Episode 03/13 Intermezzi

Welcome back, omae!

Unsere Runner befinden sich derzeit voll in Action, sie haben keine Zeit zum träumen, sie haben ja kaum Zeit, um zu denken. Doch uns ist es gerade gelungen, eine weitere kleine traumhafte Erinnerung aus dem Netz zu fischen.  Wir wissen nicht genau, wann Snowcat diesen Traum hatte, aber die Vermutung liegt nahe, dass es in einer der letzten Nächte geschehen ist. Vielleicht kurz vor dem Aufbruch ins Lager oder auf einem Nickerchen auf dem Flug nach Bogotá. Natürlich ist es zweitrangig, wann Snowcat den Traum hatte, wichtig ist nur, dass Du ihn jetzt lesen kannst. 

Außerdem gibt es ganz frisch aus dem Stream die ergänzenden Story über die Übernahme des CommCenters des Gefangenenlagers, erlebt durch Thunderstrikes Augen und gelesen aus seiner Datei. 

Also los, omae!

Deine Gedanken und Worte hierzu passen am besten in "The Tale So Far, Part II" [LINK]

Das kleine elfische Mädchen saß am Küchentisch und malte ein Bild mit Wachskreiden. Ihr feines, weißes Haar reichte ihr ein Stück über die Schultern. Sie strich eine Strähne hinter ihr Ohr und betrachtete ihr Werk mit einigem Abstand. Offenbar war sie zufrieden damit. Sie nahm sich die grüne Kreide und schrieb gewissenhaft zwei Worte auf das Bild, dann lächelte sie und hüpfte vom Stuhl, dabei rutschte ihr ihr viel zu grosses T-Shirt von der knochigen Schulter. 

Im Wohnzimmer dröhnte das Trideogerät. Ein Zwerg mit lockigem, braunen Haar saß davor und brummelte etwas in seinen Bart. Er griff nach einer Bierdose auf dem Tisch und zerknüllte sie missmutig, nachdem er festgestellt hatte, dass die Dose bereits leer war. 

Sie wartete bis das Combat Biker Spiel für eine Werbepause unterbrochen wurde, dann trat sie näher zu Bob. Im grummeligen Gesicht des Zwergs zeichnete sie die Spur eines Lächelns ab, er blickte sie aus müden, schon leicht glasigen Augen an. "Na, wat gibt'es?"

Sie zog das Bild hinter ihrem Rücken hervor und gab es Bob. Aufgeregt wartete sie, wie er darauf reagieren würde.

Bob sah das Bild einen Moment lang an, dann fragte er: "Is dat für mich?" 

Sie nickte. 

"Danke dir, is gut geworden." Er legte das Bild auf den Couchtisch und starrte dann wieder auf das Trideogerät, die Übertragung des Spiels lief bereits wieder. 

"Man du Blödmann, du musst die Lanze festhalten.", schimpfte er. 

Sie hatte sich noch nicht bewegt und blickte nun ebenfalls zum Trideogerät. Ein schlanker Mann auf einem leichten, schnellen Motorrad, ein sogenannter Linebiker, war eben geschickt der Lanzenattacke des schwer gepanzerten Lancebikers auf der viel schwereren Maschine ausgewichen, woraufhin dieser seine Lanze in den Boden gesetzt und fallen gelassen hatte. Der Linebiker übergab die Flagge seinem Teamkameraden, der gab Gas, raste durch eine schmale Gasse auf dem Spielfeld und warf die Flagge nach einer halsbrecherischen 90 Grad Kurve durch den Torring. 

Sie bewunderte den Fahrer für dieses Manöver. Er reckte nun im Jubelschrei die Faust mit ausgestrecktem Zeigefinger in die Luft und drehte seine Hand dann immer schneller.

Bob pfefferte seine leere Bierdose wütend an die Wand, die dann in den überfüllten Papierkorb fiel und überraschender Weise auf der Spitze des Dosenbergs liegen blieb. 

