Episode 09/13 (vom 09.05.) Run 42/4

Welcome back, omae!

Schön, dass Du auch heute wieder reinschaust!

Derzeit On The Run sind: Average*, Blackstone*, Butcher*, Doc, FTW*, Mystère, Starbuck*, TriXhot, Tuareg* und Snowcat. (*Spieler war nicht anwesend.)

Datum in unserer SR Timeline: 30.7.72

Was bisher geschah: Die Runner haben für Harlequin, von dem nur Snowcat weiß, dass er ihr Auftraggeber ist, in Québec City den Shroud Of Shadows, ein magisches Artefakt in der Form eines Tuches, besorgt. Als Blackstone die Kiste mit dem Tuch übernimmt, verwandelt er sich in einen Drake. Die Runner verschwinden auf unterschiedlichen Routen aus Québec City und treffen sich bei einem kleinen Wäldchen, wo sie ihren ersten Angriff durch Verfolger überstehen. Tintagel, ein Paladin von Lugh Surehand hat versucht das Tuch zu erlangen, ist aber gescheitert. Die Runner wollen nun sowohl das Tuch, als auch den Drake Blackstone, der wie alle frisch erwachten Drakes das Zurückverwandeln nicht beherrscht, in die Nähe von Lake Louise bringen, der sich gut 4000 km westlich von ihrer Position befindet. 

Nicht nur Artefaktjäger sondern auch Drakehunter werden sich an die Verfolgung machen.

Erfahr nun aus der Sicht von Snowcats Augen, wie die Flucht verläuft und welche Hindernisse sich den Runnern in den Weg stellen.

Die heutige Episode beginnt genau dort, wo die letzte endete.

Über Deine Kommentare freuen wir uns unter ,The Tale So Far Part III.‘ [LINK]

Bereit, omae?

Es war kurz nach Mitternacht, als sie sich auf den Weg machten.

Auch diesmal war Snowcat zu Blackstone in den Van gestiegen und dies obwohl das SUV um einiges besser gefedert war. Die Strassen in Québec waren eine Katastrophe. Schlagloch neben Schlagloch, kaum AR und das auf den Hauptstrassen. Offroad wäre es kaum unbequemer gewesen. Die schlechten Verhältnisse hatten aber auch Vorteile. Niemandem würde auffallen, dass sie nicht bei GridGuide angemeldet waren.

Grenzübergänge gab es im Staat Québec insgesamt vier. Drei zu den UCAS und einen einzigen zum AMC. Sie mussten in den AMC. Die Grenze war lang und wild und um der Wildnis Herr zu werden, war es gut, nahe der Strassen zu bleiben und die Grenze nahe des eigentlichen Grenzübergangs zu überqueren, tat man das nicht, konnte man leicht an ein unüberwindbares Hindernis, wie einen dichten Wald, einen Berg oder einen Fluss geraten. 

Snowcat saß auf dem Fahrerseite neben Average, der den Wagen von der Mitte der Bank aus fernsteuerte. TriXhot saß ihrerseits ebenfalls neben Average. Die beiden Frauen hatten dem Mann den Gefallen getan und ihn in die Mitte genommen. Mystère saß hinten bei Blackstone, schon allein, damit auch dieser Wagen Spruchabwehr zur Verfügung hatte. Der Wakyambi versuchte sogleich mit Blackstone eine eigene Zeichensprache zu erarbeiten.  

Nach ein paar Minuten Fahrt meldete Doc sich über den Teamkanal. „Thunder Bay liegt natürlich viel zu weit weg, um erst dort die Fahrzeuge zu tauschen. Die nächste Möglichkeit dazu befindet sich in Montreal, kennt zufällig jemand von den Anwesenden jemanden in Montreal? Wir brauchen einen Kontakt dort, denn wir müssen einen Fixer finden.“

Alle verneinten.

Riven kam aus Montreal, sie würde dort jemanden kennen, aber eigentlich wollte sich Snowcat nicht unbedingt bei ihr melden, die schöne Zauberin hatte sicher genug um die Ohren. 

Snowcat kannte noch jemanden, der sicher jemanden in Montreal kannte. Es gab Ancients in der Stadt. Sollte sie die Ancients fragen? Nein, das sollte sie mit Sicherheit nicht und der Grund hierfür war nicht, dass sie schon ein paar Monate nichts mehr mit den Ancients zu tun gehabt hatte. Green Lucifer hätte für sie ohne jegliche Probleme und Konsequenzen einen Kontakt hergestellt. Einmal ein Ancient, immer ein Ancient. Der Grund war vielmehr, dass entgegen aller neuen Gerüchte und Aussagen, Green Lucifer immer noch auch für Lugh Surehand arbeitete. Da konnte sie auch gleich Tintagel eine Nachricht hinterlassen. Sprich, auch Snowcat kannte niemanden, der sicher jemanden in Montreal kannte und den sie jetzt danach fragen wollte. 

Bei Liam anzurufen schadete jedoch nie. Eigentlich kannte er überall jemanden. Die O‘Nialls waren eine wirklich große Familie. Sie wählte seine Nummer. Er nahm nach dem fünften Rufton ab.

„Hey, wie geht‘s Dir?“, fragte Snowcat locker.

Er grinste, „Du hast angerufen, da geht es mir natürlich gut.“

Snowcat seufzte verträumt, „Das hast du aber schön gesagt.“, sie machte einen kurze Pause, „Ich ruf natürlich an, weil ich etwas will. Kennst du zufällig einen Fixer in Montreal?“

Liam überlegte und sagte dann, „Nein. Ich kenne eigentlich überhaupt niemanden in Montreal.“

Snowcat biss sich auf die Unterlippe, „Schade. Gut, danke für die Auskunft. Dann muss ich was anderes versuchen.“

Liam wurde ernst, „Snowcat, geht es dir gut?“

Sie lächelte und winkte ab, „Was? Ja, keine Sorge, er geht mir gut.“

„Bist du dir sicher?“

„Mir geht es gut.“ Sie machte wieder eine kurze Pause, aber warum sollte sie Liam eigentlich nicht einweihen? Zögernd sagte sie, „Du erinnerst dich an den seltenen Schnupfen, den ich mir letzten April eingefangen ab?“

Liam nahm einen sehr aufmerksamen Gesichtsausdruck an, „Natürlich.“

„Unser deutscher Freund hat sich offenbar angesteckt.“ Die Überraschung stand Liam ins Gesicht geschrieben. „Ich muss nun dringend nach ,da‘. Leider hat er sich den Schnupfen in der Öffentlichkeit geholt und mitten unter Zeugen das erste Mal geniest. In Montreal will ich das Fahrzeug wechseln, weil das jetzige kontaminiert ist.“

Liam nickte, „Verstehe. Wenn irgendwas ist, dann ruf noch mal an. Besorgt euch gleich ein Sattelite Uplink. Wenn ich mich recht irre, ist die Infrastruktur da oben schlecht. Ich melde mich, sollte ich was erfahren.“

Snowcat lächelte, nickte und beendete die Verbindung. Liam wusste niemanden, also doch Riven. Sie hielt über einen Direktkanal kurz Rücksprache mit Doc, dann wählte sie Rivens Nummer. Es dauerte nicht lange, bis eine Frau abnahm, die eindeutig Rivens Stimme hatte, allerdings ging kein Bild an. Snowcat begrenzte den Smalltalk auf ein Minimum, dann fragte sie direkt nach einem Kontakt in Montreal. Es war schon irgendwie seltsam, dass sie ausgerechnet jetzt einen Kontakt dort brauchten.

Riven zögerte nicht einmal einen Moment und sagte, „Such das ,Le Faucon Noir‘ auf, das ist ist Montreal Nord, dort bestellst du, was ihr so wollt und das Tagesmenü Nummer fünf, dann wird man dich mit jemanden zusammenbringen, der zu den ,Black Mass‘ gehört. Mein Kontakt war Jacques, breitgebaut, Mensch, Mitte 30, eigentlich ganz schnuckelig. Die ,Black Mass‘ wollen Geschäfte machen, sind normal keine Freunde von Smalltalk, bei mir war das aber anders und ich bin sicher, bei dir wird es ebenso sein.“ 

Snowcat bedankte sich für die Hilfe und stellte keine Fragen. Sie fragte nicht einmal, wie es bei Riven lief, das hätte sich nicht gehört, dennoch oder gerade deshalb verspürte sie einen kurzen Stich im Magen.

