Episode 16/15 (vom 11.09.) Run 58/1

Hey Omae, da bist Du ja wieder. Wir freuen uns riesig, dass Du unseren Kanal abonniert hast und heute wieder reinschaust.

Derzeit On The Run sind1: Blackstone, Bloody Guts, Doc, Rubber Duck, Snowcat und Triple S.

Datum in unserer SR-Timeline: 06.-09.03.2074

Was bisher geschah: Die Runner schließen erfolgreich den Run um die Beschaffung eines Coin Of Luck ab, der sie mehrere Monate in Bewegung hält. Wieder zu Hause feiert das Team gemeinsam eine Super Bowl Party. Später geht Snowcat mit Johnny Spinrad auf Skireise nach Vail.

Wir schalten uns einige Tage nachdem Snowcat aus Vail zurückkehrte in das Geschehen zurück.

Dabei erleben wir wie immer alles aus den eisblauen Augen von Snowcat mit. 

Eine Beschreibung der Runner findest Du hier [LINK].

Hat ein Wort im Text eine andere Farbe, verbirgt sich darunter wahrscheinlich ein Link und es wird im Glossar erklärt. Du kennst ein anderes Wort aus dem Shadowslang nicht? Dann schau doch einfach auf gut Glück im Glossar vorbei. [LINK]

Noch eine Kleinigkeit: die Songs zum Text sollen lediglich zur Stimmung beitragen und sind keine versteckten Hinweise- jedenfalls meistens nicht. ;-) (Ich versuche immer Videos Werbung raus zu suchen. Ich kann das aber leider kaum noch garantieren, da Video-Plattfprmen ihr Geld nun mal mit Werbung verdienen. Auf Grund von deutschen Urheberrechten und oder der GEMA werden Songs manchmal komplett entfernt. Darum nenne ich vorsichtshalber Künstler und Titel neben dem Link. Die komplette Episoden-Playlist findest Du hier [LINK].)

6.3., Dienstag Nachmittag, mein Commlink piepte. 

An sich ist das natürlich überhaupt nichts Ungewöhnliches. Tatsächlich kommt es öfter vor, dass mir mein Commlink irgend etwas mitteilt. Wer anruft zum Beispiel, wann ich zum nächsten Termin muss und so weiter. Diesmal war es ein Anruf und der kam von Doc und darum nahm ich das Gespräch umgehend an. 

Ein Kompliment, ein wenig Smalltalk und dann kam Doc kurz und knapp zum Punkt, «Am Donnerstag möchte sich ein Johnson mit uns um 21.00 Uhr im Fenris Nacht treffen, um sich über einen Job zu unterhalten. Hast Du Zeit?»

Ich warf mehr der Form halber einen Blick auf meine Kalender-App, «Ja, habe ich.»

«Sehr schön.», erwiderte Doc erfreut.

Ich überlegte kurz und kramte mein Wissen zusammen, «Das Fenris Nacht ist, soweit ich weiß, ein eher düsterer Schuppen in Tacoma. Er soll bei Gestaltwandlern und ganz besonders bei Wolfsgestaltwandlern beliebt sein, so hört man. - Oh und wenn mich nicht alles täuscht, braucht man ein Passwort, um rein zu kommen, das wöchentlich wechselt. Hat Johnson uns das mitgeteilt?»

Doc schüttelte den Kopf, «Nein, hat er nicht. Er hält uns wohl für fähig, das alleine raus zu bekommen. Ich setzte Bloody Guts und Rubber Doc drauf an. - Wann wollen wir uns treffen?», fragte Doc noch.

«Ich komm morgen zu 21hundert ins Bootshaus.», erwiderte ich.

«Gut, dann bis morgen.»

Fenris Nacht, ich war gespannt, welche Art von Auftraggeber dahin einlud. Das könnte interessant werden.

❄❄

Während in Boston immer noch Schnee gelegen hatte, war es in Seattle mild und regnerisch. Die Luft roch sauber, wie nur Regen sie duften lassen konnte. 

Ich hatte den Mittwoch noch voll zum Studium genutzt, darum hatte wir Moxi nur schnell in meinem Appartement abgesetzt und im Anschluss waren Shark Finn und ich gleich zum Bootshaus gefahren. 

Die beiden Hausboote ankerten friedlich schaukelnd vor dem Haus. Thunderstrike hielt sie beide in Schuss, obwohl eines nicht mehr bewohnt war.

Eigentlich gab es nicht so viel zu besprechen, wir wussten ja noch nicht, worum es bei dem Job gehen würde, aber unser grundlegendes Vorgehen für morgen Abend konnten wir festlegen.

„Bloody Guts und ich setzten euch in der Nähe ab und dann lauft ihr das letzte Stück.“, erklärte Rubber Duck, „Wir bleiben im Wagen, fahren eine Strasse weiter und warten da. Ich werde für den Fall eines Falles einen Ü-Ballon rauslassen.“

„Genau so.“, bestätigte ich, „Kennen wir inzwischen das Passwort?“, fragte ich dann.

[Song 1: Sam The Sham And The Pharaohs - Li’l Red Hiding Hood] Bloody Guts nickte, „Das ist Bljutmand“, erwiderte er und blendete das Wort via AR ein. 

„Ah, Blutmond, das deutsche Wort für Bloodmoon.“, erläuterte ich.

Blackstone schmunzelte leicht. „Fast richtig ausgesprochen.“

„Klang auch irgendwie Deutsch.“, sagte Bloody Guts nun.

