Teil 4

4

Snowcat erklärte den neuen Mantel zu ihrem Lieblings-Sommeroutfit, jedenfalls wenn sie mit dem Motorrad unterwegs waren. Und das waren sie ja eigentlich immer. Dabei spielte es keine Rolle, ob sie eine oder zwei Maschinen benutzten. Craven bauchte sogar etwas Überredungskunst, damit der Mantel nicht ständig ihr einziges Kleidungsstück darstellte. Doch schließlich stimmte Snowcat dem „Kompromiss“ zu, dass sich das Überhaupt-nichts-drunter eher für private Anlässe eignete. 


Am darauf folgenden Wochenende war das Heels and Wheels der Club ihrer Wahl. Der Laden lag in Redmond und war nicht im eigentlichen Sinne ein Nachtclub. Hier konnte man zwar auch tanzen, aber vor allem konnte man hier fahren, schrauben, riggen, wetten und mit all diesen Fähigkeiten protzen. Die Schuhe der Ladys waren hier standesgemäß hoch, die Röcke kurz und die Karren heiß. Bunt, laut, verrückt und schnell lautete das Motto. Egal ob im Rennwagen, auf dem Motorrad oder in eine Drohne geriggt, hier gab es immer einen passenden Wettkampf.

Auch das Gelände konnte man nicht mit keinem klassischen Nachtclub vergleichen. Es handelte sich hier einfach um einen gigantischen, asphaltierten Parkplatz, den die Veranstalter mit einem vier Meter hohen Drahtzaun umschlossen hatten. Reflektoren und Lampen waren in den Boden eingelassen worden und grenzten Strassen und Bereiche ab. Über AR bot sich ein buntes Schauspiel aus Lichtblitzen, Pfeilen und Anzeigetafeln auf denen man Zeit, Ort, Teilnehmer, Einsätze und Wettstände der nächsten Rennen ablesen konnte. Überdachte Bars und Tanzflächen sahen aus wie übergroße Tankstellen. Hier wurde das Bier im wahrsten Sinne des Wortes gezapft. Rotordrohnen und in knappe Mechaniker-Overalls bekleidete Metamenschen aller Rassen nahmen die Bestellungen entgegen. 

Die Drinks trugen Namen wie Ölwechsel oder Nitroeinspritzer und was sich hinter einigen Abkürzungen oder Fachbegriffen verbarg, konnten nur die Eingeweihten sagen.

Im hinteren Bereich des riesigen Areals waren mehrere Rennbahnen erbaut worden. Es gab eine Stockcar-Bahn, einen Hindernis-Paarcour für Motorräder, eine Viertel-Meilen-Rennstrecke mit Geschwindigkeitsmesser, eine Drohnen-Kampfarena, eine Halfpipe und einen Rundkurs, der um das gesamte Gelände führte. Jede dieser Arenen besaß eine eigene Zuschauertribüne nebst Wettschalter und VIP-Bereich und über AR wurde jedes Ereignis mit Hilfe unzähliger Kameras, die festmontiert oder auf Drohnen umherflogen im gesamten Heels And Wheels auf professionelle Weise übertragen, oft gab Zeitlupen aus mehreren Perspektiven.  

Außerdem waren hier noch zahlreiche Garagen zu finden, bei denen es sich um gut ausgestattete Werkstätten handelte, die man mieten konnte. Das Parken war in allen nicht anders gekennzeichneten Bereichen erlaubt, also standen überall teure, aufgemotzte Karren herum, die nur darauf warteten bestaunt zu werden. In diesem Gedränge konnte man ohne die Hinweise über AR leicht die Orientierung verlieren.

Gegen 23.00 Uhr fuhren Snowcat und Craven auf ihren Motorrädern auf das Tor mit dem Maut-Häuschen zu. Nightmare und Neon hatten sich in dieser Nacht zu ihnen gesellt und saßen zusammen auf Nightmares Karre. Alle vier waren zwar in schwarz und grün gekleidet, trugen Ledermäntel und schwere Motorradstiefel, aber die Gangabzeichen hatten sie entfernt oder ausgeschaltet. Außenstehende konnte zwar immer noch erahnen, dass es sich hierbei um Ancients handelte, aber jeder, der sich nur ein bisschen auskannte, wusste nun, dass die Elfen keines Falls in Gangangelegenheiten unterwegs waren. 

Sie zahlten den Eintritt für sich und ihre Motorräder und erhielten dafür Tags, die nicht nur der Schlüssel zu den somit freigeschalteten Bereichen waren, sondern jedem Fahrer sein(e) Fahrzeug(e) zuwies. Diebstahl von Karren jeglicher Art war hier geradezu unmöglich. Stattdessen gestattete es einem das System aber durchaus das eine oder andere Gefährt bei eine Wette zu verlieren oder zu gewinnen. Das Setzen konnte man an einem Schalter registrieren lassen und nur nach autorisierter „Umschreibung“ eines Tags war es möglich, unbehelligt das Gelände mit einem Fahrzeug zu verlassen, mit dem man nicht gekommen war. 

Snowcat, Craven und Nightmare befestigten ihre Plastik-Strips umgehend an ihren Handgelenken, bevor sie einfuhren. Neon musste sich mit einem Passagier-Armband zufrieden geben.