Die Texas Rattlers hatten soeben drei Punkte gemacht und Bob war nicht nur standesgemäß Fan der Seattle Timber Wolves, die Rattlers waren auch noch das Team, welches er am wenigsten mochte. 

"So eine verdammte Scheisse! Wo, hast du Idiot denn..." Bob hielt in seiner Schimpftriade inne und sah sie an. 

Sie lächelte zaghaft und fragte leise: "Können die Timber Wolves den Rückstand noch aufholen?", dann sah sie schnell zum Trideo und lächelte, zum Glück war wieder Werbepause. Eine Abmachung zwischen ihr und Bob besagte, dass sie ihre Fragen nur in Werbepausen von Sportübertragungen stellen durfte und dann auch jedes mal nur eine. Sie redete nicht sonderlich viel, aber Fragen hatte sie immer eine Menge und nachdem sie einmal damit angefangen hatte, eine Frage laut zu stellen, waren ihr immer neue Fragen eingefallen. 

Bob hatte die Hände in die Hüfte gestützt und "Stop!" gesagt. "Weisst Du, was ich so an dir schätze? Du bist zwar ein Kind, aber du bist still, ordentlich und du flennst nicht rum. Gäbe es mehr Kinder wie dich, dann könnte ich Kinder vielleicht sogar leiden. Dich kann ich leiden. Fang jetzt nicht damit an, das durch plappernde Fragen kaputt zu machen." 

Sie hatte sofort verständnisvoll und stumm genickt. Dann war Bob auf die Idee mit den Sportübertragungen gekommen. Da Bob fast den ganzen Tag über Sport ansah, war das eine gute Abmachung.

Bob lächelte schief, als er ihr auf ihre letzte Frage antwortete,  "Zeit schon, aber ob die Timber Wolves das schaffen, steht auf einem andern Blatt." Der Zwerg erhob sich ein wenig und beugte sich ein Stück vor, dann angelte er nach der Zeichnung auf dem Tisch und sah sie sich noch mal an, "Ist wirklich gut geworden. Ich kenn mich mit sonem Kram nich aus, aber ich würd sagen, du hast Talent."  

Auf ihrem Gesicht erschien ein Strahlen, was bei Bob ein richtiges Lächeln hervor rief. Er tippte auf die Buchstaben, "Das hast schnell gelernt. Freut mich zu sehen, dass ich jetzt auch wieder Bob heisse und nicht mehr Bad." Er lachte kurz und erhob sich ächzend.

Das Spiel im Trideo ging weiter, aber Bob kümmerte sich nicht darum. Er stand auf und schlurfte in die Küche, er torkelte leicht. Sie warf einen Blick über ihre Schulter, gestern war der Papierkorb nicht mal halbvoll von zerknüllten Bierdosen gewesen.

Bob befestigte die Zeichnung mit Magneten am Kühlschrank. "Obwohl Bad eigentlich auch ein passender Name für mich ist.", er schmunzelte breit. Sie mochte das. 

Mit Eifer hatte sie in den letzten Wochen die Buchstaben von Bob gelernt, inzwischen war sie recht gut darin geworden zu lesen und die Zeichen zu malen. Die Texte aus dem Lernprogramm für Schüler der 1. und 2. Klasse bewältigte sie problemlos.

"Komm, ich geb dir einen aus." Bob öffnete den Kühlschrank, nahm ein Flaschenbier und eine Schokomilch heraus und übergab die Schokomilch an sie. Sie schüttelte sie kräftig und rüttelte sich selbst dabei auf und ab. 

Auf dem Weg zurück ins Wohnzimmer angelte Bob nach den Flaschenöffner in der Tasche seiner Jeans, öffnete die Flasche im Gehen, trank aber nicht davon. Bob setzte sich und hielt ihr die Bierflasche hin "Slainte!" 

Sie stießen an. Bob nahm einen tiefen Zug aus der Flasche und seufzte zufrieden, "Das ist echt gutes Zeug." 