Triple S räusperte sich, „Da sind viele Gestaltwandler, sagtet ihr. Gibt es da irgendwelche Verhaltensmaßnahmen? Wie in keinem Fall Silber tragen oder so?“

Doc sah den Mage direkt an, „Da werden viele Jäger sein, du solltest dich nicht wie Beute verhalten. Halte den Blicken stand, gehe aufrecht, solche Dinge.“

Ich lächelte, „Wenn dir das schwer fällt, dann kannst du mit den anderen im Wagen warten, aber eigentlich schätze ich dich so ein, als wenn du es kannst.“

Triple S nickte, „Kein Problem. Ich wollte nur wissen, ob es Rituale oder Ähnliches gibt, um akzeptiert zu werden. Gibt es Kleidervorschriften?“

Ich schüttelte den Kopf, „Nicht wirklich. Sie werden eh wissen, dass wir sonst nicht da sind. Schon allein wegen unseres Geruchs. Also trag, worin du dich wohl fühlst. Schlagringe aus Silber wären allerdings tatsächlich keine gute Idee.“

❄❄

Am Donnerstag Abend, 20.47 Uhr, ließ Rubber Duck uns in einem ehemaligen Wohnbezirk von Tacoma, der inzwischen ziemlich herunter gekommen und verlassen war, raus. 

Meine vier männlichen Begleiter, Blackstone, Triple S, Doc und Shark Finn trugen je einen dunklen Anzug. Die dunklen, schweren Mäntel, die jeder von ihnen darüber trug, zerstörten das Image eines Konzernangestellten, der hier nichts zu suchen hatte. Doc hatte einen dunklen Stetson aufgesetzt, von der Art, wie er ihn gerne trug und ihn tief ins Gesicht gezogen. Vielleicht passten diese Jungs nicht in diese Gegend, doch niemand würde den Fehler machen, sie deshalb anzupöbeln. Das hier hatte nichts mit dem richtigen Outfit oder Aussehen zu tun, das hier war eine Frage von Ausstrahlung.   

Ich selbst trug Dunkelgrau. Jeans, Pullover und Mantel, dazu Boots von Dr.Martens in Chrom. Um Ausstrahlung bin ich eigentlich nie verlegen. Heute gab es etwas weniger Sexappeal, dafür mehr Selbstbewusstsein, fertig. Würde es dennoch zu Problemen kommen, konnte ich die wilden Tiere immer noch mit meiner Monopeitsche bändigen. Ich trug den Waffenfokus verborgen am Handgelenk.

Das flache Haus lag am Ende einer Sackgasse und stand etwas Abseits von seinem Nachbarn. Hier war nichts einladend und auf einen Nachtclub oder eine Bar wies erst rechts nichts hin. Es gab weder ARO’s noch andere Werbung. Einzig und allein die Anzahl von einige schweren Motorrädern, dunklen PickUps oder SUVs, die zum Ende der Strasse parkten, deuteten an, dass hier etwas los war.

Kam man dem Haus näher, wies ein unbeleuchtete Schild über dem verbarrikadierten Fenster auf den Namen der Bar. Fenris Nacht, alles in Großbuchstaben. Die einst roten Buchstaben wirkten, als wären sie in das schwarze Plastik eingebrannt worden. Vielleicht waren sie das ja auch. 

Als wir die Tür fast erreicht hatten, schälte sich ein menschlicher Mann aus dem Schatten. Schwarz gekleidet, breit gebaut in Jeans, schweren Arbeitsschuhen und mit Panzerjacke über dem T-Shirt. 

Ich ging lächelnd auf ihn zu oder wollte das zumindest. Blackstone machte einen schnellen Schritt vor, trat in meinen Weg und blieb dann stehen, so dass er jetzt zwischen mir und dem Mann stand.

Ich wartete kurz, doch offenbar hatte Blackstone nur für einen gewissen Abstand sorgen wollen. Das Reden überließ er mir.

Ich lächelte weiter, sagte knapp, „Hallo!“, erntete dafür den Ansatz eines Lächelnd und meinte dann sofort, „Blutmond.“

Das Gesicht des Menschen hellte sich ein wenig auf, dann trat er zwei Schritte zurück und klopfte ein Klopfzeichen gegen die Tür, woraufhin uns von innen geöffnet.

Wir traten ein.

Stille.

Nicht völlige, totale Stille, aber die Gespräche der Anwesenden verstummten.

Innen entpuppte sich das Fenris Nacht als spärlich beleuchtete Mischung zwischen Jagdhütte und Steinzeithöhle, mit vielen Nischen, die sich nur schwer einsehen ließen. Etwa 30 Gäste waren anwesend, ein Großteil davon waren Menschen und die meisten männlich. 

„N’abend.“, meinte Blackstone locker flockig auf Deutsch. 

Niemand antwortete. 

Sie sahen uns an.

Wir traten dennoch tiefer in den Laden, bis sich die Tür hinter uns schließen ließ. 

Ich blickte mich kurz um und hielt dann auf die Theke zu.

Die Stille endete erst, als eine Bedienung, ein weiblicher Ork, relativ kräftig gebaut, mit wettergegerbtem Gesicht, imposanter Oberweite und einem freundlichen Lächeln mit hübschen Grübchen, direkt auf mich zu kam. Sie hatte ein Tablett in der Hand, auf dem ein einziges, gefülltes Cocktail-Glas stand.

„Hi.“, meinte sie, „Der Champagner-Cocktail ist von dem netten Typen aus der Ecke dahinten.“ Sie deutete mit dem Kopf in Richtung einer Nische.

Ich nahm das Glas vom Tablett, „Danke. Und von wem genau?“

Sie zuckte mit den Schultern, „Irgend so ein Norm.“

Ich grinste, „Und, was meinst du, ist er wirklich nett?“

Die Orkin grinste zurück, „Weiß ich nicht. Er hat gesagt, ich soll sagen, er ist nett.“ Sie sah zu den anderen in meiner Begleitung, „Was wollt ihr? Ich kann euch das dann gleich an den Tisch hinten bringen.“

Blackstone orderte ein Bier, Doc Whisky, Shark Finn lehnte ab und Triple S meinte, „Einen Chantre, bitte.“

Sie sah ihn an, „Schätzchen du kannst von mir alles haben ausser das, was du da grad bestellt hast.“

Triple S nickte, „Na dann irgend etwas Hochprozentiges.“

„Das kriege ich hin.“

Als wir uns durch den Laden bewegtem, drehten sich einige wenige nach mir um. Andere nahmen meinen Geruch auf, doch alles im allem erregte ich hier deutlich weniger Aufsehen, als gewohnt. Hier war es wohl Kredo, dass man sich nicht für die interessierte, mit denen man nichts zu tun hatte. Oder aber ich passte hier einfach nicht ins bevorzugte Beuteschema.