Das Heels And Wheels war eigentlich immer gut besucht, unabhängig von Wetter oder Wochentag, denn es bot ausreichend Platz, so das es niemals überfüllt schien oder gar geschlossen werden musste. Im Winter standen Heizlüfter herum, aber jetzt im bald beginnenden Sommer war das natürlich nicht von Nöten.

Die Elfen folgten den Hinweis-Pfeilen in Richtung DDD, „Diners, Drinks ans Dance“ und fuhren dabei an zahllosen Cabriolets vorbei. Kurz vor der Triple-D-Zone stellten sie ihre Bikes ab. Die Motorräder standen auch in diesem Schuppen immer am dichtesten dran.

Obwohl oder vielleicht gerade weil Snowcat nicht so farbenfroh wie die anderen Mädels angezogen war, erregte sie Aufmerksamkeit. Unter ihrem Mantel war ihr schwarzer Lederrock kurz genug, um sich in die hier verbreitete „Länge“ einzureihen. Dazu trug sie bis über das Knie reichende Lacklederstiefel. Noch ließ Snowcat den Mantel geschlossen, doch bei jedem Schritt den sie tat, hatte jeder Mann freien Blick auf ihre langen Beine.

Gekonnt und grazil öffnete Snowcat die Knöpfe des Mantels auf ihrem Weg zur Bar und präsentierte nun ihre extrem schmale Taille samt ihrem Dekolletee, welches heute von einer simplen, schwarzen, bauchfreien Korsage, durch die sich selbstleuchtende, neongrüne Riemen schlängelten, in Form gehalten wurde. 

Craven lief neben Snowcat und legte lässig seinen Arm um ihre Schulter. Dann küsste er ihr Haar und bemerkte stolz: „Ich steh total auf deinen Zeitlupen-Model-Gang!“

Snowcat lächelte und wusste genau, dass Craven damit nicht der Einzige war. Sie liebte es, wenn die Blicke der Männer auf ihr lagen und die Frauen sich gegenseitig zuriefen: „Da! Die Schlampe hat den Raum betreten!“

Craven wandte sich an Nightmare: „Ich bin total gut drauf, vielleicht hab ich ja Glück und find nen Dummen, der versucht meine Braut an zu graben.“

Nightmare blickte sich kurz um, betrachtete Snowcat und erwiderte: „Bestimmt!“, dann bemerkte er, wie sich Cravens Augenbrauen spielerisch zusammenzogen und fügte augenblicklich hinzu, „Womit ich nicht mich meine! Ich würd‘s nie wagen, deine Schnalle an zu baggern, Lieutenant!“

Craven grinste wölfisch: „Ich weiß, und weil du einer meiner Kumpels bist, darfst du sie sogar anglotzen.“

„Ups!“, mischte sich Neon ein, „Das klingt aber nach viel Ärger, äh ich meine nach unheimlich viel Spaß.“

„Mach dir keine Sorgen“, Snowcat lächelte Neon beschwichtigend an, „Anstrengend wird es höchstens, wenn einer nicht freiwillig den Schwanz einkneift, wenn Craven sich einmischt. Und er ist doch ungeschlagen darin, andere dazu zu kriegen, den Schwanz einzuziehen. Abgesehen davon: Ärger kann uns eh keiner machen.“

„Jep, Snowcat! Aber du vergisst eins, Craven ist schon länger mein Lieutenant als dein Stecher, sorry, äh Süßer, mein ich, und darum weiß ich aus Erfahrung, dass manche sich schon ärgern, wenn Craven so gute Laune hat. Aber solange es nicht die Veranstalter hier sind, die sich ärgern, soll‘s auch mir egal sein. Den Schuppen find ich nämlich ziemlich abgefahren.“ Neon seufzte kurz.

An der Bar angekommen, bestellten sie erstmal eine Runde dunkles Motoröl für die Jungs und einen Afterburner für das Mädchen.

Snowcat reckte sich kurz und erwähnte beiläufig: „Ich würd‘ ja gerne noch selber nen Rennen fahren.“

„Alles was du willst, meine Liebste!“

„Sag mal, Craven,“ fragte Nightmare, „wo du grade Liebste zu Snowcat sagst, seid ihr zwei jetzt echt so‘n festes Paar?“

Craven verzog für den Bruchteil einer Sekunde das Gesicht und danach Snowcat an sich ran, um sie leidenschaftlich zu küssen. Dann schob er sie sanft in Richtung Tanzfläche, und beide tauchten in die brodelnde Masse ein.

Nightmare blickte Neon an und hatte ein Fragezeichen im Gesicht. Neon zuckte abfällig mit den Schultern: „Man, das kannst‘e doch sehen. Das kann jeder sehen. Pass bloß auf! Sonst verlierst‘e echt an Coolnes, Alter! Und das wär‘ dann echt unelfisch.“ Auch Neon begab sich anschließend auf die Tanzfläche. Nightmare folgte ihm.

Es dauerte nicht mal eine Stunde, bis sich jemand gefunden hatte, der Snowcat anstarrte und sich von Craven einfach nicht wegblicken lassen wollte. Wahrscheinlich hatte auch er zunächst versucht, Snowcat über das Commlink zu erreichen, aber alle eingehenden Anmachen wurden von ihrem Filter mit einem zufällig ausgewählten Spruch  im Gepäck an den Absender zurück geschickt. Zumindest einer wollte sich nun damit nicht mehr zufrieden geben.