Sie imitierte sein Seufzen und nickte, die Schokomilch schmeckte wirklich lecker. 

Bob hielt ihr der Kronenkorken hin. " Willste damit spieln?", fragte er.

Sie nickte und nahm den Kronenkorken und baute sich aus leeren Bierdosen und andern Dingen ein Spielfeld auf dem Tisch auf. 

Während in nicht all zu weiter Entfernung auf der Strasse Schüsse fielen, der Mann zwei Etagen über ihnen seine Frau im Streit schlug und im Trideo ein Linebiker der Rattler mit der Lanze von seinem Bike gestossen wurde, spielte sie ihre eigene Version von Tischhockey, mit einer Spur von Combat Biker. In jeder Werbepause stellte sie eine Frage, Bob beantwortete sie zwar nicht alle, aber das störte sie nicht sonderlich.

Ein wenig später lag sie zusammengerollt auf dem grossen Sessel. Im Trideo lief inzwischen der Action-Kanal. Der Bildschirm flackerte vor Schüssen und Explosionen. Sie wusste noch nicht, ob sie für den vermeidlichen Helden der Handlung, den Lone Star-Polizisten, war oder für dessen Rivalen, einen Zauberer.

Zum Abendbrot hatte es Weißbrot-Sandwiches gefüllt mit Honig und Butterpopcorn gegeben. Bob hatte darauf bestanden, dass sie den ganzen frischen, echten Orangensaft dazu alleine austrank. Bob hatte nichts gegessen, sondern lieber weiter nur Bier getrunken. Er hatte seine letzten sechs Dosen geleert. Ihm fielen immer wieder die Augen zu und wenn das geschah, schnarchte er leise.

Dass der Lone Star Cop den Zauberer besiegt und dafür das Mädchen und eine Medaille bekommen hatte, bekam Bob nicht mehr mit. Sie zog die Wolldecke eng um sich und sah auf der Seite liegend den Beginn des nächsten Films, ein Martial Arts Drama mit dem Titel : 'Dragonbreath."


Bum, bum, bum.

Jemand hämmerte gegen die Wohnungstür. 

Sie schreckte hoch.

Das Hämmern war laut. 

Immer wieder. 

Auch Bob war wach geworden. Der Zwerg hielt sich einen Finger vor den Mund. Aber sie wäre auch ohne diese Geste still geblieben.

 "Bob, du Penner. Mach auf! Sofort! Sonst treten wir deine beschisseneTür ein." 

Sie traten bereits gegen die Tür. Das Material knarrte beachtlich. Bald würde Bob gar nicht mehr aufmachen müssen. 

Der Zwerg schüttelte seinen Kopf, um seine Benommenheit loszuwerden. "Is ja gut. Isch komm ja schon.", rief er in Richtung Tür. Dann packte er sie fest an den Oberarmen. Ein bisschen zu fest. Eindringlich sah er sie an. Sein Atem roch nach Bier und in seinen Augen war Angst. Er flüsterte: "Du maschst jedscht, dass d'uh in dein Vaschteck kommst. Da bleibst du, bisch isch disch hole. Egal was passchiert oder wasch du auch hörscht. Hascht du varschstanden?"

Sie nickte. Er ließ sie los und sie huschte in Bobs Schlafzimmer. Leise schloss sie die Tür hinter sich.

Bob rief : "Ja, isch mach ja schon. Lasst doch die Tür ganz." Der Trideoton ging aus.

Wahrend sie sich ihren Rucksack schnappte, hörte sie Bobs Schritte, sie wusste dass es seine waren, sie kannte sie schon gut. Das Hämmern gegen die Tür hatte kurz aufgehört. Bob ging jedoch nicht zur Tür, er ging zum Besenschrank in der Küche. Das tat er bestimmt, weil dort seine Schrotflinte lag. Denen hinter der Tür dauerte das aber zu lang. Sie traten wieder dagegen. Stärker und konzentrierter.

