Episode 02/15 (vom 06.02.) Run 57/7

Welcome back, Omae!

Schön, dass Du auch heute wieder vorbei schaust!

Derzeit On The Run sind: Blackstone, Bloody Guts, Chang*, Gunner, Metge*, Rubber Duck, Shark Finn, Shamrock, Snowcat und Triple S. (*Spieler war nicht anwesend.)

Datum in unserer SR-Timeline: 14.10.-19.10.2073

Was bisher geschah: Die Runner weilen in Hong Kong, wo sie versuchen den zweiten Wunsch des selben Auftraggeber zu erfüllen und einen Coin Of Luck vom Hof eines dämonischen Geistes zu bergen. Auf Grund von Illusionen und beeinflussenden Fähigkeiten die der Dämons gegen sie einsetzt, scheitern die Runner. Sie erarbeiten einen neuen Plan, bei dem der Dämon zur Ablenkung durch einen Teil des Teams beschworen werden soll. Zunächst brauchen sie dafür eine ganz spezielle Beschwörungsformel. Der Taliskrämer Shen vermittelt den Kontakt zu einem Wujen-Zauberer, der zudem noch der Feng Shui Master der Hong Kong Cavaliers ist. Q 4 Money willigt ein, die Formel zu erstellen unter der Bedingung, dass die Beschwörung in jedem Fall stattfindet. Nach drei Tagen stehen die ersten Zutaten für die Beschwörung fest. Wahres Wasser und ein intakter Stein aus der Großen Chinesischen Mauer. Während Metge nach Seattle zurückkehrt, um seiner Arbeit im Krankenhaus nachzugehen und zudem einen Drogencocktail zu entwickeln, der den Runnern beim nächsten Besuch der Domäne des Geistes hilft, engagiert das Team einen weiteren Runner, den Outdoor-Experten und Schutzmagier Shamrock. Beim ‚Speed-Dating‘ des Teams ist Metge via Satellit dabei. Jeder stellt Shamrock drei Fragen. UC beschließt, es mit Shamrock zu versuchen, obwohl er bei der Frage, ob er gesucht oder gejagt wird, keine Antwort gibt. Das Team in Hong Kong bricht am nächsten Tag Richtung Zielort auf. Dort vermutet man einen real existieren Teil der Chinesischen Mauer. Abends am Lagerfeuer erzählt man sich Geschichten.

Wir schalten und einige Stunden später zum Zeitpunkt der Ankunft in Shaanxi in das Geschehen zurück.

Dabei erleben wir alles aus den eisblauen Augen von Snowcat mit und sind wieder direkt Zeuge ihrer Gedanken.

Eine Beschreibung der Runner findest Du hier [LINK].

Hat ein Wort im Text eine andere Farbe, verbirgt sich darunter wahrscheinlich ein Link und es wird im Glossar erklärt. Du kennst ein anderes Wort aus dem Shadowslang nicht? Dann schau doch einfach auf gut Glück im Glossar vorbei. [LINK]

Noch eine Kleinigkeit: die Songs zum Text sollen lediglich zur Stimmung beitragen und sind keine versteckten Hinweise- jedenfalls meistens nicht. ;-) (Ich versuche immer Videos ohne störende Werbung raus zu suchen. Ich kann allerdings nicht garantieren, dass sie auch ohne Werbung bleiben. Manchmal werden die Videos von Songs sogar schneller komplett entfernt, als ich die Episode hoch laden kann, darum nenne ich vorsichtshalber Künstler und Titel neben dem Link. Wegen Lizenzrechten muss ich bei You Tube immer öfter auf Coverversionen oder schlechte Live-Varianten zurückgreifen, oder ich finde ein anderen Anbieter. Die komplette Episoden-Playlist findest Du hier [LINK].)

Bereit Omae? Na dann los!

[Song 1: John Powell/How To Train A Dragon Score - This is Berk] Das einstige riesige Reich Chinas war in mehrere kleinere Staaten zerfallen. Wir waren geradewegs nach Norden durch die Kantonesische Konföderation gefahren, bis wir die Grenze nach Shaanxi erreicht hatten. Der Grenzübergang war nur ein kleines bisschen trickreich gewesen, denn wir hatten gewusst, was man beachten musste.

Rubber Duck war gefahren und zwar beide Wagen. So hatte ich Zeit gehabt, all die Informationen über die Länder, die wir gerade „bereisten“ und die Bloody Guts zusammengestellt hatte, zu lesen und einen Stapel meiner Vorlesungen abzuarbeiten.

Nun, am späten Nachmittag des 14.10.2073 folgten wir den ARO’s zur „Great Wall Of China“ und je näher wir unserem Ziel kamen, desto öfter begegneten wir Reisebussen mit Touristen. 

Wir hatten uns einen Touristen- Hot Spot für den ersten Kontakt mit der Mauer ausgesucht. In der Masse der Touristen würden ein paar mehr nicht weiter auffallen. Wie auf einem Ameisenhaufen ging es auf dem Parkplatz zwar gerade nicht zu, aber gut ein Dutzend Fahrzeuge standen dort bereits. 

Rubber Duck, Shamrock, Bloody Guts und Gunner waren im Transporter mit all den Drohnen und dem Zeltequipment gefahren, während Shark Finn, Blackstone, Triple S, Chang und ich im SUV unterwegs hierher gewesen waren. 

Metge war immer noch in Seattle und schob Doppelschichten im Krankenhaus und zudem arbeitete er weiter an der Entwicklung des Drogencocktails. Sollte hier bei uns ein medizinischer Notfall auftreten, würde er dennoch eine OP durchführen können, denn wir hatten es geschafft die medizinische Drohne irgendwie in unserem Equipment unterzubringen. Mit solcher Drohnen spielte Entfernung keine Rolle. Magie ging darüber natürlich nicht, aber für magische Heilung hatten wir Triple S dabei und meine Erfahrung im Punkt Erste Hilfe würden einem Sanitäter von Doc Wagon ebenbürtig sein. Wir waren also für jeden Ernstfall vorbereitet. 