 Eine Gruppe von sechs Asiaten, vom Typ her wahrscheinlich japanischer Abstammung, stand an den Zapfsäulen. Alle trugen schwarze Markenjeans der teuersten Sorte, schwere Stiefel, strahlend weiße Hemden oder T-Shirts und schwarze Lederjacken mit weißen Applikationen. Eine der Jacken stellte eine Ausnahme da, sie war überwiegend weiß und nur zu einem kleinen Teil schwarz. Zwei aus der besagten Gruppe blickten die gesamte Zeit auf die Tanzfläche und versuchten dabei angestrengt und cool zugleich Snowcat im Auge zu behalten.  

Natürlich entging Snowcat nicht, das Craven die Jungs bemerkt hatte. Zunächst hatte er Snowcat ein paar Minuten kreuz und quer über die Tanzfläche geführt, wahrscheinlich, um seinen Verdacht zu verifizieren und um es den Japsen schwieriger zu machen sie zu beobachten. Jetzt tanzten Snowcat und Craven jedoch schon seit ein paar Minuten so, dass sie sich möglichst nahe an der Gruppe bewegten. Snowcat spürte förmlich Cravens Vorfreude, der Moment der Kontaktaufnahme musste jeden Augenblick kommen.

Snowcat dachte darüber nach, ob ihr die Aufmachung der Typen etwas sagen sollte, aber sie konnte ihnen keine Gang zuordnen. Schwarz-weiß? Ohne weitere Hinweise konnte das jeder sein. Sie entdeckte noch, das einige ein schwarz-weiß kariertes Bandana trugen. Vielleicht handelte es sich hierbei einfach nur um eine der kleineren Yakuza - Schlägertruppen. Jedenfalls war ihr schon mal klar, dass die Typen zu keiner der großen Gangs gehörten.

Sie musste lächeln, schließlich war die Yakuza keine Gang.

Snowcat konnte ihren Gedanken nicht ganz zu Ende bringen, denn einer von ihnen kam jetzt unter den Blicken seiner Kumpane direkt auf sie zu. Er war für einen Japaner relativ groß, Snowcat schätzte ihn auf knapp über 1,80m. - Womit er nicht der Größte  aus der Gruppe war, Weißjacke war noch ein Stückchen größer. Es lebe die Evolution!- Er trug seine schwarzen Haare kurz geschnitten und ... kam Snowcat irgendwie bekannt vor. 

Eines musste Snowcat allerdings zugeben, der Kerl brachte einigen Mut auf. Sie tanzte eng mit Craven und er kam dessen ungeachtet herüber. Aber vielleicht war er auch einfach nur dumm. Sie zog die Stirn ein wenig kraus, wenn ihr doch nur einfallen würde, woher sie den Kerl kannte.

Bei seiner Annäherung versuchte er in Cravens Rücken zu bleiben, aber Craven hatte längst bemerkt, dass jemand kam und fing mit dem üblichen Posen an.

Zunächst drehte er sich immer so, dass es dem Typen unmöglich war mit Snowcat Blickkontakt aufzunehmen. Dunkeljacke reagierte darauf nicht. Er wartete einfach auf seine Chance. So dumm, einen der beiden Elfen an zu stupsen war er also nicht, gehen wollte er aber auch nicht.

Nach dem nächsten Lied war es dann soweit, Craven öffnete die enge Tanzhaltung und machte sich betont langsam bereit die Fläche zu verlassen.

Der Asiat ergriff seine Chance und stellte sich ihnen behutsam in den Weg. In die Gruppe seiner Freunde kam ebenfalls etwas Bewegung, sie hielten sich bereit. 

Snowcat musste sich gar nicht erst nach Nightmare und Neon umblicken. Sie wusste, genau im richtigen Augenblick würden die beiden Freunde dazu stoßen. In ihrem Commlink blendete eine Nachricht auf: „Viel Spaß!“   

Craven sah den vor ihm stehenden grinsend an: „Kann ich dir vielleicht irgendwie helfen? Zum Beispiel deine Augen wieder aus dem Ausschnitt meiner Freundin holen oder so?“

Als wenn Craven wirklich etwas freundliches gesagt hätte, erwiderte der Typ, er schien Anfang zwanzig zu sein und unter seinen Hemdsärmeln lugten Tätows hervor. „Hallo, mein Name ist Takaschi, vielleicht erinnerst du dich noch an mich?“, er lächelte jetzt ein bisschen schüchtern und ließ Snowcat die ganze Zeit nicht aus den Augen, „Wenn nicht, dann ist nicht schlimm. Aber ich erinnere mich natürlich noch gut an dich, wir haben uns schon mal getroffen und ich kann die Gelegenheit einfach nicht ungenutzt verstreichen lassen. Ich muss dich einfach fragen, ob ich dich zu mir und meinen Freunden...“, er deutete leicht mit dem Kopf in die Richtung der anderen Asiaten, „zu einem Drink einladen kann!“ Dann verneigte er sich ein wenig.

Der Name hatte bei Snowcat ein entferntes Klingeln ausgelöst. Sie erinnerte sich wage an eine Begegnung im Tokyo Shuuz. An eine sehr kurze Begegnung. Dennoch zeigte sie keine Reaktion. Sie wollte sich nicht in Cravens Show einmischen. Sie war eh schon etwas überrascht, dass Craven Takaschi bei seiner Verbeugung nicht einfach in den Nacken geschlagen hatte. Schließlich ignorierte der ihn.