Sie griff im Vorbeigehen ihren Rucksack, öffnete die Tür des Wandschranks, löste zwei Latten aus der Rückwand und schloss die Tür des Schranks hinter sich. Es war nun fast völlig dunkel, aber das war kein Problem, denn sie wusste genau, wo hier was war. Sie drückte ihren Rucksack durch die Lücke, schlüpfte selber hinterher, schob die Latten ordentlich zurück und kauerte sich im Dunkeln zusammen. 

In diesem Moment krachte die Tür. Ein Schuss blieb aus. Bob hatte also nicht geschossen. Sie verstand nicht jedes Wort was da geschrieen wurde, aber die drei Männer wollten Geld von Bob. Er war mit den Schutzgeldzahlungen in Verzug geraten. Bob sagte, dass er nicht zahlen könne, dass er nichts habe und Zeit brauche. Sie schlugen ihn, Bob wehrte sich, es wurde lauter. Mehr Sachen gingen zu Bruch. 

Sie hatte Angst.

Dann würde es auf einmal still, das machte ihr noch mehr Angst. Sie lauschte angestrengt. 

Dann sagte eine der fremden Stimmen: "Scheisse, ich glaub, der Fragger ist tot."

Ein anderer brüllte wütend: "Du Idiot, warum hast du ihn umgebracht?"

"Was kann ich denn dafür, dass der umfällt und sich dat Genick bricht? Nüscht kann ich dafür!"

"Nu kann er aber gar nix mehr zahlen. Wir sollt'n ihm Angst machen, töten kommt später. Verdammte Scheisse!"

"Los durchsucht die Bude und sucht allet zusamm, was der Kerl an wertvollem Zeuch hat. Beeilt euch, damit wir hier wegkommen."

Sie blieb ganz ruhig. Bob war klug. So klug. Er konnte lesen und schreiben und er wusste auf alle ihre Fragen eine Antwort. Vielleicht tat er nur so, als ob er tot war. Oder vielleicht schlief er einfach nur ganz fest.

In der Wohnung rumpelte es. Schritte gingen hin und her. Dinge schlugen auf dem Boden auf. Jemand öffnete die Schlafzimmertür. Auch die Wandschranktür würde aufgerissen. 

Sie hielt den Atem an. 

Die Bügel wurden hin und her gezerrt, sie klapperten. 

Dann entfernten sich die Schritte wieder. Sie atmete aus. Man hatte ihr Versteck nicht entdeckt. 

In der Wohnung klapperte und rumpelte es noch ein paar Mal, dann wurde es ruhig. 

Sie blieb wo sie war, so wie sie es versprochen hatte. Sie wartete darauf, dass Bob kam, um sie zu holen. 

Sie versuchte ruhig zu atmen. Sie zählte ihre Atemzüge. Nach je zehn mal atmen lauschte sie auf die Umgebung. In der Wohnung gab es nur die Geräusche, die es nachts immer gab. Der junge Mensch in der 5. Etage hörte seine Musik. Angstrock nannte sich das.

Sie riss die Augen auf. War sie etwa eingeschlafen? Sie wusste es nicht. Das Haus war immer noch still. Jetzt war da auch keine Musik mehr. Es musste ganz spät in der nacht sein. Bob war nicht gekommen. 

Sie atmete tief durch, sie konnte nicht ewig hier bleiben. Sie schob die Bretter beiseite. Katze erwartete sie im Wandschrank. "Hallo, Elfenmädchen.", sagte sie leise. 

"Ich geh jetzt raus, Katze. " erklärte sie mit möglichst fester Stimme. 

Sie lauschte erneut auf ihre Umgebung. Sie war sicher, dass im Schlafzimmer niemand war. Sie fasste die Tür an. Katze widersprach nicht. Gut!

Sie holte noch schnell ihren Rucksack aus dem Versteck und dann öffnete sie die Tür.

Dahinter war alles unordentlich. Sämtliche Türen und Schubladen standen offen. Selbst Bobs Bettwäsche war heruntergerissen. 

