Episode 06/13 Part 1 (vom 28.03.) Intermezzo

Welcome back, omae!

Schön, dass Du auch heute wieder reinschaust!

Derzeit On The Run sind: Average, Blackstone, Butcher, Doc, FTW, Mystère, Starbuck, TriXhot und Snowcat.

Datum in unserer SR Timeline: 8.6.72-27.7.72

Nach dem letzten heftigen Run ist nun Party angesagt. Es gilt das Überleben und den erfolgreichen Abschluss eines Runs zu feiern, der tatsächlich Einfluss auf den Krieg zwischen Amazonien und Aztlan genommen hat. Außerdem gilt es Sunrise zu gedenken.

Nach der Party geht das Leben weiter. Entscheidungen müssen getroffen werden und irgendwann nach einiger Zeit, steht der nächste Run an.

Lest nun, wie die Party verläuft, wie es danach weiter geht, welche neuen Connections geschlossen werden, wem Snowcat dabei so alles begegnet und an welche Orte sie das führt, denn wir erleben wieder alles aus ihren eisblauen Augen mit.

Deine Meinung dazu passt am besten unter The Tale So Far Part III [LINK].

Und nun geht‘s los, omae! Bist Du bereit für den ersten Teil?


Henrys Zunge reichte bis an die Spitze seines roten Nasenballs, als er gewissenhaft das letzte blaue Band in Snowcats Haar befestigte. Dann teilte er das Haar in zwei schwere Strähnen, schwebte ein Stück zurück und vollführte eifrig eine Pirouette, wobei er die schneeweiße, glänzende und duftende Flut locker miteinander verwirkte. Eine mit Spitze besetzte, weiße Haarspange fixierte das Gebilde. 

Snowcat betrachtete sich im Spiegel und sagte: „Vielen Dank Henry, das hast du wirklich toll hinbekommen.“ Henry verbeugte sich erfreut, verschwand dann in den Flur und wartetet dort darauf, ihr in den Sommermantel helfen zu können. 

Snowcat griff nach ihrer Handtasche. Darunter lag die Einladungsflyer, den sie gestern für Harlequin ausgedruckt und dorthin gelegt hatte. Henry hatte sich wieder mal geräuspert und nachdem sie ihm die gewünschte Aufmerksamkeit geschenkt hatte, hatte er gefragt, „Soll das hier liegen bleiben?“

„Ich weiß nicht. Es ist ein Ticket für Harlequin. Allerdings habe ich weder Comm-Id noch Adresse, an die ich es weiterschicken kann. Wenn du eine Möglichkeit hast, es ihm zukommen zu lassen, würde ich mich freuen, wenn du das tust.“ 

Henry hatte sich verbeugt, das Stück Papier aber nicht angerührt. 

,Partytime im Alabaster Maiden- June 8- Log Out with special friend-. Open 10.00 pm.‘ Die Einladung lag immer noch genau an dem Platz, wo Snowcat sie gestern hingelegt hatte. Allerdings hatte jemand mit einem Stift auf dem Flyer Karos um Augen und Mund über das Gesicht von Sunrises Silhouette gemalt und zu dem Namen Harlequin ein Plus und Snowcat geschrieben. Jemand war natürlich nicht ganz richtig, die Handschrift war ohne Zweifel die von Harlequin. Er hatte den Flyer also bekommen. Was Harlequin mit seinem Zusätzen ausdrücken wollte, wusste Snowcat nicht. 

Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie spät dran war. Sie lächelte. Ein verdammt guter Grund, um Gridguide-Drive auszuschalten, die Geschwindigkeitsbegrenzung auszureißen und möglichst waghalsig zu fahren. Schade, dass der Nachtclub gleich um die Ecke lag. Andererseits wurde man gerade in Downtown viel zu schnell bei waghalsigen Manövern erwischt und gestoppt, also blieb ihr nicht viel Spielraum. Sie sollte baldmöglichst Liams Idee umsetzten und ein Gridguide-Override in ihren Wagen einbauen. 

Um 22.14 Uhr fuhr Snowcat in ihrem heute schwarzen Porsche Panamera vor dem Alabaster Maiden vor. Sie wartete ihm Wagen, bis der junge Mann vom Parkservice ihr die Tür geöffnet hatte. Die Neons unter dem Wagen leuchteten heute genau im Türkis ihrer Riemen-High Heels. Snowcat streckte dem jungen Menschen ihre linke Hand hin, damit er ihr aus dem tief liegenden Auto helfen konnte. Sie schwang in grazilen Bewegungen ein Bein nach dem anderen aus dem Sportwagen der Luxusklasse und kicherte amüsiert in sich hinein, als sie bemerkte, wie sehr der Mann vom Parkservice deshalb um seine Selbstkontrolle ringen musste. Snowcat hauchte ihm ein ,Danke‘ zu und während sie ihm einen zeitlimitierten Zugangscode für ihren Wagen und die Parkgebühr samt Trinkgeld rüberbeamte, meldete sich ihr Commlink bereits beim Türsteher im Nachtclub an. 

Snowcat zwinkerte der lebensgroßen, weißen Statue von Gabriella Dematto zu, die unvergänglich schön vor dem Alabaster Maiden stand. Dann bewegte sie sich hüftschwingend und dem AR-Pfeil folgend auf den Eingang zu. 

Der Türsteher erwartete sie bereits, zeigte sein Zahnpastalächeln und öffnete der Elfe die Tür des V.I.P.-Eingangs in einer großen Geste. „Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt bei uns, Lady.“ Sie konnte spüren, dass er ihr so lange es ging hinterher blickte.

Die weißen, zartblauen und türkisen Blüten, die den unteren Teil des Rocks des ansonsten schwarzen Minikleides bildeten, tanzten bei jeder Bewegung die sie vollführte, wie echte Blumen im Wind. Snowcat betrat den V.I.P-Bereich offenbar als letzte der geladenen Gäste, die so unterschiedlich gekleidet waren, wie es sich für so verschiedene, selbstbewusste Metamenschen gehörte. 

Sparky, in einer extraweiten Baggy-Pants und einem neongrünen T-Shirt und Arcade in einem neonorangenen Minirock und passendem bauchfreien Top, hatten bis eben noch rechts und links bei Starbuck gestanden. Starbuck war in eine schwarze Hose und ein schwarzes Shirt gekleidet. Bis dahin also nichts ungewöhnliches. Neu an seinem Outfit war hingegen eine schwarze, ärmellose Lederjacke, die den Blick auf ein Nanotatoo freiließ. Ein altertümlich aussehender Roboter bewegte sich zur Musik und seine Antennen wackelten.

Bei Snowcat Erscheinen riefen die Zwillinge nun laut unisono, „Cousine Snowcat“ und wollten schon losstürmen, um sie gemeinsam anzuspringen, wurden aber gleichzeitig von den großen Händen Sharks Finns an den Schultern gepackt und festgehalten. Der attraktive, braungebrannte Troll mit den rotgelockten Haaren trug heute einen gut sitzenden schwarzen Anzug, eine schwarze Weste, ein weißes Hemd und eine schwarze Krawatte. Neben ihm stand Blackstone und bildete nicht nur was seine Körpergröße anging den krassen Kontrast zum Hünen Shark Finn. Der dunkelhäutige Zwerg trug heute einen weißen Anzug, eine weiße Weste, ein schwarzes Hemd und eine weiße Krawatte. In einem waren die beiden jedoch gleich, sie hatten beide teure, gut geputzte und schwarze Schuhe an. 

Shark Finn ließ Sparky und Arcade los und sie stellten sich darauf brav hinter Mystère an, der in eine schwarze Hose und einen schwarzen, dünnen Rollkragenpullover gekleidet in seiner vollen Größe von 2,30m vor Snowcat getreten war und sich herunterbeugen musste, um sie auf die Wange zu küssen und dies, obwohl Snowcat mit ihren Schuhen knapp 1,90 m groß war. „Bonsoir, Beauté, du siehst wirklich bezaubernd aus.“

Die Twins scharrten mit den Hufen und waren wohl zu ungeduldig, denn Shark Finn zog sie zurück und drängelte sich, ihren Protest ignorierend, vor. 

Natürlich musste sich der Fomori ebenfalls runterbeugen um Snowcat mit einem Wangenkuss zu begrüßen, allerdings gewann er den Größenvergleich gegen Mystère gerade mal um ein paar Zentimeter. Unter dem Ansatz seine Anzugsärmels zeigten sich die Ausläufer der Tribals, mit denen seine mattchromen Cyberarme komplett verziert waren. Nach zwei Küsschen umarmte er Snowcat und hob sie kurz hoch. „Aloha Cousine.“

Sparky und Arcade maulten, „Sind wir jetzt...“, „...endlich dran?“

„Ja, nach mir.“, sagte eine männliche Stimme die ohne Zweifel Liam gehörte. Wie immer, wenn der Oheim etwas sagte, protestierten die Zwillinge nicht. 

Irgendwie sah Liam in seinem Kilt im grünen Tartanmuster wirklich gut aus. Das Teil stand ihm einfach und betone, wie besonders er war. Selbst die Kniestrümpfe wirkten an ihm nicht albern. Dazu Combatboots und ein grünes T-Shirt und fertig war das moderne Clansoberhaupt. Nachdem Liam sie begrüßt hatte, kamen Sparky und Arcade endlich zum Zug. Sie umarmten Snowcat gleichzeitig, achteten aber darauf, nicht zu stürmisch zu sein. 

Thunderstrike, in einem schicken dunkelblauen Anzug, hatte gerade einen Kranz mit einem roten Stern aus Blumen in der Mitte auf das Büffet gelegt. Nun stellte er zwei Schnapsgläser davor ab, füllte beide mit Wodka, hob ein Glas davon zum Gruß, „Auf dich Sunrise!“, hielt kurz inne und trank das Glas leer. Die Flasche stellte er dann vor dem Kranz ab.

Gumshoe, der auch heute wieder im Look ,schottischer Landadel‘ gekleidet war und einen Trauerflor um den linken Oberarm gezogen hatte, übernahm die Idee sofort. Allerdings wollte er wohl keinen Wodka trinken. Er schnappe sich eine Flasche Whisky aus der Bar und wiederholte das kleine Ritual. 

Snowcat setzte unterdes ihre Runde fort. Mystique war heute blond, die Haare waren zu zwei abstehenden Zöpfen am Oberkopf zusammengebunden. Ihr Gesicht war niedlich rund, ihre elfischen Ohren nicht ganz so spitz wie sonst. Sie trug eine schwarze Hotpants über pinken Netzstrümpfen, dazu ein Bustier. Sie hatte beide Ellenbogen auf einem Tisch aufgestützt und gewährte so Starbuck gerade einen netten Einblick. Mystique flirtete Starbuck an und er stieg darauf ein. 