Sie gab die Informationen an das Team weiter.

Mit dem nächsten Schlagloch schlug Snowcat mit der Schulter gegen die Tür, sie hatte kurz die Augen geschlossen gehabt und so die Körperspannung verloren. Der Tag war sehr aufregend gewesen und sie war zwei Stunden lang geflogen, erste Müdigkeit stellte sich ein. 

„Nimmst Du eigentlich absichtlich jedes verdammte Schlagloch mit, Average?“, fragte TriXhot.

„Sorry aber ich bin einfach so hungrig, da ist meine Reaktionsfähigkeit eingeschränkt. Wo ist denn das nächste Drive Inn?“

Sowohl Starbuck als auch Snowcat antworteten gleichzeitig, „In Montreal.“

Average stöhnte auf, „Oh nö. Da fahren wir ja noch 2 Stunden, bis wir da sind. Das halte ich nicht durch.“

Snowcat ging an ihr Daypack, „Ich hab da was für dich.“ Sie zog einen Packen Three-Shadowrunner-Bars heraus. Snowcat liebte die Cacahuatl-Riegel von Aztech. Sie kamen in der Form von Kredsticks. Ebony mit 30% Cacahuatl, Platin, mit 60% und mit Puderzucker überzogen und ihr Favorit, Gold mit 40 % Cacahuatl und einer Schicht Karamell. Snowcat hielt Average die Riegel unter die Nase, „Na welchen möchtest du? Und keine Sorge, sie sind alle TAG-erased.“

Average druckste ein bisschen rum und meinte dann, „Mir war zwar gerade mehr nach würzig, aber - kann ich alle drei haben?“ 

Snowcat seufzte und nickte dann, „Na klar. Iss ruhig.“ 

Als sie die Riegel übergab, fiel ihr ein, wie Aina vor noch wenigen Tagen davon geschwärmt hatte, dass Schokolade aus Kakao um Längen besser geschmeckt hatte. Sie hatte dann von der Elfe erfahren, dass die ursprüngliche Kakao-Pflanze in den Zwanzigern dank Missernten, VITAS und Naturkatastrophen ausgestorben war. Expeditionen waren ausgeschickt worden, um wilden Kakao zu finden. Es war aber nicht gelungen, ihn zu kultivieren, dort wo er wuchs, war es einfach zu wild. Einige Jahre lang hatte es nur Soyschokolade mit Schokoladenaroma gegeben, dann war es Aztech gelungen einen Hybriden aus wildem Kakao zu züchten, Cacahuatl eben. Cacahuatl und Schokoladenprodukte daraus kosteten das 20-50 fache des Schoko-Flavorzeugs. Als Snowcat das erste Mal in ihrem Leben ein Riegel Schokolade aus Cacahuatl gegessen hatte, war sie sicher gewesen, dass es nichts Köstlicheres geben könne. Der Geschmack war himmelweit entfernt von dem gewesen, was sie bis dato an süßen Soyprodukten gegessen hatte, was zugegeben auch nicht sonderlich oft gewesen war. Schokolade aus Kakao sollte noch besser geschmeckt haben? Eine schier unglaubliche Vorstellung. Ein weiteres Schlagloch riss sie aus ihren Gedanken. 

Average entschuldigte sich sofort. „Hupps, Sorry, ich hab grad den Riegel geöffnet, da war ich abgelenkt.“

TriXhot beschwerte sich amüsiert, „Ach was, das machst du doch nur, damit wir beide gegen dich geschleudert werden und du engen Kontakt zu uns bekommst.“

„So etwas würde ich nie tun.“, erwiderte Average sofort und biss in den ersten Cacahuatl-Riegel.

FTW sprach Snowcat über den Direktkanal an, „Snowcat sag mal, wenn ein Drake so eine Verbindung zu einem Drachen eingehen musste, was kann den Deal dann wieder auflösen?“

Snowcats Antwort war simpel und kurz, „Nichts.“

„Nichts? Nicht mal der Tod des Drachen?“, fragte der Ork nach.

„Oh doch, der wahrscheinlich schon.“

„Gut danke, das war alles was ich wissen wollte!“

Snowcat war überrascht. FTW hatte damit doch nicht etwa andeuten wollen, dass er in Erwägung zog, einen Drachen anzugreifen, wenn dieser Blackstone an sich gebunden hatte? Irgendwie hatte die Frage danach geklungen. Snowcats Respekt vor dem Ork stieg erneut, er war aufmerksam, dachte voraus und wog offenbar seine Chancen ab. Außerdem schien er bereit für einen Mitstreiter ein Risiko einzugehen, dies jedoch nicht unbedacht und Hals über Kopf.

Noch ein Schlagloch. Verdammt, der Van war wirklich schlecht gefedert. Aber so lief sie wenigstens nicht Gefahr einzuschlafen. Snowcat sah immer wieder auf der Bild der Rückkamera. Mit Verstreichen der Zeit nahm ihre Paranoia zu. Zum Glück war mitten in der Nacht auf den schlechten Strassen nicht viel los. Sie begegneten selten anderen Fahrzeugen und so musste Snowcat auch nur selten alle Muskeln anspannen. Sie nahm auch immer wieder astral wahr oder blickte gen Himmel und hielt nach Drohnen Ausschau. 

Sie lächelte TriXhot über Average hinweg an, „Du warst im Wäldchen vorhin übrigens richtig gut.“

Die junge Frau schien sich über das Kompliment zu freuen, „Oh danke. Man tut, was man kann. Wenn‘s dann auch noch gut rüberkommt, umso besser. Ich will ganz bestimmt versuchen, mir meinen eigenen Namen zu machen.“

Snowcat nickte, „Diesen Wunsch kann ich gut nachvollziehen. Einen eigenen Namen mit einem gewissen Klang und gutem Ruf zu haben, ist eine nützliche Angelegenheit.“, und der einzige Weg zur Unsterblichkeit, fügte sie im Stillen hinzu. 

Starbuck meldete sich über den Teamkanal, „Ich hab Informationen über Montreal zusammengetragen, hat ein bisschen länger gedauert, da das Netz hier zu wünschen übrig lässt. Ich hab die entsprechende Datei dazu bereits verteilt. Vielleicht kann ja bei euch im Van jemand den Lautsprecher seines Commlinks anmachen? Dann fass ich es laut noch mal zusammen und Blackstone kann es so auch hören.“

Snowcat schaltete ihr Commlink laut und sagte dann, „Lautsprecher ist an.“

„Dann Hallo auch an Blackstone, ich hab übrigens dein Commlink und anderes Zeug von dir, was vor dem Hotel lag, noch retten können. Nur der schicke Anzug, Hemd und Schuhe sind hinüber, die Fetzen, die TriXhot und ich eingesammelt haben, sind nicht mehr zu reparieren.“

Blackstone horchte auf und Snowcat sah ihm nach einem Blick über die Schulter an, dass er erfreut darüber war.. Er nickte dreimal und hob die Kralle. 

Mystère übersetzte, „Er meint Danke.“, leichte Belustigung trat in die Stimme des Vodoo-Zauberers, „Blackstone, es wäre wirklich viel einfacher, wenn du mich deine Gedanken lesen lassen würdest.“

Blackstone schüttelte vehement seinen Drake-Kopf.

