Termin 29/12 am 23.+24.11.12 Run 40/7

Welcome back omae!

Derzeit „On The Run“ sind: Average, Blackstone, Mystique, Gumshoe, Riven, Sunrise, Twinbow und Snowcat.

Datum in unserer SR-Timeline: 10.-15.April 2072

Die Spieler haben keine Mühen gescheut, um die Story weiter zu tragen. Um möglichst authentische ,In Charakter‘-Ergebnisse zu erzielen, wurde der Startkampf praktisch an zwei Abenden ausgewürfelt und die Kampfrunden wurden im Anschluss zusammengefügt. Auch die Erkältung des Spielers von Riven konnte ihn nicht davon abhalten, alles zu geben. Nur der Spieler von Blackstone/Twinbow konnte leider an keinem der Abende dabei sein. 

Der letzte Teil endete mit einem Schwanzschlag, du erinnerst dich omae? Die Runner fliehen in der Transsibirischen Eisenbahn vor den Häschern, die sie jagen, um ihnen das Artefakt zu entreißen, bevor sie es ihrem Auftraggeber übergeben können. (Achtung, kann möglicherweise Spoiler für "Dawn Of The Artifacts Part 4: New Dawn" by Catalyst Game Labs enthalten.) Ja, die Häscher! Wissen tun unsere Freunde bisher nur von einem Drachen, der ihnen Rache für den Tod seines Vasallen schwor. Was sicher schlimm genug ist. Doch wenn altertümliche Artefakte im Spiel sind, lässt man sich mit Mächten ein, denen man nicht gewachsen ist, wie Samriel Snowcat einst warnte. Viele Mächte sind also an dem Gegenstand aus einem anderen Zeitalter interessiert. Ob die Runner ihnen gewachsen sind, wird sich noch zeigen.

Wie immer erleben wir alles aus Snowcats Perspektive mit oder zumindest so gut wie alles.

Lies nun wie es weiter geht und mit welchen Mächten sich die Runner messen müssen.

Über all deine Posts im CatPoint unter „The Tale So Far“, freuen wir uns sehr.


Katze schlummerte friedlich auf der Gepäckablage gegenüber und Snowcat las entspannt in ihrem Buch. Plötzlich zischte Katze: ,Achtung, Elfmädchen. Pass auf!‘

Die Elfe schloss mit einer Geste ihrer linken Hand die Datei und horchte auf das gleichmäßige Da-Damm der Transsibirischen Eisenbahn, die sich im gedrosseltem Tempo über die Kurvenreichen Schienen bewegte. Snowcats Nackenhaare hatten sich durch die Warnung bereits aufgestellt, als der Wagon auch schon von einem heftigen Schlag durchgeschüttelt wurde. Metal quietsche und Gepäck purzelte durch das Abteil.

Augenblicklich fand Snowcat sich am Boden wieder. Doch sie war nicht gestürzt. Blackstone hatte sie in die Mitte des Abteils in Deckung gezogen.  

Nebenan splitterte Glas. „Ach Kacke!“, hörte Snowcat Average mehr genervt als panisch sagen. Averages Kamerafeed zeigte, wie ein riesiger, brauner, stachelbesetzter Schwanz auf ihn und dem neben ihm sitzenden Gumshoe zu raste. Bei allen Drachen der 6.Welt, was war denn das?

In Snowcats Abteil saß nur noch Riven konzentriert und bereits zaubernd auf ihrem Sitz. Alle anderen hatten sich bewegt. Blackstone stand wachsam vor Snowcat und sicherte. Trouble war auf einen Fensterplatz gesprungen und sah aufmerksam hinaus. Mystique stand mit gezogener Waffe an der Abteiltür und Sal hatte sich mit einer geschmeidigen und völlig lautlosen Bewegung auf die Sitzreihe gestellt.

Snowcats nächster Blick auf Averages Kamerafeed zeigte den Echsenschwanz, dessen Stachel mitten in seiner Brust steckte. Mit einer kaum merklichen Zeitverzögerung begann der Mann mit einem markerschütternden, schmerzerfüllten Schrei: „Au! Hilfeee!“

Snowcat wollte sich bewegen, Jazz nehmen, eingreifen. 

Blackstones Hand legte sich mit leichtem Druck auf ihre Schulter und verbreitete damit Ruhe: „Bleib bitte genau wo Du bist!“, sagte er auf Deutsch.

Katze sprang von der Gepäckablage herunter: „Hör auf Blackstone, Elfenmädchen. Nebenan sind mehr als genug vom Rudel. Ich geh gucken und erzähle dir nachher alles ganz genau!“

,Nachher. Aber nachher könnte es zu spät sein, Katze.‘, rief Snowcat ihr hinterher. Doch da verschwand der Schwanz von Katze bereits durch die Abteiltür.

Averages Feed zeigte weiterhin nur diesen verdammten Echsenstachel. War das ein Standbild? Nein, denn das Teil peitschte wieder zum Fenster hinaus.

Dann meldete sich Twinbows ruhige Stimme: „Die Echse sitzt auf dem Dach. Ein Lichterscheinung ist in Fahrtrichtung vorbeigeflogen und ein geflügeltes, graues, augenloses Wurmwesen ist ins Abteil eingedrungen.“

„Hilfe. Ich muss sterben. jemand muss uns helfen.“ schrie Average und sein Feed zeigte dabei ein wackeliges Bild vom Teppich. Was zum Schattengeist, trieb der da?

✼✼✼✼✼

Die Beschreibung des Wesens klang interessant. Ich wollte mich gerade an das Durchdringen der Abteiltür machen, als mir das magieloses Männchen, welches schon gut die Hälfte seine Metamemschlickkeit dem Cyberwahn geopfert hatte, ich glaube sein Name war Gumshoe, die Arbeit abnahm und mit einem animalischen Schrei mitten durch die Tür auf den Gang hinaus brach und dort weiteres Chaos verbreitete. 

Nun konnte ich also leichtpfotig durch das Loch schlüpfen. Meiner Meinung nach hätte ein Öffnen der Schiebetür gereicht, aber die einzelnen Taten unbedeutender Exemplare der Metamenscheit beurteile ich grundsätzlich nicht. Das dicke Männchen mit der fremdartigen Aura und dem Namen Average kam mir schreiend auf allen Vieren entgegen gekrabbelt. Eine für Zweibeiner unvorteilhafte Art sich fortzubewegen. Seine Aura war um den Einstich herum klebrig grün verfärbt, bald würde er nicht aus Angst, sondern vor Schmerzen schreien. Ich nutzte seinen Rücken als Sprungbrett und landete extrem elegant auf der Gepäckablage. 

Dieser Twinbow, den das Elfenmädchen berechtigter Weise ansehnlich findet, obwohl wir beide da wohl unterschiedliche Maßstäbe ansetzten, hatte mit seiner Beschreibung gar nicht mal so falsch gelegen, obwohl er den Schrecken der Manifestation völlig außer Acht gelassen hatte. Der Körper des Wurms war gut zweieinhalb Meter lang. Seine vier klauenbesetzten Gliedmaßen waren durch Hautflügel von hässlicher grauer Farbe verbunden und sein langer Schwanz peitschte wie eine aufgeregte Schlange hin und her. Dem wurmförmigen Kopf fehlten zwar die Augen, dafür hatte es aber ein hässliches Maul in dem eine erwähnenswerte Masse von spitzen Zähne versammelt waren. Eisige Luft löste sich in Form von kalten Schwanden von seinem gesamten Körper. Das ,Wesen‘ war auf Sunrise gesprungen und schnappte mit seinem Maul nach ihm. Überall wo es Sunrise berührte, breitete sich Kälte in dessen Körper aus. Er wehrte sich heftig und schlug seinem Angreifer seine Faust in die Fresse, was zum einem für ein Geräusch von splitternden Eis sorgte, die durch das Ausschlagen von Zähnen herrührten und zum anderen für Frostbrand an der Hand von Sunrise führte.  

Twinbow wollte sich dem Wesen widmen, von dem sich ein weiteres auf dem Gang gerade das eine Männchen schnappte, doch er kam nicht dazu, denn der Schwanz einer Wyvern preschte durch das Fester und schlug nach ihm. Ich hatte schon geahnt, dass es sich bei dem von Average mit ,Ach Kacke‘ kommentierten Ereignis um den Schwanz einer Wyvern gehandelt hatte. Twinbow war geschickt genug. Er wich dem Hieb aus und schlug mit seinen vor Elektrizität knisternden Händen zurück. Was die Wyvern schmerzerfüllt auffauchen ließ. 