Mit klopfendem Herzen ging sie ins Wohnzimmer, Katze war dicht bei ihr. Da, fast in der Mitte des Wohnzimmerzimmers, mit dem Kopf auf dem zerbrochene Couchtisch, lag Bob. Ausgestreckt auf dem Rücken. Er blickte nach oben und seine Augen waren offen. 

Hier war das Chaos noch grösser, das Trideo war weg und die Mikrowelle auch. Die Kühlschranktür stand offen und das kleine Lämpchen warf den Raum in ein gespenstisches Licht. Sie schlich langsam und vorsichtig zu dem Zwerg. Er blinzelte nicht ein einziges Mal. "Bob?", flüsterte sie. 

Er rührte sich nicht.

Sie hockte sich zu ihm. An seinem Mundwinkel klebte getrocknetes Blut. Langsam und vorsichtig streckte sie ihre Hand aus und berührte Bob sanft an der Wange. Sie war ganz kühl.

"Es ist tot, stimmt's Katze?", fragte sie traurig.

"Ja, das ist er Elfenmädchen."

Sie streichelte dem Zwerg über die Wange. Bob war tot. Die dummen Männer hatten ihn aus Versehen getötet. Sie waren sogar sehr dumm, sie wussten nicht, was wertvoll war. Sie hatten das Trideo mitgenommen, aber die Vorräte und die Decken waren noch da. Ganz dumme Männer!

Sie fasste Bob bei den Schultern, um ihn auf die Couch zu ziehen, aber sie bekam ihn nicht bewegt. Das Bild verschwamm vor ihren Augen. Ihre Wangen waren nass vor Tränen. Sie wischte sich die Wangen trocken. Bob hatte es nicht gemocht, wenn Kinder flennten. Niemand mochte das. 

"Du hast nicht ewig Zeit!", mahnte Katze. "Wenn es hell wird, solltest Du weg sein, Elfenmädchen."

Katze hatte recht, sie musste sich sputen, bald würde die Sonne aufgehen. Sie schnappte sich die Wolldecken, rollte sie zusammen und band jede mit einem von Bobs Gürteln fest. Sie hätte gerne auch das Federbett mitgenommen, aber dass würde bei der Feuchtigkeit auf der Strasse nur verderben.

Dann füllte sie ihren Rucksack mit Vorräten. Sie hob ihn immer wieder an, sie wusste, dass sie das alles auch noch tragen können musste. Sie hatte nicht einmal die Hälfte der Vorräte unterbringen können, aber sie würde eine Weile nicht hungern müssen. 

Sie suchte Batterien für ihre Taschenlampe zusammen und dann flitze sie ins Bad, um alles an Seife und Zahnpasta einzustecken, was sie finden konnte. In einer Schublade in der Küche lag ein Taschenmesser, auch das steckte sie ein. Ausserdem suchte sich noch Müllbeutel heraus. Soweit war sie fertig.

Sie zögerte einen Moment. 

"Er braucht das alles nicht mehr, Elfenmädchen.", sagte Katze.

Sie seufzte und dann durchsuchte sie Bobs Hosentaschen. Sie fand ein paar Nu Yen und seinen geliebten Flaschenöffner. Sie steckte beides ein. 

Dann flitze sie noch einmal ins Schlafzimmer und ins Bad. Sie kehrte mit dem Federkissen unter dem Arm zurück. 

Ganz vorsichtig hob sie Bobs Kopf an. Sie zog die Bruchstücke des Tischs unter ihm weg und bettete seinen Kopf dann auf das Kissen. Mit einem Waschlappen säuberte sie sein Gesicht von Blut. Sie nahm ihren größten Schatz, ihre Haarbürste. Die Bürste hatte eine süße Katze auf der Rückseite, der Stil war abgebrochen, darum hatte jemand sie weggeworfen. Dabei funktionierte sie doch noch so gut.  Sie kämmte damit Bobs Haar und seinen Bart, dann schloss sie ihm die Augen. 