Starbuck begann mit seiner Zusammenfassung, „Montreal hat schon mal Seattleähnliche Züge, es gibt Triple-A-Gegenden mit Megacons und E-Z-Gebiete. Bikergang sind superpopulär. Besonders hervorzuheben sind die Hellhounds, deren Fullpatch-Members eher mit kleinen Unterweltbossen gleichzusetzen sind. Man erkennt die übrigens an den - ihr ahnt es sicher schon, - kompletten Patches auf den Jacken. Die mussten ganz schön was leisten, um bis dahin zu kommen, man sollte sie also nicht unterschätzen. In letzter Zeit sind die Devil Riders erfolgreicher denn je und verfügen über besseres Equipment. Gerüchteweise werden sie von der CDQ, also quasi der Regierung, gefördert. Ancients gibt es auch, sie haben wenig Stress mit den anderen Gangs, weil sie wie immer gut organisiert und besonders gut ausgerüstet sind und sich auf den Schmuggel beschränken und so den anderen nicht ins geschäftliche Gehege kommen. Die Vagabound Crew zeichnet sich dadurch aus, dass sie an schwer erreichbaren, gut sichtbaren und populären Stellen ihre TAGs und beachtliche Sprayart hinterlassen. Ganz besonders gefährlich sind die ,The Failed‘, ein gemischt-rassige Gang, deren einzige Aufnahmebedingung ist, dass man ein Psychopath sein muss. Sie fangen bevorzugt Mitglieder der anderen Gangs, um sie auf die grausamste Art zu killen, die ihnen gerade einfällt. Zum Schluss erwähne ich noch die ,les freres chasseurs‘, als nennenswerte Organisation. Sie sind eher so etwas wie Runner oder Söldner und bezeichnen sich selbst als loyale Patrioten. Sie nehmen jeden Job an, es sei denn, er richtet sich gegen Québec.“

Doc ergänzte, „ Ich habe auch noch eine Gruppe. Mit dem Fall von CatCo hat Ares versucht die Seraphim- so hieß das Konzerneigene Spionagenetzwerk- zu übernehmen. Die, die nicht wollten- und das waren die meisten- hat man versucht in einer Nacht- und Nebelaktion zu eliminieren. Die, die dass überlebt haben, haben sich unter dem Namen ,The Fallen‘ zusammengetan. Sie sind natürlich Anti-Ares und haben geschworen, erst dann aufzugeben, wenn die alte Ordnung in Québec wieder hergestellt ist.“

Von gleich zwei Schlaglöchern hin und her gerüttelt, dachte Snowcat darüber nach, was Montreal doch für ein nettes Pflaster war. 

❅❅❅

Kurz nach 3 Uhr betraten Snowcat,TriXhot und Mystère, der zwar wie er selbst aussah, allerdings als ein 1,85 großer Mensch, das ziemlich leere ,Le Faucon Noir‘. Außer einem Barkeeper hinter der Theke, der offenbar die Bestände auffüllte und drei Männern, die Billard spielten, war der Laden leer. Snowcat schlenderte, immer noch schwarzhaarig und in dem Minikleid zur Bar, bestellte Bier für sie alle drei, ließ sich doch zu Rotwein überreden und gab dann das Spezialmenü Nummer 5 in Auftrag. 

Der Barkeeper hob eine Augenbraue, „Das könnte aber einen Moment dauern, muss erst sehen, ob davon noch was da ist.“

Snowcat lächelte und sagte in ihrem besten Französisch, „Kein Problem, wir setzten uns dann an den Tisch da.“

TriXhot, die kein Französisch sprach, wiederholte flüsternd den Satz, den sie noch vor wenigen Stunden mehrmals auswendig aufgesagt hatte.

Die drei menschlichen Männer blickten zu ihnen rüber, Trixhot grinste dem jüngsten von ihnen, einem blonden Hünen, Mitte 20 mit attraktivem Gesicht, zu. Der darauf natürlich sofort zurück grinste. Er stieß den ein paar Jahre älteren Mann neben sich an. Dieser lachte, er war etwas kleiner als der erste Mann, schien aber dessen Bruder zu sein. Der dritte im Bunde war wiederum ein paar älter, Snowcat schätzte ihn auf Mitte 30. Er lachte nicht, er sah kurz freundlich zu ihnen rüber, sein Haar war braun und er wies keine Ähnlichkeit mit den beiden anderen auf.

Blondschopf machte nun einen Spruch. Von wegen, sie könnten ja mal rüber gehen, schließlich sei für jeden was dabei, die beiden Frauen für die beiden Brüder und Mystère für den mit dem brauen Haar.

Mystère schüttelte den Kopf, „Der Spruch war so absehbar, vielleicht sollte ich doch mal mein Aussehen als Frau annehmen.“

Doc kommentierte über Commlink, „Ja, aber welche Frau mit Glatze ist schon interessant?“

Snowcat musste grinsen.

Von Average kam, „Ihr esst dadrinnen was, stimmt‘s? Ich weiß genau, dass ihr was esst.“

Snowcat lachte kurz, „Nein, bisher nicht, aber das ist eine gute Idee.“

TriXhot kam mit an die Theke und orderte per Gesten sämtliche noch verfügbare Donuts, die sie sich für Average einpacken ließ. 

Snowcat hingegen fragte den Wirt nach etwas zu essen und er meinte, dass er noch ein paar überbackene Baguette machen könne.

Zurück am Tisch schlug TriXhot vor, sich das Näschen pudern zu gehen, um sich nach Hinterzimmern und ähnlichem umzusehen zu können. Mystère grätschte ein und beschrieb die Gegebenheiten in der kleinen Bar genau, er hatte also schon sein magisches Auge schweifen lassen und er hatte davon erzählt, was ein Zeichen dafür war, für wie angespannt er die Situation gerade hielt.

Snowcat hatte überhaupt keinen Appetit, aber sie hatte Hunger und musste etwas essen. Das Baguette schmeckte sogar gut, dennoch schaffte sie gerade mal die Hälfte. Nachdem sie das Essen ,vorgekostet‘ hatten, bestellten sie weitere Portionen für die anderen, die draußen in den Wagen warteten.

Dann trat der braunhaarige Mann an ihren Tisch, „Guten Morgen, ich habe gehört, ihr wollt das Spezialmenü? Mein Name ist Jacques und ich bin heute dafür zuständig.“

Snowcat lächelte erfreut. „Hallo Jacques, ich bin Snowcat und ich habe die Adresse von einer gemeinsamen Freundin. Schwarze Haare, unglaublich blaue Augen und eine fantastische Stimme.“

Bei der Erwähnung der Stimme horchte er auf, „Ah, wie geht es ihr denn?“

„Gut, soweit ich weiß.“

„Dann grüß sie mal bitte. Was kann ich denn für dich tun, Snowcat? Oh, sprecht ihr alle Französisch?“

Snowcat schüttelte den Kopf, woraufhin Jacques ins Englische wechselte. „Also, was führt euch zu dieser frühen Stunde hier her?“

Snowcat kam ohne Umschweife zur Sache, „Ich brauche frische Fahrzeuge für 10 Personen und Gepäck. Vielleicht auch noch ein wenig Munition und ein Sattelite Uplink. Und es ist wirklich alles sehr eilig, also würden wir auf Komfort, jedoch nicht auf Qualität verzichten. Was die Fahrzeuge betrifft, heißt es, je schneller es geht, umso besser.“

Jacques nickte verständnisvoll, doch erst als Snowcat etwas genauer ausgeführt hatte, was sie brauchte und erwähnt hatte, dass sie hier warten würde, während er sah, was er tun könne, verstand er, wie eilig es war. Riven hatte gesagt, dass die Black Mass wenig Worte machten und Geld verdienen wollten, darum hatte Snowcat auf ein langes Drumrum bei ihren Erklärungen verzichtet. 

Jacques trat beiseite und telefonierte leise. Nach 10 Minuten kam er an ihren Tisch zurück.  „Wir haben was für euch im Angebot. Ich brauche zunächst aber ungefähr eine Stunde Zeit, um den Verkauf vorzubereiten. Ich bin sicher, dass ich eine Auswahl zusammenstellen kann, die euren Anforderungen entspricht. Da ihr aber diskret tauschen wollt und ich mir eure alten Fahrzeuge nicht richtig ansehen kann, brauche ich einen Beweis, dass ihr flüssig seid. Sorry, aber ich kenne dich nicht. Ich weiß, deine schönen Augen können nicht lügen, aber das reicht in dem Fall einfach nicht, denn...“

Snowcat winkte ab, „Ich verstehe das, über welche Summe sprechen wir denn maximal, also ohne den Betrag den wir wegen unsere Fahrzeuge eventuell verrechnen können?“ 

Er überlegte kurz, „150.000 ¥!“ 

TriXhot zog scharf die Luft ein. 

„Jetzt ist klar, warum ich die Summe sehen muss.“ 

TriXhot grinste, schrieb die Summe auf das Display ihres Commlinks und schob mit einem niedlichen Grinsen die Zahl zu Jacques rüber. Er grinste ebenfalls kurz, sah dann aber Snowcat an. 