Sunrise hatte unterdes eine Waffe gezogen und schoss zwei mal auf das ,Wesen‘. Natürlich richteten die Kugeln keinerlei Schaden an, sie flogen einfach hindurch. Ein Hauch von Verzweiflung floss in seine Aura. Dann sagte Twinbow: „Ach dass sind Geister?  Damit werde ich fertig!“ Schön, dass sie es endlich bemerkt hatten. Ich sah Twinbow dabei zu, wie er seine Magie sammelte, sie in einem Schlag bündelte und damit den Geist auf Sunrise in winzige kleine Eiskristalle zerplatzen ließ, die schmolzen, noch bevor sie zu Boden gefallen waren. Da waren es nur noch drei Geister. 

Der Geist auf dem Gang hatte inzwischen seinen eisigen Schwanz um den Hals des Männchens geschlungen und würgte ihm die Luft ab. Überraschender Weise gelang es dem Männchen sich zu befreien, doch die letzte eisige Berührung trieb ihn in die Bewusstlosigkeit. Twinbow sprang in den Gang, um den Geist in einen Nahkampf zu zwingen. Der stark angeschlagene Sunrise griff nach dem Kragen des Männchens und zerrte ihn über den Boden des Ganges in Richtung des Abteils, in dem auch Elfenmädchen wartete. Hier gab es nichts mehr interessantes zu sehen und ich machte mich auf Samtpfoten an den Rückweg.

✼✼✼✼✼

Blackstone sah Mystique an. „Was?“, sie klang gereizt, „Ja, ich helfe Average, sobald ich ihn sehe.“

Rivens zarte Hand berührte Snowcat sanft an der Schulter. Nach einem kurzen Gebet zu ihrer Göttin, ließ sie Magie in Snowcat fließen. Der Puls der Elfe beschleunigte sich und ihr Blut rauschte in unglaublicher Geschwindigkeit in ihren Ohren. Das war bedeutend heftiger und besser als Jazz. Snowcat fühlte sich für alles bereit. 

„Im Gang sind noch zwei solcher Eiswürmer. Also sind es schon drei solcher Biester.“, kam es von Gumshoe. 

Mystique riss die Schiebetür auf und zog den um Hilfe rufenden Average ins Abteil.

Sal sah konzentriert aus und meldete dann: „Ich korrigiere, insgesamt sind es sogar vier Geister.“

Twinbow klang tatsächlich erfreut: „Ach das sind Geister? Damit werde ich fertig!“

Average hatte aufgehört zu schreiben und rief nun energisch: „Vier Geister? Wir müssen den anderen helfen. Gebt mir eine Waffe.“

Snowcat hätte beinah gelacht, doch in diesem Augenblick wurde der Wagon von einem erneuten Schlag aufs Dach erschüttert. Das Kreischen der hilflosen Fahrgäste wurde wieder lauter. Das Echsenwesen auf dem Dach brüllte noch lauter in einer Mischung aus Zorn und Schmerz auf, dann folgte ein weiterer Schlag aufs Dach. Die Decke des Abteils bekam Risse. 

Trouble öffnete das Fenster, sah Sal kurz an und kommandierte bestimmt: „Du bleibst bei ihr.“, dann schwang er sich durch das Fenster raus.

„Nicht den erdfarbenen Drake bekämpfen“, wies Snowcat an, „der gehört zu uns!“

Sie spürte nach den Geistern, es waren nur noch drei. Sie gab ihre Position weiter. Plötzlich piepte Snowcats Commlink, ein Blick auf die Anzeige verriet, dass Gumshoe gerade bewusstlos geworden war. 

Average setzte sich auf „Los, gebt mir endlich eine Waffe!“, forderte er erneut.

Snowcat legte ihm die Hand auf die Brust. „Beruhige Dich. Mit einer Schusswaffe kann man gegen Geister nichts ausrichten.“

Katze schlich sich zurück ins Abteil und nahm auf einer Lehne Platz. Snowcat warf ihr einen flüchtigen Blick zu und lächelte kurz, ,Siehst Du Katze, ich bin ganz artig geblieben.‘

Mystique öffnete erneut die Tür und zog mit unmetamenschlicher Stärke Sunrise und den bewusstlosen Gumshoe ins Abteil.“

Average wurde kleinlaut „Ach so, aber wir können das Twinbow doch nicht alleine machen lassen.“

Ein Duft von frischen Äpfeln erfüllte die Luft. Snowcat hob den Kopf. Riven sah noch atemberaubender aus, als sonst. Sie schien um einige Zentimeter gewachsen zu sein und ihre Augen strahlten grüner denn je. Als sie sich bewegte, hörte man Blätter rauschen. Mit wissendem Lächeln und selbstbewusster Stimme sagte sie: „T-Bow wird nicht alleine kämpfen, ICH gehe zu ihm. Gemeinsam werden wir die Geister vernichten.“ Die wunderschöne Frau griff nach der Schiebetür, zog daran und trat hinaus.

Average wirkte erleichtert, dann griff er sich an den Bauch, „Ich glaub, ich hab Hunger. Habt ihr was zu essen?“ Dann verzog er schmerzhaft das Gesicht, umklammerte seinen Bauch und begann panisch zu schreien. „Hilfe. Diese Schmerzen, ich muss sterben. Sterben. Oh mein Gott, helft mir doch.“

Snowcat zog ihr Medkit heraus und schloss es an, dann gab sie Entwarnung: „Deine Köper wehrt sich gegen eine Vergiftung, aber du stirbst nicht daran, sei unbesorgt mein großer, lieber Average.“ Dann machte sie sich mit geübten Handgriffen an die medizinische Versorgung. Nicht jedoch ohne wieder nach den Geistern zu spüren. Zwei befanden sich im Kampf mit Twinbow und Riven, der dritte war etwas weiter vorne im Zug. 

Auf dem Dach des Wagons war Poltern, Fauchen und ein Geräusch wir von einem Flammenwerfer zu hören. Inzwischen hatte das Wagondach ein Loch. Es kam einem Wunder gleich, dass der Zug noch nicht entgleist war. 

Snowcat warf Sunrise ein Stimpatsch zu. „Hier, drück Gumshoe das auf, dann kann er wieder mitmachen oder sich zumindest bewegen, falls wir hier wegmüssen.“

Etwas Scharfes knarzte über das Metal auf dem Dach. Das Geräusch tat Snowcat in den Ohren weh.

Laut Biomonitor ging es Twinbow langsam schlechter, offenbar kam er mit dem zweiten Geist nicht so locker klar. Dann konnte Snowcat spüren, wie eine weiterer Geist verlosch und sie hörte Riven sagen: „Und nun zu dir. Lass meinen Twinbow in Ruhe!“

Sunrise nahm dem noch leicht desorientierten Gumshoe das Kamikaze aus der Hand, drückte sich das Pflaster selbst auf und kletterte dann durchs Fenster aufs Dach. Seine Schritte waren nun ebenfalls von dort oben zu hören. Kurz darauf folgte ein dumpfes Poltern. 

Das Loch oben im Abteil war inzwischen auf eine beachtliche Größe angewachsen. Doch zum Glück behinderte das den Zug nicht an der Weiterfahrt. 

Snowcat spürte abermals nach den Gestern und kam gerade Recht, um einen weiteren  beim Vergehen zu beobachten. Da war es nur noch einer, vom dem fehlte allerdings gerade jede Spur.

Average hatte eine ganze Menge einstecken müssen, doch Snowcat war geübt genug darin, sich sämtlicher Wunden anzunehmen. Sie würde ihn wieder fit bekommen. 

Erneut erschütterte ein heftiger Schlag den Wagon. Diesmal wurde er allerdings heftig von der Gangseite aus getroffen. Die Gewalt schob den Wagon fast von den Schienen, aber nur fast. Glas splitterte und Metal riss auf, die Geräusche waren unverkennbar und jagten Snowcat einen Schauder über den Rücken.

Snowcat spürte ein weiteres Mal nach dem Geist und entdeckte ihn auf dem Dach. Sie gab das über Commlink bekannt, was Sunrise mit den Worten „Das Biest hat mich also zuvor vom Zug geworfen. Aber keine Sorge. ich bin bereits wieder oben auf.“ kommentierte.

Von dem Seitenhieb war die Abteiltür in Mitleidenschaft gezogen worden, sie war aus der Führung gesprungen und stand nun halb offen. 

Was Snowcat durch den Spalt sah, als sie ihren Blick hindurch nach rechts richtete, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Der braune Drachenkörper einer Wyvern hatte sich seitlich am stark demolierten Wagon festgekrallt. Mit einer seiner Flügelbesetzten Klauen hatte er Rivens schlanken, wohlgeformten Körper durch das geborstene Fenster gezogen und hielt sie nun an sich gepresst und es sah ganz und gar nicht nach einer Umarmung aus. Riven und der Pflanzengeist in ihr versuchten sich zu befreien, aber sie schienen chancenlos zu sein. Twinbow rappelte sich vom Boden auf und schüttelte seinen Kopf, um klarer denken zu können. 

„Wir müssen irgendetwas tun.“, wies Snowcat bestimmt an. Sie machte Anstalten sich zu bewegen, doch schon spürte sie erneut Blackstones Hand auf ihrer Schulter. 