Zu guter Letzt zog sie ihren neuen Pullover an, holte eine von Bobs Mützen und seinen dicken Schal. Bobs Lederjacke hatte die Männer mitgenommen, also musste seine Wetterjacke reichen. Als ihr Blick auf den Regenponcho fiel, rollte sie den ebenfalls zusammen und machte ihn, wie die drei Decken, an ihrem Rucksack fest.

"Nun komm aber, Elfenmädchen!" 

Sie nickte und ging zum Fenster. Wenn sie die Feuertreppe nahm, musste sich nicht an den Türen der Nachbarn vorbei und ausserdem würde sie so das Problem mit der Tür umgehen, die die Männer einfach nur irgendwie gegen den Rahmen gelehnt hatte. 

Sie öffnete das Zahlenschloss am Fensterrahmen und war mit samt Gepäck fast schon aus dem Fenster geklettert. Dann lief sie noch einmal schnell zurück und küsste Bob auf die Wange.

Sie schulterte ihr Gepäck und stieß unter dem hohen Gewicht kurz die Luft aus. 

Als sie kurz darauf vom letzten Absatz unten auf die Strasse sprang, wartete Katze bereits auf sie.

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Cut the CommCenter (geschrieben vom GM)

Er verließ mit Starbuck den Gefängniskomplex, immer einen Schritt seitlich hinter Starbuck. Sie gingen mit zügigen Schritten den Weg entlang in Richtung des Innentors. „Starbuck, auf zwei Uhr. Tenoch steht vor dem Eingang der Nordbaracke.“, informierte Thunderstrike den Hacker. Ohne merkliche Reaktion setzten sie ihren Weg fort und gingen an Tenoch vorbei, „Das ist der schwere Teil. Nicht umdrehen! Blackstone behält Tenoch für uns im Auge.“. Der Junge ist echt abgebrüht, dachte Thunderstrike anerkennend, Starbuck hat sich gut im Griff.

Am Humvee gab Starbuck eine reife Vorstellung für eventuelle Beobachter und „suchte“ im Wagen nach wichtigem Equipment. Tatsächlich jedoch hackte Starbuck die Drohnen im Depot und änderte die Subscription List, so das nur noch Steel und Starbuck Zugriff darauf haben würden. „Drohnen sind programmiert.“ schickte Starbuck durch unser Netzwerk.

Noch 24 Minuten bis zum Wachwechsel.

Nächster Schritt: Täuschung. Wir gehen ins HQ, ziehen uns eine eiskalte Coke in der Cantina und gehen dann in den Predator-Mode. So nannte Magister Seargent Duboise den Camouflage-Zauber während des SERE-Trainings, nach irgendeinem alten Actionfilm. In der Cantina waren nur zwei Soldaten anwesend als sie eintraten. Thunderstrike zog zwei Dosen Coke aus dem Automat und sie setzten sich an einen Tisch. Die Coke war herrlich erfrischend. „Was machen wir jetzt?“ fragte Starbuck leise. „Warten und die Coke genießen.“ antwortete Thunderstrike grinsend.

„Wenn wir im Predator-Mode sind, hältst Du Dich mit Deiner linken Hand an meinem Gurtzeug fest. In Deiner rechten Hand hast Du Deine Ares Viper, Safety on, und folgst mir. Verstanden?“ erklärte Thunderstrike im Plauderton zwischen Schlucken aus seiner Dose. Starbuck nickte. „Die korrekte Antwort ist: Check!“ sagte Thunderstrike lächelnd. „Wir gehen langsam und ruhig zum CommCenter. Dort warten wir auf die Wachablösung. Wenn sie kommen, gehen wir hinter ihnen her. Deine Waffe richtest Du die ganze Zeit auf den Kopf des letzten Soldaten, immer noch Safety on. Verstanden?“ „Check!“, lächelte Starbuck. Thunderstrike blickte Starbuck in die Augen, „Wenn ich sage: Feuer! Dann schiesst Du sofort und zwar nur dann, egal was sonst passiert. Stell die Viper auf Burst-Fire. Verstanden?“.