Ein solcher Ernstfall war im Moment bei Weitem nicht zu befürchten. Sogar das Wetter war uns hold. Warme Herbstsonnenstrahlen empfingen uns, als wir aus den Wagen stiegen. 

Ich fühlte mich sofort belebt. Hier weiter im Norden war es nicht mehr so warm und schwül wie in Hong Kong. Es wehte sogar ein kühler Wind, das machte es höchst angenehm.

Nach stundenlanger Autofahrt tat die frische Luft mehr als nur gut und mir war schnell klar, dass ich nicht die Einzige war, der es so ging. Unsere Stimmung stieg beinah schlagartig, wenn auch auf eine unterschwellige Art und es würde mich nicht wundern, wenn die Präsenz des Ortes dazu beitragen würde.  

Eine kleine Touristen-Gruppe kam uns entgegen. Sechs Asiaten die scherzten, lachten und sich gegenseitig halfen. Eine junge Frau stützte eine ältere Dame, die durchaus ihre Großmutter sein konnte. Ein Mann mittlere Alters schnippte scherzhaft das Basecap eines männlichen Teenagers zurecht.

A pro pos Basecap, ich hatte meines tief ins Gesicht gezogen und sandte entspannt und neugierig mein Gespür für den Astralraum aus. Die Präsenz der Mauer war imposant. Ihre Auswirkung war weitreichend und sie verlief offenbar direkt auf einer Manaline oder hatte sie hervorgebracht, wie auch immer man das sehen wollte, was dann erklärte, wieso die zerstörten Stellen durch Alchera ersetzt werden konnte. Ferner stellte die Mauer eine magische Barriere da. 

Ich streifte das Gefühl langsam ab und nahm astral wahr. Die Große Mauer war von einer im Astralraum sichtbaren Zone umgeben, die gut 50 Meter über das eigentliche Bauwerk hinaus reichte. Jedenfalls auf dieser Seite der Mauer. Die Auswirkungen waren auch nach oben hin sichtbar, allerdings war die genaue Entfernung schwer zu schätzen. Klar war nur, dass es nicht unendlich bis in den Himmel reichte. 

Geister patrouillierten auf der Mauer. Viele Geister. Sie glitzerten im Astralraum wie Lichter an einer Lichterkette, die man über die Mauer gespannt hatte. Die Hintergrundstrahlung trübte die klare Sicht. Auch wenn das Ganze eine positive Ausstrahlung hatte, würde es uns trotzdem in unserer magischen Fähigkeiten behindern. Der Backroundcount war nicht so stark, wie der in der Domäne des Yama Kings gewesen war, aber er war auch nicht zu unterschätzen. 

‹Zumindest macht es nicht zudem trübsinnig oder gierig, sondern fröhlich, Elfenmädchen.›, bemerkte Katze.

Ich lächelte, ‹Genau so ist es, also wird es Spaß machen, sich hier aufzuhalten Katze.›

Ich hatte mich fast schon in Bewegung gesetzt, um den ARO’s zum Aussichtspunkt zu folgen, als Shark Finn mich sanft an die Schulter fasste, „Lass andere erstmal gehen.“, sagte er nur. 

Hmm, ich wusste zwar nicht warum, aber es konnte nicht schaden, sich im Hintergrund zu halten. Also gab ich die soeben erkundeten magischen Fakten via Teamnetzwerk weiter und fragte dann, „Wer von euch mag an die Mauer treten?“

Rubber Duck meldete sich, „Also ich geh gern.“ 

Ich nickte, als Asiat fiel er auch am wenigsten auf. Gunner, Blackstone und Triple S gesellten sich unabhängig davon hinzu. Chang wollte, trotz Körpermaske, lieber bei den Wagen bleiben. Selbstverständlich gab es an der Mauer jede Menge Überwachungskameras und Metamenschen machten Erinnerungsfotos voneinander. Eben vor der gut erhaltenen Großen Mauer im Hintergrund. Was dann auch der Grund dafür sein konnte, warum Shark Finn nicht gewollt hatte, dass ich vor der Mauer stand. Ich sollte nicht auf Erinnerungsfotos und Überwachungsbildern landen.

Rubber Duck war sogar einen Moment vor dem kleinen Buddha Schrein stehen geblieben. Ansonsten brachten ‚unsere vier Touristen‘ die Erkenntnis mit, dass man nur bis 10 Meter an die Mauer heran treten sollte und sie natürlich auch nicht anfassen durfte. Früher einmal, so entnahm ich dem AR-Flyer, hatte man diesen realen Teil der Mauer sogar betreten dürfen. Doch seit die Schutzgeister aufgetaucht waren, musste man den 10 Meter Sicherheitsabstand unbedingt einhalten, hieß es. Hielt man ihn nicht ein, so gab es ein kleines Ton- und via AR ein optisches Signal. Folgte man dem nicht, machten sich höfliche Sicherheitsbeamte auf den Weg, um einen auf das Missgeschick aufmerksam zu machen. Vorher schickte man jedoch eine Drohe, die einen freundlich auf das Versehen hinwies.

Wir sammelten uns bei den Wagen und unterhielten uns via Teamnetzwerk. «Direkt hier können wir nicht zuschlagen.», begann ich, «das erklärt sich ja von selbst. Am Besten wäre es, wenn wir eine Stelle fänden, an der die reale Mauer in ein Alchera übergeht. Erstens dürfte die Mauer dort bereits angeschlagen sein und zweites wird eine Beschädigung spät bemerkt werden und drittens ist die Chance hoch, dass auch dieser Stein irgendwann ersetzt wird und kein Schaden entsteht. Da nur noch 8 Prozent des Mauerwerks echt sind, solle ein solcher Ort nicht all zu weit von hier entfernt sein.»

Rubber Duck meinte sofort, «Na dann flieg ich die Mauer mit der Drohne ab.»

Ich grinste, «Ein nettes Angebot, allerdings wirst du den Unterschied kaum bemerken können. Vielleicht würde die Drohne irgendwann von der Bildfläche verschwinden, aber das ist nicht gesagt.»

«Ach so. Ich dachte, ein Radar müsste den Unterschied erkennen.», erklärte der Rigger.