Riven stieß versuchsweise einen Atem aus Giftsporen aus, aber die Wyvern zuckte nicht mal. Snowcat hatte sogar das Gefühl, dass das Drachenwesen dieser Angriff belustigte. 

Mystique seufzte und nickte dann Snowcat zu. „Ich gehe.“ 

Riven rief mit zorngewalter Stimme: „Nein, ich werde nicht für dich schreien du Biest, schrei du für mich und flieh in Angst.“

Gumshoe sagte plötzlich in leichter Panik: „Sunrise, wo ist Sunrise hin? Eben war er noch da.“, auch er hatte inzwischen bereits wieder Kamikaze eingeworfen und hatte eigentlich auch aufs Dach gewollt. „Hey. Hier ist ein unsichtbarer drin. Oder ein Geist. Der hat versucht meine Waffe zu klauen.“ Er fuchtelte wie wild mit seiner Waffe umher. Sal trat auf ihn zu und sprach beruhigend auf ihn ein, „Setzt dich hin mein Freund, es geschieht dir ja nichts.“, woraufhin Gunshoe sich trotz Kamikaze still setzte und wie unter Trance murmelte: „Ein Unsichtbarer, ganz bestimmt.“ 

Mit wenigen Worten sprachen sich Mystique mit Twinbow ab. „Ich fang euch beide, vertrau mir einfach.“

Twinbow nickte und sprang dann durch das zerborstene Fenster auf die Wyvern zu, um sie anzugreifen.

Doch genau in diesem Moment brüllte die Wyvern auf, stieß sich vom Wagon ab, riss dabei noch ein gutes Stück Metall heraus, öffnete die Klaue und ließ Riven fallen. 

Snowcat zuckte kurz, als Riven und Twinbow neben dem fahrenden Zug stürzten, doch Mystique hatte um Vertrauen gebeten und Snowcat hatte Vertrauen in ihre Fähigkeiten. 

Erneutes Entsetzten packte Snowcat, als die Wyvern tief Luft holte und ihren gewaltigen Feueratem ausstieß. Mystique warf sich gerade noch rechtzeitig zu Boden. Anscheinend hatte das Drachenwesen nicht gut gezielt, aber der Wagon und das Abteil in dem Twinbow, Average, Gumshoe und Sunrise gesessen hatten, fing dennoch sofort Feuer. 

Mystique richtete sich auf und erklärte, „Twinbow und Riven sind sicher gelandet, die Wyvern flieht.“

Snowcat atmete ein wenig auf, nun mussten sie nur noch alle wieder einsammeln, denn ungeachtet der Ereignisse, die hier gerade stattgefunden hatte, fuhr die Transsibirische Eisenbahn weiter. Da-Damm. Da-Damm. Peng, peng, peng. 

Sunrise tauchte aus dem Nichts am riesigen Loch im Wagon auf, er hatte Gumshoes Pistole in der Hand und nahm den sich weiter entfernenden Punkt der die Wyvern darstellte, aufs Korn. Doch die Wyvern war bereits zu weit weg. Dennoch wollte der junge Russe einen Schuss versuchen, er drückte ab. 

Oder besser, er versuchte es, denn die Waffe reagierte nicht. Gumshoe hatte sie biometrisch gesichert. Sehr clever der Mann.

Twinbow meldete ruhig: „Okay, wir kommen jetzt wieder rein.“ 

Trouble kehrte kurz vor ihnen zurück. Nackt, angeschlagen und extrem attraktiv anzusehen. Als Riven und Twinbow Arm in Arm das Cabrio-Abteil betraten, zog er gerade eine Hose an.

Natürlich herrschte im Zug derweil ein heilloses Durcheinander. Zahlreiche Fahrgäste waren verletzt worden und es brannte immer noch. Nach und nach trafen rennend die Zugbegleiter ein und löschten, dann kümmerte man sich um die Verletzten.

Natürlich halfen die Runner, soweit das ging, ohne mehr Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Riven und Twinbow leisteten erste Hilfe, wobei Riven bei besonders schwierigen Fällen heimlich Magie einsetzte. Die meisten Fahrgäste hatte nur Prellungen davon getragen oder durch einen Sturz eine Platzwunde einstecken müssen. Allerdings gab es auch hier und da Verbrennungen oder Erfrierungen, die einen Krankenhausaufenthalt erforderlich gemacht hätten, wenn Riven nicht gezaubert hätte.

Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheiten hielt Snowcat sich mit der Ersthilfe an Unbeteiligten zurück. Sie wollte im Zug nicht bemerkt werden, auch nicht als die schöne Elfe, die irgendwann zur Rettung erschienen war. Nach der Geschichte mit den Gestaltwandlern konnte sie nicht sicher sein, ob hier oder da jemand magisch aktiv war. Also beschränkte sie sich darauf, sich um ihre Teammitglieder zu kümmern. Trouble, Gumshoe, Riven, Twinbow und Sunrise mussten versorgt werden und so war sie ohne hin eine geraume Zeit lang beschäftigt. Gumshoe musste sogar an einem Medkit angeschlossen unter Beobachtung bleiben, denn irgendwann würde das Stimpatch, sowie das Kamikaze aufhören zu wirken und jede der nachfolgenden Schädigungen für das Herzkreislauf-System, mussten eigenständig behandelt werden. Jedenfalls soweit es möglich war. Ansonsten brauchte der Mann Ruhe. 

Sunrise konnte das Ende seiner Behandlung kaum abwarten. Getrieben von der zusätzlichen Unruhe der Kampfdroge wollte er den Fahrgästen und vor allem seinen Landleuten an Bord helfen. Er wollte sie beruhigen, ihnen ein Gefühl von Sicherheit geben  und ihnen sagen, dass alles wieder gut werden würde. Snowcat befürchtete, dass sein Verhalten von dem Überschuss an Energie herrührte, die sich in seinem Körper dank der Kampfdroge aufgestaut war. Außerdem war er, ebenso wie Riven, wütend darüber, dass die Wyvern entkommen war. Snowcat lächelte Sunrise kurz an und sagte dann sehr ernst und bestimmt zu ihm: „Ich verstehe, dass du helfen willst. Dennoch sollten wir möglichst wenig Aufmerksamkeit auf uns ziehen und ein ,low profile‘ fahren. Wenn du umher spazierst und allen sagst, dass jetzt alles wieder in Ordnung ist, dann könnte jemand auf die Idee kommen, dass wir mehr wissen. Also hilf, aber halte dich mit deinen Äußerungen zurück.“

Sunrise war mit dieser Ansage mehr als unzufrieden, doch er nickte kurz, als Zeichen, dass er verstanden hatte und stampfte dann davon. Snowcat grinste ihm leicht bitter hinterher. Wenn das Kamikaze seine Wirkung verlor, würde sie ihm auf keinen Fall etwas gegen den Kopfschmerzen oder gar einen leichten Stimmungsaufheller geben. 

Da im Dach ihres Abteils ein riesiges Loch klaffte, zogen die Frauen zu Blackstone, Sal und Trouble um, deren Abteil als einziges so gut wie unbeschädigt war. Snowcat wäre auch in dem beschädigten Abteil geblieben, aber da man durch das Loch einen ungehinderten Blick auf ihre Aura hatte, war ein Umzug wohl besser. Blackstone, Sal und Trouble hätten in Snowcats Fall sowieso auf einen Umzug bestanden.

Natürlich nörgelte Average: „Ja, setzt mich ruhig in das Abteil mit dem Loch. Ist ja nicht schlimm, wenn ich eingeschneit werde. Ich bin ja nur der, der alles kann.- Außer Magie.“

Snowcat beschwichtigte ihn. „Ich bin sicher, sie werden den Wagon eh austauschen, dafür schlingert und ruckelt er viel zu sehr. Sie haben sogar noch mal die Geschwindigkeit gedrosselt. Aber wenn es vorher schneit, dann kannst du natürlich wieder zu uns rüber kommen.“

„Kann ich mich dann auf deinen Schoß setzten?“ fragte er niedlich grinsend. Wofür er von Blackstone eine Kopfnuss kassierte, für der Zwerg sogar extra kurz hochgesprungen war.