Snowcat nickte freundlich lächelnd. Sie hatten genug Geld in der Teamkasse, um das zu finanzieren. Vielleicht ließ sich das Equipment am Ende sogar behalten. Natürlich nur, wenn sie damit bis nach Seattle kamen. Zwei Drohnen hatte UC immerhin schon dazu gewonnen. Sollten sie das, was sie nachher kauften mussten, nicht retten können, dann war das eine Summe, die eigentlich Blackstone übernehmen müsste. Schließlich, sie  grinste neckisch in sich hinein, was er Schuld an der Misere und sie war sicher, dass er damit einverstanden wäre, sollte sie ihn fragen. Wenn Blackstone es nicht schaffte, den Häschern zu entkommen, dann war es sowieso egal. Also bat sie Starbuck ein Konto einzurichten, auf das sie dann die Summe von einem der Teamkonten überwies. Die Eingangsbestätigung aus der Matrix zeigte sie Jacques. Der Mann nickte, stand auf und meinte, „Gut, dann veranlasse ich alles, ich nehme an, ich finde euch hier?“ 

„Hier oder draußen in den Wagen vor der Tür, die da jetzt natürlich noch nicht stehen.“

Die Wartezeit bis Jacques zurückkam, überbrückten sie, indem sie Kaffee bestellten und den anderen die Baguette und eben Kaffee brachten. Average bekam zusätzlich den Packen mit den Donuts von TriXhot. Sie hatten die Wagen ein paar Gassen entfernt in einer dunklen Strasse geparkt. Snowcat unterdrückte ein Gähnen. 

Tuareg trat an sie heran, verbeugte sich höflich und fragte, „Snowcat, ist es vielleicht möglich, dass ich dich und Blackstone kurz sprechen kann? Es wäre mir sehr wichtig, dies so bald wie möglich tun.“

Snowcat zögerte nur einen Augenblick, dann nickte sie, „Wir können uns hinten zu Blackstone in den Van setzten und da Kaffee trinken, mehr Privatsphäre kann ich Dir leider nicht bieten.“ 

Average war kurz zuvor in das SUV gestiegen, um mit den anderen zu essen. Da Mystère und TriXhot auch beim SUV waren, war derzeit nur Doc im Van, der Blackstone Gesellschaft geleistet hatte. 

Tuareg deutet ein Lächeln an, „Das ist sehr freundlich und unter dem gegebenen Umständen an Privatsphäre völlig ausreichend.“ Er öffnete die Hintertür des Vans und ließ Snowcat den Vortritt, die sich neben Blackstone auf den Boden setzte und Chido kurz den Kopf tätschelte. Dieser nahm das mit der ihm eignen Gelassenheit hin, inzwischen schien er sich an den Drake gewöhnt zu haben.

Blackstone wirkte relativ entspannt auf Snowcat, was sollte er auch sonst tun, als abzuwarten? Sein Verhalten war vollkommen richtig, auch wenn es nicht gerade Spass machte eingeengt in seiner neuen Gestalt irgendwo zu sitzen, das wusste Snowcat aus eigner Erfahrung.

Tuareg schloss die Tür hinter sich und hockte sich in eleganter Haltung davor. Er verbeugte sich kurz vor Blackstone, „Snowcat war so freundlich mir dieses Privatgespräch zu gestatten, ich hoffe, auch du bist damit einverstanden, Blackstone?“

Blackstone nickte.

„Ich danke auch dir. Ich habe euch etwas zu sagen und möchte euch bitten, mir zunächst einfach zuzuhören, auch wenn einiges euch vielleicht ein wenig merkwürdig oder gar unglaubwürdig erscheinen mag.“

Snowcat war neugierig, was nach einer solch geheimnisvollen Vorrede kommen würde, vielleicht erklärte Tuareg jetzt, warum er nach Snowcat auf der Suche gewesen war. Das wäre dann etwas, womit sie nicht so früh gerechnet hätte. „Da wir schon das ein oder andere Merkwürdige gehört und gesehen haben, sollte das kein Problem sein. Also bitte, erzähl!“ Snowcat nahm eine bequeme Position ein und trank einem Schluck von ihrem heißen, starken, bitteren Kaffee. Das tat gut.

Tuareg nahm das Tuch von seinem Kopf und enthüllte sein Gesicht. Zum ersten Mal war eindeutig zu sehen, was Snowcat zunächst geahnt, seit einiger Zeit gewusst und was Doc ein paar Stunden zuvor an alle im Team verraten hatte, Tuareg war ein Elf. Sein Gesicht war wettergegerbt, elfisch ebenmäßig und wegen seiner warmem brauen Augen attraktiv anzusehen.

Er lächelte die beiden an. „Das Gesicht einem ,Fremden‘ zu entblößen ist bei unserem Volk der größte Vertrauensbeweis den es in unserer Etikette gibt. Dies tue ich, um die folgenden Worte glaubhafter für euch werden zu lassen. Denn ich weiß, wie es sich für die Unwissenden anhören mag. Ich muss dafür etwas weiter ausholen. Mein Volk hält sich stets von der euch bekannten Zivilisation entfernt und beschränkt die Interaktionen nur auf ein notwendiges Minimum. Wir ziehen durch die Weiten der Wüsten und halten uns stets verborgen. Dieses Versteckspiel entstand aus einer Jahrtausenden...“

Snowcat hob innerlich eine Augenbraue, Jahrtausende? Das war aber eine sehr lange Zeit.

„ ...alten Prophezeiung die unserer Stammesfürstin in der Wüste zuteil wurde. Dort hieß es, dass sich das Böse in der Welt weiter verbreiten würde, sich in den Köpfen der Mächtigen festsetzen und deren Geist vergiften würde. Die ,Besessenen‘ werden stets nur aus Eigennutz handeln und ihre eigenen Ziele verfolgen, doch sind sie nur ein Werkzeug des Bösen, das einen größeren Plan verfolgt und den Eigennutz der Leute zum eigenen Vorteil ausnutzt. Ziel ist es, jegliches Leben dieses Planeten zu vernichten...“

Ein sehr dummer Plan vom Bösen, wenn man Snowcat fragen würde. Wenn alles Leben vernichtet wäre, womit sollte das Böse sich dann vergnügen? Snowcat glaubte auch nicht, dass es so etwas wie ,Das Böse‘ gab, meist war das nur eine Frage des Standpunktes. Aber das alles war nichts, was sie nun einwerfen würde, dafür respektierte sie die alten Legenden jeglicher Kulturen viel zu sehr. 

„... Wenn man sich die Vergangenheit vor Augen holt, waren die Pläne auch schon von einigem Erfolg gekrönt. Kriege wurden aus ,nichtigen"‘Gründen geführt. Völker wurden verfolgt und an den Rand der Ausrottung gebracht. Der große Matrixcrash!? Zufall oder Teil des großen Plans!?...“

Zufall sicher nicht. Snowcat wusste wie viele, wer dafür verantwortlich gewesen war. Winternight. Wieder glaubte sie nicht, dass dahinter eine einzelne böse Macht steckte. Nicht nur Völker waren an den Rand der Ausrottung gebracht worden. Zahlreiche Kulturen waren ebenfalls von der Metamenschheit ausgerottet worden, von den Tieren und Pflanzen mal ganz zu schweigen. Nein, Snowcat glaubte nicht an ,das Böse‘ oder gar an eine einzelne böse Entität. In jedem Metamenschen schlummerte das Böse und jede Art trachtete nach ihrer eigenen Vermehrung. Sicher gab es Wesen, die der Verbreitung der Metamenschheit entgegen standen, wie die Insektengeister zum Beispiel und sicher gab es auch etwas, wie die Shedim oder die Schattengeister, die sie selbst durchaus als ,böse‘ oder ,schlecht‘ ansah. Die Kulturen der Welt gaben dem Bösen nur all zu gern ein Gesicht oder gar einem Namen. Die Christen hatten das Böse zum Beispiel Lucifer genannt. 

„Wir verstecken uns seit tausenden von Jahren um nicht Teil des Plans zu werden und Versuchen eine ,Lösung des Problems‘ zu finden. Dafür wurden die Seeker in alle Ecken der Welt entsandt, um die eine Person zu finden, die uns alle erretten wird. Und ich bin einer dieser Seeker und ich denke das unsere Suche nun zu Ende ist!“

In Snowcat zog sich etwas zusammen. Tuareg wollte damit doch nicht etwa sagen, dass er annahm, sie sei die Person, die alle erretten würde?

 „Es wurde in der Prophezeiung berichtet, dass am Tage der letzten Entscheidung sich das ,Böse‘ zeigen und offenbaren wird, um zum letzten finalen Schlag auszuholen und alles Leben zu vernichten. Doch dann wird das Dunkle durch ein gleißend helles Licht vertrieben. Strahlend hell wird sich eine weiße Wüstenblume gen feurigen Himmel recken und diese Entität ein für allemal von dieser Spähre verbannen. Weder Sturm noch Feuer können der Wüstenblume Schaden zu fügen, denn geschützt wird sie von einem starken dunklen Fels, der ihr Schatten und Schutz spendet. Meine Suche ist vorbei. Ich habe die Wüstenblume und ihren schützende Fels gefunden.“, er sah Snowcat und Blackstone voller aufrichtiger Freude an.