„Sag mal“, Cravens Stimme klang sehr tief und knarzte etwas, „was bist du denn fürn unhöflicher Kerl? Beantwortest meine Frage nicht und drängst dich der Lady auf. Meinst du nicht, wenn sie dich kennen würde, dann hätte sie dich gegrüßt? Also, geh zurück zu deiner Mami.“ Craven ahmte exakt Takaschis Kopfbewegung in Richtung seiner Kumpane nach. 

Takaschi zögerte, es sah aus als wollte er kneifen und verschwinden, aber ein Blick in Richtung von Weißjacke hielt ihn davon ab. Er nahm seinen Mut zusammen und sagte: „Verzeihung, aber ich habe dich gar nicht bemerkt. Ich hatte nur Augen für die Schönheit an deiner Seite...“

Craven fiel ihm ins Wort und wurde etwas lauter, Hohn tropfte aus seiner Stimme: „Sag ich doch die ganze Zeit, deine hässlichen Glubscher stecken im Ausschnitt meiner Freundin! Aber ich hab meinen sozialen Tag und damit du dich jetzt nicht gleich für deine Mami ne Runde bücken musst, darfst du mich, sie und meine Kumpels zu einem Drink zu euch einladen.“

Wie aufs Stichwort erschienen Neon und Nightmare. Takaschis Gesicht war vor Zorn dunkel angelaufen, doch schließlich schluckte  er  seinen Ärger runter und nickte stumm. Alle fünf machten sich auf zu Takaschis Freunden. 

Die nahmen sofort Haltung an und fächerten sich um Weißjacke herum auf. Auf dem Tisch standen Sakedosen, einige Gläser und eine ungeöffnete Flasche Champagner.  Takaschi deutete mit einer respektvollen Geste auf Weißjacke und stellte ihn als Hiro vor. Die anderen vier erwähnte er nicht. Dann sagte er: „Hiro San, das ist...?“, und dabei blickte er Snowcat fragend an.

Craven plauderte sofort im gemütlichen Ton los: „Ich weiß, du bist wahrscheinlich mit unserer Sprache nicht so gut vertraut. Richtig wäre gewesen: Das sind. Aber lass mal, ich mach das schon. Hab doch heute meinen sozialen Tag. Also Shiro, Chummer, das sind zu allererst mal die wundervolle, bezaubernde Snowcat, dann haben wir hier Nightmare und Neon und ich bin Craven, aber du kannst mich auch mit Sir anreden.“

Takaschis Gesicht färbte sich noch mal um zwei bis drei Töne dunkler. Einer der Namenlosen sprang vor, doch Hiro sagte ruhig, mit einem Lächeln und ohne dabei die Augen von Snowcat abzuwenden: „Mein Name ist Hiro. Snowcat ich freue mich sehr dich endlich kennen zu lernen. Was möchtest du trinken?“ Er sprach mit Akzent.

Snowcat lächelte zuckersüß: „Ich probiere was von dem Metallic-Lack“, sie deutete auf die Champagner-Flasche, „und ich glaube, meine Freunde nehmen noch eine Runde dunkles Motoröl, oder?“

Die Drei nickten. Hiro nickte ebenfalls und daraufhin betätigte einer seiner Jungs das Commlink und ein weiterer, er zeigte Tendenz zu einer Sumoringer-Figur, holte die Flasche aus dem Kühler und öffnete sie mit einem leisen Plop.

Craven tat so, als wolle er Snowcat etwas ins Ohr flüstern, sprach aber laut genug, so dass jeder am Tisch es hören konnte: „Jetzt hast du schon zwei paar Japsaugen in deinem Dekolletee. Hoffentlich wird es da nicht zu eng für deine wundervollen Brüste! Na, wenn, dann sagst‘e einfach Bescheid und ich hol sie mit Vergnügen wieder raus.“ Er küsste sie sanft aufs Ohr.

Takaschis Gesicht hatte sich bisher  nicht erholt und wurde noch mal dunkler. Der Sumoringer verschüttete fast etwas von dem Champagner und die restlichen drei spannten jeden Muskel an und guckten grimmig.

Nightmare, Neon und Craven hingegen wirkten ungeheuer lässig. Jahrelanges Training hatte dafür gesorgt, dass die Jungs diese Ausstrahlung unendlich lange aufrechterhalten konnten. Nichts konnte einen Ancient aus der Ruhe bringen, egal, wie sehr die anderen zuckten. Fehlstarts gab es in dieser Gang kaum. 

Einzig Weißjacke Hiro blieb aus der japanischen Fraktion bis auf ein winziges Funkeln in den Augen noch standhaft. Er schob eines von zwei mit Champagner gefüllten Gläser zu Snowcat rüber. Unter den geöffneten Knöpfen seines megaweißen Hemdes zeigte sich eine mit einem riesigen Drachen kunstvoll tätowierte und muskulöse Brust. Der Drache sprühte seinen Feueratem um Hiros Hals und kleine Rauchwolken stiegen auf. Das Gesicht des Japaners war ansehnlich und seine Haut porentief rein. Seine Augen blickten kalt.