Nachdem Riven den Geist in sich in den Astralraum befohlen hatte, ließ sie sich leicht verträumt lächelnd neben Snowcat in den Sitz fallen. Ihr französischer Akzent war wieder zurück gekehrt: „Weißt du, es ist wirklich ärgerlich, dass das Vieh entkommen ist, aber im Nachhinein können wir doch sehr zufrieden sein.“

Snowcat legte ihren Kopf ein wenig schief und grinste schelmisch: „Das denke ich auch. Aber nun erzähl doch, wie ist es dir außerhalb des Zugs so ergangen? Ich will jedes Details hören.“

„Oh. Auch wenn man es nicht glauben mag, langsam mit Twinbow zu Boden zu schweben, war eine sehr romantische Angelegenheit. Danke übrigens Mystique.“

Mystique winkte ab, doch Riven stand auf, um sie zu umarmen, was Mystique sogar zuließ und erwiderte. Snowcat lächelte in sich hinein. Eigentlich hatte sie damit gerechnet, von dem dramatischen Kampf mit der Wyvern zu hören, aber verliebte Herzen setzten wohl andere Prioritäten. „Vielleicht erzählst du mir das auf Französisch, die meisten hier sprechen das nicht, so weit ich weiß und es ist doch lustig, wenn Twinbow dich dabei auf keinen Fall versteht.“

Riven grinste und begann dann auf Französisch zu berichten, wie sie in Mystiques ,Slow‘ Zone langsam zu Boden gesunken waren, wie Riven versucht hatte, die Wyvern mir einem mächtigen Blitz vom Himmel zu holen, wie das Biest den Zauber jedoch erneut reflektiert hatte. Wie sie Twinbow dann leidenschaftlich geküsst hatte, ihn dann aber hatte von sich wegstoßen wollen, damit er von einer weiteren Reflexion nicht getroffen werden konnte. Sie strahlte, als sie berichtete, wie Twinbow dann darauf bestanden hatte, auch beim nächsten Angriff ihre Hand zu halten und, und und... Sie schwärmte süß und verliebt. Er war schön, das mit anzuhören. 

Twinbow kam herein. Dass sich die Damen scherzend auf Französisch unterhielten, störte ihn nicht im geringsten. Er sah geknickt aus. Snowcat stupste Riven leicht an, die den Elfen darauf ihrerseits ansah und fragte: „Oh, was ist los mon‘amour?“

Twinbow rieb sich den Nasenrücken. „Meine Armbrust und auch mein restliches Zeug ist völlig unbrauchbar. Entweder komplett verbrannt oder so verzogen, dass es nicht mehr zu retten ist. Ebenso sieht es mit dem Zeug von Average, Sunrise und Gumshoe aus. Alles was wir nicht am Leib hatten, wie Commlink und Co, ist hinüber. Average sagt, die Armadillo könnte es vielleicht überlebt haben, aber er kann jetzt nicht nachgucken.“

Snowcat tadelte sich innerlich selbst, sie hatte völlig vergessen, an das Hab und Gut ihrer Kollegen zu denken. Das Abteil war von dem Flammenatem am stärksten in Mitleidenschaft gezogen worden und das zuhörende Knattern von Feuerwerkskörpern hatte sicher bedeutet, dass dort zusätzlich Munition hochgegangen war. Natürlich ließ sich das meiste davon ersetzten, aber einiges, wie das Gewehr, welches Sunrise noch mit seinem Vater gebaut hatte, eben nicht. Dementsprechend niedergeschlagen war der junge Russe nun auch. 

Gumshoe nahm die ganze Sache deutlich lockerer. Er jammerte kurz über den Verlust des guten Schnapses, - Snowcat ließ davon ab, zu erwähnen, dass der verbrennende Alkohol sicher auch zur Stärke des Feuers beigetragen hatte- und ging dann los, um Nachschub zu besorgen. Als Snowcat später noch verkündete, dass man das Equipment aus dem Ausrüstungsbonus ihres Auftraggebers ersetzten könne, war bei Gumshoe wieder alles im Lot. Sunrise jedoch blieb ruhig und nachdenklich, auch nachdem er das eine oder andere Glas Wodka getrunken hatte.

Nach zwei Stunden Fahrt hielt die Transsib in irgendeinem kleinen Dorf und nahm Material  zu Reparatur auf. Das Loch im Dach wurde mit Plane verklebt und die Wagonwand wurde behelfsmäßig mit Bretten vernagelt. Nach und nach kehrte auch die Normalität in den Zug zurück. Die Gelassenheit der Fahrgäste hier in der Wildnis von Russland war wirklich beeindruckend. 

Snowcat hatte Average ein leichtes Schlafmittel verschrieben, denn erstens brauchte er Ruhe und zweitens konnte er in diesem Lowtech Zug eh nicht viel ausrichten. 

Natürlich teilten sie Wachen ein. 

In einer Konferenzschaltung diskutierten sie die über den Teamkanal den Angriff der Wyvern. Das Wesen war mächtig und intelligent gewesen. Es hatte Zauber reflektieren können, war natürlich selber des Zauberns mächtig gewesen und hatte vier, wahrscheinlich von ihm beschworene Geister, mitgebracht. Der Angriff war zu gezielt auf ihren Wagon erfolgt, damit es sich um einen Zufall handeln konnte. Aber warum genau die Wywern angegriffen hatte, konnten sie nicht sagen. Dazu fehlten ihnen einfach zu viele Daten. Dass der Drache die Wyvern geschickt hatte, war genauso gut möglich, wie dass die Wyvern selbst auf die Reisegruppe mit der vielen Magie und dem Artefakt aufmerksam geworden war. Es war müßig über das Wenn und Aber zu diskutieren. 


Am nächsten Morgen erreichte die Transsib mit einiger Verspätung Tschita. Am Bahnhof hatten geschätzt 50 Soldaten der Roten Armee Stellung bezogen und als der Zug einfuhr, war klar, dass sie nicht hier waren, um dem Zug zu winken. Alle würden zumindest aus dem beschädigten Teil aussteigen müssen und die Soldaten würden den Zug inspizieren wollen. 

Mystique sagte, „Zum Glück habt ihr gestern all euer verräterisches, verbranntes Equipment entsorgt. Habt ihr doch?“ Niemand reagierte. 

Fragg! 

Mystique verdrehte wütend die Augen und antwortete sich selbst. „Klar Mystique. Zum Glück bin ich gestern Nacht extra aufgestanden und hab all das nutzloses Zeug in der Landschaft verteil. Auf mich ist Verlass.“

Snowcat atmete auf, schnappte sich ihr Gepäck und folgte ohne zu zögern den Anweisungen des russischen Offiziers, der sie alle höflich aber bestimmt bat, sich in das Bahnhof-Gebäude zu begeben. Damit sich niemand verlief, flankierten Soldaten den vorbestimmten Weg. Vorm Betreten der Wartehalle musste jeder seine SIN und seinen Fahrschein scannen lassen. Alle Runner passierten den Sicherheitscheck problemlos. In der Halle standen Stühle, Tische und Tee bereit und dann hieß es warten. Die Worte abwarten und Tee trinken erhielten hier eine neue Dimension.

Während der ersten 10 Minuten geschah rein gar nichts. Weder betraten die Soldaten die Bahn, noch wurde der Zug bewegt, um die beschädigten Wagons auszutauschen. Es gab eine einzelne russische Durchsage, die bekannt gab, dass ein anderer Zug nun von einem anderen Gleis abfahren wurde. 

Dann fuhr vorne vor dem Gebäude ein dunkle, lange Limousine vor. Beflissen eilte der Offizier der Armee herbei, um die Neuankömmlinge zu begrüßen. Zwei breit gebaute Bodyguards in teuren Anzügen stiegen aus, ihnen folgte ein rundlicher Russe in Anzug und Pelzmantel, mit Walrossbart und Fellmütze. Snowcat hätte sich beinah an ihrem Tee verschluckt, als sie den Mann erkannte. 

Fragg!

 „Das ist Georgi Abulef.“ Sie zog sich tiefer zwischen ihren Kollegen zurück und machte sich klein. Blackstone hob eine Augenbraue und Twinbow drehte der Tür geistesgegenwärtig den Rücken zu. 

Sunrise fragte: „Wer?“

„Georgi Abulef vom APEP-Konsortium. Der Mann ist Artefakt-Jäger und mit Sicherheit an dem, was wir hier dabei haben, interessiert. Ich hab ihn schon das eine oder andere Mal getroffen, auch wenn ich da schneeweißes Haare hatte.“

Rivens Stimme klang wieder besonders kraftvoll und dann war da auch wieder der Duft nach frischen Äpfeln. „Kein Problem, dann werden wir die Wichtigen von uns einfach verschleiern.“  

Average rief: „Ich bin wichtig. Ich muss auch verschleiert werden.“

Gumshoe fuhr ihn an: „Vielleicht geht es auch etwas leiser.“ Dann blickte er Snowcat an. „Wenn von euch kennt er?“

„Er hat auf jeden Fall Twinbow und Blackstone in den ADL gesehen. Und ja Average, dich hat er auch gesehen, selbst wenn du damals nur Kellner warst, also bist du auch wichtig. Alle anderen von uns dürfte er noch nicht kennen.“

Riven nickte: „Gut, ihr vier und das Artefakt seid nun durch die Kraft des Geistes verschleiert und nur wir können euch weiter sehen.“

In diesem Moment betrat Abulef mit seinen Bodyguards, dem Offizier und vier weiteren Soldaten die Wartehalle und schritt die Metamenschen sorgsam ab. Dabei nahm er jede Gruppe genauestens in Augenschein.