Thunderstrike ließ sich von Starbuck eine Karte des Lagers auf AR zeigen. Dann spürte er mit einem Zauber nach dem CommCenter und zeichnete die Räume ein. Sie analysierten kurz die Karte, legten eine Route und ein Versteck im CommCenter fest. Anschließend ging Thunderstrike noch einmal Schritt für Schritt den Plan mit Starbuck durch. Nachdem die beiden Soldaten die Cantina verlassen hatten, brachte Starbuck die Kameras unter Kontrolle und Thunderstrike tarnte sie mit dem Zauber. Mit ruhigen Schritten führte Thunderstrike sie zur Rückseite des Vehicle Depots gegenüber des CommCenters.

Noch 13 Minuten bis zum Wachwechsel. 

„Sind in Position.“, gab Thunderstrike bekannt. „Starbuck, achte auf unsere Rückseite. Wenn Du etwas siehst, dann zieh leise an meinem Gurtzeug. Augen auf dem Ziel lassen! Verstanden?“ instruierte er Starbuck. ‚Check, Sir!‘ leuchtete es lautlos auf seinem AR-Display auf. Thunderstrike grinste und schnauzte unterdrückt „Ich bin kein Frag-Sir! Ich muss für mein Geld arbeiten!“. Am Zaun saß Blackstone und erholte sich von der Tortur. Die Minuten verstrichen und langsam kamen immer mehr Soldaten aus den Gebäuden. Eine Sechsergruppe ging auf das Innentor zu und durchquerte es plaudernd. Thunderstrike drückte sanft Starbucks Arm. Starbuck drehte sich langsam um und hielt sich an Thunderstrikes Schulter fest. Sie gingen langsam los.

„Beginnen mit Infiltration.“ gab Thunderstrike um 1458 durch.

Direkt hinter dem letzten Mann der Ablösung schlossen sie sich an und gingen auf das CommCenter zu. Als sie das Zauntor durchschritten hatten öffnete sich die Tür des CommCenters. Wie Thunderstrike erwartet hatte, bildeten sich automatisch zwei Reihen, eine Schicht geht raus, eine Schicht geht rein. ‚Ich liebe das Militär.‘ dachte Thunderstrike grinsend. Die Soldaten tauschten ein paar Sprüche aus. ‚Im Übergabeprotokoll ist nichts Auffälliges.‘ schickte Starbuck auf sein AR-Display. Jetzt gingen sie durch die Tür und drückten sich direkt dahinter rechts an die Wand. Klickend verriegelte sich die Tür unter den Augen eines Soldaten gegenüber von Starbuck und Thunderstrike.

Das CommCenter hatte eine eigene Energieversorgung inklusive Backup. Dazu war die Hardware redundant ausgelegt, hatte Starbuck ihm erklärt. Gut, so mussten sie nicht so aufpassen. Er war das alles mit Starbuck mehrfach durchgegangen. In ein paar Minuten würden alle Azzies ihre Position eingenommen haben. Mindestens zwei Soldaten würden auf einem Liegestuhl in die VR abtauchen. Um die Beiden würde sich Starbuck kümmern. Bei diesem Teil des Plans war der junge Hacker sehr ernst geworden. Er wollte ihnen in der Matrix entgegentreten und sie ausschalten. „Wir sind in der Unterzahl und müssen schnell und hart zuschlagen. Deshalb nutzen wir jeden dreckigen Vorteil aus. Ein Hacker auf VR ist RL ein sehr leichtes Ziel, daher schaltest Du sie mit Deiner Ares Viper aus. Halbautomatischer Modus, ziele auf den Kopf, nicht aufsetzen, zweimal abdrücken, dann visierst Du den zweiten Hacker an und wiederholst das Ganze.“ hatte Thunderstrike ihm erklärt. Starbuck hatte eingewilligt.