Blood stand bei ihnen und hatte soeben einen kleinen Wettstreit um Mystique mit dem Technomancer begonnen. Blood sah in der engen schwarzen Hose und dem blutroten, teuern Hemd wirklich attraktiv aus. Die ersten drei Knöpfe seines Hemdes standen offen. Snowcat hatte den Anblick seiner breiten, muskulösen Schultern in den letzten Monaten vermisst, wie sie gerade feststellte. Von ihm umarmt und auf die Wange geküsst zu werden, war ein sehr angenehmes Gefühl. 

Starbuck wirkte eine wenig nervös, Lampenfieber hatte ihn ergriffen. Snowcat flüsterte ihm zu, „Keine Sorge, stell dir einfach vor du bist zu Hause und das ist nur eine Matrixshow ohne echtes Publikum.“

Doc brachte Snowcat ein Glas Champagner. Der Stoff seines schwarzen Anzuges mit Long Jacket sah aus, als wenn er mit feinem Diamantstaub überzogen worden wäre. Neben seinem AR-Stetson, war die metallsilberne Weste der Eyecater. Er prostete Snowcat mit seinem Whiskyglas zu und leerte es dann in einem Zug. 

Auch Hopper trank seinem Whisky aus, als Snowcat sich zu ihm gesellte. Seiner schwarzen Jeans fehlten jegliche Spuren von Abnutzung, den Kragen des schwarzen Hemdes hielt er mit einem Stringtie geschlossen, auf dem ein Totenkopf mit Rubinaugen thronte. Die schulterlangen, leicht gelockten schlohweißen Haare trug der schon etwas in die Jahre gekommene Mensch heute offen, aber seinen Ohrring in Form einer riesigen, echten, weißen Perle konnte man dennoch gut sehen

Average kam Snowcat vom Buffet her entgegen. Er hatte den E-Racoon Cute auf dem Arm, der sich sein Maul gerade mit einem Küchlein stopfte, seine Pfoten waren voller Zucker. Wenn der Waschbär mit Resonanz hier war, dann konnte das Gnomenmädchen Newt auch nicht weit sein und tatsächlich entdeckte Snowcat den knapp 80 Zentimeter großen Teenager in der Nähe von Steel, wo die beiden sich angeregt unterhielten, Snowcat bemerkten und sich zu ihr aufmachten. 

Cute wollte unbedingt auf Snowcats Arm und streckte seine Ärmchen aus. Die Elfe schüttelte den Kopf, worauf das Tier seine Pfoten an Averages eh schon schmutzigem Hemd abwischte, und sie ihr dann mit einem frechen, stolzen Ausdruck im pelzigen Gesicht präsentierte. 

Während Snowcat Cute kurz knuddelte, hob sie eine Augenbraue. Alle hatten sich partyfein gemacht und Average kam in einer zerknitterten Karohose und einem mit Essenresten bekleckerten Hemd? Ein Glück hatte man ihn Dank des VIp-Tickets überhaupt eingelassen.

„Ja, ich weiß.“, erklärte er ein wenig kleinlaut, „Aber die Einladung ist irgendwie in meinem Spamfilter gelandet und dann hab ich nicht gleich geschaltet, wer Log Off ist.“ 

„Log Out!“ korrigierten Sparky, Arcade und Newt gleichzeitig.

Average nickte, „Ja genau. Jedenfalls musste ich dann sofort los, ich bin quasi hungrig vom Tisch aufgesprungen. Zum Glück gibt es hier so ein leckeres Buffet.“

Auch Nethertalk und Hellboy waren Snowcats Einladung gefolgt. Nethertalks Freizeitanzug entsprach nicht ganz der aktuelle Mode, aber er war schlicht genug, um zeitlos zu sein. Das warmherzige Lächeln des Elfen ließ jeden, dem er es zukommen ließ, sein auf einer Seite völlig vernarbte Gesicht schnell vergessen. 

Hellboy trug einen schwarzen Anzug, der dem Stil Akido-Kampfkleidung nach empfunden war. Das Schwarz bildete einen angenehmen Kontrast zur orangenen Haut des Oni. An ihm wirkte Schwarz immer so viel schwärzer. Wie leicht sich das Auge doch beeindrucken ließ. 

Snowcat schloss ihren Reigen bei FTW, eine gutes Stück Zeit war seit ihrer Ankunft vergangen, da sie mit jedem ein paar Worte gewechselt hatte. Bisher gestaltete sich der Abend schon mal sehr angenehm. Snowcat amüsierte sich ausgesprochen gut. 

Der Latino-Ork trug eine dunkle Hose und ein kurzärmliges, weißes Hemd, das bis zum Bauchnabel offen stand. Seine blossen Füße steckten in Slippern. „Ah Snowcat, deine Schönheit lässt den gesamten Raum erstrahlen.“

Eigentlich hatte Snowcat dem Ork nur die Hand schütteln wollen, aber für dieses unerwartete und wohlformulierte Kompliment küsste sie auch ihn zur Begrüßung auf die Wange. Endlich mal einer, der das Offensichtliche auch aussprach, sie lächelte, „Danke für das Kompliment. Man sollte es gar nicht glauben, aber ich höre so nette Worte selten, gerade von meinen Kollegen ist das Mangelware.“

Gumshoe erhob seine Stimme, „Lasst uns alle auf Sunrise trinken.“ Ihm war anzusehen, dass ihm der Tod des Russen richtig mitgenommen hatte. Snowcat hatte das schon bemerkt, als sie sich mit ihm zwei Tage zuvor getroffen hatte. Kein Wunder, schließlich hatten die beiden in einem für Snowcat rasenden Tempo Freundschaft geschlossen und waren sogar zusammen gezogen. 

Alle stellten sich so auf, dass sie den Kranz sehen konnten, hoben ihr Glas, riefen „Auf Sunrise!“ und leerten ihr Getränk in einem Zug. 

Vorausschauend hatte Snowcat das Alabaster Maiden gebeten eine Stelle vorzubereiten, an der man die Gläser auf dem Boden zerschmettern konnte und sie hatte außerdem darum gebeten für die Vip Lounge einfache Gläser bereit zu stellen, die man auch zerbrechen konnte. Der Club war dem erfreulicher Weise nachgekommen. Es hätte sicher albern gewirkt, wenn man sein Glas auf dem Teppichboden geworfen hätte und dieses dann liegen geblieben oder sogar herum gehüpft wäre. Nun konnte Snowcat getrost sagen, „Lasst uns einer alten, russischen Tradition folgen. Wir wollen Sunrise so viel Glück wie möglich mit auf seinen letzten Weg geben.“ Snowcat nahm ihr leeres Schnapsglas und warf es dann auf den Boden an die vorbereitete Stelle, traditionell wäre dort der Kamin gewesen. Gumshoe tat es ihr augenblicklich nach. 

Sparky und Arcade holten bereits aus, Snowcat rief ihnen schnell zu, „Nur dorthin, bitte.“

Cartoonfigurenmäßig hielten sie in der Bewegung inne, „Na gut, dass...“ „... du das noch gesagt hast.“ „Wir hatten schon...“ „.. den harten Boden der Tanzfläche anvisiert.“ Dann warfen sie ihre Gläser zu Boden, wo sich inzwischen schon ein schöner Scherbenhaufen gesammelt hatte.

Newt fragte in die Runde: „Bringt es nicht eigentlich Unglück wenn man Glas zerbricht?“

Snowcat lächelte, „Nicht in der russischen Kultur. Vielerorts bringen nur Porzellanscherben Glück, aber ich glaube, so genau sollte man das nicht nehmen. Wichtig ist in vielen Kulturen allerdings, dass es keine Spiegel sind, die man zerbricht.“

Je näher die Zeit in Richtung 23.00 Uhr rückte, desto aufgeregter und nervöser wirkte Starbuck. Wenige Minuten vor der vollen Stunde verabschiedete er sich und verschwand hinter die Bühne des Clubs.

Punkt 23.00 Uhr ging die Musik im Club aus und das Licht wurde gedimmt. Im Hintergrund der Bühne wurde die skelettierte Silhouette eines utopischen, in Grüntönen gehaltenen Seattles sichtbar, in der die Schattenfigur eines Mannes stand. Erste Sphärentöne erklangen. Der Schatten bewegte sich und man konnte einen animierten Mann erkennen, der unverkennbar Starbuck war. Manga-Starbuck huschte unter den leisen Tönen einer ruhigen Melodie durch die Stadt und tauchte hier und da auf. Dort wo er gewesen war, änderte sich die Farbe der Umgebung, sprich, die Morgendämmerung eines neuen Tages setzte ein. Dann löste sich die Mangafigur in einer Wolke auf und fiel als Sternenregen auf die Bühne. Ein musikalischer Donner erklang, ein Scheinwerfer ging an und aus dem Sternenregen bildete sich Starbuck, der nun RL und 3D vor einem Mischpult mit Synthesizer stand. Die Musik nahm Fahrt auf, ein weißes Flashlight verkündete den Titel, der erste Song, ,Just Another Day‘ erklang. 

Die Lichtshow auf der Tanzfläche unterstrich die Melodien. Zunächst zuckten nur grüne Lichter im untergelegten Rhythmus. Irgendwann während des ersten Songs sah eine Kopie des kleinen niedlichen Retro-Roboters von Starbucks Tattoo hinter einem Haus auf dem Screen vor, blickte sich um, trat dann vor die Stadt und begann dort zu tanzen. Nach jedem Song implodierte der Screen im Hintergrund. 

Mit jedem neuen Stück wurden weitere Farben in die Lichtshow integriert. Außerdem erschienen immer mehr von den kleinen Robotern vor der Stadt und fielen in den Tanz mit ein. Von Song zu Song entstand so eine Dynamik, die auf einen Höhepunkt zulief. Immer wieder erschien hier oder da über AR Manga-Starbuck und wo er gewesen war, hinterließ er einen kurzzeitigen Effekt in Form eines Icons, einem Spotlight oder einem Duft, der der Klimaanlage beigemischt war. Die Show war ein Erlebnis für mehrere Sinne in mehreren Dimensionen. Die Menge der Clubgäste wogte und tanzte zur Musik. Zwischen den Songs brandete Applaus auf. Log Out kam hervorragend an. Auch die Vip-Gäste entzogen sich der Musik nicht, ein Großteil der Runner tanzte. Snowcat ließ sich ebenfalls anstecken. Shark Finn und Blood blieben an ihrer Seite. 

Nachdem was Snowcat so von den anderen, vor allem weiblich Gästen hörte, würde Starbuck die kleinen Roborter als animiertes Icon problemlos verkaufen können. Bald tanzten so viele von ihnen vor der Stadt auf dem Screen, dass einzelne kaum auszumachen waren. 

Zu Beginn des sechsten Stücks war das utopische Seattle im Hintergrund in das orangene Licht der aufgehenden Sonne getaucht. Manga-Starbuck zog die Aufmerksamkeit der Gäste auf einen Punkt etwas rechts von RL-Starbuck auf der Bühne. Auch die Roboter hatten aufgehört zu tanzen und blickten gen Himmel. Frischer Wind kam auf und das Geräusch von Flügeln erklang im Hintergrund. Eine dunkle Gestalt schwebte von der Decke herab, eine Masse von schwarzen Federn war zu erkennen. Das weiße Flashlight verkündete den Titel: ,Dead By Sunrise‘.