Der Mann in Nische stand auf und schloss sein Jackett, als wir uns dem Tisch näherten. Ich schätzte ihn trotz seines grauen Haars zunächst auf Ende 30, notierte mir aber, dass er durchaus zehn Jahre älter sein konnte. Er trug einen dreiteiligen, grauen Anzug, ein ebenfalls graues Hemd, welches etwas heller als sein Anzug war. Die passende Krawatte hatte er ebenso umgebunden. Sie war auch grau, hatte aber eine metallische Textur. Das einzige, was an seiner Kleidung nicht grau war, war eine goldene Krawattennadel mit einem Bernstein, die im Knoten der Krawatte steckte. Der Mann wirkte sehr gepflegt. Der Anzug war ohne Frage teuer gewesen und sehr klassisch dezent geschnitten. Es ließen sich aber keinerlei Markennamen oder Hinweise darauf entdecken. Entweder war er von einem privatem Schneider für ihn angefertigt worden oder man hatte die Konzernmarkenzeichen entfernt. In jedem Fall war der Anzug jedoch an die Maße des Mannes angepasst, denn er saß perfekt.

„Mr. Johnson.“, sagte ich lächelnd, „Guten Abend.“  Ich setzte mich.

[Song 2: Motörhead - Sympathy For The Devil] Er wartete, bis ich mich gesetzt hatte, bevor er sich selbst setzte und dabei das Jackett des Anzugs wieder öffnete. Er sammelte schon mal Pluspunkte bei mir, „Ich freue mich, dass sie es einrichten konnten. Mein Name ist Mr. Grey2.“ Er sprach eine deutliches Englisch ohne Akzent. An seinem Patz stand ein Glas mit einem klarem Getränk. Hinter ihm, - undeutlich im Schatten verborgen, standen zwei Orks, ebenfalls im Anzug, wahrscheinlich nicht ganz von der selben Preisklasse des Anzug ihres Schützlings. Mr. Grey hatte Bodyguards mitgebracht und sich mit einem anderen Namen als Mr.Johnson vorgestellt. Letzteres fand ich eine gelungene Abwechslung.

Meine Begleiter setzten sich, bis auf Shark Finn, der hinter mir stehen blieb und zwar so, dass er sowohl Johnson und einen Großteil des Fenris Nacht im Auge behalten konnte.. 

Ich stellte die anderen namentlich vor, hob mein Glas und sagte, „Cheers, auf erfolgreichen Abend.“ Ich trank einen Schluck. Der Champagner-Cocktail war besser, als ich dem Laden zugetraut hätte. Deutlich besser.

Mr.Grey lächelte kurz, „Aus meiner Sicht ist er schon erfolgreich, Prost.“ Auch das deutsche Wort ‚Prost’ hatte akzentfrei Deutsch geklungen, soweit man das bei einem Wort sagen konnte.

„Vielen Dank für den Drink.“, meinte ich deutlich lächelnd. „Eine gute Wahl.“

Wieder lächelte er leicht. Das Lächeln erreichte seine Augen und das, obwohl er ansonsten so geschäftsmäßig wirkte.

„Es freut mich, das meine Informationen über sie nicht völlig falsch sind.“

Mr. Grey hatte sich selbstverständlich nach uns umgehört. Er hatte über mich erfahren, dass ich gerne Champagner Schrägstrich Champagner-Cocktails trank. Ich fand den Fakt ebenfalls interessant. Das war eine ziemlich detaillierte Information. Und es war eine, an der ich gearbeitet hatte. Immer wenn ich ‚öffentlich‘ unterwegs war, sei es nun bei einem Meeting mit einem Johnson,  auf einer gesellschaftlichen Veranstaltung während eines Runs oder einem Treffen mit Johnny Spinrad, trank ich entweder Wasser oder Champagner, wenn der Champagner gut genug sein würde, Champagner Cocktails, wenn weniger guter Champagner zu erwarten war und außerdem trank ich meinen Kaffe dann immer schwarz. Nur in privaten Situationen und intimerem Umfeld trank ich Absinth, Whisky und meinen Kaffee mit Milch und oder Zucker.

 „Einen kleinen Moment bitte.“ Mr.Grey drehte sich um und gab seinen Bodyguards ein Zeichen.

Ich nutzte die Chance um kurz astral wahrzunehmen. Sogleich hörte ich Bewegung im Fenris Nacht. Man mochte es hier nicht sonderlich, wenn astral wahrgenommen wurde, das war mir schon klar. Astrales Wahrnehmen war hier denen vorbehalten, die das von Natur aus taten, wovon einige anwesend waren. Ich widerstand der Versuchung, mich umzudrehen und beschränkte mich auf einen schnellen Blick. Die Aura von Mr, Grey wies schwarze Flecken durch Cyberware im Kopfbereich auf. Seine Bodyguards waren stark im gesamten Körper verdrahtet. Heftige Emotionen sprangen mir keine entgegen und - warum ich überhaupt geguckt hatte - hier war kein Geist zugegen, der uns beobachtete. 

Mr.Grey nahm unterdes einen White Noise Generator von seinem Bodyguard entgegen, den er auf den Tisch stellte und einschaltete. Dann sah er mich direkt an und sagte, „Ich möchte sie gerne im Namen meines Auftraggebers engagieren. Ihre Reputation hat sich rumgesprochen und man sagt, dass sie auch vor großen Herausforderungen nicht zurückschrecken.“

Ich legte den Kopf ein klein wenig schief und meinte, „Auch ihre Informationen über das Team sind richtig. Ihre Quellen sind offenbar gut informiert.“

Wieder bekam ich ein leichtes Lächeln. Mr.Grey wirkte wirklich nicht so, als würde er bei geschäftlichen Begegnungen oft lächeln. Ich verbuchte es also als Punkt für mich.