Bei allen Drachen der sechsten Welt, genau das hatte er gemeint. Er glaubte tatsächlich, sie sei diese Wüstenblume, die die Welt vor einer bösen Entität retten würde. Sicher fühlte Snowcat sich irgendwie auch geschmeichelt, dass mit dem gleißend hellen Licht klang nett, aber woran machte er das fest? Weil sie weißes Haar hatte und Blackstone ein schwarze Drake war? Sie war für einige Sekunden sprachlos.

Tuareg erwartete offenbar nicht sofort eine Antwort oder Reaktion auf seine Worte, was für ein Glück, er fuhr nämlich fort. „Das mag für euch sehr abstrakt klingen, aber stempelt dies bitte nicht zu voreilig ab. Ich habe mich dem Schutz der Wüstenblume verschrieben, als ich zum Seeker ernannt worden bin und genau diese Aufgabe würde ich gerne hier bei euch fortführen. Ich möchte dabei weder Nuyen als Anteil der Aufgaben, die wir zusammen erfüllen oder ähnliches. Das einzige was ich im Gegensatz von euch beiden fordere ist, dass ihr stets wachsam bleibt und euch, möge dieser Tag noch weit in der Ferne liegen, der Dunkelheit entgegen stellen werdet, wenn die Entscheidung naht."

Snowcat warf erst einen Blick auf Blackstone, der verständlicher Weise keine Reaktion zeigte, er war fein raus, dann sah sie Tuareg ernst an, ihre Überraschung verbarg sie dank ihrer perfekten Selbstbeherrschung. Sie holte tief Luft und sagte, „Erst einmal möchte ich mich für dein Vertrauen bedanken. Dass du vermutest, ich könnte die Wüstenblume sein, ehrt mich. Natürlich liegt es mir fern dir zu widersprechen, da ich weder das Recht habe, über deinen Glauben eine Aussage zu treffen, noch über deine Auslegung der Prophezeiung zu urteilen.“ Sie machte eine kurze Pause, „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich die bin, über die in der Prophezeiung gesprochen wird. Allerdings habe ich mal gehört, dass es denen, die davon betroffen sind, oft so gehen soll. Ob ich diejenige bin, kann nur die Zukunft zeigen. Ich kann dir nicht einmal versprechen, dass ich deine Forderung erfülle. Unsere Aufträge sind weit davon entfernt, heldenhaft zu sein. Wir sind Shadowrunner und tun im Groben das, wofür man uns bezahlt. Wenn du magst und die Zusammenarbeit klappt, kannst du natürlich gerne bei uns bleiben. Ich möchte dich aber bitten, deine Entdeckung zunächst einmal mit niemanden zu teilen. Ich würde es als sehr ungünstig empfinden, wenn sich eine solche Geschichte rumspricht. Warten wir ein paar Jahre ab und sehen wir, wie sich die Sache entwickelt. Natürlich können wir gerne noch einmal später im Detail über einige Dinge sprechen, aber dazu sollte Blackstone wieder der Sprache mächtig sein.“

Blackstone nickte kurz.

Tuareg verbeugte sich und lächelte, „Ich verstehe deine Bedenken. Ich bin mir sicher, dass ich Recht habe. Doch es soll geschehen, wie du gesagt hast.“ Er band sich sein Tuch wieder vors Gesicht, öffnete die Tür des Vans und trat auf die Strasse.

Snowcat wollte sich gerade an Doc wenden, um seine Meinung zu dem zu hören, was hier eben passiert war. Sie war sich sicher, dass er so einiges mitbekommen hatte, obwohl er völlig unbeteiligt gewirkt hatte, doch dazu blieb keine Zeit.

FTW meldete, „Jacques ist zurück.“

Snowcat erhob sich, kletterte aus dem Van und ging zurück in die Bar, natürlich nicht allein, Doc und TriXhot begleiteten sie, FTW war ja bereits dort. 

Jacques sah sehr zufrieden aus. „Ich steig zu euch ein und sag euch dann an, wo es langgeht. Es geht nach Montreal East. Ich muss unterwegs noch ein paar mal telefonieren, Posten Bescheid geben und so. Einverstanden?“

Snowcat nickte und setzte sich ins SUV. Doc blieb im Van bei Blackstone, Average und Mystère stiegen hinzu. 

Jacques Commlink meldete sich gelegentlich, meist bogen sie dann ein paar Mal extra ab. Offenbar gab es Vorposten, die dafür sorgten, dass Gefahrenzonen umgangen wurden. Sie fuhren auf ein Lagerhaus zu, vor dem Bewaffnete standen. Jacques sprach in sein Commlink und dann wurde ihnen geöffnet. 

Im Inneren erwartete sie eine Anzahl von Off-Road Fahrzeugen, bei denen einige der Model-Linien schon ein paar Jahre auf dem Buckel hatten. Da waren ein Ford Canada Bison, ein Rolls Royce Prarie Cat, ein Ferrari Appalusa, ein Lockheed Chenowths LSV, den man bewaffnen konnte und diverse Evo Falcon Offroad-Bikes. Average war über die Auswahl überhaupt nicht enttäuscht, denn die Wohnmobile versprachen Reisekomfort. Doch dann wurde er blass, „Sind die überhaupt wireless? Sprich können die AR?“

Jacques nickte, „Oh ja, das sind sie. Wir haben alles auf den heutigen Standart umgerüstet, auch wenn es nicht ganz einfach war und das beste, man kann, muss sich aber nicht beim Gridguide anmelden und wenn man angehalten wird, kann man sich damit rausreden, dass sich die alte Karre gar nicht anmelden kann. Der Rolls hat das Sat-Uplink gleich eingebaut. Die Dusche und die WCs sind neu.“

Die Dusche, Snowcat begann kurz zu träumen. 

FTW beendete das Träumen, bevor sie richtig angefangen hatte. „Snowcat, was hältst du davon, wenn wir den Lookheed Buggy auch nehmen? Dann hätten wir was dabei, womit wir unterwegs richtig kämpfen können. Die Bewaffnung käme preislich zwar noch dazu und wir müssten auch noch sehen, dass wir den Turm ferngesteuert bekommen, damit ihn auch Average oder Starbuck bedienen können, aber ich würde ihn gerne nehmen, wer weiß, was uns so alle begegnet.“ 

Snowcat sah kurz zu Doc, der nickte, dann sagte sie, „Ich spreche mit Jacques, wenn wir uns das leisten können, dann machen wie es so.“ Wenn sie damit bis nach Seattle kämen, dann hätten sie wirklich etwas dabei, was das Team gebrauchen könnte. Schließlich gab es um den Sprawl herum eine Menge NAN, mit jeder Menge Landschaft in der sich Wohnmobile der Extraklasse gut machen würden. Sie wandte sich sogleich an Jaques, „Wenn wir den Lookhead auch noch nehmen, du eine simple Bewaffnung drauf packst und dann unser beiden Fahrzeuge in Zahlung nimmst, wie sieht es dann mit dem Preis aus?“

Damit war die Verhandlung eröffnet. 10 Minuten später einigten sie sich auf 120.000¥, volle Frischwasser- und Benzintanks inklusive. Außerdem durften sie die Werkstatt nutzen, um den Turm fernsteuerbar zu machen. Die Teile, die sie dafür benötigten waren vom Preis her nicht der Rede wert und ebenfalls inbegriffen.

Nun ging es an die Frage, wer das umbauen sollte. Snowcat fuhr sich kurz durch ihr immer noch schwarzes Haar und rieb sich mit den Fingern den Nasenrücken, als ihr klar wurde, dass sie am besten für diesen Umbau qualifiziert war. Sie war seit gut 24 Stunden wach, hatte so etwas noch nie gemacht und sie stand unter Zeitdruck. Sie würde zwar Hilfe von Average und Mystère bekommen, aber sollte sie Fehler machen, würden sie länger hier fest sitzen und eigentlich konnten sie sich nicht mal die Zeit leisten, die sie bereits hier waren. Snowcat seufzte und wählte erneut Liams Nummer.