Hiro versuchte nun Augenkontakt mit Snowcat aufzunehmen, griff dabei nach seinem Glas und wurde rüde unterbrochen. Diesmal von Nightmare: „Hey“, rief er, „ich weiß, was jetzt kommt, Kanpai!“

Craven prustete los und auch Neon und Snowcat mussten lachen. Craven deutete mit einer coolen Geste auf Nightmare und sagte: „Jo Alter. Und ich würd‘ ja glatt mal mit-kanpaien, aber mein Getränk ist noch nicht da! Hatte ich schon erwähnt, dass ich heute meinen sozialen Tag hab?“ Er blickte in die Runde und Hiros Blick verdunkelte sich. „Ja? Na egal. Jedenfalls damit der liebe Shiro die Höflichkeitsregeln hier nicht verletzt und ohne uns mit dem Zuprosten anfängt, sorg ich jetzt dafür, dass er quasi noch warten muss!“ Dann fasste er Snowcat ans Kinn, drehte sanft ihr Gesicht zu seinem herum und küsste sie. Nach ein paar Sekunden bewegte er sich etwas, damit Hiro wieder in seinem Sichtfeld lag. In gespielter Überraschung hörte er mit dem Knutschen auf und sagte: „Oh, ich glaub jetzt habe ich Shiro verärgert, er wird ja ganz gelb vor Neid!“ Er runzelte die Stirn, um dann kichernd fortzufahren: „Ach Quatsch, hab mich geirrt, das hässliche Gelb ist ja seine natürliche Hautfarbe.“

Das war nun doch des Guten zu viel. Hiro verlor die Fassung und sprang auf. Der Sumoringer preschte ebenfalls hoch und warf dabei die Champagner-Flasche um. Takaschi zog eine Pistole und verschaffte sich Bewegungsfreiheit in dem er nach hinten hüpfte. Der Typ, der vorhin über das Commlink bestellt hatte, fuhr zwei Sporne aus. Hiro presste die Worte zwischen den Zähnen hervor: „Das wirst du büssen Craven! Du hast mich einmal zu viel beleidigt. Gehen wir raus und klären das wie Männer, oder soll ich dich hier vor Snowcat wie einen räudigen Hund abknallen lassen?“

Auch die Elfen hatten sich bewegt. Craven stand jetzt schützend vor Snowcat und auch Nightmare und Neon waren aufgestanden, doch keiner von ihnen hatte eine Waffe gezogen. 

Craven schwang seine Hände in einer fragenden Geste auseinander und er klang überaus zornig: „Was willst du Mann? Du kommst hierher und gräbst meine Braut an! Nee, warte mal, nicht mal das; Du lässt sie von deinem Hündchen anquatschen, bist total unhöflich, ignorierst mich und zugleich ihre Wünsche und dann machst du plötzlich nen Fass auf, drohst mir und willst dich mit mir prügeln?! Mann, Shiro Alter, so läuft die Sache hier nicht!“

Inzwischen hatten das Geschehen die Aufmerksamkeit der Umstehenden auf sich gezogen. Hiro hatte Mühe sich unter Kontrolle zu halten, als er sagte: „Mein Name ist Hiro und ich will mich nicht mit dir prügeln, ich will dich leidend und um Gnade flehend am Boden liegen sehen!“

Zwei mit Maschinenpistolen bewaffnete Drohnen und drei in stilisierte Verkehrspolizisten-Uniformen gekleidete Securityguards erschienen. Jetzt waren mit Sicherheit mehrere Kameras auf die rivalisierenden Gruppen gerichtet.

Craven lief zur Höchstform auf: „Tja Kumpel, da muss ich dich leider enttäuschen, so was wirst du von mir nie sehen. Aber...“, er machte eine theatralische Pause, „hab ich schon gesagt, dass ich heute meinen sozialen Tag habe? Nun, ich sag dir, wie wir die Sache zwischen uns ein für alle mal klären können und dann auch noch so, wie es sich für den Laden hier gehört: Mit einem Rennen!“, Craven blickte kurz an Hiro auf und ab, „Und zwar mit einem Motorradrennen. Der Verlierer ist ein Idiot. Klar soweit?“

Einige der Zuschauer applaudierten und johlten. Craven sah Hiro fragend an. Der zögerte kurz, setzte dann seinerseits einen abfälligen Blick auf und nickte schließlich. Craven grinste breit: „Na also, dann mach ich schnell die Formalitäten klar, Rennstrecke und so, und du kannst dich inzwischen schon mal auf die Sache vorbereiten. - Eigentlich beneide ich dich ja ein bisschen“, Cravens wölfisches Grinsen wurde noch breiter und seine Augen funkelten, „Snowcats Rückansicht ist nämlich gerade wenn sie fährt ein absoluter Genuss für die Augen.“

Hiros erstarrte vor Entsetzten: „Snowcat, wieso Snowcat? Ich dachte, ich fahre gegen dich!!!“

Cravens Miene heuchelte Überraschung: „Wie kommst‘e denn darauf? Nee, nee, du fährst gegen sie.“

Hiro verzog sein Gesicht angewidert: „Du lässt deine wunderschöne Freundin für dich ein Rennen fahren, wo du sie doch beschützen und auf Händen tragen solltest? Was bist du nur für ein Gaijin?“

Craven zuckte mit den Schultern: „Weißt du Shiro, das ist ja das Gute, du bekommst jetzt deine erste wirklich tolle Lektion, wie das hier so läuft. Gratis Bildung so zu sagen. Im Gegensatz zu dir, weiß ich nämlich, worauf Snowcat steht. Ach ja, und eh du noch mal fragen musst, für den unwahrscheinlichen Fall, das meine bezaubernde Freundin das Rennen verliert, bin natürlich ich der Idiot! Und wer von uns beiden hier der Barbar ist, werden wir ja nachher sehen. “ Lässig legte er den Arm um Snowcat und ging mit ihr in Richtung Wettschalter davon. Nightmare und Neon folgten feixend.