«Nein. Jedenfalls nicht immer, das hängt vom Alchera ab. Um es kurz zu machen, braucht es Astralsicht, um den Unterschied zu bemerken. Wir müssen also nebenher fahren und astral aus dem Fenster sehen.», erläuterte ich.

«Ist das nicht ein bisschen auffällig? Ich meine, wenn wir kilometerweit neben der Mauer entlang fahren?», wollte Gunner wissen.

Ich seufzte kurz, «Da hast du natürlich recht.»

Triple S meldete sich zu Wort, «Ich kann mich projizieren und darüber fliegen. Dann nehme ich wahr, keiner mit normalen Augen sieht mich und die Stelle kann ich auch erkennen.»

Natürlich konnte er das, daran hatte ich gar nicht gedacht. «Eine sehr gute Idee. Wenn du mit Abstand darüber oder daneben schwebst, sollte dich die Hintergrundstrahlung nicht stören. Aber schon allein wegen der Geister solltest du nicht allein gehen.» Ich sah zu unserem Neuzuwachs rüber und lächelte ihm kurz zu, «Shamrock, kannst und würdest du ihn begleiten?»

Der Mann lächelte ebenfalls und sagte dann ins Commlink, «Kann ich gerne machen.»

Blackstone nickte, «Gut, dann macht ihr das. Wir sollten aber nicht von hier aus los legen. Ich schlag vor, der Rest von uns geht irgendwo was essen. Ihr bleibt im Wagen und verlasst eure Körper.»

Genauso machten wir es. Bloody Guts und Rubber Duck blieben ebenfalls in den Wagen, damit die Seelen-leeren Hüllen nicht völlig unbewacht blieben.

Wir hatten den Vier in den Wagen gebliebenen Kollegen ausreichend Essen einpacken lassen. Inzwischen war es dunkel geworden. Nun saßen wir alle wieder auf irgendeinem Parkplatz in den Autos beisammen.

Triple S erzählte, «Wir haben ein paar Kilometer westlich von hier eine Übergangsstelle gefunden. Wo genau, kann ich nicht sagen. Doch ich traue mir zu sie zu finden.»

«Ich kann euch die Stelle auf einer Karte zeigen.», erklärte Shamrock.

Womit er sich dann ja schon mal bezahlt gemacht hatte. Wir riefen eine Karte auf, Shamrock markierte die Stelle und Rubber Duck setzte einen Kurs. 

Wir blieben noch gut eine Dreiviertel Stunde auf den Strassen, dann bogen wir in die weite Landschaft Shaanxi’s ab und holperten durch das Gelände, wobei wir innen erstaunlich wenig durchgeschüttelt wurden, es war, als würden die Bewegungen irgendwie abgefangen. 

Nachdem wir außer Sichtweite der Strasse waren, hielten wir kurz, um Kampfkleidung anzulegen und das Tac Net auszuteilen. 

Shamrock hatte zwar gesagt, dass er keine taktischen Erfahrungen besaß, dennoch verstand er die Einweisung sofort. Allerdings war es auch nicht sonderlich schwer zu verstehen, wenn man denn mit einem Commlink umgehen konnte. 

Rubber Duck steuerte gewissenhaft beide Fahrzeuge und ich musste zugeben, dass er das ausgesprochen gut machte. Natürlich fuhren wie ohne normales Licht. Rubber Duck nutzte die Bodensenken und andere örtliche Gegebenheiten gut aus, um uns weitere Tarnung zu verschaffen. 

Bald kam die Große Mauer in Sicht und dann war es nicht mehr weit. Wir näherten uns dem imposanten Bauwerk bis auf 75 Meter. Rubber Duck parkte den Kamekichi Transporter rückwärts Richtung  Mauer und den Toyota Coaster so, dass man von der Mauerseite aus direkten Zugang auf die Beifahrerseite hatte. 

«Ich bleib im Wagen, lasse aber 2 Drohnen raus.», gab Rubber Duck bekannt.

«Lasst uns möglichst leise sein.», wies ich an.

Artig wie ich war, wartete ich darauf, dass Shark Finn mir die Tür öffnete. Mein Puls beschleunigte sich, als ich das Auto verließ.

Ich nahm astral war. Tatsächlich standen wir fast direkt vor einer Stelle, an der der reale Rest der Mauer direkt in ein Alchera überging. Das war schon mal gut.

«Die Geister gucken alle in die andere Richtung.», meldete Blackstone.

Womit er tatsächlich recht hatte. Wenn ich einen Moment darüber nachdachte, war das nicht weiter verwunderlich, immerhin befanden wir uns auf der ‚chinesischen‘ Seite hinter der Mauer und die Mauer war zum Schutz gegen die ‚Mongolen‘ erbaut worden, also hielten die Geister Richtung ‚Mongolei’ Wacht.

Die Geister waren auch mit der normalen Sicht zu erkennen. Einige waren durchscheinender als andere. Sie bewegten sich nach links, hielten Ausschau und bewegten sich nach rechts. Jeder Geist hatte offenbar seinen eigenen Bereich. Wundervoller Weise trugen die Geister Rüstungen aus unterschiedlichen Epochen. Ich sah ihnen einen Moment lang zu und prägte mir so viele Details wie möglich ein, um sie später auf eine Leinwand bannen zu können. Die Aufregung in mir vermischte sich mit einem Gefühl der Erhabenheit. Ich mochte es, hier zu sein und ich konnte die Sicherheit spüren, die dieses epochale Werk der Menschheit mit sich brachte. Die Mauer hier bestand übrigens aus gebrannten Ziegeln. 

Ich riss mich von der Schönheit des Anblicks los und ascannte die Geister. Ihre genaue Art konnte ich nicht auf Anhieb bestimmen. Ich ordnete sie irgendwo zwischen Guidance- und Ancestor-Spirits ein, aber, wie mein Mentor immer so schön sagte, Geister lassen sich auch nicht so einfach klassifizieren. Was ich aber einigermaßen gut bestimmen konnte war ihre Stärke. Eine Information, die ich an meine Teamkollegen weitergab, «Die Geister sind mittelkräftig bis etwas kräftiger, aber da ist keiner dabei, den wir nicht handhaben können. Netter Weise ist der auf ein Uhr », vorsichtshalber markierte ich die Stelle mit dem Commlink, «einer der schwächeren Sorte. - Gut Gentleman, wie wollen wir jetzt vorgehen? Bleiben wir bei dem Plan mit dem Doppelzauber? Und die nächste Frage, wie lenken wir den Geist ab?», warf ich in die Runde.