Snowcat blieb völlig gelassen. Den Geist, den Riven vor ein paar Tagen auf dem Dachboden des Safehouses beschworen, an sich gebunden und vergrößert hatte, war derart mächtig, dass sie sich wegen einem ,unbegabten‘ Mann wie Abulef keine Sorgen machte. Ja selbst wenn Abulef magisch aktiv gewesen wäre oder einen Magier mitgebracht hätte, dann hätte sie sich noch ziemlich sicher gefühlt. 

Average war nicht ganz so überzeugt, denn er fragte über Commlink: „Bist du auch sicher, dass ich unsichtbar bin Riven? Weil, ich merke nämlich nichts.“

Riven antwortete aufgebracht: „Natürlich bin ich sicher. Aber wenn dir das nicht reicht, kann ich dich gerne bewusstlos schlagen. Davon merkst du dann was.“

Abulef näherte sich jetzt ihrer Gruppe. Sunrise sagte zu Sal mit heftigem russischem Akzent: „Mein Freund, ich glaube, es dauert hier noch eine Weile, wie wäre es mit einer Partie Schach?“

Sal lächelte und erwiderte: „Eine ganz ausgezeichnete Idee. Gern.“

Die Inspektion dauerte über eine halbe Stunde und es war Abulef anzusehen, dass er mit dem Ergebnis nicht zufrieden war. Er diskutierte mit dem Offizier, der daraufhin Männer losschickte, um die drei beschädigten Wagons zu durchsuchen. Dateien wurden verteilt. Die Soldaten kehrten ohne Ergebnis zurück. Man musste kein Experte im Lesen von Körpersprache sein, um zu erkennen, das Georgi Abulef, der zu Snowcat stets so zuvorkommend gewesen war, nun zornig und höchst unzufrieden war. 

Die Soldaten trabten erneut los, diesmal um den gesamten Zug zu durchsuchen. Eine Aufgabe, die nicht innerhalb von fünf Minuten erledigt war. 

Nach weit über einer Stunde stieg Abulef extrem missgelaunt in seine Limousine ein und fuhr ab. Der Zug setzte sich in Bewegung, um die beschädigten Wagons auszutauschen, was nochmals gut eine Stunde dauerte. 

Als die Transsib zur Weiterfahrt bereit war, waren aus den vier Stunden Verspätung, sieben Stunden Verspätung geworden. Dennoch, sieben Stunden Verspätung waren für die Transsibirische Eisenbahn auch 2072 nicht sonderlich ungewöhnlich. 

Die rote Armee hatte ausreichend Wachen im Zug zurückgelassen. Also blieben Snowcat, Average, Twinbow und Blackstone die gesamte Zeit über unter der Verschleierung. Snowcat fand das nur halb so wild, denn in gut 24 Stunden würde ihr Aufenthalt hier enden. 

Nur zwei der drei beschädigten Wagons waren ausgetauscht worden. Die Runner hatten nun alle ein neues Abteil. Die Stimmung war trotz der angespannten Situation gut. Der einzige, der die gesamte Zeit über mehr als nachdenklich wirkte, war Sunrise. Der Verlust seines Gewehrs hatte ihn offenbar schwer getroffen und da Mystique vorausschauender Weise alles entsorgt hatte, konnte er nun nicht mal mehr ein Teil der Waffe behalten, als Glücksbringer benutzen oder in eine neue Waffe einbauen. 

Gut zwei Stunden vor Vladivostok gab Sal bekannt, dass sie den Zug bereits eine Station früher, in Uglovaya, verlassen würden. 

Als die Runner am Abend des 12. Aprils 2072 aus der Transsib stiegen, lag der Bahnhof von Uglovaya einsam und verlassen vor ihnen. Die Unsichtbaren hatte die Sichtbaren so unauffällig begleitet, dass die Soldaten im Zug sie beim Aussteigen nicht aufgehalten hatten. Vier von ihnen hatten eh kein Gepäck mehr, darum hatte sie das Verlassen des Zuges kaum Mühe gekostet. 

Als die Lichter des Zuges in der Ferne verschwanden, fiel den Runnern auf, wie verlassen der Bahnhof wirklich war. Die Cafeteria und das Wartehäuschen waren geschlossen und weit und breit war kein Personal zu sehen. Die Schritte der sechs unverschleierten Runner halten laut durch den Bahnhof. Eine alte Lichtröhre verteilte ihr flackerndes Licht.

Vor dem Haus sah es noch trostloser aus. Auf dem großen Parkplatz zirka 50 Meter vom Bahnhof entfernt standen zwei Vans. Ansonsten war die Gegend metamenschenleer. Nicht mal in einem der etwas weiter entfernten Gebäude brannte Licht. Es gab weder eine Strassenbeleuchtung, noch waren irgendwo wenigstens die Rücklichter eines Wagens zu sehen. 

Der Wind, der die hohen, kargen Nadelbäume der Umgebung in leichtes Schwanken versetzte, wehte kühl und feucht zu ihnen herüber. Snowcats Nackenhaare stellten sich nicht auf, denn das hatten sie schon beim Verlassen des Zuges getan. 

Die Runner blieben stehen und für einen Augenblick war das Zischen der alten Lichtröhre das einzige Geräusch. Es war still. Viel zu still.

Average sagte über den Teamkanal: „Also AR ist hier genauso viel los, wie im Zug, also fast gar nicht. Ich hab hier nur einen mickrigen Orts-Tag.“

Sunrise fragte: „Sollten wir hier abgeholt werden?“

Sal schüttelte den Kopf, „Nein, hier sollten nur zwei Wagen für uns bereit stehen.“

Sunrise sah sich um: „Jedenfalls sind die guten Plätze für Scharfschützen unbesetzt.“

Nach dieser ein wenig beruhigenden Information setzte sich die Gruppe langsam in Richtung der Wagen in Bewegung.

Snowcat vergewisserte sich, dass all ihr Equipment dort saß, wo es sitzen sollte: „Wir sollten auf keinen Fall die Verschleierung aufheben.“ Dann sandte sie ihren Sinn für Magie aus. „Ich kann jedenfalls keine Magie entdecken.“

Twinbow blickte skeptisch drein, „Dass die beiden Wagen genau in der Mitte vom Parkplatz stehen, riecht ja förmlich nach einer Falle. Die Büsche und Bäume ringsherum bieten jede Menge Deckung.“

Die Fahrertür und die hintere Tür des linken Wagen öffneten sich und zwei Asiaten, höchstwahrscheinlich Japaner, in Strassen- und Lederbekleidung, stiegen aus. 

Sal flüsterte: „Jetzt riecht es nicht nur nach einer Falle, sondern auch noch nach frischem Blut.“

Der Fahrer winkte ihnen zu und rief auf Englisch: „Hey, da seid ihr ja endlich. Nicht so schüchtern. Kommt her.“

„Sollte hier jemand sein?“, fragte Snowcat. 

Sal schüttelte den Kopf, „Ich sagte es schon. Eigentlich nur die Wagen.“

An solche Szenen gewöhnt fächerten sich die Runner ohne einen Befehl ein wenig auf. 

Blackstone sagte: „Wir vier flankieren sie.“

„Wie? Wie vier? Ich auch?“ wollte Average wissen.

Twinbow zog ihn an der Jacke. „Ja du auch. - Ich kann niemanden in der Umgebung sehen. Ist einfach zu dunkel. Wie ist es mit Euch?“

Alle verneinten. 

Snowcat ergänzte, „Ich schlage vor, ihr geht weiter, Riven verhandelt und wenn was passiert, schlagen wir zu. “

Riven nickte, wandte ihr Gesicht kurz ab, so als müsse sie husten und erklärte über Commlink: „Die beiden sind stark und mittelschwer verdrahtet. Der, der gesprochen hat, hat kaum noch Essenz. Bei welchem Passwort gehts los?“, dann setzte sie ihren Weg fort und rief dem Asiaten zu: „Ich bin überrascht, wir hatten die Wagen eigentlich ohne weitere Kräfte bestellt.“

Mystique schlug London als Passwort vor.

Der Japaner, Snowcat war jetzt sicher, dass er Japaner war, grinste fies. “Ihr müsst noch bezahlen.“

Snowcat wandte sich an den dunkelhäutigen Mann hinter ihr.: „Average, such doch bitte mal nach versteckten Nodes. Vielleicht hilft uns das ja weiter.“

Kurz darauf kam von ihm „Ja, hidden nodes hab ich.“

„Wie viele?“

„30.“

Fragg. 

Snowcat nahm Jazz.