Neon, Nightmare und Snowcat warteten an einer Zapfsäule, während Craven das Rennen anmeldete. Alle hatte ziemlich gute Laune. Snowcat vibrierte vor Vorfreude. 

Nightmare zischte sein dunkles Bier runter und sagte dann: „Man, ich dachte, der Typ platzt gleich. Ich musste echt aufpassen, nicht auch noch meine Sporne auszufahren. Wenn meine sagenhaften Ohren das Geräusch eines klickenden Abzugs vernommen hätten, dann hätte ich das auch bestimmt noch gemacht. Craven hat‘s echt voll drauf. - Ich muss mal schnell noch für große Jungs, nicht dass ich nachher noch was verpasse.“ Er stellte sein Glas ab und verschwand in Richtung „Haltebucht“.

Neon grinste, sah aber zugleich etwas nachdenklich aus. Snowcat lächelte ihn an und fragte: „Ist was nicht in Ordnung?“

Neon errötete ein klein wenig, was bei ihn immer irgendwie pink aussah: „Doch, alles prima. Craven hat es wirklich drauf. Und  seit er mit dir zusammen ist, ist er noch öfter guter Laune als sonst.“

Snowcat lächelte ihn weiter an, sie spürte, dass er jedoch noch irgend etwas auf dem Herzen hatte und harkte nach: „Irgendwas sagt mir, dass du aber deshalb nicht gerade vor lauter Freude Luftsprünge machst. Beunruhigt dich etwas an seiner guten Laune?“

Neon seufzte kaum merklich: „Nein, eigentlich nicht.“

„Und un-eigentlich?“

„Na, weißt du, ich mag Craven sehr und dich auch. Ich freu mich auch für euch, dass ihr zusammen seit. Ihr seit das Top-Paar der Ancients. Die Gerüchteküche brodelt. - Man, wenn ich noch daran denke, was Ghostfinger alles unternommen hat, um rauszukriegen wo du herkommst. - Aber das spielt jetzt keine Rolle. Was mir ein bisschen Sorgen macht, ist dass ihre beide ein schillerndes, abgefahrenes Temperament, mit einem Hauch des Geheimnisvollen in der Aura habt. Nicht das ich das nicht mag, find ich prima. Aber wenn man zwei explosive Stoffe miteinander mischt, wer weiß, ob sie dann nicht einfach mal ohne Vorwarnung hochgehen.“ Seine roten Augen leuchteten, als er sie nun ansah.

Snowcat lächelte ihn abermals an und legte ihre Hand beruhigend auf seinen Arm: „Ist echt lieb von dir, dir Sorgen zu machen. Aber das brauchst du nicht. Wir lieben unser Leben und wollen es mit Sicherheit gerade jetzt nicht vorzeitig beenden!“

 Neon lächelte zurück. Snowcat wusste nicht, ob sie ihn damit beruhigt hatte, aber er sah nicht mehr so nachdenklich aus. Eigentlich wollte sie ihn noch fragen, was Ghostfinger so alles unternommen hatte, um etwas über sie herauszufinden, dazu bekam sie aber heute keine Gelegenheit mehr, Craven kam mit den Wett-Tags zurück.

Um 1.15 Uhr sollte das Rennen Snowcat gegen Hiro auf der Motorradstrecke ausgetragen werden. Bis dahin war noch eine halbe Stunde Zeit. Mehr als genug, um die Tanzfläche unsicher zu machen.


Fünf Minuten vor Rennbeginn erschienen Hiro und seine Jungs am Start. Wo sie bereits von Craven, Snowcat, Neon und Nightmare erwartete wurden. Takaschi schob das Bike. Es handelte sich dabei um eine niegel-nagel-neue Suzuki Mirage. Eine sehr schnelle Rennmaschine, die wahrscheinlich  zusätzlich aufgemotzt war. Zumindest waren die reinen Strassenreifen durch etwas geländetauglichere ersetzt worden. Die Karre war abgefahren lackiert. Ein roter Drache thronte auf schwarz-weißem Grund. Die Klauen des Drachen hielten den Tank und aus seinem aufgerissenen Maul blitze der polierte, chromfarbene Auspuff hervor.

Snowcats Blitzen konnte nicht so  schnell beschleunigen und war ein kleines bisschen weniger wendig als die Mirage, was bei einem kurvenreichen, verzweigten Kurs, wie der, der nun vor ihnen lag, ein Problem darstellen konnte. Dennoch machte Snowcat sich keine Sorgen. Ihr Liebling kam besser mit dem Boden des Geländes klar und wartete dafür mit einer weitaus höheren Endgeschwindigkeit auf. Außerdem kannte sie ihr Baby in- und auswendig und hatte mit Sicherheit mehr Meilen auf ihr zurück gelegt, als der Yakuza-Boy auf seinem Flitzer. 

Snowcat hatte kurz zuvor einen Rundgang mit Craven über die Strecke gemacht. Sie bot einige Widrigkeiten. Schikanen und Untergrundwechsel, Hindernisse über die man springen musste, Haarnadelkurven und anderes. Snowcat hatte sich einige Stellen gut eingeprägt. Schwierig, aber nichts, was sie nicht schon bewältigt hatte.