Shamrock antwortete zuerst, «Da hier Ziegel sind, kann ich den Mörtel problemlos mit einem Zauber lösen und so einen einzelnen Stein locker bekommen, ohne ihn zu beschädigen. Ich muss dazu aber näher ran.»

«Fein.», freute ich mich, «Die Hintergrundstrahlung hast du berücksichtigt? Sie stellt kein Problem dar?»

Der junge Mann bestätigte, «Ich schaffe den Zauber dennoch.»

Ich wandte mich an Triple S, «Kannst du ihm den Stein abnehmen und weg levitieren?»

Unser Magier for hire nickte erfreut, «Gerne doch. »

«Na das klingt doch alles ganz hervorragend. Bleibt noch die Frage, wie wir verhindern, dass der Geist uns bemerkt, der für den Abschnitt zuständig ist. Könntest du ihn beeinflussen Triple S?»

Auf dem nur von Sternenlicht beleuchtetem Gesicht des Magiers zeichnete sich Vorfreude ab, «Ja, auch das kann ich. Ich kann ihm zum Beispiel dazu bringen, dass er weit nach Westen geht.»

«Gut, dann machen wir das so. Gehen wir alle? Oder bleiben einige hier?», wollte ich dann noch wissen. «Wir bekommen wahrscheinlich nur ein Problem, wenn andere Geister auf uns aufmerksam werden.»

Shark Finn meinte, «Ich finde, es sollten nur die gehen, die müssen. Die anderen warten am Rand der Zone. 50 Meter sind nicht weit, falls was passiert.»

«Gut, einverstanden. Bevor sie losgehen, Bloody Guts, kannst du bitte noch gucken, ob du irgendwelche Signale findest?»

«Klar.», kam die prompte Antwort und dann setzte er sich auf den Boden. Kurz darauf meldete er,  «Alle 1000 Meter gibt es Sensoren. Von unserer Stelle aus sind sie 350 und 650 Meter entfernt.»

«Kannst du die irgendwie ausschalten?», fragte Triple S.

«Klar, könnte ich. Aber es ist unauffälliger, das nicht zu tun. Wenn so ein Sensor ausfällt, oder keine Daten mehr liefert, schicken die eher wen zum nachsehen, als wenn die Sensoren eine Bewegung registrieren.»

Das sah ich auch so.

Chang wandte sich auf seine bescheidene Art an mich, «Snowcat, ich bin nur gut, wenn ich nah dran bin. Ich sollte die Beiden begleiten.»

Ich nickte, «Da hast du recht. Ich gebe dir die Mana Sheath Tasche, dann kannst du Triple S den Stein abnehmen und ihn darin einpacken.»

[Song 2: Jerry Goldsmith/ Mulan OST - Attack At The Wall] Die Aufregung stieg, als die drei sich schleichend auf den Weg machten. 

«Ich zaubere einen Heimlichkeitsspruch.», sagte Triple S an.

«Der geht aber auf deine eignen Kosten.», meinte Blackstone sofort, «den brauchst du ja für dich.»

Triple S zuckte mit den Schultern, «Meinst du! Wenn ich den nicht mache und wir alle auffliegen, ist das dann aber euer Problem.»

Das war der richtige Zeitpunkt, um dazwischen zu gehen, «Über solche Dinge streiten wir danach. Zaubere, was du für nötig hältst Triple S und nun los!», wies ich an. 

Die drei Akteure schlichen mehr oder weniger behände vor. 

Triple S stand bereits dicht an der Mauer und kam zwangsweise ein paar Schritte zurück, um den Geist sehen zu können. 

Dieser nahm kurz Haltung an und marschierte dann gen Westen. Langsam stetig, Schritt für Schritt. Keiner von den anderen Geistern veränderte in irgendeiner Art sein Verhalten.

Shamrock gestikulierte und hielt dann plötzlich inne.

«Was ist?», fragte ich.

«Ich bin mir nicht mehr sicher, welchen Stein wir nehmen wollten. Triple S? War es dieser hier?», er zeigte auf einen Ziegel.

«Mich musst du nicht fragen?», erwiderte Triple S. «Die Brühe ist hier echt undurchsichtig.»

Ich nahm astral wahr. «Das ist in jedem Fall ein realer Stein. Nimm den Shamrock.»

«Gut. Danke.», der Mann konzentrierte sich abermals und zauberte.

Rubber Duck flog mit einer seiner Luftdrohnen dicht heran und filmte, was dort geschah. Der Feed zeigte, wie der Mörtel um den Stein sich langsam verflüssigte und dabei sogar den Stein rausdrückte. Kaum war ein Stückchen frei, zauberte Triple S und verkündete leise, «Ich hab ihn. Er muss nur noch völlig frei werden. »

Das schien Äonen zu dauern. Dabei vergingen nur wenige Sekunden. 

Einige andere Geister auf der Mauer begannen sich zu regen. Zunächst blickten sie suchend in die Mongolei, doch dann drehte der Erste sich langsam um. 

Ob er wohl bemerkte, dass einer seiner Kameraden, den Posten verlassen hatte?

Eine eisiger Wind kam auf und jagte mir einen ebenso eisigen Schauer über den Rücken. Ich fröstelte stärker, als sich der zweite Geist umdrehte und sie sich nun Richtung China wandte. 

«Sowohl recht und links schließen Geister auf.», gab Blackstone bekannt.

Der Ziegel war nun völlig frei. Triple S levitierte ihn vor sich her und dir drei setzten sich in Bewegung.

Leider waren sie nicht die einzigen. Es schien, als hätte jemand die Geister-Lichterkette an der Stelle, an der wir den Stein entnommen hatten, runter gedrückt und nun rutschten alle Geister-Lichter nach. 