Niemand lies sich etwas anmerken. Riven und die anderen gingen langsam näher, die schöne Zauberin sagte gelassen: „Eigentlich hieß es, es ist schon bezahlt. Wie viel schulden wir Euch?“

Snowcats Blut zirkulierte schneller. 30 waren ganz schön viele. 32 mit denen bei den Wagen. Sie waren umzingelt und einige ihrer Freunde hatten nicht mal ihr gewohntes Equipment dabei. Sie brauchten die Fahrzeuge, um wegzukommen und genügend Zeit, um sich die Wagen unter den Nagel zu reißen. Da die Japaner die Elfe wegen der Verschleierung nicht hören konnten, wies Snowcat an: „Wie verhandeln um Zeit zu schinden so lange wir können. Average und ich schleichen uns an die Fahrertüren in Position. Riven, wenns los geht, dann setzt bitte eine Barriere um uns, dass verschafft uns Zeit zum Knacken der Fahrzeuge und Zeit zum Einsteigen hoffentlich auch und dann sehen wir, dass wir hier irgendwie wegkommen.“

Der Japaner grinste noch böser: „Wir wollen kein Geld. Wir erwarten ein Paket. Wo sind denn eigentlich die anderen von euch? Sollte ihr nicht viel mehr sein?“

Riven zuckte mit den Schultern: „Die anderen haben es nicht geschafft!“

Der Japaner riss übertrieben überrascht die Augen auf: „Wie nicht geschafft?“

Inzwischen trennten die beiden nur noch gut sieben Meter voneinander. Snowcat soufflierte und Riven sagte laut, „Der Zug wurde auf der Strecke überfallen. Da haben es einige von uns eben nicht geschafft.“

Der Japaner scannte die Runner ab: „Ist ja auch egal. Ihr übergebt uns einfach die Braut, die ihr dabeihabt und dann könnt ihr gehen.“

Mystique sagte locker: „Ach wie schade. Wie sind beide leider schon vergeben.“

Der Japaner hörte auf zu grinsen und blickte nun ärgerlich drein: „Ihr zwei nicht. Wir wollen die blonde Elfe, die ihr dabei habt. Wo ist die?“

Blond war Snowcat das letzte Mal in Hong Kong gewesen, obwohl sie eigentlich ärgerlich darüber sein müsste, dass ihr schneeweißes Haar von jemandem als blond bezeichnet wurde. Riven sagte: „Ach die, die ist immer noch in Hong Kong.“

Nun grinste der Japaner wieder böse und eiskalt: „Du lügst.“

Er machte ein paar Schritte zurück, riss die Fahrertür auf und zog einen toten Russen aus dem Wagen.

Der Geruch von frischen Blut schlug Snowcat entgegen. Sie hatte gerade die Tür erreicht und hatte überlegt, wann und wie sie sie unbemerkt öffnen konnte.

„Wenn es los geht, gehört der Kerl mir.“, zischte Sunrise.

Ohne zu zögern ließ Snowcat sich auf den blutdurchtränkten Sitz fallen. Blackstone stand an der Beifahrertür und auch Average und Twinbow warteten in Position.

Riven erwiderte das fiese Grinsen des Japaners mit einem noch kälteren Lächeln. „Es ist nicht besonders höflich mich als Lügnerin zu bezeichnen...“

„London!“, sagte Snowcat. 

„... aber ich will mal nicht so sein.“ Sie gestikulierte und eine kuppelförmige Barriere aus knisterndem Mana umhüllte die 10 Runner, die 2 Japaner und die beiden Wagen. 

Sunrise hatte blitzschnell seine Waffe gezogen und auf den Japaner angelegt, nun wechselte er sein Ziel und erklärte,  "Vergesst was ich eben gesagt habe.", dann streckte er kurzerhand den zweiten Japaner mit zwei Kugeln nieder. 

Mystique hatte eigentlich auch auf den zweiten Mann angelegt. Nun richtete sich die Waffe auf den Kopf des Wortführers, lief dicht an ihm vorbei und sagte: „Du gehörst ihm!“ Sie zeigte auf Sunrise und ging dann zu Averages Wagen, wo der Mann inzwischen auch schon auf dem Fahrersitz saß.

Der Japaner grinste Sunrise wölfisch an, zog ein Katana vom Rücken und schliff damit funkenstiebend über den Boden.

Blackstone rief: „Sunrise, mach hinne. Wir haben keine Zeit für solchen Kinderkram.“

Die 30 Männer stoben aus ihren Verstecken und näherten sich der Barriere.

Bis auf Riven, Gumshoe und Sunrise bewegten sich alle zu den Fahrzeugen. 

Doch der erlösende Schuss aus der Pistole, die Mystique Sunrise geliehen hatte, blieb aus. Stattdessen griff der Japaner Sunrise an. Er raste auf ihn zu. Dem Hieb wich Sunrise gerade noch aus.

Snowcat hatte es geschafft, ihr Wagen hatte gestartet, fast gleichzeitig war auch aus dem Van von Average das Geräusch eines laufenden Motors zu hören. 

Riven setzte noch eine Geisterkraft auf eine Gruppe von Angreifern außerhalb der Barriere an, worauf hin es schien, als würde sich die Landschaft selbst gegen die Japaner erheben. Ranken schossen aus dem Boden und umschlangen die Männer. Dann setzte auch Riven sich zum Auto von Average in Bewegung, wo Twinbow bereits auf sie wartete.

Sal und Trouble waren inzwischen bei Snowcat eingestiegen. Blackstone stand noch vor ihrer offenen Beifahrertür. Er war sprungbereit.

Der erste von Sunrises Schüssen verfehlte sein nahes Ziel, der zweite traf, aber der Japaner schluckte die Kugel, ohne mit der Wimper zu zucken. Es war nicht klar, ob er überhaupt die Panzerung durchdrungen hatte. Der Asiat blieb siegesgewiss und schlug einen Salto. Gumshoe hatte die Faxen dicke und schoss selbst zwei mal auf den Japaner, verfehlte ihn aber. Dieser warf Gumshoe einen angeekelten Blick zu, der zu sagen schien ,ich dachte er wollte einen Zweikampf, aber was soll man von unehrenhaften Gajins schon erwarten‘ und schoss dann aus seiner Hand einen Sporn ab, der Gumshoe am Hals traf und ihn schwer verletzt nach hinten stolpern ließ. 

Draußen wurde das Feuer auf die Barriere eröffnet, lange würde sie nicht mehr halten. Twinbow half Gumshoe in den Wagen und rief Sunrise zu. „Los, keine Spielchen mehr.“

Sunrise schoss zwei weitere Male und er traf den Japaner wirklich gut, aber dieser grinste nur noch siegessicherer. Erneut startete er ein wütenden Angriffsserie auf Sunrise, die der junge Russe zunächst erstaunlich gut im Griff hatte. Doch dann traf ihn ein gewaltiger Hieb in der Brust und er brach augenblicklich in sich zusammen. 

Nulllinie.

„Fragg!“ tönte es aus mehren Mündern gleichzeitig. 

Mystique sprang aus dem Van, griff den Japaner an und verhinderte so, dass dieser Sunrise den Kopf abschlagen konnte. Mit ausgezeichneter Kampfkunst stellte sie sich den Mann mit dem Schwert so hin, wie sie es brauchte, setzte einen Schulterwurf an und brach ihm dabei das Genick. 

Blackstone hatte sich unterdes ein Traumapatch von Snowcats Gürtel gezogen und rannte damit zu Sunrise. Er drückte es ihm auf und half dann Mystique Sunrise in den Wagen zu bekommen. 

Snowcat fuhr in einem riskanten Manöver rückwärts, so dass sie Blackstone besser einsammeln konnte. Dann setzten sich die beiden Wagen parallel zu einander in Bewegung. Riven ließ im perfekten Moment die Barriere fallen, dann rasten sie los. 

„Verdammt.“, fluchte Average, „warum können diese Scheiß-Fahrzeuge eigentlich nie geriggt sein?“

„Kommst du trotzdem klar?“, fragte Snowcat nach.

„Ja, ja.“

Knapp hinter ihnen schossen Motorräder und Autos aus der Deckung und machten sich an die Verfolgung.

Riven verkündete über Commlink. „Sunrise ist soweit stabil und Gumshoe haben wir oberflächlich verbunden. Aber meine Magie allein könnte bei Sunrise zu schwach sein, um ihn wiederzuholen. Ich würde lieber noch warten, bis Snowcat sich medizinisch um die beiden kümmern kann. Außerdem habe ich die Verschleierung aufgehoben.“

„Copy!“, bestätigte Snowcat.

Dann musste sie sich voll aufs Fahren konzentrieren. Die Bikes machten ihr dabei besonders große Sorgen, sie würden schwer abzuschütteln sein und die besten Motoren hatte die Vans auch nicht gerade.

Sal nannte ihnen Koordinaten an der Küste, das war nicht sonderlich weit von hier, aber dafür kannten sie die Gegend nicht.  