Es nahm nach dem ersten Rufton ab. „Hey, alles klar?“

Sie lächelte freundlich, „Ja, soweit ist alles klar, allerdings müsste ich noch was bauen und da die Zeit drängt, könnte ich deine Hilfe gebrauchen.“

„Kein Problem, ich schick dir ein Sprite. Die ,da‘ wissen übrigens bescheid, ich sag dir noch ne Nummer, bei der du dich melden kannst.“ Liam nannte ein paar Zahlen und unterbrach die Verbindung dann sofort. Man konnte eben jede Verschlüsselung knacken und alles abhören, wenn man genug Ressourcen hatte. Sicher war sicher.

Dank Liams Tutor-Sprite, der besonders in seinem Gebaren große Ähnlichkeit mit Liam selbst hatte und der anderen Hilfe, die sie hatte, ging ihr die ungewohnte Arbeit gut von der Hand. Snowcat war innerhalb einer guten Stunde fertig geworden. Die Runner, die nicht beim Umbau helfen konnten, nutzten die Zeit, um sich auszuruhen. 

TriXhot hatte noch eine Geräuschfalle aus einigen Utensilien, die sie in der Werkstatt gefunden hatte, zusammengebaut und sie vor dem Eingangstor platziert, bevor sie sich dort an die Wand gesetzt hatte, um zu dösen. Sie traute den Männern vor dem Tor nicht. Ebenso wenig, wie die draußen den Fremden drinnen trauten. Das hier war rein geschäftlich, da gab es Vertrauen nur in einer sehr kleinen Portion. 

Snowcat verabschiedete sich von Jacques mit dem Versprechen, sich im Faucon Noir blicken zu lassen, sollte sie einmal wieder etwas in Montreal brauchen. „Wenn jemand nach uns fragt...“

Jacques unterbrach sie, „Ich weiß, dann habe ich euch weder gesehen, noch gehört.“

Snowcat schüttelte den Kopf, „Nein, ganz im Gegenteil, sollte es brenzlig werden, sag ruhig, was du weisst. Es lohnt sich nicht für das Wenige etwas zu riskieren.“

Jacques war überrascht und beeindruckt. „Okay, mal sehen, wer wie fragt.“

Kurz nach 8.00 stieg Blackstone ungesehen in den Bison um. Snowcat stellte den Eimer mit dem Lebendköder und dem Tuch in einen Schrank in der Küche. Mystère beseitigte all ihre Spuren in Van und SUV, dann machten sie sich in den drei neuen Fahrzeugen weiter auf den Weg gen Westen. 

Natürlich fuhr Snowcat im Bison mit, obwohl sie der Komfort im Prarie Cat unglaublich lockte. Sie spielte ganz kurz mit dem Gedanken, mit dem Shroud of Shadows in den Rolls zu steigen, verwarf die Idee dann aber seufzend. Mit ihr fuhren außer Blackstone Starbuck, TriXhot und Mystère. 

Doc kniff kurz die Augen zusammen, fuhr dann aber bei Tuareg, Butcher und Average mit. „Dafür schuldest du mir was!“, meinte er leise zu Snowcat, als er an ihr vorbeiging. 

FTW fuhr den bewaffneten Off-Road-Buggy. Nach wenigen Metern ließ Mystère anhalten. Er konzentrierte sich und aus dem Spezialfahrzeug wurde ein simples SUV, das nun voran fuhr. 

Gleich hinter des Stadtgrenze von Montreal überließ Snowcat Starbuck das Steuer. Sie war so müde, dass sie kaum die Augen aufhalten konnte. Sie war nun seit mehr als 26 anstrengende Stunden wach. Sie wechselt das Kleid gegen Jeans und Shirt. Das cyanblaue T-Shirt war hinten geschnürt, sollte sie sich verwandeln müssen, wäre es trotzdem hinüber. Das Minikleid und die Schuhe legte sie wieder ordentlich in ihr Daypack. Außerdem kontrollierte sie das restliche Equipment. Wirklich viel Munition hatte sie nicht dabei, aber wenn das nicht reichte, war es eh zu spät. Snowcat nahm die Kette mit dem Katzenanhänger, den sie von Harlequin bekommen hatte, aus seiner Tasche am Commlink Case und strich kurz zärtlich darüber, dann verstaute sie sie wieder. Der Pin war an der Panzerung befestigt. Sie hing sich das Case um den Hals und nahm ihr Daypack in die Arme, als sie sich auf eine Couch im Bison legte. Die Fubuki konnte sie dank Liams Genialität leicht aus dem Daypack ziehen. AR-Kontaktlinsen und Ohrhörer ließ sie, wo sie waren, im Auge und im Ohr.

Sie schloss die Augen und fiel augenblicklich in den leichten Schlaf, den sie während ihre gesamten Kindheit perfektioniert hatte.

„Snowcat.“ 

Mehr brauchte es nicht, um sie aufwachen zu lassen. 

Doc erklärte über Commlink, „Average hat zwei Bikes entdeckt, die Fahrt aufnehmen und uns folgen. Das Bild kommt.“

„Ich sehe es.“, bestätigte Snowcat, als sie die paar Schritte zur Fahrerkabine überbrückte, das Daypack hatte sie dabei. Zwei Biker saßen auf schweren Maschinen, trugen Googles, mit Nieten aufgemotzte Lederbekleidung und Combat Biker Armor. „Devil Rider“, sagte Snowcat an. 

Starbuck wechselte einen Sitz weiter und Snowcat übernahm das Steuer. „Lasst uns das Tempo drosseln, falls das nur Ganger sind die Wegezoll wollen, können wir das so schneller bereinigen. Macht euch aber bitte in jedem Fall kampfbereit.“

„Copy“, kam es von allen Seiten. 

TriXhot trat an die Seitentür und zog ihre beiden Pistolen. FTW, der vor dem Bison fuhr, ging zuerst vom Gas und sie wurden deutlich langsamer. Die Devil Rider hatten zuvor bereits Gas gegeben und schlossen nun schnell auf. Sie beäugten die Wohnmobile, als sie an ihnen vorbei fuhren. Der hintere von beiden fuhr nun neben dem Prarie Cat, wo Doc mit gezogener Waffe hinter Average stand. Sie fuhren etwas unter 60 Kilometer die Stunde. Voraus waren keine anderen Fahrzeuge zu sehen. Der vordere der beiden Biker gab abermals Gas und fuhr dann neben der Fahrerkabine des Bisons. Snowcat ließ das Fenster runter und lächelte den Mann an. Der Devil Rider grinste breit. 

Dann entdeckte Snowcat trotz dessen Googles ein Aufblitzen in seinen Augen, der Biker hatte sie erkannt. Mit einem bezaubernden, unschuldigen Lächeln sagte sie „Feuer frei.“, und drückte auf die Türverriegelung. 

Fast zeitgleich stieß TriXhot die Tür auf und feuerte vier Schuss Stick n‘Shock Munition auf den Rücken des Bikes ab, der zuckend die Kontrolle über sein Motorrad verlor und eine Sonne schlug, die ihn auf den Mittelstreifen schleuderte. 

Seinem Kollegen erging es nicht besser. Doc schoss durch das offene Fenster in der Fahrertür. Zwar nur zweimal mit normalen Kugeln, doch dies zog einen ähnlichen Effekt nach sich.

„Lasst uns anhalten und sie untersuchen, ich bin mir sicher, dass der Typ mich erkannt hat.“, erklärte Snowcat.

FTW erwiderte, „Gute Idee, ich hatte eh grad gewendet.“

Snowcat hielt und stieg dann aus. TriXhot folgte ihr. Sie untersuchten den Biker, der sich offenbar das Genick gebrochen hatte. Er war ziemlich gut ausgerüstet und hatte ein Päckchen Kamikaze dabei, an dem etwas mehrwürdig war. Ferner eine neue Pistole und je zwei Magazine mit ExEx und APDS Munition. Snowcat gab die Munition an TriXhot, die diese später in ihre Pistolen laden konnte und nahm selbst das Kamikaze und das Commlink mit. Docs Beute vom anderen Biker sah identisch aus.

Snowcat betrachtete das Päckchen Kamikaze noch einmal genau. Irgendetwas stimmte nicht, die Konsistenz in dem Päckchen war falsch. 

Mystère erschien, „Was ist damit?“, fragte er.

Snowcat schilderte ihm ihr Problem. Mystère öffnete das Päckchen kurzerhand und kostete dann vorsichtig davon. Sein Urteil verkündete er sofort, „Das ist kein Kamikaze, das ist K10.“

Zunächst einmal war Snowcat von Mystères Fähigkeiten beeindruckt. 