Er erklärte, „Es geht mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen Kampfeinsatz. Genauer gesagt, um einen Einbruch in eine ausgesprochen gut gesicherte Anlange und dort um die Beschaffung mehrere spezifisch definierte Gegenstände. Dort herrschen herausfordernde Umgebungsbedingungen. …“

Die Art von Mr.Grey gefiel mir. Er kam zum Punkt und erklärte ohne Umschweife, was Sache war. Ich schätze ihn so ein, als wisse er, wovon er sprach. Ein kleines Bild formte sich in meinem Kopf und ich hatte eine Ahnung, worauf das hinaus laufen konnte. Es klang nach einer wirklichen Herausforderung und es kribbelte mir schon jetzt in den Fingern, diese anzunehmen. Reputation ist in diesem Geschäft alles. Snowcats Rulz Of Life No.16: Mach dir einen Namen! Die Zahl dieser Regel ist nur so hoch, weil ich mich erst um mein Überleben und dann um mein Leben kümmern musste, bevor ich mich dem Streben nach wahrer Unsterblichkeit zuwenden konnte.

„ … Sie werden magische Abwehrmaßnahmen vorfinden. Die Natur der Anlage und deren Besitzer, ist diffizil. Und sie sind selbst darauf angewiesen, sich Zugang zum Zielgebiet und zur Anlage zu organisieren und werden dafür Spesengeld erhalten.“, schloss Mr.Grey seiner Ausführungen.

Doc hatte sich inzwischen etwas zurück gelehnt. Das Signal war eindeutig, ich führte die Verhandlung. Eine verständliche Entscheidung, Mr.Grey befand sich bereits im Gespräch mit mir vertieft und es schien ihm zu gefallen. Es gab keinen Grund, diesen Vorteil aufzugeben.

„Gibt es ein Zeitlimit?“, lautete mein erste Zwischenfrage und um das etwas genauer zu definieren, fügte ich hinzu, „In dem Sinn, dass die Gegenstände bis zu einem bestimmten Zeitpunkt besorgt werden müssen. Selbstverständlich arbeiten wir durchgehend und sofort an einem Job, wenn wir ihn angenommen haben.“

„Ein Zeitlimit gibt es nicht.“, erwiderte er.  

Blackstone meldete sich zu Wort. Mr.Grey zögerte nicht den Bruchteil einer Sekunde, bevor er sich hm zuwandte, „Wie viele Gegenstände werden es sein?“, wollte der Zwerg wissen.

„Es handelt sich um drei Gegenstände.“

„Kann die ein einzelner tragen?“, fragte Blackstone nach, „Es geht um den Transport an sich.“ 

Mr. Grey nickte, „Ja, die Gegenstände sind durch eine Person transportierbar.“ 

Was die Teile anging, hatte ich auch noch eine Frage, die ich nun stellte, „Verfügen die Gegenstände über eine magische Aura?“

Mr Grey sah zu mir und nickte erneut, „Ja. Das tun sie.“

Ich warf einen Blick in die Runde meiner Kollegen. Alle wirkten interessiert, also sagte ich, „Mr.Grey, wenn wir uns über den Betrag einig werden können, sind wir im Geschäft.“

Ich erntete erneut ein winziges Lächeln, „Mein Auftraggeber ist bereit 400.000 NuYen für die Beschaffung der Gegenstände zu bezahlen und wird ihnen 200.000 Nu Yen Spesengeld zur Verfügung stellen.“

Ich zeigte ihm eines meiner besten, geschäftlichen Lächeln, „Das klingt nach einer ganz hervorragenden Verhandlungslage. Wir nehmen den Job an. Kommen wir zu den Details, damit wir den Handel abschließen können.“

Mr.Grey wirkte zufrieden, „Die Anlage befindet sich auf Spitzbergen … “ 

Ich hielt für den Bruchteil einer Sekunde den Atem an, mein Bild bestätigte sich, denn soweit ich wusste, lag auf Spitzbergen nur eine Sache, der Haupthort des großen Drachen Alamais. 

Etwas, was Mr.Grey gleich in seinem nächsten Satz bestätigte, „Dort sollen zwei keltische Kriegshammer und ein kunstvoll gearbeiteter Ring aus dem Hort von Alamais geholt werden.

Alle am Tisch bewahrten das Pokerface. Triple S veränderte allerdings ein bissen seine Position auf dem Stuhl. Niemand sagte etwas ‚wie ach du Scheiße‘ oder ähnliches. Ich war stolz auf mein Team.

Ich grinste wölfisch und bemerkte, „Na dann ist der Besitzer wenigstens nicht zu Hause.“ 

Mr Grey nickte ernst, „Davon gehe ich auch aus.“ Sein Blick zeugte davon, dass sich seine hohe Meinung von uns beziehungsweise meiner Person bestätigte. Nicht viele wussten davon, dass Alamais seinen Magen derzeit täglich in GeMiTo mit Metamenschen füllte. 

„Sie haben mit allem Recht gehabt, Mr.Grey und auch nichts beschönigt oder zurück gehalten, dennoch benötigen die Fakten in einige Punkten eine Nachverhandlung.“, eröffnete ich das Feilschen um Geld, das einfach dazu gehörte.

Am Ende einigten wir uns auf 600.000 NuYen für die erfolgreiche Erledigung des Runs und  300.000 NuYen Spesen. Wir erhielten eine 3 D Animation von den Gegenständen und eine Comm-ID unter der wir Mr.Grey erreichen konnten auf einem Chip. Dann gab er uns preis, was er von der Anlage wusste. Der Zugang würde bewacht und getarnt sein, Spitzbergen verfügte über keine Bewohner, also war davon auszugehen, dass alle Metamenschen sich dort mit Zustimmung von Alamais aufhielten. Mr.Grey vermutete Maßnahmen zur Absicherung, die sich mit der Kraft eines Drachen leicht ausräumen ließen. Ferner sei von Geistern auszugehen. Das war es auch schon. Die Übergabe sollte in Europa stattfinden, Hamburg war ein vorstellbares Beispiel und wir würden uns nur ein paar Stunden vor der Übergabe melden müssen.

„Ist es möglich spezifisches Equipment über sie zu besorgen?“, fragte ich zum Abschluss. 