Nach zwei waghalsigen Manövern, die Average gut kopieren konnte, hatte sie einen Teil ihrer Verfolger abgehängt. Aber die Freude werte nicht lange, denn bereits zwei Kurven später schossen zwei aufgemotzte Wagen aus einem Seitenweg im Wald hervor, die entweder dort gewartet oder eine Abkürzung gekannt hatten. Sie setzten sich hinter sie und eröffneten sogleich das Feuer. 

Trouble und Mystique erwiderten den Beschuss. Sie waren deutlich bessere Schützen und schon bald kam eines der neuen Verfolgerfahrzeuge ins Schleudern. An dem zweiten saß ein guter Fahrer und er schloss auf. 

Damit nicht genug. Vier Motorräder nahmen die beiden Wagen in die Zange. Snowcat brach nach links aus und erwischte ein Bike günstig am Vorderrad, der Fahrer stieg unfreiwillig ab und sein Motorrad verwandelte sich an einem Baum in eine kleine Sonne. 

Mit einem koordinierten Manöver brachten Snowcat und Average, ein weiteres Motorrad zwischen die beiden Wagen und zermatschten den Fahrer regelrecht.

Das dritte Bike war mit zwei Mann besetzt. Der Beifahrer versuchte auf Averages Wagen zu springen, aber Blackstone erschoss ihn, bevor er sein Ziel erreicht hatte. 

Jedes dieser Manöver kostete Zeit und schon bald tauchten weitere Verfolger in ihren Rückspiegeln auf. 

Average hatte mit Hilfe des Kartenmaterials des Navis eine neue Route berechnet. Als die Runner völlig unerwartet auf ein kleines Gehöft zuhielten, schüttelten sie alle die ab, die dicht hinter ihnen waren. 

Leider mussten sie irgendwann wieder auf eine richtige Strasse zurück, denn für mehr Alternativen fehlten ihnen die Ortskenntnisse und die Off-Road Fahrzeuge.

Zurück auf der Strasse kam es so, wie Snowcat befürchtete hatte. 

Die Verfolger hatten Gas gegeben und sich aufgeteilt und schon bald klebten wieder sechs Fahrzeuge an ihnen dran und in schätzungsweise 15 Minuten würden sie ihren Zielpunkt erreicht haben. Wenn dort auch nur noch einer an ihnen klebte, war das schon zu viel. 

„Komm Average. Wir legen noch einen Zahn zu. Hol raus, was du rausholen kannst.“, sagte Snowcat durch die Verfolgungsjagd erregt, auch wenn sie zugegebener Maßen lieber der Jäger war, als die Gejagte. 

Average schien nach den Tagen der trostlosen AR-Welt zufrieden zu sein, etwas zu tun zu haben. Also sagte er fröhlich: „Okay Snowcat. Machen wir es so!“

Sie riskierten mehr und so wie die Waghalsigkeit ihrer Manöver anstieg, schrumpfte die Zahl ihrer Verfolger. Doch die letzten beiden, ein Auto und ein Motorrad, wurden sie einfach nicht los, auch wenn der Abstand langsam aber sicher größer wurde. Ihnen gingen die Ideen aus. Die beiden an sich waren kein Problem, aber sie konnten anderen, die hinter ihnen herjagten, bescheid geben, wo die Runner waren. 

Plötzlich schossen zwei geschlossene Motorräder hinter ihnen aus dem Nichts der russischen Landschaft. 

Und die beiden Bikes waren ultraschnell. Zur Überraschung aller raste eines der Bikes in das Motorrad der Verfolger und schubste es im hohen Bogen von der Strasse. Aus dem anderen Bike schossen Granaten und schlugen in dem Auto hinter ihnen ein. 

Parallel zueinander überholten sie die zwei Bikes die beiden Fahrzeuge der Runner und dann blinkte hinter dem Linken ein ,Follow Me‘-Tag auf. 

In Orange. 

In Grün.

In Orange.

In Grün.

Snowcat lachte laut auf. Es gab keinen Zweifel. „Die beiden Bikes gehören zu uns.“, sagte sie fröhlich. 

In ihrem Commlink schlug eine Nachricht ein. „Hey Snowcat. Guck mal nach oben.“

Snowcat beugte sich vor, sah hoch und konnte es nicht glauben. Über ihnen kreisten fünf Drakes. 

Nach wenigen Minuten hatten sie die Küste erreicht.

Die beiden BMW-Blitzkrieg öffneten sich. In der einen saßen Sparky und Arcade und in der anderen Liam. Die Zwillinge sprangen raus und umarmten Snowcat stürmisch. Dann stoben sie davon und begrüßten auch die anderen UCler, dann kamen Riven und Sunrise an die Reihe. 

Die fünf Drakes landeten und Trouble ging zu ihnen. 

Liam kam zu Snowcat, sie küsste ihn auf die Wange und umarmte ihn dann. 

„Schön dich zu sehen.“ sagte er ernst und ruhig. „Wir haben nicht viel Zeit. Im Wasser wartet ein Schlauchboot auf euch, dass bringt euch dann bis zu dem Boot, mit dem ihr weiterfahrt.“

Snowcat lächelte, „Danke für eure Hilfe. Wo kommt ihr eigentlich her?

Liam zeigte mit dem Daumen hinter sich.

„Verstehe. Wer hat Euch geschickt?“

Liam grinste schief: „Na der, der auch Trouble und Sal geschickt hat.“

„Du kennst ihn?“ Liam nickte. „Und wie sieht er so aus?“

Liam stupste Snowcat sanft an. „Keine Zeit, wir müssen jetzt umladen.“ Kaum hatte er zu Ende gesprochen, machte er sich daran, beim Verladen des Gepäcks und dem sicheren Transport der Verletzten zu helfen. 

„Wissen Sparky und Arcade wer er ist?“, rief Snowcat Liam nach. 
Liam drehte sich um und grinste breit. „Nein!“

Mist! Snowcat wollte Liam hinterher, um ihn weiter zu bearbeiten, aber da kam Trouble auf sie zu. „Ich werde hier bleiben und den anderen Drakes dabei helfen, eure Verfolger auf die falsche Spur zu führen. Vielleicht kommst du ja mal bei uns vorbei.“

Snowcat legte den Kopf leicht schief und nickte dann, „So bald ich weiß, wo ,da‘ ist, komme ich vorbei. Danke für alles.“ Dann umarmte sie Trouble herzlich und lange. 

So lange, bis Sparky und Arcade an ihr zogen und sie zu dem riesigen Schlauchboot führten. Alle anderen waren bereits eingestiegen. 

Im Wasser wartete ein weiterer überraschender und erfreulicher Anblick auf Snowcat, dort schwamm ein Leviathan-Drake, der offenbar das Boot anschieben würde. Er zwinkerte Snowcat zu und begrüßte sie mit einem tiefen „Hallo“ in ihrem Kopf. 

Sparky und Arcade hatten sich unauffällig ebenfalls ins Boot gesetzt, aber Liam sah die beiden nur an und dann trollten sie mit hängenden Köpfen von Bord, natürlich nicht ohne  Snowcat zum Abschied zu umarmen. Schon wieder grinsend sandten sie an Average zwei AR-High Five, die Average prompt abklatschte.

Liam pfiff und beschrieb mit dem Zeigefinger einen Kreis, der gen Himmel zeigte. Daraufhin erhoben sich sechs Drakes in die Luft und kreisten umher.

„Wow und andere kommandieren Hunde.“, sagte Snowcat halblaut.

„Hey.“ tönte es in ihrem Kopf. „Keine Hunde.“

Snowcat sah den Leviathan an: „Nein entschuldige. Natürlich nicht. Ich wolle uns dabei nicht mit Hunden vergleichen.“

„Schon gut.“, der Leviathan zwinkerte erneut. 

Snowcats schneeweißes Haar wehte im Wind und ihre perlfarbene Haut schimmerte im Mondlicht, als sie SpArcade, Liam und den Drakes zum Abschied noch einmal winkte. 

Sal würde sie weiter begleiten. Average steuerte das Boot und der Leviathan gab die Richtung an. 

Plötzlich knallte es. Genauer gesagt knallte es zweimal gleichzeitig und der Strand wurde von zwei schönen Feuerbällen in orange und grün erhellt. Da waren wohl soeben sämtliche Spuren in den beiden Fahrzeugen beseitigt worden, dachte Snowcat lächelnd und beobachtet die Lichter, bis sie verloschen waren. 

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(vom GM geschrieben)

Die Nacht wurde plötzlich von zwei Feuerbällen orange und grün erleuchtet. Vom Waldrand auf der Anhöhe hatte er einen guten Blick über den Strand und das Meer. Sein Blick folgte dem Kielwasser des Bootes, das diese außergewöhnliche Gemeinschaft von Namensgebern in Sicherheit bringen würde…

Der verrückte Ire, hah ein Pleonasmus!, war wirklich immer wieder für eine Überraschung gut. Eine BMW Blitzkrieg hielt am Waldrand und öffnete sich. Liam schlenderte herüber, die Hände in den Taschen und folgte seinem Blick.