Außerdem hatte der eisige Wind zugenommen. Und ich war nicht die einzige von uns, der sich die Nackenhaare aufgestellt hatten.

«Sollen wir ihnen entgegen fahren?», fragte Rubber Duck.

Gunner antwortete, «Negativ. Wir bleiben bei unserem Plan. Wir greifen erst ein, wenn sie angegriffen werden.»

Doch ein wenig Hilfe konnte nicht schaden. Es war an der Zeit, Geister-Verstärkung zu rufen. ‹Arielle bitte erscheine.›, bat ich einen Geist der Luft, den ich schon vor Wochen beschworen und an mich gebunden hatte. Fast augenblicklich tauchte die Präsenz der Sylphe dicht bei mir auf, ‹Zu Diensten, My Lady.›, erklang die wohl temperierte, weibliche Stimme in meinem Kopf. 

Inzwischen blickten gut ein Dutzend Geister Richtung China und näherten sich dabei unserer Position.

«Legt mal `nen Zahn zu, Jungs.», sagte Blackstone leise und ruhig.

Chang verkündete flüsternd, «Ich nehme den Stein. Dann sind wir schneller.» Triple S nickte und Chang griff den schwebenden Stein und packte ihn in die Mana Sheath Tasche. Chang erklärte nun, «Wir sollten zügig werden, aber leise bleiben. »

Jetzt begannen die Geister-Soldaten auf der Mauer eindeutig damit, den Bereich unten abzusuchen. Sie beugten sich hinüber und blickten hinab. Hoffentlich war es nicht zu spät.

‹Arielle, kannst du meine drei Freunde dort bitte unter deinen Schleier nehmen.›

‹Wie ihr wünscht, My Lady.› 

Ins Teamnetzwerk sagte ich an, «Die Sylphe gehört zu mir. Ich lasse die anderen verschleiern.» 

Die schlanke, weibliche Gestalt in ihren blauen, wallenden Gewändern materialisierte sich neben mir. Sie gestikulierte hoheitsvoll mit dem Arm. Ihr Haar und ihr Gewand bewegten sich im Wind. Sie flatterten dabei völlig lautlos. Da die Kraft von Arielle in der Domäne der Mauer geschwächt war, würden meine drei Teamkollegen nicht völlig unsicht- oder unhörbar werden, aber es würde helfen. 

Ihre Silhouetten verschwammen und zwar gerade noch rechtzeitig, bevor sie aus dem toten Winkel der Mauer traten.

Die Geister suchten das Gebiet am Boden inzwischen ab. Ich fragte mich ob wir wohl gleich erfahren würden, ob sie die Mauer verlassen konnten oder welche Kräfte sie besaßen?

Ich hielt unwillkürlich den Atem an.

Noch 30 Meter…

Noch 20 Meter…

Vier der 12 Geister verloren bereits das Interesse und kehrten auf ihre Posten zurück.

Das sah gut aus, dennoch waren wir alle so still, wie nur möglich. 

Wie Bögen gespannt, warteten wir. 

Shark Finn hatte seinen Arm so ausgestreckt, dass ich zwar alles sehen, aber nicht einfach loslaufen konnte.

Noch 10 Meter…

Drei weitere Geister wandten sich wieder Richtung Norden. 

Noch fünf Meter …

Und dann traten die Drei über die 50 Meter Schwelle und waren sogleich noch schlechter zu sehen, da die Verschleierung der Sylphe nun wieder ihre volle Stärke besaß. ‹Danke Arielle, das ist genug.›, sagte ich schnell und die drei wurden sichtbar.

Noch brachen wir nicht in Jubel aus. 

Ich ließ mir die Tasche mit dem Stein geben, reichte sie Shark Finn und der verstaute sie im Daypack auf meinem Rücken. 

Währenddessen zogen wir uns langsam rückwärts in unsere Wagen zurück, die Geister und die gesamte Umgebung in den Augen behaltend.

Ich atmete erst auf, nachdem wir gut 300 Meter durch das unwegsame Gelände gefahren waren. Wir hatten es geschafft!

Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass wir wirklich einen unversehrten Ziegelstein der Großen Mauer Chinas eingesackt hatten, sagte ich, «Gute Arbeit, meine Herren. Danke besonders an Shamrock, Triple S und Chang.»

Gut eine Stunde später hielten wir auf einem kleinen Parkplatz irgendwo im Nirgendwo in Shaanxi. 

«Wollen wir die Nacht durchfahren?», fragte Rubber Duck.

«Ja.», antwortete Blackstone sofort, «Wie haben ja immerhin noch eine andere Aufgabe zu erledigen und weitere werden hinzu kommen.»

Rubber Duck gähnte, «Okay, aber ich brauch jetzt mal ne Pause. Also entweder machen wir mindestens 2 Stunden Stopp oder es müssen mal zwei andere von uns ans Steuer.»

Gunner erwiderte, «Kein Problem. Wir können uns abwechseln. Ich kann den Transporter nehmen.»

Ich grinste, eigentlich hatte ich keine Eile, aber da Halloween näher rückte, wollte ich auch keine Zeit verschwenden. «Dann fahr ich das SUV. Allerdings sollten wir dennoch eine halbe Stunde Pause machen. Es schadet nicht, uns und die Wagen zu lüften.» 

Wenn wir tatsächlich die ganze Zeit ohne längere Pause durchfuhren, würde ich einmal mehr froh darüber sein, dass ich einen Healthy Glow Zauber gelernt hatte und nach Belieben auf mich selbst anwenden konnte.

Überrascht stelle ich fest, dass ich in der vergangenen Stunde einen Anruf von Qi 4 Money bekommen hatte, er hatte mir auf die Mailbox gesprochen, ‚Hab schon eine Weile nichts mehr von dir gehört, melde dich doch mal.’

Die Gelegenheit war günstig, also rief ich zurück.

Er hatte zwei weitere Zutaten heraus gefunden und glaubte, dass nun nur noch eine, maximal zwei fehlten. Da wir sowieso gerade Pause machten, rief ich das Team im losen Kreis zusammen und wir besprachen die neuen Fakten.