Mr Grey überlegte kurz, „Für den Run nicht, da es keine Hinweise auf den Auftraggeber geben soll.  Wenn sie etwas als Teil der Bezahlung wünschen, lässt sich darüber sprechen. Schicken sie mir ihre Bitte dann einfach so früh es geht auf die CommID.“

Ich nickte, „Machen wir.“

„Wenn sie mir eine Kontonummer geben, werde ich das Spesengeld so schnell es geht überweisen.“, meinte Mr.Grey.

Noch während er das sagte, schnippte Doc mir diskret eine Kontonummer auf mein Commlink, die ich an Mr.Grey weitergab.

Wir tranken aus und verabschiedeten uns.

Mr.Grey stand auf, als ich mich erhob, „Es war höchst angenehm mit ihnen Geschäfte zu machen. Ich freue mich schon auf unser Wiedersehen. Viel Erfolg.“

Ich bedankte mich und verzichtete beim Abgang wegen der anderen Gäste auf meinen sexy Hüftschwung. Es war nicht ratsam, die Luft im Fenris Nacht mit mehr Pheromonen als nötig zu füllen.

Wir hatten die Bar gerade verlassen, als uns Bloody Guts den Eingang von 300 K auf einem Teamkonto bestätigte.

Wir saßen bei einem Getränk nach Wahl im Bootshaus zusammen, reflektierten das Gespräch mit Johnson und trugen erste Informationen zusammen. 

„Mr.Grey ist durch und durch ein Profi.“, analysierte Doc, „Es ist nicht davon auszugehen, dass er uns in irgendeiner Form hintergeht. Sein Anzug war Schnitt und Stoff nach von der jüngsten Kollektion von RhineGold, dem Modelabel von Saeder Krupp. Allerdings wurden sämtliche Logos und offensichtlichen Merkmale entfernt. Art und Sprache nach ist Mr.Grey Europäer und lebt schon länger in den AGS oder hat dort zumindest regelmäßig zu tun. Er verfügt über ausgezeichnete Umgangsformen. Und…“ Doc legte eine kurze dramatische Pause ein, „Snowcat hat ihn stark beeindruckt,“

„Was jetzt nicht so das Wunder ist“, rief Rubber Duck dazwischen.

Doc schmunzelte, „Etwas, was sich aber kaum bis gar nicht auf seine Professionalität auswirkt.“ Nach einem Blick in die Runde, fuhr er fort, „Mr.Grey scheint eine Abneigung gegen Alamais zu verspüren. Diese gilt aber ihm persönlich und bezieht sich nicht auf alle Drachen oder Drachenwesen, womit ich eine Drachenfeindliche Organisation wie die ‚Sons Of Siegfried‘ als Auftraggeber ausschließe.

„Er gibt also nichts, was man bei diesem Johnson bemängeln muss.“, meinte Blackstone.

Ich schmunzelte.

Bloody Guts wartete einen Moment und da niemand etwas sagte, meinte er, „Na dann bin ich jetzt dran.“, worauf er uns das, was er rausgefunden hatte, im Teamnetzwerk zur Verfügung stellte. 

Der Polarwinter auf Spitzbergen war schon eine Zeit lang vorbei, das hieß, die Sonne ging kaum noch unter. Es würde also viel Tageslicht geben. Die Nachtstunden nahmen täglich ab, bis die Sonne ab dem 20 April überhaupt nicht mehr untergehen würde. Spitzbergen ist die größte von gut 400 Inseln eines Archipels im nördlichen Polarkreis. Die Tageshöchsttemperatur lag derzeit bei milden minus 13 Grad Celsius, dafür wurde es in der Nacht auch nur bis zu minus 18 Grad kalt. Die Küsten der Inseln sind stark zerklüftet, Boote dennoch wichtige Verkehrsmittel, schon allein, da im Sommer die sumpfige Tundra nicht mit Autos oder zu Fuss durchquert werden kann. Es hatte noch nie sonderlich viele Strassen auf Spitzbergen gegeben, jetzt gab es gar keine mehr. Mehr als 60 Prozent der Landesfläche sind von Gletschern bedeckt. Die Fauna beschränkt sich auf vier Arten, was Säugetiere angeht. Eisbären, Polarfüchse, Rentiere und Robben. Wahrscheinlich gibt es da auch eine erwachte Form eines Eisbären, einen sogenannter Spiritbear, aber Sichtungen wurden nicht bestätigt, da dort so gut wie keine Metamenschen hingehen und das überprüfen können. Vor dem Erwachen galt die Insel als größtes Labor der Welt für Arktisforschung, zu dem wurde dort eine zeitlang der Abbau von Kohle betrieben. Nachdem Erwachen beanspruchte Alamais das Gebiet für sich und es gibt dort seitdem keine bekannten Siedlungen mehr. Auch die Fauna auf Spitzbergen ist schnell zusammen gefasst, sie besteht aus gut 150 Arten von Blütengräsern und Moosen, von denen einige erwacht sind. Ferner wächst in einigen Regionen die Zwergbirke, die jedoch so dicht über den Boden kriechend wächst, dass die meisten sie nicht mal als Busch bezeichnen würden.

Soweit die geografischen Fakten, die Bloody Guts zusammen getragen hatte.

Das alles machte uns schnell klar, dass wir uns der Insel am Besten via Wasser näherten, um sie zu erkunden. Wir mussten den Hort ja erstmal finden. 

„Ich denke, das beste wäre, wir versuchen dafür auf einen Frachter oder Ähnliches zu gelangen.“, schlug Doc vor. Es gibt diverse Schiffe, die relativ dicht an den Inseln vorbeifahren.“

Triple S nickte, „Wenn wir von dort mit einem Hubschrauber wegkommen und auch wieder zurück, wäre das gut.“

„Aber das geht dann nicht unbemerkt.“, warf ich ein.

