hatte, als ich mich vorhin verwandelt hatte. 

So hatten einzig und allein meine Combat-Boots dran glauben müssen. Vielleicht hätte ich sie sogar noch reparieren lassen können, aber über ihnen lag nun eine Masse an Fleischglibber und darum wollte ich sich so wie so nicht mehr wieder haben.

Während ich mein vorsorglich eingestecktes, zweites Paar Boots aus dem Daypack holte, wandte ich mich an meine Mitstreiter. Noch schuhlos sprach ich mit meine schönsten, klarsten Stimme, «Okay Team. Ich sehe da in dem Haufen schon mal einen ebenholzfarbenen Kredstick und diverse Schmuckstücke liegen. Bitte versucht, alles dort zu lassen, wo es ist. Wir sollten der geliebten Gier des Yama Kings nicht verfallen und einfach unseren Auftrag erledigen und nur die Münze mitnehmen. »

Ja, zumindest ein bisschen Wirkung hatten meine Worte gezeigt. Gunner war gleich auf den Balkon zum Innenhof getreten und sicherte. Das Zeug hier drinnen interessierte ihn kaum. Er hatte Bloody Guts abgelöst, der nun wieder mit samt Scanner bei uns war. 

Bis auf Shark Finn, hatten alle zu suchen begonnen. 

Ich zog meine Boots an, ein frisches Paar Plastikhandschuhe über meine schlanken Hände, sah noch mal in die Masse und zog vorsichtshalber ein zusätzliches Paar Plastikhandschuhe drüber. Dann half ich bei der Suche.

Was hier so alles lag, war unglaublich. Von Knöpfen, über Nahkampfwaffen und Schmuck bis hin zu goldenen Figuren und Daten-Chips, gab es hier alles und natürlich lagen da jede Menge Münzen. Kein Plastikkleingeld von Heute, sondern Münzen aus vergangenen Zeiten.

Ich pustete die Luft aus, die Suche konnte dauern, zumal einige der Stücke wirklich interessant waren.

Der erste aus der Runde, der etwas fand, was ihm richtig gut gefiel, war Triple S. Er hatte sich ein Kästchen mit vier Ringen beiseite gestellt. 

Bald darauf lag neben Blackstone ein gut gearbeitetes, verziertes Schwert. Treu und Ehre, war in die Klinge gefräst und zwar auf Deutsch. 

Dann starrte Chang fasziniert eine kleines durchsichtiges Plättchen an, das einen Datenchip enthielt. Er hatte deshalb sogar aufgehört zu suchen. 

«Lasst die Sachen hier, Jungs.», wies ich an. «Sucht einfach nur die Mün… - Ah, ich glaube ich habe sie gefunden.»

Ich wusch sie mit ein wenig Wasser aus meiner Trinkflasche. Sie war alt und kein bisschen angelaufen. Die Schriftzeichen passten auch. Leider offenbarten die Coins Of Luck ihre Aura nicht einfach und den Versuch, die Maskierung zu brechen, würde ich hier nicht wagen. Ich trocknete die Münze ab und sah sie mir ganz genau an. 

Bingo, ich hatte keinen Zweifel.

Ich blickte zu meinen Kollegen. 

Chang meditierte über diesem Chip, seufzte und legte ihn dann mit einem schmerzhaften Gesichtsausdruck beiseite. Ich hätte nie gedacht, dass ich ihn jemals etwas so sehr begehren sehen würde, wie diesen Chip. Seine Finger ruhten nur Millimeter von dem Chip entfernt.

Triple S beschäftigte sich ausgiebig mit den Ringen, er lächelte leicht. Bloody Guts stand da und grinste breit und Blackstone drehte das Schwert hin und her, welches ihm wohl gut in der Hand lag. Das Schwert passte zu ihm.

Dann erkannte er, dass in den Griff fünf Diamanten eingelassen waren, angeordnet, wie die fünf Augen auf einem Würfel. Das Emblem auf seinem Gladius sah ähnlich aus. Sehr ähnlich sogar. Sogar so ähnlich, dass man es als gleich bezeichnen konnte.

Blackstone zog die Stirn in Falten, «Nee, Jungs. Snowcat hat Recht, das Teil passt so gut zu mir, ich werde es hier lassen. Ich gönne dem Kerl den Triumph nicht, dass er was hatte, was ich haben will.» Er legte es beiseite. 

Chang hatte den Chip eh liegen gelassen. Er erhob sich. 