Einmal würden wir die Rinde einer mindestens 200 Jahre alten Fichte aus den berühmten Wäldern des Tian Shan Gebirge brauchen. Oberflächlich klang das nach einer sehr leichten Aufgabe, denn in den Wäldern sollte es von alten Fichten nur so wimmeln. Sah man genauer hin - was Bloody Guts in der Matrix und ich in meiner Erinnerung getan hatte - stieß man sofort auf ein Problem und das hatte die Form des Großen Drachen Lung

Lung hat seinen Hauptsitz auf einem der höchsten und gleichzeitig einem der fünf heiligen Berge Chinas, dem T’ai oder auch Tiantai Shan. Oben auf dem Berg stand ein alter heiliger Tempel, den man über 7200 Stufen erreichen konnte und in dem Lung auch seinen Hort haben sollte. Lung gehörte das Gebirge, samt Berg, Tempel und allen Wäldern. Dragon- oder Manalines genannt, verliefen unter, beziehungsweise um den Berg und mehrere kreuzten sich genau unter dem Tempel, was den Gipfel zu einem Mana Hot Spot machte. Verglichen mit der Hintergrundstrahlung dort, war die in der Domäne des Yama Königs wahrscheinlich eine Party Zone und nur Wujen-Zauberer fühlten sich dort so richtig wohl. Sowieso durften nur ausgewählte Wujen auf dem Berg leben und arbeiteten, natürlich für Lung. Das Pilgern zum Tempel sollte unter gewissen Umständen aber erlaubt sein.

Als weitere Zutat benötigten wir eine Einheit Schuppen eines Nova-Drakons, der seines Zeichen ein Nachkömmling aus der seltenen Verbindung eines Firedrakons und einem Icedrakon war. Wir mussten also eine Gegend finden, in der Feuer und Eis zusammen trafen. Ein Beispiel dafür waren die Geysire in Kamchatka, wie Shamrock und ich zusammentrugen. Kamchatka lag zumindest immer noch in Asien, alle andere Gebiete in denen Nova-Drakons vorkamen, lagen noch weiter als diese paar Tausend Kilometer von unserer jetzigen Position entfernt und am Günstigsten wäre es wohl für uns, über Vladivostok dorthin aufzubrechen. In Vladivostok besaßen wir vertrauenswürdige Kontakte und die Möglichkeit ein Basislager aufzubauen, bevor es in ganz wilde Gegenden ging. Doch ein Schritt nach dem anderen,

Denn im Gegensatz zu Kamchatka lag das Tian Shang Gebirge gleich um die Ecke und würde innerhalb von Stunden für uns erreichbar sein. So beschlossen wir, noch ein wenig auf unserer Route zu bleiben und vor unserer Rückkehr nach Hong Kong nach Osten in Richtung der Coastal Provinces abzubiegen.

Shamrock erklärte sich bereit, uns auch dorthin zu begleiten, immerhin ging es bei der Baumrinde ja auch um ein Stück Natur, für die er sehr viel übrig zu haben schien. So war er auch mit mir einer Meinung, als ich betonte, dass wir die Rinde unbedingt so abnehmen mussten, dass wir den Baum nicht schädigten.

❄❄

[Song 3: 3 Doors Down - Duck and Run] Wir hatten eigentlich auch diesmal beschlossen, die eigentliche Planung erst anzugehen, wenn wir vor Ort wären.

Dennoch dachten wir natürlich alle bereits darüber nach, wie wir vorgehen konnten und irgendwann auf der langen Fahrt Richtung Coastal Provinces kam das natürlich auch schon zur Sprache. 

«Der ganze Berg gehört ja nun dem Großen Drachen,» begann Bloody Guts, «gilt das dann für jeden Baum?“

Ich schmunzelte, «Ja, ich denke, da er das ganze Gebiet beansprucht, wird er es so sehen. Was aber nicht heißt, dass er jeden Baum persönlich kontrolliert. Das werden die Wujen Magier für ihn tun. Und die sind eben auch nur Metamenschen, die können wir umgehen.»

«Okay, aber wir dürfen uns nicht dabei erwischen lassen, denn wir nehmen dem Drachen was weg.», fasste Bloody Guts korrekt zusammen.

Shamrock erklärte, «Je mehr wir uns der Natur des Waldes anpassen, desto weniger fallen wir auf.» 

Bloody Guts klang nun leicht aufgeregt, «Kannst du uns nicht in Tiere verwandeln Triple S? »

«Begrenzt ist das möglich.», bestätigte der Magier

«Fein, dann möchte ich eine Eule sein. Am besten eine Eule mit Hörnern.», freute sich der Troll.

«Das geht leider nicht.», erklärte Triple S.

«Wie warum denn nicht? Dann eben ohne Hörner.», gab Bloody Guts nach.

Triple S musste ihn leider weiter enttäuschen. «Das ist ein Masseproblem. Ich kann die Masse nur in einem gewissen Maß reduzieren oder erhöhen.»

«Mist.», meinte Bloody Guts. «Ich bin nicht so gut darin, im Wald zu schleichen. Stehen die Bäume da dich beieinander?»

Shamrock antwortete, «Nein, gerade alte Bäume brauchen Platz. Unterholz wird es geben, aber auch du kannst dich dort hindurch begeben, wenn vielleicht auch nicht überall.»

«Hmm. Gut.», kam von Bloody Guts.

«Ich dachte vielleicht bleiben Rubber Duck und Bloody Guts außerhalb des Waldes und warten in den Wagen, denn ich gehe nicht davon aus, dass das ganze Gebiet Sperrgebiet ist. Man wird schon umher laufen dürfen. Obwohl Talismongering, also das Besorgen von magisch brauchbaren Materialien, verboten sein wird.», gab ich zu bedenken.

Nun diskutierten wir doch, ob man vielleicht nur mit Drohnen die Rinde abkratzen konnte, ob es gut war, Rigger und Hacker im Wagen zu lassen und diverse andere Details. Nun, wir hatten auf der Fahrt ja auch nicht viel anderes zu tun. Zumindest galt das für die Meisten von uns, ich hörte und sah nebenbei Vorlesungen. Nach einigen Kilometern, standen wieder mehr Dinge fest.