Die schlanke Gestalt war gelandet und öffnete ihre Flügel, die herabsanken und zu der federbesetzten Schleppe einen wunderschönen, schwarzen Kleides wurden. Das Kleid wurde von einer zarten, aber selbstbewussten Frau getragen, deren Gesicht unter einer Maske verborgen war, unter der Augen wir glühende Kohlen rot leuchteten. Das Gesicht der Frau war Snowcat unbekannt, aber selbst wenn sie nicht gewusst hätte, wer das war, so hätte sie Riven doch sofort an ihrer unvergleichlichen Stimme erkannt. Das Publikum applaudierte und starrte gebannt zu der Lady im Feder-Kleid, erst als die kleinen Roboter wieder zu tanzen begannen, fielen die Gäste des Clubs mit ein. 

Riven sang zu zwei weiteren Liedern. Dann explodierte der Screen ein weiteres Mal. Die Tanzfläche war nur noch spärlich erleuchtet und auf der Bühne war es gänzlich dunkel.

Schon nach wenigen Sekunden begangen die Anwesenden im Alabaster Maiden rhythmisch zu klatschen und eine Zugabe zu verlangen. Log Out war darauf vorbereitet und als der Screen mit einem weißen Flashlight wieder zum Leben erwachte und den neuen Titel ,Take Me to A Higher Plane‘ ankündigte, jubelten die Metamenschen und gaben sich sofort tanzend der Musik hin. Snowcat hatte im Moment genug vom Tanzen und zog sich in die V.I.P.-Lounge zurück.

Als Screen und Bühne erneut Mal dunkel wurden, brauchte das Alabaster Maiden ein wenig länger, um eine Zugabe zu erhalten. Log Out bot eine anders abgemischte Version von ,Dead By Sunrise‘ dar. Rivens Stimme kam diesmal vom Chips und der Song wies nun neue elektronische Elemente auf. 

Screen und Bühne wurden danach abermals dunkel. Nach einer Weile ebbte der Applaus ab. Doch kurz bevor er völlig erlosch, erklang ein einzelnes, frenetisches Klatschen, samt Johlen und Pfeifen. Es war laut, eindringlich und ansteckend und es kam aus der V.I.P-Lounge. Shark Finn, Sparky und Arcade fielen als erste wieder mit ein. 

Snowcat drehte sich um, im Halbschatten stand der Auslöser der dritten Forderung nach Zugabe. Dort stand eine schlanke Gestalt mit einem weiß geschminkten Gesicht. Snowcat begann nun ebenfalls wieder zu klatschen, schon bald waren die Zugabe-Rufe so eindringlich, dass Starbuck erneut die Bühne betrat und eine Medley von einigen Minuten darbot. Als die ersten Töne erklangen, wandte Snowcat sich von der Bühne ab und ging auf Harlequin zu. 

Sie strahlte den Elf an, „Hey, schön dass du gekommen bist!“ Sie küsste ihn auf die Wange.

Harlequin zog sie kurz an sich, dabei zeigte er wieder diese amüsierte, leicht spöttische Lächeln, „Danke für die Einladung. Wie ich sehe, bist du also gut nach Hause gekommen. Aber daran gab es eigentlich keinen Zweifel.“

„Nein, da hast du recht, das Gefährlichste hatte wir in Bogotá bereits überstanden.“

Blood kam im Gang eines gefährlichen Raubtieres auf sie zu. Er fixierte Harlequin deutlich. Harlequin hielt dem Blick locker stand, er legte einen Arm um Snowcats Hüfte uns zog sie dicht zu sich heran. Snowcat genoss Harlequins Nähe und sie mochte, dass er mit der Geste irgendwie ,Mein Mädchen‘ sagte. Sie wandte sich Blood ein wenig zu, schmiegte sich aber gleichzeitig dichter an Harlequin an. „Hey Blood, wenn ich kurz vorstellen darf, Harlequin, das ist Blood. Blood das ist Harlequin.“

Blood fixierte Harlequin weiter argwöhnisch, er gab ihm nicht die Hand, sondern nickte ihm zu. „Hallo Harlequin.“, dann sah er wieder zu Snowcat und lächelte leicht. „Ihr zwei kennt Euch woher?“

Snowcat lächelte zurück, „Woher? - Aus Frankfurt in den ADL.“

Blood hob überrascht eine Augenbraue und starrte dabei wieder Harlequin an, „Aus Frankfurt...“, dann entstand eine längere Pause. Für die meisten im Team war es ein unbekanntes Bild, Snowcat privat an der Seite eines Mannes zu sehen, vielleicht hatte Blood auch nur erwartet, Harlequin würde eine Erklärung anfügen. Jedenfalls schwebte das ,Frankfurt‘ jetzt irgendwie offen im Raum.

Harlequin grinste, „Wenn du noch nicht weißt, was du noch fragen willst oder wie du dich ausdrücken sollst, überleg ruhig noch. Ich hab jede Menge Zeit.“

Harlequin hatte freundlich und höflich gewirkt, da war kein Spot in seiner Stimme zu hören gewesen, der Mann war wirklich gut.

Blood kniff die Augen zusammen. Aus den Schlitzen funkelte es kalt. Er fixierte Harlequin erneut und fragte nicht ganz so freundlich, „Wie hat dir denn die Musik gefallen Harlequin?“

Das Lächeln von Harlequin wirkte durch den rot geschminkten Mund irgendwie teuflisch,  „Ich fands nett.“

Blood verzog den Mund zu einem zynischen Grinsen, „Nett ist die kleine Schwester von Scheiße!“

Harlequin lachte, „Ich weiß. Aber das meinte ich nicht. Es war wirklich gut, aber es trifft eben nicht meinen Musikgeschmack.“ Während dieser Worte hatte Harlequin mit seiner linken Hand über Snowcats Hüfte gestreichelt. Snowcat gefiel das, Blood nicht. Obwohl die beiden Männer die ganze Zeit Blickkontakt gehalten hatte, war Blood die Zärtlichkeit aufgefallen. Er ließ seinen Blick zu Snowcats Hüfte gleiten und setzte zu einer Bemerkung an. 

Blackstone erschien, grüßte Harlequin kurz und sagte dann leise zu Blood, „Lass mal gut sein Blood. Sie ist bei ihn in guten Händen.“

Blood murmelte etwas von, „Mir wärs lieber, er würd seine Hände bei sich lassen.“, dann räusperte er sich, nickte Blackstone als Zeichen, dass er verstanden hatte zu und fragte Snowcat dann laut, „Möchtest Du noch was zu trinken, Snowcat?“

Snowcat lächelte, „Ja danke. Ich hätte gern einen Sommerbreeze, die Mischung klingt schon den ganzen Abend verlockend.“

Harlequin schaltete sich ein, „Oh. Ich hätte auch gern einen von den Cocktails mit den Fancy Names, bringst du mir bitte einen Cirque Du Solei mit, wenn du schon mal unterwegs bist.“

Da die Gefahr gebannt war, hatte Blackstone inzwischen seine Gesprächsrunde fortgesetzt, er sprach heute für seine Verhältnisse viel und unterhielt sich eine zeitlang interessiert mit jedem.

Blood nickte, sah dabei aber niemanden an. Dann zog er ab. Er war eifersüchtig, keine Frage, stellte Snowcat erfreut fest. Ein paar Augenblicke später kam Blood mit den bestellten Cocktails vorbei. 

Sparky und Arcade hielten offensichtlich weiten Abstand zu Harlequin, sie amüsierten sich trotzdem und spielten mit Newt und Average ein Spiel. Überraschender Weise spielten sie kein Matrix-Spiel, sondern ,Wofür steht FTW?‘. Abstruse Vorschläge wie „Free The Willy‘ oder ,Fly To Winnipeg‘ kamen dabei zu Tage. 

Als Starbuck aus dem Backstage-Bereich zurückkehrte, griff Snowcat nach Harlequins Hand, zog verspielt daran und meinte, „Komm mit, da ist Starbuck und ich möchte gerne mit ihm sprechen. Harlequin drückte Snowcats Hand und folgte ihr. Aus dem Augenwinkel nahm Snowcat wahr, dass Riven ebenfalls in der V.I.P.-Lounge erschienen war. Die Frau zog sich an den Rand der Bar ins Halbdunkle zurück.

Snowcat ging auf Starbuck zu, Harlequin trat dicht hinter sie, zog sie an sich und legte ihr einen Arm eng um ihre Taille, in der anderen Hand hielt er locker seinen Cocktail. Da er sie um mehr als 10 Zentimeter überragte, konnte er nun an dem Gespräch teilnehmen ohne sich in den Vordergrund zu drängeln. Snowcat lehnte sich gegen ihn und da nahm sie es wieder wahr, Harlequin roch so gut. Sie grinste Starbuck nun gleich doppelt fröhlich an, „Hey, ich glaube ihr kennt euch noch nicht, Harlequin, das ist Starbuck oder heute auch Log Out, Starbuck, das ist Harlequin.“

Von Starbuck kam ein kurzes neutrales, „Hallo.“ Für einen Moment schien er von Harlequin Gegenwart überrascht zu sein, vor allem, da er Snowcat so in den Arm genommen hatte, dann aber lächelte er glücklich. Sämtliche Nervosität von vor dem Konzert schien verflogen, er wirkte nun völlig gelöst. 

Snowcat nippte an ihrem leckeren Cocktail, um ihre Kehle zu befeuchten und meinte dann zu Starbuck: „"Wow, die Show war echt beeindruckend. Das meine ich ganz ernst. Da schlummern ja mir völlig unbekannte Talente in dir. Hast du die Musik kurzfristig komponiert, beziehungsweise zusammengestellt oder sind das Stücke, die du bereits komponiert hattest und neu zusammengemischt hast?“

„So viele Fragen auf einmal.“, sagte Starbuck lächelnd. „Bei dir schlummert auch viel Unbekanntes.“, dabei wanderte sein Blick zu Harlequin. „Die Musik fandet ihr toll, ehrlich? Oh man ihr glaubt gar nicht wie angespannt ich war. Diesmal vor Freunden zu spielen, die mich von dieser Seite nicht kennen, machte mich unglaublich nervös.“ Er sah Snowcat kurz direkt in die Augen, er wirkte ausgelassen, Snowcat war froh darüber, den jungen Mann so zu sehen. Das waren die Bilder, die sie tief in ihrem Herzen einschloss, so sollte man seine Freunde und Bekannten im Gedächtnis haben. So würde sie Starbuck zeichnen.