K10 war zehn mal so Potent wie Kamikaze. Derjenige, der das Zeug geschluckt hätte, hätte nach dem Höhenflug eine böse Überraschung erlebt. Offenbar stimmte zumindest das Gerücht, dass die Devil Riders von CDQ gefördert wurden. 

Sie setzten sich wieder in Bewegung, Snowcat gab Starbuck die Commlinks und fuhr. Ihr Müdigkeit war durch die knappe Stunde Schlaf und das Adrenalin erstmal verflogen. 

Nach weniger als fünf Minuten hatte Starbuck alle verwendbaren Informationen aus dem Comms herausgeholt. Beide hatten eine Beschreibung von Snowcat, Tuareg, Mystère und Doc auf ihren Commlinks gehabt. Alle in Frage kommende Fahrzeuge sollten überprüft werden. Zu der Beschreibung gab ein schlechtes Bild von Snowcat mit schwarzen Haaren, das eher so aussah, als habe man es mit einem Programm für Phantombilder entworfen. Starbuck grinste, „Verraten hat dich deine Schönheit Snowcat, aber wenn Tuareg sich draußen irgendwo sehen lässt, wäre es noch schneller gegangen. Jedenfalls hat der eine hier ein Bild von unseren Fahrzeugen an seinen Gangvorgesetzten geschickt und gesagt, dass er uns überprüft.“

Doc meldete sich zu Wort, „Die Informationen über uns stammen ohne Zweifel von Tintagel. Leite mir doch mal die Nachrichten weiter, dann kann ich eine Antwort fälschen.“

Gute Idee, ein gefälschte Nachricht würde ihnen sicher einiges an Zeit verschaffen.

Snowcat sagte an alle gewandt, „Wir müssen nun noch vorsichtiger vorgehen. Weder Tuareg noch ich sollten uns auf den Tankstellen zeigen, jedenfalls nicht in unserer Gestalt. Es sollte auch immer nur ein Wagen tanken fahren. Die anderen müssen vorfahren und in einiger Entfernung warten.“

Mystère fügte hinzu, „Und ich werde mit Hilfe der Loa den Wagen jedes mal ein anderes Aussehen geben.“

TriXhot setzte sich zwischen Starbuck und Snowcat auf die Bank, dann lud sie Doc und Snowcat zu einer Konferenzschaltung ein. Nachdem beide angenommen hatten, wollte sie wissen, „Wo liegen denn jetzt überhaupt die Prioritäten? Also nehmen wir mal an, jemand verschwindet mit Blackstone in die eine Richtung und ein anderer mit dem Tuch in eine andere, wem soll ich da folgen?“

Snowcat lächelte die junge Frau an, „Eine sehr gute Frage, die wir mit allen besprechen sollten.“ Während sie einem besonders großen Schlagloch auswich, wechselte sie auf den Teamkanal und wiederholte die Frage für alle, um dann sogleich zu antworten, „Die Priorität liegt hier eindeutig auf Blackstone. Wir müssen unbedingt verhindern, dass er in die Fänge von Drakehuntern und somit in die eines Drachen gerät. Hierbei geht es nicht ums Geld. Blackstone ist schon sehr lange im Team, er weiß über jeden von uns eine Menge und schon allein deshalb müssen wir seine Bindung an einen Drachen verhindern. Jeder Drache wird wahrscheinlich versuchen über ihn das ganze Team an sich zu binden, aber selbst wenn nicht, so müssten wir das Team auflösen und einige von uns müssten eventuell Seattle verlassen. Wir sind zu gut und zu viele, dass ein Drache die Informationen nicht ausnützen würde. Blackstone wird das auch so sehen. “ Sie holte vernehmlich tief Luft und fuhr dann fort, „Und wenn es zum Äußersten kommen sollte, nehme ich an, dass Blackstone eh lieber tot wäre, als an einen Drachen gebunden, an den er sich nicht binden will.“

Mystère bestätigte Snowcats Vermutung, „Blackstone nickt aufgeregt. Er sieht das wohl genau so.“

FTW fragte nach, „Und was heißt das nun in einem solchen Ernstfall für uns?“

Snowcat fielen die nächsten Worte unglaublich schwer, „Das wir ihn töten sollen, wenn wir ihn nicht retten können.“

TriXhot schüttelte den Kopf. „Könnt ihr vergessen, so was mache ich nicht, ich kill keinen von uns. Außerdem gibt es immer eine Chance.“

Mystère meldete sich noch mal zu Wort, „Zumindest ist das, was Snowcat gesagt hat, die Meinung von Blackstone.“

Snowcat erklärte darauf, „Ihr wisst jetzt Bescheid. Ob man dazu bereit ist oder nicht, muss in der Situation jeder für sich entscheiden. Doch wenn wir gut genug sind, stellt sich die Frage gar nicht erst. Also lasst uns einfach gut genug sein.“

„Check.“, kam es von Starbuck.

Sie legten Kilometer um Kilometer zurück. Jedes Mal, wenn sich ein Fahrzeug von hinten näherte, sie eines überholten wollten oder ihnen eines entgegen kam, spannten sich alle Muskeln an, bei jedem von ihnen. Ihre Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt. Alle die dessen fähig waren, nahmen immer wieder astral wahr. Sie blickten auch immer wieder nach oben. 

Tatsächlich hielt stets nur ein Wagen zum Tanken, niemals befand sich Blackstone darin, er stieg zuvor kurz um. Jeder der ausstieg, ging verkleidet, behielt den Kopf unten und erregte so wenig Aufsehen wie möglich. 

Nach drei weiteren Stunden am Steuer war Snowcat erneut mit dem Schlafen dran. Es fühlte sich wirklich an wie früher. Immer alles griffbereit, immer auf dem Sprung, niemals in Sicherheit. Eigentlich hatte sie gedacht, solche Zeiten hinter sich zu haben. Doch sie beschwerte sich nicht, das hatte sie nie getan und würde es auch jetzt nicht tun. Abgesehen davon, war es nicht ganz wie früher, heute war sie nicht allein. Sie war mit Metamenschen unterwegs von denen einige ihr Leben für sie geben würden. Nachdem was Tuareg gesagt hatte, würde er wohl zu diesen Personen gehören, schließlich hatte er sich dem Schutz der Wüstenblume verschrieben und wenn er sie als diese Blume sah. Der Rest dieses Gedankens ging in einem traumlosen Schlaf verloren. 

Gut 90 Minuten später fühlte Snowcat sich frischer, aber die Anspannung war keines Falls gesunken. Sie hatte gerade mal ein fünftel der Strecke hinter sich gebracht. Bevor Snowcat sich wieder ans Steuer setzte, ging sie zu Blackstone. Er hatte geschlafen, so viel es eben ging. Sie flößte ihm etwas Wasser ein. Er wollte nichts essen, da er nicht wusste, wann er sich wo und wie erleichtern konnte. Sie kontrollierte seine Aura, aber noch hatte er genügend Reserven. Sie legte ihm sanft ihre Hand auf den Nasenrücken, weil sie sich das selbst immer angenehm vorgestellt hatte. „Im Nachhinein wird dir alles gar nicht so schlimm vorkommen, wie es sich jetzt vielleicht anfühlt.“ 

Blackstone nickte und schloss die Augen.

„Ich weiß, dass du wirklich lieber tot wärest, als an einen Drachen gebunden. Aber was ich gerne wissen würde, gibt es da vielleicht eine Ausnahme unter den Drachen?“

Blackstone öffnete die Augen und atmete heftig aus, warme Luft kam aus seinen Nüstern hervor. Er schüttelte den Kopf, nickte dann aber. Er zeige mit seiner Klaue auf Snowcat und machte dann eine ausholende Bewegung mit dem Kopf.

Snowcat verstand, „Du meist Tjurjunga?“

Er nickte.

„Gut, dann weiß ich Bescheid.“, leider war das genau der Drache, den sie mit ziemlicher Sicherheit nicht hier treffen würden.  

Snowcat setzte sich zurück an Steuer. Je näher sie dem einzigen Grenzübergang kamen, desto stärker wurde der Verkehr. Mit dem Verkehr stieg ihre Paranoia. Snowcat konnte kaum noch zählen, wie oft sie alle in der letzten halben Stunde zu den Waffen gegriffen hatten, um sich kampfbereit zu machen. 