«Gut,», fasste Gunner zusammen, «Snowcat, Shark Finn, Triple S, Shamrock, Chang und ich schleichen und schlagen uns durch den Wald, bis ein passender Baum gefunden ist. Was machen wir, wenn uns einer der Bewohner erwischt? Kämpfen?»

«Nein.», sagte ich sofort,  «Hoffentlich müssen wir das nicht. Diebstahl ist das eine, aber die Leute eines Drachen zu töten, steht auf einem ganz anderen Bildschirm.» Wo ich gerade Bildschirm sagte, fiel mir etwas ein, ich hatte das Bild, welches ich für Lung gemalt hatte, dabei, also sagte ich, «Wenn man uns erwischt, dann sage ich einfach, ich bin hier, um ein Geschenk für den Großen Drachen abzugeben.»

Bloody Guts lachte kurz, «Was’n soll ich euch dann mein Seattle Screamers Shirt mitgeben? Qi 4 Money hat es ja nicht gekriegt.»

Die Vorstellung Lung ein Shirt zu schenken, brachte mich zu lachen. «Davon wäre er sicher überrascht. Aber nein, ich habe ein Bild dabei. Ein auf einer Leinwand von mir gemaltes Bild. Das für ihn vorgesehen ist.»

«Du hast ein Bild für genau den Drachen dabei???», frage Bloody Guts und der Unglaube und die Überraschung waren ihm anzuhören.

Blackstone antwortete vor mir, «Snowcat ist eine bemerkenswerte Künstlerin und sie hat das für jeden Großen Drachen dabei, falls die Chance besteht, auf einen zu treffen.»

«Nun, für jeden nicht.», sagte ich fröhlich. Katze fauchte und da fiel mir auf, dass Blackstones die Situation hatte retten wollen. Er hatte es absichtlich so formuliert, damit es für die Neuen im Team, ganz besonders aber für Shamrock, eine glaubwürdige Erklärung für ein Bild gab, also fügte ich schnell im Plauderton hinzu, «Nur für die Drachen, von denen ich glaube, dass sie ein Bild interessant oder gar zu schätzen wissen und außerdem sollte es ein netter Drache sein.»

Mehrere der Männer lachten. Ich fuhr ungeachtet dessen fort, «Lung soll sich für Kunst interessieren, wenn auch im geringen Maß.»

Gunners sagte darauf, «Wenn du ein Geschenk für ihn dabei hast, warum machen wir es nicht gleich so: Wir gehen die Treppe hoch, geben das Geschenk ab und nehmen uns dann die Rinde oder fragen danach?» Gunner meinte das Ernst, er traute meinem Urteil und der Gedanke einem Drachen zu begegnen schien ihm keinerlei Angst zu machen. Gut zu wissen.

Zudem war ich seiner Meinung. Warum eigentlich nicht? Ich war mir ziemlich sicher, dass Lung mir die Bitte gewähren würde. Vielleicht würde er sich sogar freuen, mich wieder zu sehen. 

Shark Finn versteifte sich neben mir. Er schüttelte den Kopf und sagte leise, „Und wenn er dich dann ein paar Wochen zu sich einlädt, was sagst du dann?“

Oh! Da hatte er natürlich Recht. Das Bild wegen der Rinde abzugeben, wäre wahrscheinlich eine vertane Chance, sich mit Lung zu unterhalten. Er hatte gesagt, ich solle ihn einmal besuchen, wenn ich in der Gegend wäre. Dann keine Zeit mitzubringen war Verschwendung. Natürlich war es auch reizvoll, einfach bei einem Drachen zu erscheinen und die Rinde dafür zu bekommen, die Anderen würden große Augen machen, aber wir konnten das eben auch anders. Ich war hin und her gerissen, aber nur kurz. 

Rubber Ducks Worte rissen mich aus dem Gedankenspiel, «Ja, Mensch. Das klingt ja simpel. Lasst es uns so machen.» Es folgte eine Pause und dann sagte er, «Hallo? Seid ihr bescheuert? Lasst mich dann in jedem Fall unten. Ich hab nämlich nicht so ein Rad ab und klingele mal bei einem Drachen und frag, ob ich wohl Rinde haben darf. Was machen wir wenn er nein sagt. oder was anderes von uns will?»

Triple S erwiderte, «Na dann machen wir das, was der Drache will und zwar ohne zu zögern. »

Blackstone fügte hinzu, «Da hat er Recht, einem Drachen widerspricht keiner so leicht, schon gar nicht, wenn er ihm gegenübersteht. »

Ich schmunzelte wieder in mich hinein, jedenfalls würde ein Drache wohl höchst selten einen Widerspruch hören. 

Gunner bestätigte, «Ja, wir werden wohl tun, was er verlangt, aber wir werden nicht feige wegrennen und aufgeben.»

Bloody Guts meinte, «Das heißt dann aber auch, wenn er sagt, könnt ihr haben, aber wofür braucht ihr das, dann sagen wir es ihm, oder? Und wenn er dann sagt, ach, wie praktisch, die Münzen sammle ich auch, dann bringt sie einfach mir. Was ist dann damit? Machen wir das dann auch?»

«Ja.. Davon gehe ich aus. », antwortete Blackstone.

Rubber Duck warf mit leichter Panik in der Stimme ein, «Was heißt hier fragen? Mich muss er nicht mal fragen. Ich erzähle es imm sicher einfach so. Und nebenbei gesagt, für mich ist wegrennen eine Option»

Alle lachten.

Ja, auch solche Dinge musste ich bedenken, also sagte ich, «Ich bin zwar sicher, dass dieser Große Drache nichts Unangemessenes von mir verlangt. Aber falls er fragt, wofür wir das wollen, könnte auch ich schwer lügen und ob er sich mit einem: Das kann ich nicht sagen’ abspeisen lässt, weiß ich nicht. Also sollten wir vor doch weiter an einer anderen Lösung arbeiten. »

Shark Finn atmete erleichtert auf.