„Daran hatte ich auch nicht gedacht.“, erklärte Doc, „Ich dachte, wir finden vielleicht einen Kapitän, der zusätzliche Sicherheit gegen Piraten braucht und handeln etwas entsprechendes mit ihm aus.“

Blackstone meinte sofort, „Klingt gut.“

Ich überlegte, „Wegen des Hubschraubers könnten wir Rouge Six fragen, dann hätten wir gleich noch einen weiteren Rigger. Gerade, wenn wir Sicherheit stellen und erkunden, könnte das hilfreich sein.“

Doc lächelte leicht, „Dem stimme ich zu. Ich höre mich morgen mal nach einem passenden Job in der Gegend um und Snowcat du setzt dich mit Rogue Six in Verbindung.“

Ich nickte zur Bestätigung.

„Wissen wir den was über Alamais? Über sein Vorgehen zum Beispiel?“, fragte Triple S. „Damit meine ich mehr Details, als dass er am liebsten Metamenschen von GeMiTo frisst.“

Ich zögerte einen Moment, ich gab so ungern Geheimnisse preis, besonders wenn sie nicht sonderlich weit verbreitet waren. Dann nickte ich, „Ich weiß ein bisschen was.“

Doc hob die Hand, „Das ist nichts, was man zur Zusammenfassung in einer Datei festhalten, sondern besser in intimer Runde erzählen sollte. Warte damit doch noch bis morgen. Bis dahin berufen wir ein Teammeeting ein und stellen den Job vor. Es werden mehr von uns mitkommen, als gerade anwesend.“

Ich lächelte, „Du hast Recht, dann erzähle ich das morgen.“

Triple S ergriff noch mal das Wort, „Soll mir auch recht sein. Wir rechnen aber mir Hintergrundstrahlung vor Ort, oder Snowcat?“

„Davon gehe ich aus.“ stimmte ich zu. „Ich hoffe sogar, dass wir den Hort genau dadurch finden.“

Triple S dachte einen Moment nach, „Geister sollen auch da sein. Wir sollten also selbst möglichst mächtige Geister dabei haben, die auch noch mächtig sind, wenn Hintergrundstrahlung sie schwächt.“

„Das sehe ich auch so.“, bestätigte ich, „Ich habe noch ein paar Geister an mich gebunden, aber ich werde sehen, dass ich noch ein oder zwei Geister beschwöre, die mächtiger sind.“

Triple S lehnte sich zurück, „Genau das möchte ich auch. Was das angeht, möchte ich so bald wie möglich vorbereitet sein. Ich brauche aber die entsprechende Menge an Materialen der passenden Art. Weist du wo wir Materialien der Stufe 9 oder sogar 11 kurzfristig bekommen?“

Ich nickte, „Ja, das weiß ich. Da das Spesengeld schon da ist,“ ich warf einen Blick auf die Uhr in meinem AR-Sichtfeld, „kann ich den Taliskrämer ja gleich mal anrufen.“

Rabenschey hatte die Materialien da und wir konnten sie noch in der selben Nacht abholen.

❄❄

[Song 3: System Of A Down - Aerials] Ich war bereits am späten Nachmittag zurück ins Bootshaus gekommen, um noch einen Kaffee mit Blackstone zu trinken. Doc, Bubbles und Thunderstrike waren beim meinem Eintreffen bereist anwesend gewesen und natürlich war Shark Finn mit mir gekommen. Dann trafen Rubber Duck und Bloody Guts ein. 

„Snooowcat!“, drang ein Ruf zu mir und Blackstone in die Küche. Ich kannte die Stimme nicht.

Hupps.

„Snooowcat. Komm doch bitte mal ra’us.“ Nein, ich kannte die Stimme nicht, schätze aber, dass sie männlich war. 

Blackstone starrte mich an. Die anderen kamen zu uns. Bloody Guts schob eilig den Feed einer Außenkamera in unser Netzwerk. 

Im Garten stand einen gewaltige Luftsäule und schwebte unruhig hin und her. Allerdings ohne etwas unnötig aufzupusten. 

Was zur Hölle?

„Snooowcat. Ich möchte bitte mit dir reden. Wir haben was zu besprechen.“ Sein Rufen wurde durch das Rauschen von Winden begleitet

„Weisst du wer das ist?“, fragte Doc.

Ich zögerte, für einen Moment hatte ich vermutet, dass das der Geist des Windes vom Harding Icefield sein könnte. Aber die Stimme passte nicht, also sagte ich, „Im Moment nicht, aber wir werden es nicht rausfinden, wenn wir nicht fragen.“ Laut rief ich, „Einen Moment bitte, ich komme gleich.“

Selbstverständlich spukten diverse Fragen in meinem hübschen Kopf herum. Wie hatte er mich gefunden? Woher kannte er meinen Namen? Hatte ihn jemand geschickt?

Katze trottete an mir vorbei und sah aus dem Fenster, ‹Besonders aggressiv wirkt er nicht, Elfenmädchen, komm lass uns gucken, wer das ist.›

So schnell schossen Shadowrunner natürlich nicht. Es galt die Frage mit dem paranoid und so, ihr kennt das ja.

Zunächst hatten wir uns bewaffnet, ich hatte zwei meiner Geister gebeten, im Falle eines Angriffs durch den Geist einzuschreiten, wir hatten versucht Triple S zu erreichen, um ihn zu fragen, wann er hier sei, doch bei ihm war nur die Mailbox rangegangen und erst nach all dem waren wir endlich in Formation raus gegangen.

Die Windsäule bewegte sich ein Stück auf mich zu, als wir den Garten betraten. Katze hatte Recht gehabt, aggressiv wirkte er auch laut seiner Aura nicht, eher aufgedreht und neugierig. Und er war ziemlich mächtig. Ich hoffte, er wollte wirklich nur reden.

„Ah, da seid ihr ja. Hallo Snowcat, oh du bist aber wirklich hübsch.“, brabbelte er drauf los. 

Er hatte keine humanoide Form angenommen, also ließ sich auch kein Geschlecht bestimmen, was nicht ungewöhnlich war, er war ein Geist, ein ungebundener Geist mit einer eher männlichen Stimme. „Danke, es ist sehr freundlich von dir, das zu sagen. Ich bin Snowcat und du wolltest mich sprechen?“

„Ja, genau. ich wollte dich fragen, ob ich bei dem Run den ihr gerade macht, mitmachen kann?“

Fragg. 