Starbuck erzählte weiter, „Danke für die wahnsinnige Location. Der Club ist fantastisch. Es ist so groß hier, die Fläche war voller Leute - so was treibt mich unglaublich an. Ich habe das Gefühl, je größer der Raum, desto größer wird die Wirkung der Songs. In kleinen Räumen nehme ich mich immer automatisch ein bisschen zurück, während ich in einem großen Raum viel mehr rauslasse. Was trinkt ihr?“

Snowcat hielt ihren Cocktail hoch, „Das ist ein ,Sommerbreeze‘, pürierte Erdbeeren, Limettensaft und Champagner.“

Auch Harlequin hielt sein Glas hoch. Als er sprach, drang sein Atem an Snowcats Ohr und sandte ihr einen wohligen Schauer das Rückrat hinunter. „Dieser Fancy-Name-Drink nennt sich ,Cirque Du Solei‘, viel Gin, Kirsch- und O-Saft. Herb und durchaus lecker.“

Starbuck nickte, „So einen ,Cirque Du Solei‘ bestelle ich mir auch.“ Ohne in irgendeiner Form zu unterbrechen, fuhr er fort, „Drei Songs waren neu, der Rest war ein bisschen Best-of von mir. Ganz alte Sachen habe ich natürlich neu abgemischt, das würde sonst ja

keiner mehr hören wollen. Die Arbeit mit Riven war sehr spannend. Ich finde es so klasse, dass sie mitgemacht hat. Sie hat so viel Gefühl in die Songs gelegt. - “ 

Während Starbuck weitersprach entwickelte Harlequin ein starkes Interesse an einer Strähne aus Snowcats Haar, die sich aus dem gewirkten Zopf gelöst hatte. 

„ - Wahnsinn! Und doch wussten wir beide, woher dieser große Schmerz kommt. Ich hoffe, es hat sie ein bisschen abgelenkt.“ Starbucks Cocktail wurde gebracht, „Ah der Drink, Danke. Prost auf Sunrise und auf den schönen Abend!“

Harlequin hatte Snowcats Strähne losgelassen und hob sein Glas. Sie stießen an.

Snowcat hätte am Liebsten ihren Drink geleert und noch einen weiteren Sommerbreeze bestellt, aber sie war vernünftig und trank nur ein paar Schluck, dann legte sie den Kopf ein wenig schief und fuhr sich mit der Zunge kurz über die Lippen, „Ich mochte den Track mit der schnellen Fahrt auf der Strasse gern, hast du die Bilder selber aufgenommen und wenn ja, wo?"

Starbuck freute sich über die Nachfrage, "Ja habe ich selber mal aufgenommen. Ist schon ne Weile her... warte mal,“ er überlegte kurz, „im Herbst letzten Jahres. Ich hatte gerade den Song dazu fertig und hatte das Gefühl, das trotzdem noch was fehlt. Da kam mir die Idee das Tempo in einem Clip zu visualisieren. Dann bin ich zwei Nächte durch Seattle gefahren. Die Aufnahmen der ersten Nacht waren nicht perfekt, zu wacklig und zu wenig Licht. Die falsche Menge Regen. In der zweiten Nacht war es dann viel besser. Während der ganzen Fahrt lief dabei der Song. Ist mein Lieblingsstück!“

Snowcat reflektierte den Song kurz vor ihrem inneren Ohr und Auge, „Du hast die Stimmung der Geschwindigkeit wirklich gut transportiert, Du könntest echt Geld mit der Musik machen." Snowcat grinste kurz, dann verwandelte sich ihr Grinsen in ein Lächeln, sie beugte sich ein wenig vor, blickte Starbuck in die Augen, berührte ihn kurz am Arm und sagte etwas leiser, "Nicht das ich das möchte, ich bin ja gerade erst froh, dass ich dich wieder habe, da möchte ich dich nicht gleich wieder missen." 

Starbuck erwiderte den Blick und antwortete ebenfalls leiser: „Keine Sorge, die Musik ist ein Hobby von mir und soll es auch bleiben. Geld verdiene ich lieber, in dem ich mit euch die Welt rette.“ Dann sah der junge Mann zu Harlequin und sagte: „Ich würde gern deine Meinung hören. Wie fandest Du die Musik?"

Harlequin überlegte nicht, er plauderte, als würde er Starbuck schon ewig kennen, "Hat mir gut gefallen. Allerdings ist E-Dance nicht meine Lieblingsmusik. Dein künstlerischer Ausdruck ist wirklich grossartig und man kann sehr gut dazu tanzen. Generell stehe ich mehr auf Gitarren. Ich spiele selber Gitarre, am liebsten Steel-Gitarre. Also wenn du mal ein paar wirklich gute Gitarrentracks einspielen möchtest, stehe ich gern zur Verfügung."

Starbucks Gesicht zeugte von seinem ehrlichen Interesse, "Du spielst Gitarre? Interessant."

Snowcat legte ein tiefes Timbre und ein leichtes Schnurren in ihre Stimme, als sie einwarf, "Oh ja, er spielt wirklich Gitarre und das sogar aussergewöhnlich gut."

Harlequin meinte darauf ernsthaft, "Ich hätte es nicht besser und vor allem nicht charmanter ausdrücken können. Ja ich spiele sehr gut Gitarre und nicht nur das. Ich verfüge über eine ansehnliche Gitarrensammlung, die kann ich dir gerne zeigen. Wir können ja mal was ausmachen."

Starbuck nickte und er wirkte weiter so zufrieden und ausgelassen, "Das Angebot nehme ich gerne an."

„Gut.", dieser simplen Antwort fügte Harlequin augenblicklich eine weitere Frage an, „Wie gehst du eigentlich vor, komponierst du die Musik in deinem Kopf oder probierst du etwas auf den Synthesizer rum, bis eine Melodie daraus wird?"

„Das ist eine interessante Frage. Als ich meine Fähigkeiten lernte anzuwenden, hat sich auch das Komponieren verändert ....“

Eh Snowcat es sich versah, waren die beiden Männer in ein intensives Gespräch über Starbucks Musik verwickelt. Es war nicht so, als wenn Snowcat sich ausgeschlossen fühlte, sie wandte nur deshalb nichts ein, weil sie es faszinierend fand, mit welcher Leichtigkeit der geschminkte Elf das Gespräch am Laufen hielt. Da war kein Zwang, kein Verhör, da waren zwei Männer, die über etwas sprachen, woran sie beide Interesse hatten. 

Snowcat blickte sich um, überhaupt schienen sich alle großartig zu amüsieren. Die Party war gelungen. Selbst Gumshoe hatte seinen Spaß, indem er Geschichten von seinen letzten nächtlichen Partystreifzügen mit Twinbow und Sunrise erzählte. Einzig Riven saß Abseits im Schatten und wirkte, als wenn sie nicht gestört werden wollte. 

Harlequin schien Snowcats Gegenwart zu genießen, er hielt sie fest und strich ihr hin und wieder über ihr Haar. Nach mehr als einer viertel Stunde fand Snowcat jedoch, dass sie mehr im Fokus der Aufmerksamkeit der beiden Männer gehörte. Sie lächelte charmant und meinte, „Jetzt haben wir so viel über Musik gesprochen, jetzt mag ich das tun, wozu ein Großteil von Musik gemacht wurde und wird. Starbuck, hast du Lust mit mir zu tanzen?“

„Ja klar!" Mit einem verschmitzten Blick beendete Starbuck das Gespräch mit Harlequin. Snowcat gab Harlequin einen zarten Kuss auf die Wange, „Bis gleich.“, dann zogen beide auf die Tanzfläche ab. 

Schnell fand Snowcat den Rhythmus der Musik, auch diese Beats waren gut tanzbar. Starbuck beugte sich vor, um nicht so laut sprechen zu müssen: „Du siehst bezaubernd aus!“   

Snowcat tanzte näher an Starbuck heran, "Danke für das Kompliment. Mit einem Kompliment kann man mir immer eine Freude mache, also mach das ruhig oft."

„Oft Komplimente machen, check.“ Er grinste jungenhaft, „Ich freue mich so, dass wir uns wieder getroffen haben.“

Sie nickte, "Ich freue mich auch. Es ist gut, wenn es unverhofft auch schöne Überraschungen gibt. Das wird dem Sinn der Überraschung gerecht."

Starbuck zögerte ganz kurz, dann sagte er, „Harlequin ist ein unterhaltsamer und außergewöhnlicher Elf. Seit wann kennt ihr Euch?“ Es war keine Spur von Eifersucht in ihm zu entdecken, da war nur echtes Interesse. Schade eigentlich. 

"Du kannst das 'ein' getrost durch ein 'der' ersetzten und aus 'licher' ein 'lichste' machen. Snowcat nutzte die nächsten Beats um Starbuck anzutanzen, sie gab zwar nicht volle Power, aber die Reaktionen der Männer in der Umgebung zeigte, dass ihre Bewegungen sexy genug waren. Sie warf nebenbei einen Blick in Richtung der VIP Lounge, Harlequin unterhielt sich gerade angeregt mit Liam. Sparky und Arcade befanden sich fast auf der anderen Seite des Bereiches und hatten die Köpfe zusammen gesteckt. „Wie lange wir uns kennen? Kennen ist da wohl das falsche Wort. Ich bin ungefähr vor einem Jahr auf ihn getroffen und wenn man alle Begegnungen zusammenzählt, ist das heute die sechste." Und wir haben uns drei mal geküsst, fügte sie in Gedanken hinzu, aber natürlich behielt sie das für sich. Dann stupste sie Starbuck an, „Was hältst du von Mystique?“

„Sie sieht toll aus. Als sie gekommen ist, haben wir ein bisschen gequatscht, aber da war ich in Gedanken bei der Show. Ich sollte nachher unbedingt noch einen Cocktail mit ihr trinken, oder was meinst Du?“

Snowcat wusste nur noch all zu gut, dass Starbuck das Leben genoss und Elfinnen in sein Beuteschema passten, nur, dass Mystique eben keine Beute war. Allerdings war sie auch kein männermordendes Monster, also sagte Snowcat, „Ich denke, du solltest sie gleich mal zum tanzen auffordern, bevor Blood sie die wegschnappt. Unser Lied ist eh gerade aus.“

Starbuck nickte, „Gut, mach ich. Aber erstmal bring ich dich zurück.“

Da Snowcat Harlequin gerade nirgendwo sehen konnte, ging sie zu FTW. Der Ork hatte ein wirklich charmantes Lächeln, nicht nur für einen Ork. „Hey FTW, hast du Lust ne Runde mit mir zu tanzen?“

FTW erhob sich sofort, „Wer könnte einer so schönen Frau widerstehen. Ich möchte sehr gern mit dir tanzen.“

Auf dem Weg zur Tanzfläche hörte sie Sparky und Arcade erschrocken aufkreischen. Harlequin war hinter ihnen aufgetaucht und wuschelte ihnen über die Haare. 

FTW war ein guter Tanzpartner, er schien durch und durch Latino zu sein, obwohl Snowcat nicht mal wusste, ob er überhaupt Latino war. Sie möchte seine Art. Von dem, was sie erlebt hatte, war er auf dem Run Vollprofi, das war gut. Privat hatte er Charme und machte ihr Komplimente, das war noch besser.