❆❆

Während der letzten Rast vor unserem auserkornen Zielort, einer unbedeutenden Kleinstadt, die bei Pilgern und Besuchern beliebt war, die den heiligen Berg sehen wollten, teile ich meinem Mentor in einer verschlüsselten Nachricht mit, in welchem Gebirge ich mich befand und fragte, ob ich ihm etwas mitbringen solle.

Das Wetter war uns abermals hold, als wir am Vormittag des 17.10.2073 in dem beschaulichen Ort einkehrten. 

[Song 4: Tomb Raider Score - Arrival in China] Man lebte hier von dem, was das Land einbrachte und zwar im kleinen Rahmen und weit entfernt von den politischen Machtspielen bedeutender Staaten. 

Es gab überall Wireless-Matrixzugang, natürlich auch Strom und sogar einen Coffee-Shop. Die moderne Zivilisation war also vorhanden. Allerdings ging hier alles drei, vier Nummern kleiner zu, als in anderen Kleinstädten. Kleiner und vor allem ruhiger. Eigentlich war es hier genau so, wie man es sich für ein Leben an einem heiligen Berg vorstellte. 

Wir suchten uns eine kleine Herberge und da wir so viele waren, konnten wir gleich einen ganzen Schlafsaal für uns mieten. Reisbälle und heißes Wasser für Tee waren inklusive.

Wir fielen natürlich auf, aber es war auch nicht so, dass man hier noch nie Touristen aus dem Westen gesehen hatten. Zum Glück waren wir derzeit nicht mal die einzigen Gwailos vor Ort.

Wir sahen uns den Markt an, genossen die gute Luft und ich begann sogleich vorsichtig damit, mich nach den genaueren Gegebenheiten und einigen Gerüchten umzuhören.

Die Metamenschen führten hier wirklich ein beschauliches Landleben. 

Chang passte mit seiner bescheidenen Art und seiner Vorliebe für Reis und Tee ausgesprochen gut hinein. Auch wenn er sich hier offensichtlich wohl fühlte, hatte es sich von Triple S eine Körpermaske zaubern lassen. Für alles andere war die 6.Welt einfach zu klein. 

Die magischen Energien, die von der Tempelanlage ausgingen, konnte ich bis ins Dorf hinein spüren. Ich hatte mein Team schon einmal in einem Banshee fliegend durch die Backroundzonen in der Mojave-Wüste geführt, da würde ich die magisch besten Wege durch den Wald mit weniger Hintergrundstrahlung ebenfalls finden können.

❆❆

Am nächsten Morgen informierte ich meine Kollegen beim Frühstück in unserem Schlafsaal darüber, was ich gehört hatte und zwar nachdem wir uns davon überzeugt hatten, dass wir keine ungeladenen Zuhörer hatten, jedenfalls soweit man das sagen konnte. 

„Natürlich ist Talismongering und überhaupt jegliche Mitnahme von Naturalien aus der Gegend verboten. Alles gehört Lung. Ja, man darf tatsächlich zum Tempel pilgern, allerdings nur, wenn Lung nicht zu Hause ist, was er derzeit aber ist. Natürlich lohnt es sich zu warten, wie man mir versicherte. Man darf hier frei spazieren gehen und das sogar in den berühmten Wäldern, jedenfalls bis zu einer gewissen Höhe. In unregelmäßigen Abständen, so 1-2 Mal im Monat, kommen Wujen-Zauberer aus den Wäldern in dieses Dorf, um ihre Einkäufe zu machen und hin und wieder sogar, um etwas auf dem Mark zu verkaufen. Niemand konnte mir sagen, ob da jemals irgendeine Art von Baumrinde dabei war. Aber zu sehr ins Detail wollte ich bei der Frage nun auch nicht gehen. Das letzte Mal war eine Gruppe der von Lung autorisierten Wujen vor 6 Tagen hier und ich kenne die Namen von Gasthöfen und Läden, wo man die Männer treffen kann. Soweit die Neuigkeiten.“

Womit das nächste Planungsgespräch eröffnet war.

Gut eine halbe Stunde später, hatten wir folgendes beschlossen: Wir würden hier noch drei oder vier Tage warten, was nicht ungewöhnlich wäre, wenn wir Touristen wären, die auf den Tempel wollen würden. Sollte uns das Glück hold sein, würden in dieser Zeit einige Wujen aus den Wäldern auftauchen. Wenn nicht, würden wir uns selbst auf den Weg machen, welche zu suchen. Wo auch immer, würden wir diese Hüter der Wälder und der Dragonlines fragen, ob und zu welchen Bedingungen wir Baumrinde bekommen konnten. Sagten sie nein oder waren die Bedingungen für uns nicht akzeptabel, würden wir scheinbar unverrichteter Dinge abziehen, uns einen anderen Ort in einiger Entfernung suchen und dort die Heimlich-In-Den-Wald-Tour durchziehen. Das Gebiet war groß genug, um dann noch einen solchen Versuch zu wagen. 

‹Und, findest du, das klingt zu einfach Katze?›, fragte ich.

Katze lag auf der Fensterbank in der Sonne und gähnte, ‹Was hast du gesagt, Elfenmädchen?›, fragte sie nur und schloss bereits wieder die Augen. 

‹Ich habe gefragt- ach was, Katze, ich antworte mir einfach selber, nein, das klingt nicht zu leicht, denn die Schuppen oder das wahre Wasser zu besorgen, wird schon schwer genug werden.›

Katze öffnete die Augen ein Stück, ‹Niemand hat gesagt, dass es überhaupt schwer werden muss, um zu gelingen, Elfenmädchen. Mit der richtigen Idee und den richtigen Kontakten, kann alles leicht sein.›

                                              UC - UNIVERSAL CONSULTANTS - UC

               UC - Unknown Consequences -das TOP-Runnerteam aus Seattle- You See!

Ob es leicht oder schwer wird, wie das Team zur Baumrinde kommt und was als nächstes geschieht, wird demnächst hier zu lesen sein. Schau also bald wieder vorbei, Omae.

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*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*