Woher wusste er denn jetzt das? Keine Panik, schalt ich mich selbst, das konnte auch ein Schuss ins Blaue gewesen sein und, dass wir Shadowrunner waren, konnte man leicht erfahren. Dennoch stellten sich mir die Nackenhaare auf. Woher wusste er von dem Bootshaus oder hatte er mich durch die Suchkraft gefunden? „Bei dem aktuellen Run? Was genau meinst du damit?“

„Heißt das nicht Run?“, fragte er neugierig und kam noch ein Stück näher, was die anderen ziemlich unruhig werden ließ, „Na ihr macht doch jetzt eine große Reise weit in den Norden und ich will mitkommen und helfen und das alles sehen.“

Der Geist wirkte jung und er war mächtig und er wusste anscheinend tatsächlich etwas über das, was wir vorhatten. Das war gar nicht gut. Übelkeit machte sich breit. Nach Außen hin blieb ich entspannt, „Wie kommst du denn auf all das?“, harkte ich nach.

Die Windsäule drehte sich ein bisschen schneller und die Aura wurde dunkler, „Na der Wurm, der mich gerufen hat  …“

Mir gefror das Blut in den Adern und ich bekam einen Kloss in den Hals.

„ … und mich binden wollte, hatte das im Kopf.“

Verdammt, „Lebt der Mann, der das versucht hat noch?“, fragte ich ein wenig tonlos.

„Ach das weiß ich nicht.“, kam von dem Luftgeist.

Ich atmete tief ein. Die Chancen, dass Triple S noch am Leben war, waren schwer einzuschätzen. Der Magier war bei der Beschwörung zumindest bewusstlos geworden, sonst wäre der Geist nicht frei gekommen. Ein Teil der Geister, ziehen sich in einem solchen Fall einfach auf ihre Ebene zurück. Ein Großteil der mächtigen Geister richten sich im Anschluss gegen ihren Beschwörer, wenn die nicht schon tot waren, töteten sie ihn meist. Dieser Geist hier schien Triple S zumindest nicht bewusst getötet zu haben. 

Die anderen hatten zugehört und wussten was gesprochen worden war, aber nicht alle wussten, was das bedeutete. Ich tippte die Fakten schnell ins Commlink, so konnte der Geist uns nicht hören.

Laut fragte ich, „Du hast nicht nachgesehen, ob er noch lebt?“

„Nein. Aber du musst nicht traurig sein. Ich bin ja jetzt da und ich übernehme seine Aufgabe.“

Ich lächelte wehmütig, „Das ist nett, aber so einfach ist das nicht.“

Bloody Guts meldete, «Bei Triple S geht keiner ran. Aber da gab es vor ein paar Minuten irgend ne Explosion oder so was. Knight Errant und Franklin sind unterwegs.»

Blackstone trat ein paar Schritte zurück und fragte leise ins Commlink.«Kommst du hier klar, Snowcat?»

Ich nickte kurz.

«Gut. Bloody Guts, Rubber Duck, da wir offenbar die Adresse von Triple S kennen, lasst uns dahin fahren.», forderte Blackstone auf.

«Bin schon im Wagen. Müsst nur noch dazu kommen.», meldete Rubber Duck.

Doc, Thunderstrike und Bubbles blieben an meiner Seite. 

„Warum ist das nicht einfach? Und wie kann man es einfach machen?“, fragte der Geist.

„Metamenschen sind niemals einfach. Wir leben nach komplizierten Regeln zusammen. Weisst du? Zu allererst brauchst du mal einen Namen. Damit man dich ansprechen kann oder nach dir rufen, so wie du eben nach mir gerufen hast. Du kannst dir einfach einen Namen aussuchen, der dir gefällt-.“

Der Geist wirbelte umher, „Einen Namen, ja das leuchtet mir ein.“ 

Er überlegte einen Moment und wog einige Namen ab. 

Das gab mir Zeit, mich zu sammeln. Es sprach nichts dagegen, sich mit ihm zu unterhalten, aber bevor wir ihn auch nur für irgendeine Aufgabe mit auf den Run nehmen konnten, musste er viel lernen. Das musste ich ihm schonend verständlich machen.

„Nenn mich Lexx!“, sagte er , „Mein Name ist jetzt Lexx.“

„Gut Lexx. Es ist schön, dich kennen zu kernen.“ Ich schluckte kurz, das war schon irgendwie  gelogen. Seine Geburt hatte nur durch einen Schaden an Triple S stattfinden können. Doch ich versuchte das Gefühl zu verdrängen.

„Ich freue mich auch sehr, dich kennen zu lernen Snowcat.“ erwiderte Lexx.

„Solltest du mit uns mitkommen, geht das nur, wenn du dann nur das tust, was wir, beziehungsweise einer von uns, dir sagt oder erlaubt. Es geht hier nicht darum, dich zu knechten, es ist nur, weil du noch nicht weiß, wie das mit den Metamenschen ist.“

„Hmm, dann erklär es mir und dann kann ich mitmachen, ja?“

Ich lachte kurz, „Ich sagte ja schon, das zu lernen dauert lange. Metamenschen werden als kleine, hilflose Babys geboren. Das gibt ihnen Zeit zu lernen. Das dauert Jahre. Es gibt so viel zu bedenken. Du darfst dich in dieser Form zum Beispiel keinen Metamenschen zeigen.“

„Ein Konzept, in dem man schwach und hilflos geboren wird, leuchtet mir nicht. Und warum darf ich mich nicht zeigen? Ich bin schön, wie ich bin.“, beteuerte Lexx.

Ich setzte mich ins Gras. Das würde so einige Zeit dauern.

Ich hatte Lexx eine halbe Stunde Rede und Antwort gestanden und er hatte in dieser Zeit zumindest kapiert, wie kompliziert das alles war. Da er nicht die Absicht hatte, jemanden zu verletzten und nun einsah, dass er sich nicht zeigen durfte, hatten wir uns darauf verständigt, dass er sich erstmal in der Stadt umsehen sollte und dort ein bisschen als Wind herum spielen konnte. Er konnte sich auch auf seine Ebene zurück ziehen und dort tun, was er wollte, solange es nicht die Physische Ebene betraf. Morgen, zum Glück waren ihm Sonnenauf- und Untergang ein Begriff, würden wir uns wieder hier im Bootshaus treffen und ich würde ihm mehrere Stunden seine Fragen beantworten. Dann würden wir weiter sehen. 