Nach zwei Songs kehrten sie zur Lounge zurück. Nethertalk fing Snowcat am Durchgang ab. Sie grinste, „Na, was gibt es?“ Er wies auf eine kleine Sitzgruppe am Rande der Lounge. „Oh, so ernst, dass ich mich setzten muss?“

Nethertalk lächelte, „Ach was, ich wollte nur die Chance nutzen, dich einen Moment für mich zu haben. - Was nicht gelogen ist, wer möchte das nicht. Ich tarne dies mit der Aussage, ,eigentlich geht es um Riven‘. - Ich habe mich eine ganze Weile mit ihr unterhalten. Sie ist stark beseelt vom Glauben an ihre Göttin. Unabhängig davon, ob ihre Göttin eine erklärte Feindin von Gott ist, wollte ich, dass du darüber Bescheid weißt. Die Grenze an der aus Gläubigen Fanatiker werden, ist ein schmaler Grad, wenn Riven ihn überschreitet, solltest du nicht unvorbereitet sei.“ Nethertalk umschloss mit seinen Händen Snowcats Hand. „Ich möchte nur, dass du aufmerksam bleibst.“

Snowcat lächelte ihn dankbar an, denn sie wusste, dass er das nicht leichtsinnig oder aus Argwohn gegenüber Lilith gesagt hatte, er war stets an ihrem Seelenheil interessiert. „Ich achte darauf, versprochen. Danke für den Hinweiß.“

Als sie von dem kleinen Tisch aufstand, wunderte sie sich, dass sie selber noch gar nicht dazu gekommen war, mit Riven zu sprechen. Sie war noch nicht mal auf die Idee dazu gekommen. Merkwürdig. 

Snowcat gab dem Alabaster Maiden ein Zeichen, ging zu Harlequin hinüber, der sie gleich wieder in den Arm nahm. Sie rief alle zusammen, auch Riven kam vom Tresen hinzu.

Mehrere hübsche junger Männer servierten nun eine große Eisflasche, die mit Wodka gefüllt war. Hinzu kamen Tabletts, mit gut 40 Schnapsgläsern aus Eis, das orange oder blau gefärbt worden war. „Es ist zwar noch ein wenig hin bis Sonnenaufgang, lasst uns aber trotzdem noch einmal alle gemeinsam auf Sunrise anstoßen. Nastrovje!“ Alle folgten dem Aufruf, selbst Newt, auch wenn sie in ihrem Eisglas nur Wasser hatte. Gumshoe, Sparky und Arcade tranken sogar einen zweiten Wodka, letztere wahrscheinlich nur, weil es ihnen so einen Spaß machte, die Gläser zu werfen. Das Zerschmettern von Eisgläsern fand Snowcat so viel angenehmer, als das von echten Gläsern, obwohl oder gerade weil es da keine Scherben gab.

Kaum war die Runde ausgetrunken, kam Riven zu Snowcat. Sie hauchte der Elfe einen Kuss auf die Wange und meinte, „So cherie, ich mache mich jetzt auf den Weg. Ich bin nur  geblieben, um Sunrise noch mal zu gedenken. Jetzt habe ich einiges zu tun, denn ich muss immer noch einen geeigneten Zirkel finden.“

Snowcat drückte die junge Frau, „Ich verstehe, pass auf dich auf.“ Riven nickte und war kaum später aus dem Sichtfeld der Elfe verschwunden. 

Snowcat kam nicht weiter dazu, über die schöne Hexe nachzudenken, Harlequin forderte sie zum Tanzen auf. 

Die Nacht war wirklich ein voller Erfolg. Alle hatten ihren Spaß, jeder plauderte mit irgendwem. Kleine Gesprächsgruppen bildeten sich und mischten sich immer wieder neu zusammen. 

Cute lag irgendwann voll-gefressen auf dem Boden und schnarchte und auch wenn Average nicht schnarchte, sah auch er zufrieden und satt aus. 

Sparky und Arcade hatten FTW bearbeitet, um herauszubekommen, wofür FTW stand. Sie hatten ihm all ihre gesammelten Vorschläge unterbreitet und um ihren Versuch zu unterstützen, hatten sie irgendwann damit begonnen, Alkohol in Spiel zu bringen. FTW vertrug eine Menge, aber niemand vertrug so viel wie die zierlichen Zwillinge. Der Ork wurde zunehmend betrunkener und verkündete irgendwann lallend, „Also eure Vor‘schlääge gefallen mir so gut, da hätte ich gerne eine Liste von, und dann wähl ich per Zufall einen aus und zu euren Ehren steht FTW an dem Tag dafür.“ Das tröstete Sparky und Arcade über die Tatsache hinweg, dass sie immer noch nicht wussten, wofür FTW nun stand. 

Als die Tanzlaune sich dem Ende neigte, rief Hopper alle zusammen. Er stellte eine Flasche Bourbon auf den Tisch und als er die Reaktion der O‘Nialls und von Gumshoe sah, stellte er grinsend eine Flasche Scotch und eine Flasche irischen Whisky dazu. „Ich hab auch noch etwas bekannt zu geben. Ich bin ja nun ein paar Tage älter und inzwischen habe ich, auch dank einiger Anwesenden hier, ein gutes Sümmchen zusammen bekommen. Für mich ist es an der Zeit, mich zu Ruhe zu setzten. Ich hab eine Ranch in Texas erworben, dahin werde ich gehen und wenn ihr mich besuchen wollt oder mal ein ruhiges Plätzchen zum Untertauchen braucht, dann seid ihr alle herzlich dorthin eingeladen.“

Erst waren alle kurz still, aber dann wurden Beifallsbekundungen laut. Es wurden ein paar Witze über Altersbeschwerden und Cowboys gemacht, aber am Ende freuten sich alle nur für Hopper und über das Angebot, ihn zu besuchen.

Gegen 3.00 Uhr wurde der Club leerer und auch die ersten Runner brachen auf. Hopper verabschiedete sich zuerst. Er lud für heute Abend noch zu einem kleinen Abschieds-Barbecue ein. 

Sparcade und Liam kümmerten sich darum, den betrunken FTW auf den Heimweg zu bringen. 

Starbuck hatte in den letzten Stunden viel Zeit mit Mystique verbracht, die beiden waren sich näher gekommen, jetzt fragte er, „Wollen wir vielleicht noch gemeinsam irgendwo hin?“

Sie grinste ihn neckisch an, „Das mein Süßer, musst du dir erst noch verdienen. Soweit sind wir noch nicht.“

Blood kam zu Snowcat, „Wie sieht‘s aus, soll ich dich noch nach Hause bringen?“

Harlequin antwortete für sie, „Nettes Angebot, aber danke, wir fahren selbst. Fahr du mal mit deinem Freund mit.“

Blood schluckte seine bissige Erwiderung runter und umarmte Snowcat stattdessen. 

Kurz nach halb vier brachen auch Snowcat und Harlequin auf. Der Parkservice brachte Snowcats Porsche unversehrt zurück. Die nächtliches Strassen von Downtown Seattle waren leer und so fuhr Snowcat nur wenige Minuten später in die Tiefgarage ihres Wohnkomplexes ein.

Nachdem sie angehalten hatte, fasste Harlequin Snowcat sanft an den Arm und sagte, „Warte kurz.“, dann stieg er aus, ging um den Wagen herum und öffnete ihr die Tür. Gut, dass er sie aufgefordert hatte zu warten. Auf die Idee, dass ihr Harlequin die Fahrertür öffnen wollen würde, wäre sie nie gekommen. Nun ließ sie es sich nicht nehmen und schwang in grazilen Bewegungen ein Bein nach dem anderen aus dem Wagen und reichte Harlequin verschmitzt lächelnd die Hand. 

Er brachte sie noch zum Fahrstuhl, wo Snowcat ihren Keycode an das System sandte. Die beiden Elfen sahen sich tief in die Augen, dann trat Harlequin an Snowcat heran und küsste sie zum Abschied. Sie küssten sich zart, verspielt und intensiv. Das ,Ping‘ des Fahrstuhls ignorierten sie einfach. 

Snowcat fuhr erst gut zehn Minuten später mit einem verträumten Lächeln auf dem Gesicht in das Stockwerk zu ihrem Appartement.

❅❅❅

Der Donnerstagnachmittag verging wegen des netten UC- Barbecues wie im Flug. Sie hatten spontan den Fiddler-und-Candy-Gedenk-Grill aus der Feuerwache geholt und damit  ihr neues Gelände eingeweiht. Der Umbau des Bootshause war lange noch nicht fertig, die Jungs würden noch einiges zu tun haben. In ausgelassener Stimmung war die Idee entstanden, einen Whirlpool in den Steg einzubauen. Natürlich mit ausfahrbarem Dach, schließlich war das Wetter in Seattle viel zu regnerisch. Auch der Grill würde einen festen Platz mit einem solchen Dach bekommen.


Freitag früh ging Snowcats Flug nach Boston, Blackstone begleitete sie wieder. Wie selbstverständlich lud Tango sofort zum Abendessen ein. Es war Snowcat, die darum bat, zuvor eine Trainingseinheit einlegen zu dürfen. 

Nach dem Essen fragte Blackstone Tango, „Sag mal, du kennst doch sicher jemanden, der mir ein gutes Schwert bauen kann. Mein geliebtes Schweizer Messer ist nämlich zerbrochen und ich brauche dringend Ersatz.“

Tango überlegte nicht, „Oh ja, natürlich habe ich einen Waffenmeister. Snowcat kennt ihn und kann da sicher etwas vermitteln.“

Blackstone sah Snowcat fragend an.

“Wie, jetzt gleich?“, meinte Snowcat darauf.

Blackstone nickte, „Das wird es nicht so einfach auf Vorrat geben und ich brauch so bald wie möglich Ersatz.“

„Na gut.“, Snowcat seufzte übertrieben, „Immer diese zwergische Eile.“ Sie nahm ihr Commlink und wählte Liams Nummer. 

Sie schilderte ihm kurz, worum es ging, dann sagte er, „Gib ihn mir mal.“

Snowcat reichte Blackstone ihr Commlink und freute sich über sein überraschtes Gesicht, als dieser merkte, dass er mit Liam sprach. Blackstone beschrieb in knappen Worten, was er suchte, dann hörte er einen Moment zu, sagte, „Gut.“ und „Danke.“, und reichte das Commlink an Snowcat zurück. 

Liam grinste Snowcat an, „Ich hab ihm jetzt eine Adresse genannt. Wäre gut, wenn Du mit gehst und es dir mal ansiehst, dabei kannst du eine Menge lernen.“

„Okay, mach ich. - Warum grinst du so?“

„Ach, ich stell mir nur das Gesicht vor, das Blackstone gleich macht, wenn er rausbekommt, dass die Adresse die ich ihm gegeben hab in Spanien ist.“


Bereits am nächsten Tag saß Snowcat in einem Flugzeug nach Madrid und ließ sich von Blackstone in Geschichte abfragen. Die Zeit bis zu den Prüfungen wurde immer knapper und gerade in Geschichte hatte Snowcat ein ungutes Gefühl, weil die anderen Studenten ihr im Puncto Wissen um mindestens 10 Jahre Schulbildung voraus waren. An Allgemeinbildung fehlte ihr so viel und bei einer schriftlichen Prüfung konnte sie Lücken nicht einfach durch ihren Charme wegmachen. Doch es war ihr wichtig gut abzuschneiden. Ja, sie wollte gut sein und um nichts in der Welt, wollte sie Ehran mit ihren Leistungen enttäuschen. 