Als nun Hiro und seine Jungs zum Start kamen, schlug Snowcats Herz etwas schneller. Sie freute sich auf das Rennen. 

Craven trat nah auf Hiro zu: „Da bist du ja. Na, gleich geht‘s ja auch los. Muss dir auch nicht peinlich seien, wenn du jetzt  gegen Snowcat verlierst. Damit bist du nicht der Erste. Sie fährt echt super.“

Man konnte Hiro ansehen, das ihm die Nähe von Craven, der ihn fast um zwanzig Zentimeter überragte, sehr unangenehm war. Doch strahlte er keine Angst aus, sondern Abscheu. „Quatsch nicht so viel. Außer, du hast dich umentschieden und fährst selbst.“

Craven strahlte ihn an: „Hey, ich weiß doch, ihr Hintern gefällt dir viel besser als meiner.“ Der Startlampe schaltete auf rot. Jetzt blieb nur noch eine Minute bis zum Beginn des Rennens. Craven klopfte Hiro spontan auf die Schulter. Der schlug seine Hand weg. 

„Sorry“, wandte Craven ein, „da war nen hässlicher Fleck auf deiner weißen Schulter. Sah Scheiße aus, ich wollte nur nett sein!“

Hiro spuckte seitlich aus: „Du kannst nachher den Dreck von Snowcat abputzen, wenn ich mit ihr fertig bin.“

Craven lächelte genüsslich: „Ich kann heute Nacht sogar noch gemeinsam mit ihr baden. Ich brauch dir ja nichts vorzuschwärmen, du hättest sie ja nie anmachen lassen, wenn du nicht auf ihre Schönheit abgefahren wär‘st. Und nun husch husch, sonst liegst du schon hinten, bevor das Rennen angefangen hat.

Tatsächlich saß Snowcat bereits auf ihrer Maschine. Hiro beeilte sich und taumelte leicht. Verdutzt schüttelte er den Kopf und bestieg die Mirage.

Drohnen machten Nahaufnahmen der Rennteilnehmer. Es war nicht verwunderlich, dass Snowcats Gesicht länger über den Äther ging, als Hiros. Takaschi hielt Hiro einen zur Suzuki passenden Helm hin, aber Hiro schüttelte wütend mit dem Kopf. Schließlich fuhr Snowcat auch ohne Helm. 

Ihren Mantel hatte sie allerdings angezogen und sogar unten an den Beinen festgemacht, damit er nicht verrutschte, obwohl man dann ihre Beine nicht sah.

Das Licht sprang auf Gelb. Fünf, vier, drei, zwei, eins und grün!

Beide gaben Gas. Hiro kam tatsächlich etwas schneller vom Fleck und fuhr kurz vor ihr in die erste Schikane. Hier holte Snowcat dann auf und hängte sich an seinen Hinterreifen.

Vor der ersten Kurve bremste sie einen kleinen Augenblick später als Hiro und beinahe gleichzeitig preschten sie herum. Fast hätten sie sich berührt. Dreck spritze auf und Hiro musste seine leicht schlingernde Suzuki unter Kontrolle bringen. 

Snowcat zog vorbei. Doch ihre Führung war nur von kurzer Dauer. Auf der asphaltierten Geraden half die bessere Beschleunigung der Mirage und Hiro überholte.

Die Gerade die nun folgte war nicht lang genug, die höhere Endgeschwindigkeit der Blitzen kam nicht zum Tragen. Hiro fuhr als erster durch die Haarnadelkurve. 

Mit fast zwei Motorradlängen Vorsprung begann Hiro die Rückrunde. Doch nun wurde das Gelände uneben. Anstatt auf Asphalt fuhren sie nun auf Stein und Schlamm. Snowcat holte schnell auf.

Dann kam der erste von drei Sprüngen. Wieder waren die Maschinen gleich auf und hoben synchron ab. Die Rennmaschine war erheblich leichter, als die Blitzen und flog somit um einiges weiter. Hiro fing sein Motorrad gut ab und ging erneut in Führung. Nach dem dritten Sprung hatte er seinen Vorsprung wiederhergestellt und ausgebaut.

Mit siegessicherer Miene startete er als Erster die zweite Runde. Doch die Lichter an der Zielgeraden schienen ihn irgendwie zu blenden, er riss den Arm hoch und schüttelte erneut den Kopf.

Snowcat fuhr nun höheres Risiko und schon vor der ersten Kurve klebte sie wieder an Hiros Hinterrad. Sie hatte während der ersten Runde seine Fahrstil beobachtet und nun ein wenig Gefühl dafür bekommen.

Auch wenn die Strecke Hiros Suzuki stellenweise bevorzugte, ließ sich Snowcat in der zweiten Runde nicht mehr abschütteln.

Ein Fahrfehler beim zweiten Sprung seinerseits nutzte sie jedoch absichtlich nicht, um ihn zu überholen.

Dicht auf überquerte sie hinter ihm die Ziellinie. Die dritte und entscheidende Runde begann.

Snowcat blieb mit Bedacht hinter Hiro. An der Haarnadelkurve bewegte er sich diesmal besonders geschickt und sie verlor leicht an Boden.

Hiro fuhr in der Mitte der Strecke auf den ersten Sprung zu, um Snowcat abzublocken.