Anfangs hatte sich Butcher noch einige Scherze mit Tuareg und Average erlaubt. Inzwischen hatte er das eingestellt, denn die Stimmung war einfach zu angespannt. Es war jetzt kurz vor 14.00 Uhr. Alle Wagen waren vollgetankt und sie würden bei nächster Gelegenheit die Strasse verlassen, um ihren eigenen Weg über die Grenze zu finden. Starbuck und Doc hatten vier Routen rausgesucht, an denen ihnen das möglich sein sollte. 

Hinter der Grenze wartete das AMC auf sie. Snowcat hatte mit den Natives dort keine guten Erfahrungen gemacht. Zum ersten Mal seit sie erwachsen geworden war, hatte man sie nicht beachtet, einfach, weil sie nicht von den amerikanischen Ureinwohnern abstammte. Diesmal würde sie sich wohl in eine von ihnen verwandeln müssen, wenn sie etwas bei den Einheimischen erreichen wollte. 

FTW meldete sich, „Hubschrauber hinter uns, auf sieben Uhr. Ich glaub, der fliegt noch ne Suchroutine. Könnte natürlich an der Nähe zur Grenze liegen, aber wer weiß das schon.“

Snowcat schaltete schnell. „Lasst uns den Parkplatz in 500 Metern nehmen und hoffen, dass der Hubschrauber vorbei zieht. TriXhot, Starbuck, ihr könntet mit Chido Gassi gehen, damit wir uns als normale Reisende tarnen.“

„Gern. Ich nehme mir dann noch mal die schwarze Perücke und die Jeansjacke von vorhin.“, erwiderte TriXhot.

Butcher klang, als sei er darüber erfreut, dass es eine Gelegenheit gab, sich die Beine zu vertreten, „Mich hat Tintagel auch nicht auf dem Schirm. Ich gehe mit, dann haben sie Spruchabwehr.“

Chido ließ sich ohne Schwierigkeiten an die Leine nehmen. Als die vier aus den beiden Wagen ausstiegen, machten sich alle anderen vorsichtshalber kampfbereit. Zu Snowcats Erleichterung war der Parkplatz leer. Sie hatte darauf gesetzt, da es etwa 3 Kilometer zurück eine Raststätte mit einem Diners und einem Spielplatz gegeben hatte. 

Die Drei draußen benahmen sich völlig unauffällig, das machten sie wirklich gut, selbst Chido schnüffelte total hundemäßig in der Gegend herum und markierte sein Revier. Der Hubschrauber flog eine Suchschleife und näherte sich.

FTW meldete, „Der Hubi ist ein Eierkarton, genauer ein Yamatezu Tenshi, da hängen 2 x vier Kabinen dran, so eine Kabine wird auch ,The Box‘ genannt, in jede Box passt ein Soldat. Im Angriffsfall werden die Boxen einfach abgeworfen. Außerdem hängt vorne am Hubi ne Kanone dran. “

Das waren keine guten Neuigkeiten. Der ,Eierkarton‘ kam weiter näher und verlor dabei an Höhe.

Von FTW kam, „Jetzt kann ich ein Logo sehen. NeoNet!“

Doc sagte sofort, „Das ist der Konzern von Celedyr.“

TriXhot reagierte, „Starbuck, mach dass du in den Wagen kommst.“ Starbuck rannte los und TriXhot hechtete ein Stück in Deckung. 

In diesem Moment klinkten sich die Boxen aus. 

Doch das Team hatte schnell geschaltet und war nun vorbereitet. 

Tuareg verkündete „TriXhot, ich stelle dir einen Krieger zur Seite.“

Doc sagte an, „Nehme den ganz rechten ins Visier.“

Snowcat gab die genauen Positionen weiter und koordinierte so den Angriff. 

Mystères Bariton erklang, „Ich unterstütze Butcher und TriXhot mit der Kraft der Loa.“

Als die Kapseln sich zu öffnen begangen, war Starbuck bereits wieder im Bison. 

Von TriXhot kam, „Nehme dann den ganz links, hab APDS geladen.“

Die acht Kapseln gingen gleichzeitig auf und acht voll gepanzerte Konzerntrooper mit Ares HVAR Sturmgewehren gingen zum Angriff über. 

Die beiden auf den Außenpositionen fielen getroffen zu Boden, noch bevor sie die ersten Schritte gemacht hatten. 

Butcher flüsterte selbstbewusst, „Sie lassen jetzt gleich ihre Waffen fallen.“ 

Und genau so war es, die sechs Soldaten ließen erschrocken ihre Waffen fallen. Butcher jubelte kurz leise. 

„Nehme Hubschrauber unter Direktbeschuss.“, erklärte FTW, doch die Kugeln aus seiner Fahrzeugwaffe prallten einfach ab. Funken stoben auf. Der Ork fügte hinzu. “Hubi scheint selbst kleinen Angriff zu fliegen.“ 

Was für ein Glück. 

Chido hatte sich ein Stück davon geschlichen und würde gleich aus dem Hinterhalt hervor springen. 

Da fiel auch schon der nächste Trooper den Kugel aus TriXhots Pistole zum Opfer

Ein Erdelementar hatte sich manifestiert, stürzte sich auf einen Konzernsoldaten und verschlang ihn. 

Chido sprang und riss einen der immer noch unbewaffneten Angreifer zu Boden, sein Biss erwischte den Mann günstig im Nacken, Blut spritzte.

TriXhot war einfach unglaublich schnell und sie war unglaublich treffsicher. Erneut streckte sie zwei Trooper nieder. 

Jetzt standen nur noch zwei.

Nummer sieben hatte allerdings gar keine Lust, sich über den Haufen schiessen zu lassen. Er wich den folgenden Kugeln aus. TriXhot wechselte das Ziel und feuerte auf den achten Mann, den traf sie wieder gut und er ging zu Boden. 

Doch der letzte Mann wollte sich nicht von dem jungen Mädchen besiegen lassen, er wich auch ihren nächsten Kugeln aus. Was ihn genau in Docs Schussfeld trieb, zwei Schüsse krachten und auch der letzte Mann von NeoNet war ausgeschaltet. 

Noch bevor dieser völlig am Boden lag, drehte der Hubschrauber ab. 

Das Ganze hatte nicht mal 10 Sekunden gedauert.

Starbuck sagte, „Das war zu schnell für mich, ich konnte nichts mehr machen. Die haben sicher eine Nachricht abgesetzt.“

Average erklärte, „Ich hab auch nichts erreicht.“

Snowcat beruhigte die beiden, „Spätestens jetzt würden sie Bescheid sagen. Lasst uns kurz noch gucken und dann nichts wie weg hier.“

Alle acht waren tot. In den Waffen war nur Betäubungsmunition geladen, was auch erklärte, warum sie nicht mit der Kanone des Hubschraubers geschossen hatte. 

„Woran haben die uns nur erkannt? Meine roten Haare können es nicht gewesen sein, die waren unter der Perücke nicht zu sehen.“

Snowcat antwortete, „Sie haben wahrscheinlich gar nicht zuerst dich erkannt, sondern Starbuck. Das war NeoNet und das heißt, dass sie ihre Informationen von den Männern von Medjay hatten, die beim Hotel ausgerechnet auf Starbuck und dich getroffen sind.“

„Mist.“, kommentierte FTW. 

Besser hätte es Snowcat auch nicht zusammenfassen können.

Sie schoben die Leichen hinter einige Büsche. Es war Zeit von hier zu verschwinden.  

NeoNet kannte nun ihre letzte Position und beim nächsten Mal würde Celedyr wahrscheinlich nicht nur einfache Soldaten schicken. 

Auch die Fraktion Tintagel/CDQ würde inzwischen wissen, dass die Nachricht ,Fehlalarm‘ gefälscht gewesen war. Sie würden ihre Suche in bestimmten Bereichen verstärken. Wer suchte, hinterließ wiederum Spuren, die andere aufnehmen konnten. 

Der größte Teil des Wegs lag noch vor ihnen. Snowcat seufzte, denn jeder einzelne Kilometer würde ihr wahrscheinlich sehr lang vorkommen.

                                                             UC - UNIVERSAL CONSULTANTS - UC

                              UC - Unknown Consequences -das TOP-Runnerteam aus Seattle- You See! 

Wie oft das Team noch überfallen wird, wer das alles tut und ob die Runner all ihren Häschern entkommen können, wird demnächst hier zu lesen sein. Schau also ganz bald wieder rein, omae!

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*