In Madrid nahmen sie einen Mietwagen, um die knapp 80 Kilometer bis Toledo zurückzulegen. Das Navigationssystem loste sie bis zum Plaza de la Isabela, der Adresse die Liam ihnen gegeben hatte. Der Platz lag ganz in der Nähe des historischen Stadtkerns, das mit sein Kirchen, dem Kloster und den Museen samt alter Stadtmauer zum Weltkulturerbe gehörten. 

Selbst die Gebäude hier am Platz waren mehrere Jahrhunderte alt. Das AR hielt sich dezent zurück und jeglicher Text kam in einer geschwungenen Handschrift daher. Man legte in der gesamten Stadt wert darauf, das Alte zu erhalten und das Neue sanft darin zu integrieren. Snowcat fühlte sich ein wenig wie in die Vergangenheit versetzt und es machte ihr nichts aus, das Auto in der Nähe zu parken und ein Stück zu Fuss zu gehen. Das Wetter war herrlich, vielleicht ein wenig zu warm nach Snowcats Geschmack, aber das sonnengelbe Licht perfektionierte die Atmosphäre. 

Am Platz gab es einen schönen Springbrunnen, zwei kleine Cafés, ein Restaurant und gut zwei Dutzend niedliche Läden, in denen Snowcat sogleich ein bestickte Tasche, ein Tuch, einen extravagant geschnittenen, lavendelfarbenen Badeanzug, einen dunkelgrünen Hut, zwölf Weinkelche, eine Karaffe, zwei Kisten Wein aus einer kleinen Kellerei der Umgebung, Chorizo, Olivenöl, besonderes Meersalz, eingelegte Oliven, getrocknete Tomaten und Schinken gekauft hatte. Ein Karton Wein und ein Großteil der Lebensmittel waren ausschließlich für Tango bestimmt und sie würde sicher etwas von dem, was er daraus zauberte, abbekommen. Der zweite Karton mit 6 Flaschen Wein war für Ehran gedacht. Die Karaffe und die Kelche, die sie in einem kleinen Antiquitätengeschäft entdeckt hatte, würde sie behalten. Henry hatte zuletzt immer wieder betont, dass Snowcat einfach nicht genug Gläser und Geschirr besaß. Selbstverständlich waren auch Hut, Badeanzug, Tuch und Handtasche für sie selbst. 

Unter den vielen kleinen Geschäften war jedoch keine Waffenschmiede gewesen. Die einheimischen Metamenschen waren sehr zuvorkommend und nannten Snowcat jede Menge Adressen an denen sie Schmieden finden konnte.

Toledo war seit Jahrhunderten berühmt für seinen Waffenstahl. Selbst in der historischen Altstadt gab es Vorzeige-Schmieden. Aber direkt am Plaza de la Isabela gab es eben keine Waffenschmiede, hier gab es nicht mal einen Brennofen. Blackstone zeigte auf ein Café. Snowcat nickte und der Zwerg stapelte grinsend die Pakete und Tüten auf den dritten Stuhl am Tisch, bevor er sich setzte. Snowcat bestellte ein Stück spanischen Mandelkuchen und dazu einen doppelten Espresso, der neue grüne Hut schützte ihren hellen Teint vor der Sonne. 

Der Elektromotor eines Motorrads drang an ihr Ohr, hier in der Innenstadt waren nur Elektromotoren erlaubt. Snowcat hob den Blick und erkannte sofort, dass das grüne Bike aufgemotzt war und zusätzlich einen Verbrennungsmotor hatte. Snowcat wies mit dem Kopf in Richtung der Frau, die gerade angehalten hatte, abstiegen war und es sich nun auf dem Rand des Brunnens bequem machte. Ihr stark gelocktes, feuerrotes Haar reichte ihr ein Stück bis über die Schultern. Sie hatte ein hübsches Gesicht mir Sommersprossen, aus dem ihre grünen Augen leuchteten und sie war für eine Menschenfrau durchschnittlich groß. Gekleidet war sie in einen enge, schwarze Hose, kniehohe, schwarze Stulpenstiefel, ein Bluse und eine Lederjacke im Bolerostyle. Als sie bemerkte, dass Snowcat und Blackstone zu ihr rüber sahen, hob sie die Hand zum Gruß. Snowcat winkte sie zu sich rüber. 

„Hallo, na schon fleißig eingekauft?“, fragte sie im akzentfreien Englisch. 

Snowcat lächelte, „Ja und dabei sind wir gerade mal gut eine Stunde hier.“, sie streckte ihr die Hand hin, „Ich bin übrigens Snowcat und das dort ist Blackstone.“

Die junge Frau schüttelte Snowcats Hand und grinste, „Ich weiß. Der Oheim hatte recht, als er sagte, dass ich euch in jedem Fall erkennen werde. Ich bin Espada.“

Espada war das spanische Wort für Rapier. Ein hübscher, vielversprechender Name. Sie tranken einen Espresso zusammen, dann meinte Espada, „Fahrt mir einfach nach.“

10 Minuten später parkte Snowcat vor einem hübschen kleinen Ladenhaus. In der Auslage des Schaufensters waren alte und moderne Waffen ausgestellt. 

Innen war die Auswahl erst richtig beeindruckend, aber das war nichts gegen das, was sich hinter dem Verkaufsbereich befand. Schwerter, Pistolen, Schießstand, AR-Trainingsraum und das modernste, was es an Gerätschaften zum Waffenschmieden gab, einiges kannte sie aus Liams Werkstatt. Snowcat war wirklich beeindruckt. Vom Entwurf bis zum letzten Feinschliff und feinen Verzierungen konnte man hier alles fertigen. Snowcat betrachtete fasziniert die Waffen hier. Rapiere, Degen, klassische Schwerter und Exoten. Espada grinste, „Du darfst dir übrigens kein Schwert kaufen, hat der Oheim gesagt.“

„Was? Warum nicht?“

Die hübsche Frau zuckte mit den Schultern, „Ich glaub, du musst das selber herstellen. Aber ein Schusswaffe dürfte ich dir verkaufen. Ich finds auch schade, denn für ein Schwert für eine Modebewusste Frau wie dich hätte ich eine tolle Idee.“ Espada blendete ein AR-Display auf und begann auf einem Zeichenbord etwas zu entwerfen. „Wie nehmen die Memory-Blade-Technik und machen ein Schwert, das man aus einem Handtaschengriff ziehen kann. Die Idee soll der Oheim erstmal toppen.“

Snowcat grinste, „Stimmt, die Idee ist genial.“, eine Waffe, die man als Frau an jede Handtasche mit Henkel stecken konnte. Unauffällig und tödlich. Aber besonders angetan hatte es ihr ein schönes verziertes Rapier an der Wand. Heft, Knauf und Parierstange waren einfach wundervoll mit Lilienblüten und Blättern verziert. Allerdings würde es ewig dauern, bis Snowcat in der Lage sein würde, ein solches Werk selbst in Angriff zu nehmen. Sowohl Wissen, als auch Fertigkeiten steckten bei Snowcat noch in den Kinderschuhen. Nur die künstlerische Ader war bereits weit genug ausgeprägt. 

Jetzt war erstmal Blackstones Schweizer Messer dran. Espada ließ sich beschreiben, was er haben wollte und begann zu zeichnen. Dann vermaß sie Blackstone völlig, nahm im Anschluss Berechnungen vor und passte Werte an der Zeichnung an. Mit einer wischenden Bewegung sandte sie das Ganze an einen 3D Drucker, der sofort ein Model aus Kunststoff auswarf. Espada brachte Metallgewichte an verschiedenen Stellen an und gab das Model-Schweizer Messer dann Blackstone, der damit in den RL-Trainingsraum abzog. Völlig zufrieden kehrte er zurück. Doch die junge Frau hatte dennoch weitere Fragen. Sie stellte erneut Gewichte ein und schickte Blackstone noch mal los. 

Danach trat Espada erneut ans Zeichenbrett und verfeinerte ihre Skizze. Snowcat schaltete sich erst bei den Verzierungen ein, hatte aber zuvor hin und wieder eine Zwischenfrage gestellt. Natürlich schlug die Elfe vor, irgendwo dezent ein Fünf als Verzierung einzubauen. Am besten in Form der Augenzahl Fünf, wie man sie bei einem klassischen Würfel sah. Diese Hommage an alte Zeiten musste einfach sein. 

Nach gut einer Stunde Probieren und Verwerfen meinte Espada, „Gut die Reisbrettarbeit ist erledigt. Ich werde gleich heute noch mit der Umsetzung beginnen und schätzungsweise 3 Tage brauchen, bis das Schwert fertig ist. Wenn ihr wollt, könnt ihr hier bei mir übernachten.“

Blackstone und Snowcat waren begeistert. „Darf ich dir bei der Fertigstellung zusehen oder gar helfen?“, fragte Snowcat sofort.

„Klar kannst du tun, ich hab noch eine zweite Schürze.“, Espada zwinkerte ihr zu.

Snowcat strahlte, „Danke, das freut mich sehr. Ich tausche nur schnell noch das Kleid gegen ein Jeans und dann kann ich loslegen.“

„Na dann. Ich zeig euch die Gästezimmer.“

Snowcat legte ihren Koffer auf die Tagesdecke des Bettes in dem wirklich entzückenden Gästezimmer und tauschte das Kleid gegen ihre eisblaue Aston-Röhrenjeans und ihr Bodyline-Shirt ,fließendes Wasser‘. Arbeitsschuhwerk hatte sie nicht dabei, aber ein paar hellblaue Chucks würden es sicher auch tun. 

Während die Mädchen in der Schmiede arbeiteten, hatte sich Blackstone bereit erklärt in die Küche zu gehen und die Zubereitung des Abendessen zu übernehmen. Die Elfe wusste nicht, ob der Zwerg das ,Kochen‘ schon immer zu draufgehabt oder ob er das meiste bei Tango gelernt hatte, aber das, was er da zubereitet hatte, schmeckte wirklich gut. 

Die frische Luft, die Arbeit und das schöne Wetter trugen ihr Übriges zu einen kräftigen Appetit bei.

Sie genossen die Speisen am späten Abend bei Fackellicht in dem kleinen Innenhof hinter dem Haus. Die Luft duftete nach Lavendel und wilden Thymian. 

Snowcat streckte im Anschluss ihre langen Beine unter dem Tisch aus und nippte zufrieden an ihrem Wein. „Du hast es wirklich schön hier, Espada.“

Die junge Frau grinste, ihre roten Locken wirkten im Licht der Fackeln wie loderndes Feuer. „Stimmt. - Du hast Talent Snowcat, also wenn du hier bleiben willst, ich würde dich als Lehrling nehmen.“

Snowcat lachte, „Das ist ein sehr verführerisches Angebot. Ich fühle mich geehrt und ich könnte bei dir sicher sehr viel lernen. Aber im Moment lautet meine Antwort nein.“, vielleicht würde sie darauf zurückkommen, falls sie durch die Semesterprüfungen rasseln sollte. 