Triple S war nicht überzeugt. „Warum? Wir haben gewonnen. Etwas zu nehmen, steht uns zu.“

«Lasst bitte alles hier!», bat ich an und legte ein wenig Befehlsgewalt in meine Stimme. Wir geben der Gier nicht nach.»

Triple S zögerte und stellte das Kistchen ab.

«Was hast du mitgenommen?», fragte ich Blood Guts.

Er riss die Augen auf, «Hey Snowcat, da sind eine Million Nu Yen drauf, ich habe es gescheckt. Die braucht doch hier keiner. »

Ich lächelte ihn sanft an, «Da hast du Recht. Doch jetzt das Geld mitzunehmen, ist genau was der Yama König wollte. Er wird irgendwann wieder kehren, er ist ein Geist und wir haben ihn nur auf seine Ebene geschickt. Dann wird er zufrieden feststellen, dass auch du gierig warst. Gönne ihm den mentalen Sieg nicht. Wer weiß schon, was das für schlechtes Karma bringt.»

Ich konnte sehen, das der hässliche Troll kurz mit sich kämpfte, dann nickte er, zog den Kredstick aus seiner Tasche und warf ihn weit in eine Ecke. Mir war sofort klar, dass er das für mich getan hatte. 

Ich steckte die Münze in eine kleine Tasche an meinem Chamäleon-Suit.

«Ich find auch, ihr solltet der Gier nicht nachgeben.», kam über den Teamkanal von Rubber Duck, «Sagt mal, sind da zufällig auch Drohnen?»

Alle lachten. 

Dann meinte Bloody Guts plötzlich, «Hey, wenn wir etwas mitnehmen, was uns selbst gar nicht interessiert, dann ist es doch keine Gier oder? Chang, gib mir doch mal deinen Chip.»

Chang lächelte sichtlich erfreut und warf dem Troll den Chip zu. 

Triple S griff sofort nach dem Schwert vor Blackstone und schob dann Chang das Kästchen mit den vier Ringen hin, der es nickend an sich nahm.

Ich war unentschlossen, falsch war der Gedanke nicht, aber irgendwie schien er mir auch nicht richtig, doch das musste jeder für sich entscheiden. «Mein Rat und meine Bitte bleibt, lasst das Zeug hier. Es ist Zeit, zu gehen.»

Ich erhob mich. Dabei fiel mein Blick auf ein altes Buch, dass in einen doppelten Plastikbeutel für Dokumente eingepackt worden war. ‚Die göttliche Komödie von Dante Alighieri“ stand in Italienischer Sprache darauf. Die Neugier packte mich. Ich öffnete vorsichtig die Folien. Bei allen Drachen der 6.Welt, das war eine Erstausgabe von 1321 und sie trug eine Widmung. Für Celeste. Die Schrift erinnerte mich sogar ein wenig an die Handschrift meines Meisters. Das Buch war ein Vermögen wert und es schmerzte mich sehr, diesen Schatz der Literatur hier zu lassen. Doch ich war stärker als die Gier und packte das Buch vorsichtig wieder ein, um es zumindest an einen hübscheren Platz zu legen. 

Chang ließ das Kästchen mit den Ringen nun doch zurück. Blackstone hatte sich den Kredstick gar nicht erst geholt. Einzig und allein Triple S hielt das Schwert in der Hand, er würde es mitnehmen. 

Den Versuch war es wert, es war seine Seele, die er belastete. Kalt ließ mich das nicht. Ich konnte Triple S leiden und er war attraktiv- für einen Menschen. Aber vielleicht ging ja alles gut.

[Song 4: The 13. Warrior - Cave Of Death] Ich hatte zwei Anläufe gebraucht, um uns zurück durch den Hüter zu bringen. Dahinter warteten Gunner und Rubber Ducks Drohne. «In den Fluren und Etagen regt sich was.», erklärte Gunner ruhig. 

«Na dann los.», bestätigte Blackstone. 

Tatsächlich schlurften jetzt einige Gestalten über die Balkone.

Verdammt, ich hatte was vergessen. Ich hatte doch etwas für die Münze da lassen wollen. «Wartet noch kurz. Ich will noch mal rein. Es geht auch schnell. »

Shark Finn gefiel das nicht, aber er nickte, trat über die Schwelle und hielt mir seine Hand hin. Ohne Blackstone war es leichter als zuvor, aber irgendwie war es beim ersten Mal am leichtesten gewesen, sich durch den Hüter zu drücken. Ich ging zu der Stelle, wo ich die Münze gefunden hatte und legte eine Packung Three Shadowrunner Bars dort ab. Den imaginären ‚Ruf‘ der wertvollen Buches ignorierte ich. „Guter Tausch.“, sagte ich stattdessen laut in bester Suggi-Manier.