„Die Techno-Twins sind bestimmt begeistert von Deiner Doppel-Color-Feuerexplosion?!“ sagte er zu Liam.

„Stimmt, ganz besonders weil sie den Sprengsatz bauen, platzieren und zünden durften.“ grinste Liam ihn an.

„Mach Dir keine Gedanken, alter Mann“, sagte Liam „in ein paar Minuten erreichen sie Sven und Oleg und dann tauchen sie ab.“

„Das U-Boot ist ein sehr gute Idee. Das muss ich Dir lassen, Grasshüpfer!“ erwiderte er. „Wie hat sich die ‚Luftunterstützung‘ geschlagen?“

„Rían kann Stolz sein, er hat sie gut ausgebildet. Leise Flügel, scharfe Augen und noch schärfere Krallen, eine sehr gefährliche Kombination. Wir räumen jetzt noch ein wenig auf, schließlich soll keiner wissen, dass wir hier waren, und dann bringe ich die Crew zurück zum Bootshaus.“ erklärte Liam.

Er breitete die Arme aus und umkreiste Liam in Nachahmung eines Flugzeugs, „Kommt gut zurück noch Seattle!“

„Wie kommst Du von hier weg? Soll ich Dir einen Krankentransport schicken? Du siehst ein wenig blass um die Nase aus, Red Cap!“ lachte Liam als er in seine Blitzkrieg stieg.

Die Maschine brauste los und traf sich weiter unten mit einer weiteren Blitzkrieg, gemeinsam jagten sie ohne Scheinwerfer landeinwärts.

Er grinste immer noch über Liams Worte. Liam hatte in kürzester Zeit die ganze Aktion geplant und auf die Beine gestellt. Er verbeugte sich überschwänglich in Richtung der Motorräder, „Chapeau, Liam! Vielleicht sollten wir Dich zukünftig ‚Q‘ nennen?!“ Sein Grinsen wurde breiter und verschwand aus seinen Augen, „Du hast hoffentlich noch sehr viele brillante Ideen in Dir… wir werden sie brauchen…“

✼✼✼✼✼

Nach einer halben Stunde Fahrt bat der Wasser-Drake sie anzuhalten. 

Drei Minuten später tauchte ein U-Boot auf. Die Luke öffnete sich und Sven und Oleg steckten die Köpfe raus und begrüßten Snowcat unter lautem Hallo. Natürlich waren Sören, Pjotr, Leika, Martin, Jim und Igor auch an Bord. Als die Männer sahen, wie schlecht es Gumshoe und vor allem Sunrise ging, den sie ja bereits kannten, wurden sie ernst. Die beiden Männer wurden umgehend zur Krankenstation gebracht, wo Snowcat einen Bordarzt und bestes medizinisches Equipment vorfand. 

Der schwer verletzte Gumshoe grinste breit. Schmerzkiller waren schon eine feine Sache. 

Nachdem alle an Bord waren und sämtliches Equipment verladen war, tauchte die Corc Cona‘n in die Tiefen des Pazifiks ab. 

Sunrise war mehr als niedergeschlagen, als er nach Snowcats Behandlung die Augen aufschlug. Sie lächelte ihn an, strich ihm sanft über die Wange und übergab dann an Riven, der sie trotz aller Bemühungen noch einiges an Arbeit übrig gelassen hatte. 

„Sagt ihm bloß nicht, dass ich den Japaner eliminiert hab.“, flüsterte Mystique.

„Warum nicht? Ich glaub, das Wissen könnte ganz heilsam für ihn sein. Vielleicht lässt ihn das alles auch noch mal über seine Rachsucht nachdenken.“

Kaum war Sunrise wieder fit, bot ihm Gumshoe Wodka an, den der junge gut aussehende, aber nun noch ernstere Russe ablehnte. Das war nicht das einzige mal, dass man ihm innerhalb der nächsten zwei Tage Alkohol anbot, den er ablehnte. Auch wenn die O‘Nialls an Bord der Corc Cona‘n viel weniger tranken, als im Seaven Seas, so verzichteten sie doch nicht völlig auf Alkohol.

Snowcat genoss den Aufenthalt ab Bord des U-Bootes und das lag nicht nur an der netten Gesellschaft von gut gelaunten Seemännern. Hier war es eng und es gab kaum Komfort, aber so tief unter der Meeresoberfläche waren sie magisch so gut wie unauffindbar. Ihre Spur würde sich einfach verlieren. 

Sören stellte Snowcat sogar ein Stück warmen Apfelkuchen mit Vanillesoße hin, „Hier Cousine. Hat Sean gebacken, wir haben den gefroren an Bord. Nicht ganz so gut wie frisch, aber dennoch lecker.“

Snowcat probierte und lecker war gar kein Ausdruck, er war wirklich köstlich und sie selbst schmeckte im Vergleich zur frischen Variante kaum einen Unterschied. 


Nach zweieinhalb Tagen Tauchfahrt, am 15. April 2072 stieß das U-Boot mitten im Pazifik durch die Wasseroberfläche. Snowcat brauchte eine Weile, bis sie mit der Verabschiedung  von der Crew durch war, denn wirklich jeder bestand auf seine persönliche Umarmung. 

Nicht weit von ihnen ankerte eine 50 m lange Yacht, die Snowcat ebenso kannte, wie die beiden Männer, die sie an Bord begrüßten.

Die Yacht trug den Namen Snowbreeze und sie gehörte UC. Die beiden Männer an Bord waren Thunderstrike und Shark Finn.

Natürlich fragte Snowcat Shark mit schmeichelnder Stimme und nach einer herzlichen und sehr langen Umarmung, wer ihn geschickt hatte. Ohne zu zögern antwortete er. „Der Oheim und er hat gesagt, ich soll Badebekleidung mitnehmen, denn ihr kommt aus einer sehr kalten Gegend. Das orange-grüne Zeug musste ich übrigens wegen SpArcade mitnehmen.“ 


Zwei Stunden nach der Ankunft lag Snowcat in einem schlichten, schwarzen Badeanzug mit Stehkragen im Schatten an Bord der Snowbreeze und ließ sich vom gut gebauten Sunrise in Badehose und mit Fliege um den Hals einen alkoholfreien Drink servieren. Sunrise hatte den drei Frauen als Dank für die Hilfe einen Gefallen tun wollen und angeboten, sie eine zeitlang zu bedienen und er hatte Mystiques Forderung, dass das aber nur in Badehose stylish sei, ohne zu murren akzeptiert. 

Twinbow und Riven hielten Händchen. Alle waren am Leben und gesund und weit und breit waren keine Verfolger zu sehen. Nicht einmal am Himmel. 

Die Elfe schob sich den Kompass unter dem Hintern zurecht. Sie hatte geduscht und ihre eigene Sonnencreme aufgetragen, die sie stets in ihrer Kabine gelagert hatte. 

In ihrer Kabine hatte außerdem ein Geschenk auf sie gewartet. Snowcat wr vor Freude gehüpft, sie bekam ja so unglaublich gern Geschenke. Nachdem sie das orange-grüne Geschenkpapier entfernt hatte, fand sie darunter ein kleines Kästchen und ein einfaches schwarzes Band an dem ein Tag klebte. Sie berührte den Tag und Liams Stimme erklang. „Hey Kittykat, In den kleinen Kasten steckst du ab dem nächsten Kampfeinsatz dein Commlink und hängst es dir an dem mnemonischen Band um den Hals. Das Band reißt nicht, wenn du dich verwandelst. Dann kannst du nach deiner Rückverwandlung wenigstens anrufen und sagen, wo du steckst und wohin das Taxi kommen soll. Alles Gute zum Jahrestag.“ Sie küsste den kleinen Kasten. "Danke Liam. Ich freue mich so sehr!"

Ja, vor genau einem Jahr hatte sie sich zum ersten Mal in einen Drake verwandelt. So viel war seitdem passiert.

Die letzten Tage waren wieder besonderes aufregend, spannend und irgendwie auch anstrengend gewesen

Gerade war jedoch alles perfekt. Was konnte da schon noch schief gehen?

Katze sprang auf die Liege und gesellte sich zu ihr.

,Genau, Elfenmädchen. Was kann da schon noch schief gehen?‘ Katze gähnte voll Genuss und legte sich in die Sonne. ,Jedenfalls kann nichts passieren, was wir nicht handhaben können.‘, sagten beide unisono.


                                                            UC - UNIVERSAL CONSULTANTS - UC

                              UC - Unknown Consequences -das TOP-Runnerteam aus Seattle- You See! 


Ob noch etwas passiert, wann und wo die Übergabe des Kompasses stattfindet, wo ,da‘ ist und wer die Hilfe geschickt hat, wird demnächst hier zu lesen sein. Natürlich sagen wir nicht wann genau, dafür hast du doch Verständnis, omae?

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*