Mitten in der Nacht klingelte Snowcats Commlink. Sie war im Nu hellwach, doch wie immer öffnete sie nicht gleich die Augen, sie orientierte sich mit ihren anderen Sinnen. Alles schien in Ordnung. Also griff sie nach dem Commlink und sah auf das Display. Riven rief sie an. Mit klopfendem Herzen richtete Snowcat sich auf, schaltete die Nachtischlampe ein, öffnete ein Display und nahm das Gespräch an. Riven sah ernst und irgendwie düster aus. Die junge Frau hatte sicher keine all zu guten Neuigkeiten. „Oh Cherie, habe ich dich geweckt? Oder noch schlimmer, anderweitig gestört?“

 „Ich hab geschlafen, aber das macht nichts. Du störst also nicht. Was gibt es denn?“, fragte Snowcat besorgt.

„Ich muss dich dringend sprechen. Können wir uns treffen?“

Snowcat seufzte, „Ich bin leider nicht in der Stadt. Ich bin nicht mal auf dem Kontinent.“, sie überlegte fieberhaft, „Geht es vielleicht auch über Commlink, wenn wir die Verschlüsselung zuschalten?“

„Wenn Du nicht auf dem Kontinent bist, dann muss das reichen.“ Sie schalteten beide die Verschlüsselung ein. Riven sah angespannt und müde aus. Snowcat hätte die schöne Hexe gern kurz in den Arm genommen. Riven erzählte, „Ich hab einen Hexenzirkel gefunden und mit deren Hilfe das Ritual abgehalten. Ich habe Twinbow über den Finger lokalisiert. Sie halten ihn mit wenig Bewachung in einem Haus dicht an der Nordwestlichen Grenze von Aztlan fest.“ Sie machte eine kurze Pause, die nächsten Worte fielen ihr offenbar schwer, „Ich rufe nur an, um dir zu sagen, dass ich mit den Frauen des Zirkels losziehen werde, um mich da umzusehen. Ich werde also eine Weile nicht da sein und für den nächsten Run nicht zur Verfügung stehen.“

Snowcat erschrak, „Warte Riven, überstürze bitte nichts. Das wird eine Falle sein und...“

Riven fuhr Snowcat energisch ins Wort, „Natürlich wird es eine Falle sein. Aber sie unterschätzen mich. Ich überstürze auch nichts, Cherie. Ich habe lange darüber nachgedacht. Tenoch hat mir etwas weggenommen, was mir viel bedeutete. Ich kann mir das nicht einfach bieten lassen. Ich werde Tenoch und Aztlan spüren lassen, was es heißt sich mit mir, sich mit UNS anzulegen. Das verstehst du doch Snowcat?“

Snowcat schloss kurz die Augen. Einerseits war es gut, Riven so selbstbewusst zu sehen, sie war schön und unglaublich mächtig. Andererseits klang das nach Rache und von Rache hielt sie nun mal nicht viel. „Ich verstehe, dass es dich drängt, etwas zu tun. Es ist gut zu wissen, dass Twinbow noch lebt. Vielleicht sprichst du zumindest mit Doc darüber.“

Riven lachte, „Mit Doc? Ich muss mit keine Mann über meine Mission sprechen, wenn ich einen ganzen Zirkel von Frauen an meiner Seite habe. Ich habe in tiefer Mediation eine Antwort von Lilith auf meine Fragen erhalten. Ich wäre gern einen anderen Weg gegangen. Den an deiner Seite und mit einem Lover wie Twinbow im Arm, aber meine Entscheidung steht fest. Es ist nun mal wie es ist. Unsere Wege trennen sich hier, es muss ja nicht für immer sein.“ 

Rivens Körpersprache zeugte von Stärke. Snowcat spürte ihre Entschlossenheit. Nie zuvor hatte sie Riven so ohne Zweifel gesehen. „Da kann ich wohl nichts weiter sagen, außer, bitte pass auf dich auf! Sei bitte vorsichtig und unterschätze die Gefahr nicht“

Riven lächelte bezaubernd, „Ich bin vorsichtig. Aber ich bin auch nicht allein und Geld habe ich auch.“ Es folgte eine kurze Pause. „Weisst du es ist so sogar besser so. Es war einfacher dir alles zu sagen, weil du mir nicht direkt gegenüber gesessen hast.“ Sie küsste Zeige- und Mittelfinger und drückte die Finger dann auf die Kamera. Snowcat kopierte die Geste, dann erlosch der Schirm. 

Snowcat seufzte, schweren Herzens wählte sie die Nummer von Doc und setzte ihn ins Bild. Er teile ihre Ansicht, dass es sich um eine Falle handelte und er ging sogar noch einen Schritt weiter. Seiner Meinung nach, war die Position von Twinbow sogar ein Zeichen: ,Näher kann ich euch nicht entgegenkommen, nun kommt und holt ihn euch.‘ Doc versprach die Informationen aus der Gegend im Auge zu behalten. Im Gegensatz zu Snowcat behagte ihm der Gedanke Riven würde Rache üben, viel mehr als der, dass sie ihre große Liebe retten wollte. 

Sie brauchte lange, um wieder einzuschlafen. Sie hoffte, dass eine Rettung von Twinbow möglich war, aber sie war auch zu sehr Realist, um dafür große Chancen zu sehen. Am nächsten Morgen war ihr Bett zerwühlt und ihr Kissen schweißnass. 

Katze saß auf dem Bett und sah Snowcat an. „Hab ich wieder schlecht geträumt Katze?“

„Ja, Elfenmädchen, das hast du. Kannst du dich noch erinnern wovon du geträumt hast?“

Snowcat schüttelte den Kopf. Katze gähnte, „Na dann Elfenmädchen, bis später.“, und eh Snowcat es sich versah, war Katze durch das Fenster in die Morgensonnen verschwunden.

Auch Blackstone nahm die Nachricht über Riven und die Ereignisse um Twinbow viel gelassener auf, als Snowcat. Hauptsächlich schien er darüber erleichtert, dass Snowcat nun nicht aufbrechen wollte, um Riven zu helfen.  

Die Arbeit in der modernen Schmiede und Espadas fröhliche Art ließen Snowcat die düsteren Gedanken schnell vergessen. So ein Schwert fertigte sich trotz technologischer Hilfe nicht von allein. Obwohl Snowcat nur Hilfsarbeiten übernehmen konnte, machte ich jeder Handgriff Spaß und sie lernte in den nächsten Tagen eine Menge. Das fertige schöne Schwert- es handelte sich dabei im Endeffekt um einen Gladius- zu sehen, das ganz den Vorstellungen von Blackstone entsprach und noch die eine oder andere kleine Überraschung in sich verbarg, erfüllte Snowcat mit Zufriedenheit. 

Beim letzten Abendessen hatten die drei so viel Freude, dass sie bis tief in die Nacht hinein im Innenhof sitzen blieben, um zu plaudern. Als sie sich in die Betten aufmachten fragte Snowcat Blackstone, „Wie wäre es, wenn wir einen Abstecher nach Barcelona machen? Da soll es unglaublich gute Schuhläden geben und wo wir doch schon mal hier sind, wollte ich die Gelegenheit nutzen.“ Snowcat hatte sich schon auf eine längere Überredungsarie eingestellt, aber zu ihrer Überraschung meinte Blackstone, „Eine gute Idee, lass uns da tun.“


Auf dem Rückflug nach Boston musste Snowcat Übergebäck angeben, ihre inzwischen angesammelten Viel-Flieger-Meilen deckten die Extra-Kosten ab. Aber selbst wenn nicht, wäre das nicht schlimm gewesen. Blackstone hatte die Reisekosten übernommen. 

Die gut 10.000 NuYen für die acht paar neuen Schuhe hatte sie selbst bezahlt und sie hatte nicht schlecht gestaunt, als sie festgestellt hatte, dass Blackstone gerne bereit gewesen war fast 2000 NuYen für ein paar Herrenschuhe aus echtem Rindsleder zu bezahlen. 

❅❅❅

Am Freitag dem 17. Juni stand Snowcats erste Prüfung an. Sie war aufgeregt und froh, dass es sich dabei um Arcane Kunst handelte. Das Fach ging ihr gut von der Hand. 

Am Montag darauf legte sich die Semesterabschlussprüfung in Politologie ab. Außerdem mussten bis zu diesem Tag sämtliche Kunstprojekte abgeben werden, womit Snowcat kein Problem gehabt hatte. Alles war rechtzeitig fertig geworden und sie selber war mit den Ergebnissen zufrieden.

Vor der Prüfung in Geschichte am Mittwoch brachte Snowcat zu Henrys Bedauern keinen Bissen runter. Nicht mal am Abend zuvor, nach dem Training bei Tango, hatte sie richtig essen können. Im Anschluss an die Geschichtsprüfung ging sie erstmal mit Dave Italienisch essen. 

Am nächsten Tag meldete sich Doc bei Snowcat. Er selber hatte Nachricht von einem alten Freund erhalten, der ihm ein potenzielles UC Mitglied ans Herz gelegt hatte. Er wollte die Frau nicht allein beurteilen, also fragte er, ob Snowcat Zeit hätte, sich mit ihm und ihr zu treffen. Da Snowcats nächste und letzte Prüfung im Fach Magie Theorie erst am Donnerstag stattfand und da sie wusste, dass sie den anderen Studenten auf Grund ihrer Lebenserfahrung und Lehrern wie, Ehran und Professor Sean Laverty, aber auch Liam, in den Wissensbereichen voraus war, konnte sie die Zeit aufbringen und buchte für Freitag Mittag einen Flug nach Seattle.

Sie traf sich mit Doc im Bootshaus, das noch immer eine Baustelle war. Doc erzählte, „Bei dem Bekannten handelt es sich um einen Runner und ehemaligen Kollegen aus dem Smokers Club. Er heißt Yankee. Yankee sagte, er habe ein junges Talent an der Hand, das eventuell etwas für UC sein könnte. Seine Bitte war mehrgleisig. Ich soll mir die junge Frau mit dem Strassennamen Trickshot, der Name buchstabiert sich übrigens T, r, i, großes X, h, o , t, ansehen und sie wenn möglich auf einen Proberun mitnehmen und ich soll versuchen ihr bei ihrer Ausbildung weiterzuhelfen, vorausgesetzt, wir können uns gegenseitig riechen. Ich habe für heute Abend um 20.00 Uhr einen Tisch in einem Seafood-Restaurant am Hafen reserviert.“

Snowcat überlegte kurz, der Name Yankee sagte ihr etwas und dass der Mann mit Doc bei den Wetwork-Spezialisten im Smokers Club gewesen war, verreit so einiges. War Yankee nicht sogar der Gründer und Kopf des Smokers Club gewesen? Informationen die natürlich kaum Rückschlüsse, auf das junge, weibliche Talent zuließen. Snowcats Neugier war entfacht. Außerdem bot der heutige Ausflug eine hervorragende Gelegenheit ihr Sommer-Designerkleid von Bodyline aus Florenz samt passenden Sonnen Schrägstrich Regenschirm zu tragen, welches extra für das Sommerwetter in regnerischen Städten wie Seattle entwickelt worden war. Von dem weißes Kleid mit den violett-blauen Muster konnte man die Ärmel schnell abnehmen. Außerdem wurde das Weiß im Schirm bei Regen durchsichtig oder verdunkelte je nach Sonneneinstrahlung. 