Snowcat schreckte das nicht und sie ließ ihre Blitzen vor dem zweiten Sprung aufheulen. Sie hatte genau das richtige Timing erwischt und mit diesem Sprung flog sie diesmal genau neben Hiro über den Wassergraben.  

Wahrscheinlich wäre die Mirage auch diesmal etwas weiter geflogen als die BMW, wenn Snowcat ihr nicht mitten im Sprung einen heftigen Tritt verpasst hätte.

Hiros Motorrad kippte und er hatte sichtliche Mühe eine sichere Landung zu vollführen. Er schlingerte deutlich.

Snowcat wusste zwar, dass es riskant war, aber sie kantete ihr Baby vor ihrer Landung freiwillig leicht an. Ihr Manöver gelang und sie erreicht ihr Ziel: eine gewaltige Menge Schlamm spritze auf und nahm Hiro die Sicht.

Der hatte aber gerade genug damit zu tun, seine schlingernde Maschine unter Kontrolle zu bringen. Als ihn eine volle Ladung stinkenden Matsches ins Gesicht platschte, riss er vor Schreck am Lenker und kippte fast um.

Fast, er fiel zwar nicht, musste aber vom Gas gehen. Auch die gute Beschleunigung der Mirage konnte nun nichts mehr ausrichten.

Snowcat hatte bereits den letzten Sprung hinter sich, als Hiro wieder anfuhr.

Fast lässig raste Snowcat als Erste über die Ziellinie und wurde dort von den jubelnden Zuschauern im Empfang genommen.

Natürlich erreichte Craven sie zuerst und küsste sie heftig. Nightmare und Neon folgten. 

Hinter ihnen konnte Snowcat einen wütenden Takaschi und seine Kumpane ausmachen. Er schrie: „Die Schlampe hat betrogen. Sie hat dem Hirosan einen Tritt verpasst!“

Noch bevor Craven einen Kommentar abgeben konnte, kam ihm Hiro zuvor. Er sagte ärgerlich: „Takaschi, halt‘s Maul. Sie hat nicht betrogen. Nur der Einsatz von Waffen ist verboten. Abdrängen, Schupsen und Treten sind bei dieser Art von Rennen erlaubt. Ich habe es gelesen und musste das sogar vor dem Start bei der Rennleitung bestätigen.“

Takaschi verbeugte sich geknickt. Genau in diesem Moment flammte auf sämtlichen Bildschirmen im Heels And Wheels gleichzeitig eine Botschaft auf:

 Hiro ist ein Idiot!

Auf AR wurde diese Nachricht sogar vorgelesen und von einem Tusch angekündigt.

Schäumend vor Wut, aber ohne irgendetwas zu unternehmen, verließen die fünf Asiaten die Rennbahn. Nach ein paar Schritten unterhielten sie sich leise auf Japanisch.

Snowcat spitzte ihre ohnehin schon spitzen Ohren noch ein bisschen mehr, um wenigsten einige Fetzen zu erhaschen. Zufrieden lächelnd und noch vom Rennen berauscht ging sie mit ihren Freunden an die Zapfsäulen. 

Nachdem sie eine Runde „Grüne Neons“ bestellt hatten, sagte Craven: „Ich muss noch mal kurz wohin. Nightmare, kommst du mit?“

Nightmare erhob sich. „Na klar!“

Craven küsste Snowcat und verschwand mit ihm in der Menge.

Neon strahlte Snowcat an: „Du bist echt supergeil gefahren. Der Tritt war natürlich echt klasse. Ich bin total stolz drauf, mit jemandem wie dir in einer Gang zu sein.“

Snowcat strahlte zurück: „Danke. Es freut mich, dass mein Fahrstil bei einem alteingessenen Ancient Gefallen gefunden hat!“

Neon wurde leicht pink im Gesicht und seine Augen funkelten freudig: „Ach, hör auf, jemand wie ich, der kann doch froh sein bei den Ancients dabei sein zu dürfen. Aber bevor du mir jetzt mit einem Kompliment widersprichst und ich dir dann wieder ein Gegenkompliment mache, was dann dazu führt, dass ich nachher von Craven für meine Schmeicheleien ein paar auf die Schnauze kriege, lass uns das Thema wechseln. - Ich hoffe übrigens das die Typen kapiert haben, dass man sich mit uns besser nicht anlegt. Ich fänd‘s blöd, wenn die jetzt jeden Abend hier her kommen, nur um einem von uns Eins auszuwischen.“

 Snowcat lächelte geheimnisvoll: „Da mach dir mal keine Sorgen. Hiro will diesen Laden nie wieder betreten und er legt überaus großen Wert darauf, dass niemand seinem Vater von der Geschichte erzählt.“

Craven und Nightmare kamen in diesem Moment zurück und lachten. Nightmare nahm sein Glas mit dem Absinth und hob es: „Auf Craven, den coolsten Hund unter den Ancients. Denn er hat nicht nur den Japs zum Kochen gebracht, sondern auch dafür gesorgt, dass er sage uns schreibe 1000 New Yen auf seinen eigenen Sieg gesetzt hat. Und auf Snowcat, der schärfsten Braut der Ancients, die es dem Typen so richtig besorgt hat. Sineáh!“

Neon rief daraufhin: „Li‘li‘llah!“

„Li‘li‘llah!“ Stimmten die anderen mit ein.

Keine Frage, sie hatten ein tolle Nacht.

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*