Sie hatten sich in einen Lagerraum mit Ersatzteilen zurückgezogen. Von dort beobachtete Thunderstrike die sechs Soldaten in der Zentrale. Wie erwartet bezogen die Männer ihre Position. Zwei machten es sich auf speziellen Liegesesseln bequem und traten in die VR ein. Er beschrieb Starbuck das innere der Zentrale und die Position der Liegesessel. „Bereit?“ fragte Thunderstrike. Starbuck stellte seine Viper auf Halbautomatik und antwortete bestimmt „Check!“.

Im Predator-Mode verliessen sie ihr Versteck und bewegten sich vorsichtig zur Zentrale. Plötzlich zog Starbuck an Thunderstrikes Gurtzeug. „Da kommt einer. Er will Getränke aus dem Kühlschrank holen.“ kam es via AR. Sie warteten an der Wand. Es waren 12m bis zur Zentrale, dazwischen lag die Tür zu einer kleinen Kantine. Ein Soldat erschien in der Tür und kam auf sie zu. Er ging in die Kantine. Thunderstrike flüsterte ins Commlink „Du sicherst. Ich schalte den Tango aus.“. Sie schlichen zur Tür. Thunderstrike spähte mit seinem Endoscope um die Ecke. Der Azzie stellte gerade Dosen auf ein Tablett. Thunderstrike aktivierte seinen Pain Editor, prüfte seinen Biomonitor und konzentrierte sich auf den Zauberspruch. Durch das Endoscope visierte er den Soldaten an und entfesselte den Spruch. Wie eine abgeschnittene Marionette sackte der Soldat in sich zusammen. „Tango down.“ sagte Thunderstrike.

„Halt Dir die Ohren zu. Jetzt kommt ‚Thunder‘ und danach gehen wir rein. Wie besprochen, Du schaltest die VR-Tangos aus. On my mark!“ wies Thunderstrike an. Sie enttarnten sich und in Thunderstrikes Händen formte sich ein Ball aus grauer, wirbelnder Energie. Anschließend schoß er den grauen Energie-„Handball“ in die Zentrale. Kurz danach gab es von dort einen ohrenbetäubenden Donnerschlag. „Go! Go! Go!“ rief Thunderstrike und stürmte los.

Angeschlagen und verwirrt taumelten drei der Soldaten umher, einem lief Blut aus den Ohren, ein anderer Erbrach sich, mit gezielten Bursts schaltete Thunderstrike die Drei aus. Automatisch rief er „Clear!“ und drehte sich zu Starbuck um. Starbuck stand zwischen den beiden toten Hackern und steckte seine Waffe ein. „Komm, ich räume Dir einen Sessel frei.“ sagte Thuderstrike. „Spar Dir die Mühe. Das brauche ich nicht mehr. Ich bin schon wesentlich weiter entwickelt.“ antwortete Starbuck leise und ernst. Er nahm im erhöhten Kommandosessel Platz und seine Augen fokussierten sich auf Dinge, die Thunderstrike nicht sehen konnte. Thunderstrike kontrollierte die Soldaten. Alle waren tot. Starbuck sagte mit erfreuter Stimme „Das File ist platziert und verbreitet sich im Netzwerk. Der Node ist unter meiner Kontrolle. Wir können eine Verbindung nach außen aktivieren, allerdings nur per Hardware.“. Er stand auf und ging zu einem Schaltpult an der Seite. „Wir brauchen einen Nano-Schlüssel. Mindestens einer der Soldaten muss einen haben.“ sagte er über die Schulter zu Thunderstrike. Thunderstrike hatte so etwas bei einem der Soldaten gesehen und schleifte die Leiche zum Schaltpult. „Nur für den Fall, dass die auch eine Etcher-Signatur prüfen.“ meinte Thunderstrike schulterzuckend. Gemeinsam aktivierten sie die Verbindung zum Lager.

Um 15:04 Uhr und 37 Sekunden meldete Thunderstrike, „Grüne Phase vorbei. Schwarze Phase beginnt.“

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*