Kurz vor 20.00 Uhr betrat Snowcat am Arm von Doc das Restaurant. Trixhot ließ sich pünktlich an den Tisch führen. Die junge Frau war auf Grund ihres orange-rot gefärbten Bob gut zu sehen. Sie war etwas über 1,70 Meter groß und hatte ein hübsches Gesicht mit wachen, blaugrauen Augen. Den Körperbau würde Snowcat als athletisch und dennoch durchaus weiblich gerundet bezeichnen. Sie trug eine enge schwarze Lederhose, die in zwanziger Schnürstiefeln mit einer orangenen Kappe steckten. Über dem orangene T-Shirt mit schwarzen Tribals trug sie einen schwarzen Lederbolero, mit orangenen Applikationen, auf dessen Schultern je ein orangenes X aufgenäht war. Ihre kurzen Fingernägel waren schwarz lackiert. Ihr Make Up war sehr dezent und bis auf ein wenig Lipgloss kaum zu benennen. Im Haar trug sie ein Haarspange in Form einer schwarzen Blüte. 

Das Lächeln mit dem sie Doc, der sich kurz erhob, und Snowcat begrüßte hatte, hatte etwas sympathisch-einnehmendes. „Hallo, ich bin TriXhot und du bist sicherlich Doc, wie ich vermute.“

Doc lächelte leicht. Es wirkte wie so oft bei ihm ein wenig zynisch, aber TriXhot ließ sich davon nicht weiter beirren. „Du vermutest richtig. Die schöne Frau an meiner Seite ist Snowcat, sie gehört ebenfalls zu UC.“

Nach dem man bestellt hatte, begann Doc im freundlich reservierten Plauderton mit seinem Interview. Das Wort Verhör war Snowcat dann doch zu hart, obwohl sie zugeben musste, dass es ein wenig daraus hinauslief. TriXhot schlug sich gut. Sie beantwortete die Fragen ohne zu zögern und versuchte dabei nicht allzu viel preiszugeben und sie stellte klar, dass sie der Empfehlung traute, auf Grund derer sie hier war, aber dass sie trotzdem selbst den Ruf von Doc und UC gescheckt hatte. 

Ihr Verhältnis zu Yankee schien eng, aber nicht intimer Natur zu sein, so vermutete Snowcat nach einer Analyse von Körpersprache. Doc teilte Snowcat non verbal mit, dass er es ebenso sah und eine Verwandtschaft vermutete. TriXhot konnte also durchaus Yankees Tochter sein, womit sich zeigte, wie viel dieser Mann dann zumindest von Doc und vielleicht sogar von dem Ruf von UC hielt. Man vertraute sicher niemanden leichtfertig seine Tochter an, schon gar nicht in diesem Gewerbe. 

TriXhot war Adept und machte keinen Hehl daraus, dass sie dem Weg des Kriegers folgte. Stolz schwang in ihrer Stimme mit, als sie sagte, „Zwei Knarren sind quasi die Verlängerung meiner Arme.“ Nach einem verschmitzten Lächeln fügte sie hinzu, „Aber du sollst ja auch gut mit den Dingern umgehen können Doc, habe ich gehört und ich würde gerne was von dir lernen.“

Doc nickte, „Wir können die Details auf dem Schießstand ausmachen. Wie wäre es mit morgen?“

TriXhot wirkte begeistert, „Ja, sehr gerne.“

Die junge Frau hatte wirklich ein einnehmendes Lächeln. Mit dem natürlichen sexy Augenaufschlag konnte sie sicher so manchem Mann den Kopf verdrehen. Mit Doc würde TriXhot einen Lehrer bekommen, der ihr sicher eine Menge beibringen konnte, wenn er sich denn dazu bereit erklärte. Im Moment sah es danach aus. Connections waren doch immer eine Menge wert. Jemand wie Doc war nicht leicht zu bekommen. Snowcat lächelte in sich hinein, sie wusste, wie gut er als Lehrer war. 

Snowcat betrachtete TriXhot noch einmal genau, an ihren Armen und Händen zeigten sich orangene Nanotattoos. Snowcat sah der jungen Frau in die Augen und fragte, „An einem Run mit UC bist du auch interessiert?“

„Total. Ihr habt einen echt guten Ruf.“

Snowcat beugte sich ein wenig vor, „Dann laden wir dich zu dem nächsten Run ein. Der wird aber nicht sofort sein. Ein paar Wochen wirst du dich noch gedulden müssen. Wochen, nicht Monate.“

TriXhot zuckte auf die freundlich Art mit den Schultern, „Kein Problem. Solange ich nicht irgendwo warten soll, bis ihr euch meldet. Erstmal freu ich mich auf morgen. Bin echt gespannt zu sehen, was Doc so draufhat.“

Sie kamen nett ins Plaudern. TriXhot war gut drauf, sie redete viel, war aber weit davon entfernt ein Plappermaul zu sein. So jemanden bei einem Run dabei zu haben, würde eine gewisse Leichtigkeit mitbringen, die man gerade in düsteren Augenblicken gebrauchen konnte, wie die Anwesenheit von Sparky und Arcade immer wieder zeigte.

❅❅❅

Samstag Mittag war Snowcat bereits wieder in Boston. Sie hatte sämtliche Einladungen zu Studentenpartys ausgeschlagen. Sie legte sich lieber mir zwei bis vier Büchern von ihrer Literaturliste ins Bett. Sie hatte Ehran schon vor Monaten gebeten, ihr eine Liste mit all den Werken der Weltliteratur zusammenzustellen, die man seiner Meinung nach lesen sollte. Die Liste war lang geworden.

Montag erhielt sie eine Nachricht von Starbuck, auch er bat um ein dringendes Treffen. Auch diesmal war Snowcat nicht in der selben Stadt und so kurz vor der finalen Prüfung in Magie Theorie wollte sie nicht noch einmal hin und her fliegen, also bat sie Starbuck darum, ein Treffen in einem Matrix-Café zu organisieren. 

Für den Technomancer kein Problem. Gut eine Stunde später trafen sich ihre Icons in einem netten Kaffeehaus im arabischen Stil. Starbuck hatte für sie beide ein Separee gemietet, damit sie ungestört reden konnten. „Danke, dass Du so schnell Zeit hattest, sich hier zu treffen. War übrigens eine gute Idee, dass hier zu tun.“ Er machte eine lange Pause, dann fuhr er fort. „Du, ich hab da ein paar Listen mit Namen gefunden, die sie über die Toten in dem Massengrab veröffentlicht haben.“ Es folgte eine weitere Pause, „Da waren Namen drauf, die waren am Übergabepunkt gar nicht tot. Ich glaub, die haben sie einfach getötet. Vielleicht irre ich mich ja auch? “

„Nein Starbuck, leider irrst du dich nicht. Es ist genauso, wie du sagst. Ich habe Leichen in dem Massengrab gesehen, die wir noch geheilt haben.“

Starbuck schien entsetzt und enttäuscht „Verdammt.“, entfuhr es ihm wütend, „diese scheiß Cons sind doch alle gleich. Ich hätte es wissen müssen, nachdem Horizon die Sache mit den Technomancern gemacht hat.“

„Ja, Konzerne sind Konzerne, egal welchen Namen sie tragen.“, Snowcat ahnte, worum es hier Starbuck in Wirklichkeit ging, „Aber wir hätten es nicht verhindern können. Das ist Politik und irgendwer hielt diese furchtbaren Mittel für nötig. Wir haben nicht daran gedacht, dass jemand so etwas tun würde, weil wir eine andere Möglichkeit gefunden hätten, um zu überzeugen. Wir können nur für die Zukunft daraus lernen. Ich ziehe etwas Positive daraus. Nachdem wir Twinbow so zurückgelassen haben, war ich in Sorge, wie schlimm es um UC, um mich bestellt ist. Aber diese Sache zeigt mir, dass wir noch eine Moral haben, dass es eine Grenze gibt, die wir nicht überschreiten. Ich hatte danach wieder das Gefühl, dass ich sehr wohl abwägen kann, was geht und was nicht geht. Was notwendig ist und was nicht. “ Nun machte sie die Pause, „Wirklich, wir hätten es nicht verhindern können.“

Starbuck seufzte, „Ich hab mich nur so hilflos gefühlt. Weißt du? All diese Metamenschen und wofür? Wenn wir sie nicht abgegeben hätten, dann...“

„Ich verstehe dich. Vielleicht sind wir bis zu einem gewissen Grad wirklich hilflos. Im Vergleich zu denen, die Macht haben sicherlich. Wir können dennoch sehr wohl etwas bewirken. Wirklich hilflos sind andere. Ich mache mir nichts vor. Shadowrunner zu sein ist kein Beruf, an dem man Gutes tut. Aber manchmal tut man das eben doch und wir lernen jedes mal dazu. Das wichtigste ist aber, dass wir frei sind. Wir können uns entscheiden. Niemand kann uns zwingen. Wir sind nicht einfach nur Rädchen in einem unaufhaltsamen System, denn immerhin waren es unsere Fähigkeiten, die Einfluss auf den Krieg genommen haben. “ 

Starbuck nickte, "Du hast recht. Ich behalte die Meldungen aus Aztlan im Auge. Vielleicht kann ich die eine oder andere Meldung Tenoch oder Riven zuordnen. Unglaublich eigentlich, dass sie nun dahin unterwegs ist.“ Starbuck wusste das, da Riven an alle Teilnehmer des letzten Runs eine Notiz gesandt hatte. „Sie ist ein Beispiel, dass man was tun kann.“, dann lächelte er zuversichtlich. „Danke, dass du mir zugehört hast.“

Nun lächelte Snowcat warmherzig, „Klar, immer wieder sehr gern und wer weiß, vielleicht retten wir wirklich mal die Welt, rein zufällig, doch mit Sicherheit werden wir nie den Ruhm dafür ernten.“ Nach eine kurzen Pause fügte sie hinzu, „Andererseits, warum denn nicht? Shadowrunnern ist nichts unmöglich.“

❅❅❅

                                                             UC - UNIVERSAL CONSULTANTS - UC

                              UC - Unknown Consequences -das TOP-Runnerteam aus Seattle- You See! 

Wie es weiter geht wird schon sehr bald hier im 2. Part von Termin 06 zu lesen sein. Schau also bald wieder rein omae.

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*