So weit, so gut.

Jedenfalls was den Geist angeht.

Blackstone meldete sich, «Bei Triple S zu Hause war der Teufel los. Überall Feuerwehr und Cops. Man tut es als Gasexplosion ab. Weil man noch nichts genaues weiß, wartet man auf Spezialkräfte, die entscheiden sollen, ob das Haus noch stabil ist. Erstmal wurde evakuiert. Wir haben die Chance genutzt, uns in die Wohnung geschlichen und den völlig leblosenTriple S da rausgeholt. Man sah das da Scheiße aus. Alles zertrümmert.»

Ein Feed tauchte auf, Rubber Duck hatte uns Bilder geschickt.

Verdammt. Katze sprang auf meinen Schoß, um mich zu trösten.

Blackstone fuhr fort, „Triple S liegt jetzt erstmal hier im Wagen und Bloody Guts schließt grad `nen Bio…»

Weiter kam er nicht, Bloody Guts rief aufgeregt, «Hey, das Medkit sagt, er ist nicht tot. Also nicht richtig. Er ist nur Hirntot oder Koma, da ist das Teil sich nich' sicher und seine Atmung ist unregelmäßig, aber …»

Ich unterbrach den Troll, «Fahrt ihn sofort zu Metge in die Klinik. Vielleicht kann er noch etwas machen.»

«Unterwegs.», bestätigte Rubber Duck. Das hatte er sich nicht zwei mal sagen lassen.

[Song 4: Jamie N Commens - Lead me Home] „Nur“ Hirntod, das gab es nicht. Aber wenn es ein komatöser Zustand wäre, gäbe es Hoffnung.

❄❄

Eine gefühlte Ewigkeit später meldete sich Blackstone erneut, «Metge hat Triple S untersucht und ihn im Anschluss in einem abgelegenen Zimmer in ein Koma-Bett gebracht. Da wird er jetzt erstmal vollautomatisch überwacht. Details erzählen wir, wenn wir gleich da sind.»

Wir hier sahen uns alle an. Die Stimmung war gedrückt. Wir hatten viel mit einander erlebt.

Inzwischen waren auch Mr.Jack und Gunner im Bootshaus eingetroffen.

„Sein Körper lebt irgendwie noch. Metge konnte ihn aber nicht wach kriegen oder gar magisch heilen.“, fasste Blackstone zusammen, „Irgendwie ist eben keiner zu Hause. Metge meinte, die Daten kommen denen am nächsten, die Magier aussenden, deren Astralleib den Körper verlassen hat, auch wenn die Daten eben nicht ganz stimmen. Der Körper hat Quetschungen und viele Knochenbrüche, ne schwere Gehirnerschütterung und diverse Belastungsschäden, die man alle soweit behandelt hat und die teilweise bereits heilen. Er ist ja an Maschinen angeschlossen und wird da beatmet und ernährt. Das einzige Problem, um das man sich noch nicht kümmern konnte, ist einer seiner Foki, der irgendwie in seiner Brust reingezogen wurde und dort mit dem Körper verschmolzen ist.“

Ach verdammt. 

Bloody Guts sah mich an, „Wenn er nicht zu Hause ist. Kann er denn nicht einfach unterwegs sein?“, fragte er. „Vielleicht wartet er ja über seinem Köper, bis der keine Schmerzen mehr hat.“

Ich lächelte sanft, „Das kann ich ausschließen, das hätte Metge bemerkt. Aber ja, rein theoretisch kann er aus seinem Köper geschleudert worden sein, umherirren oder sich gar auf einer Metaebene befinden. Solche Questen können lange dauern. Wir sollten die Hoffnung nicht aufgeben. Bei Metge und den Leuten im Krankenhaus ist er in guten Händen. Wir lassen ihn beatmen und versorgen und warten ab. Solange er nicht tot ist, ist er nicht tot.“

„Genau.“, kam da von Rubber Duck.

Blackstone fragte, „Wir haben ihn doch jetzt weg gebracht, findet er seinen Körper da überhaupt wieder?“

Ich rieb mir mit der linken Hand über Nasenflügel und Wange, „Daran hatte ich gar nicht gedacht. Du hast natürlich recht. Er könnte nach Hause gehen und dann seinen Körper erst suchen müssen.“ Ich überlegte einen Moment, „Ich habe eine Idee. Ich hole etwas Astralfarbe von zu Hause. Ich müsste noch welche haben und wenn nicht, dann mische ich welche an. Dann fahren wir in seine Wohnung und hinterlassen eine Nachricht, die man nur im Astralraum sehen kann. So etwas wie: 'dein Körper liegt dort, wo unserer Katalanischer Freund arbeitet'.“

Das machten wir dann auch.

                                              UC - UNIVERSAL CONSULTANTS - UC

               UC - Unknown Consequences -das TOP-Runnerteam aus Seattle- You See! 

Soweit bis hier, Omae. Was für eine überraschende Wendung. Ob Triple S in seinen Körper zurückkehrt, ob Lexx mit auf den Run geht und ob es dem Team tatsächlich gelingt, einen Drachen zu bestehlen, wird schon bald hier zu lesen sein. Wenn Du das nicht verpassen willst, schau also bald mal wieder vorbei Chummer.

Deine Kommentare hierzu passen am Besten unter A Tale So Far Part XII [LINK]

Fussnoten:

1: Das sind erstmal nur die Runner, die dabei waren, als man den Auftraggeber traf. Wer am Ende mit auf den Run geht, wird sich in späteren Episoden zeigen. Da dies auch immer eine Frage von RL-Zeit der Spieler ist, kann es sein, dass im Verlauf des Runs plötzlich Charaktere mit unterwegs sind, die in der Episode davor nicht erwähnt wurden. 

2: Mir freundlicher Genehmigung vom  CatPointer Dandelion. 

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*