Ich zögerte, wenn ich das Buch hier versteckte, dann würde sich der fette Geist vielleicht nicht wieder drauf setzten, wenn er zurück kehrte.

„Snowcat komm schon.“, drängte Shark Finn. 

Er hatte ja recht.

Ich eilte zurück und kam zum Glück problemlos durch den Hüter. 

Einige der Bewohner hatten uns bemerkt. 

«Nähere mich dem Abholpunkt.», meldete Rubber Duck.

«Machen wir, dass wir hier wegkommen.», wies ich an.

Angeführt von Mr. Ziegelstein, kamen einige Metamenschen die Treppe in den sechsten Stock hoch.

In mir baute sich ein schlechtes Gefühl auf. 

Ein ganz schlechtes Gefühl.

Wir beeilten uns. Die Kampfdrohne flog vor.

Ich atmete auf, als Gunner problemlos die Tür vor der Treppe zum Dach öffnen konnte. Die Drohne flog rein, dann folgten Gunner und Chang.

„Was macht ihr da?“ rief uns unser alter Bekannter nach. „Habt ihr was gestohlen?“ Seine Stimme gruselte mich bereits wieder. Er klang so verrückt.

Verdammt, und der war ganz schön schnell hier hoch gekommen. Die Zahl der Metamenschen, die ihm folgten, war gestiegen. Ich betrat die Treppe und grinste den Mann über die Schulter an, „Nein, nein.“, rief ich freundlich, „Wir haben nichts gestohlen.“ 

Shark Finn folgte mir, dann kamen Bloody Guts, Blackstone und zuletzt Triple S.

„Doch! - Doch, doch! - Ihr habt was gestohlen!“ Die Stimme des Typen wurde zu einem Kreischen. „Ihr seid Diebe! Dreckige Diebe!“

Wir liefen die Stufen hoch und Mr. Ziegelstein begann zu rennen.

‹Was besorgt dich, Elfenmädchen?›, fragte Katze. ‹Es ist doch nicht das Klappergestell von Mann, der ist ja keine Hürde.›

‹Ich weiß nicht Katze. mein Intuition sagt, etwas ist falsch. ›

‹Deine Intuition trügt dich selten, Elfenmädchen. Versuch der Sorge auf den Grund zu gehen. ›

‹Ich habe plötzlich einfach das Gefühl, dass der Yama King wollte, dass wir ihn töten und nun doch seiner Gier nachgegeben haben, Katze.›

Katzes Schwanz peitschte hin und her, ‹Ich hab vorhin schon gesagt, euer Sieg war leicht.›

Nur noch ein paar Stufen, dann war Gunner an der Tür zum Dach. Sie war offen und das Geräusch des Hubschraubers war ebenso zu hören, wie das Tageslicht zu sehen war.

„Diebe. Ihr seid Diebe!“, brüllte Mr. Ziegelstein und kraxelte schnell die Treppe hinter uns her. 

‹Frag! Wie konnte ich das übersehen, Katze? Der Typ hat vorhin gesagt, dass er den dicken Alten da oben getötet hat, weil er ein Dieb war. Wir sind genau in die Falle des Yama Kings getappt. Wir haben den Dicken getötet, um zu bekommen was wir wollten. Wir müssen alles hier lassen, auch die Münze.›

„DiiiiEBE!“, kreischte es hinter uns aus mehreren Kehlen.

Ziegelstein griff nach Triple S und versuchte sich an ihm festzuklammern.

„Giiib! Her! Was! Du! Gestohlen! Hast!“, kreischte Ziegelstein erbost, wahnsinnig und aggressiv. 

Triple S drehte sich um, drückte dem Mann das Schwert in die Arme und drehte sich zurück, um seinen Weg fortzusetzen. Er beeilte sich, um den entstandenen Abstand zu Blackstone aufzuholen.

Der zerlumpte Mann sah das Schwert einen Moment an, überlegte, sprang plötzlich vor und stach Triple S mit dem Schwert tief in den Rücken.

Frag! Frag! Frag!


To be continued ….

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*