Episode 01/13 (vom 11.01.) Run 41/4

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Derzeit On The Run sind: Blackstone, Blood, Llamé*, Riven, Starbuck*, Steel, Sunrise, Thunderstrike, Twinbow und Snowcat. (* Spieler war nicht anwesend)

Datum in unserer SR-Timeline: 30.Mai - 1. Juni 2072

Die Runner befinden sich nach der gelungenen Extraktion von Vikar General Celeste Vargas weiter im Dschungel Amazoniens, wenige Kilometer von Bogotá entfernt. (Achtung enthält Spoiler für Colombian Subterfuge by Catalyst Game Labs). Gleich nach der kurzen, kleinen Feier, bei der sie auf ihren großen Erfolg angestoßen haben, haben sie ihren neuen Auftrag erhalten, der keine leichte Aufgabe ist. Sie sollen das geheime Gefangenenlager aufsuchen, ausspionieren, eindringen, falsche Informationen hinterlegen, alle Gefangenen befreien und diese dann die 400 km zurück nach Bogotá bringen. Klingt fast unmöglich, aber Runner wären keine Runner, wenn sie solche Aufgaben nur deshalb ablehnen würden.

Natürlich erleben wir wieder alles aus der Sicht der eisblauen Augen von Snowcat mit.

Über deine Kommentare im CatPoint unter The Tale So Far, Part II [LINK], freuen wir uns weiterhin.

Nun blenden wir uns direkt dort in die Szenerie ein, wo wir sie das letzte Mal verlassen haben. Am Abend des 30.Mai 2072 in das Lager der Black Star. Bereit omae?


Snowcat erzählte in ruhigen gelassenen Ton, welche Mission sie von Agent 2 11 9 8 3 bekommen hatten, „Unser nächster Auftrag umfasst vier Punkte: 1. Infiltration des Kriegsgefangenenlagers, das Beschaffen von Bilder und Videoaufnahmen der Wachen, vom Missbrauch von Gefangenen und der Verhör-Methoden; 2. Kopieren sämtliche medizinische Daten der amazonischen Gefangenen; 3. Hinterlegen von falschen Geheimdienstnachrichten im Kommunikationssystem des aztlanischen Militärs; 4. Befreiung der Gefangenen, Mitnahme von Verletzten und Toten und sämtlicher Überreste, wenn vorhanden.“, dann ließ ihren neuen Auftrag erstmal einsacken und setzte sich zwischen Starbuck und Blackstone zu den anderen. Blood zwinkerte ihr zu und reichte ihr dann wortlos die noch halb volle Flasche mit Rum. Snowcat nahm einen kräftigen Schluck und schüttelte sich, innerlich. Sie hatte sich gut genug unter Kontrolle, um davon nichts nach außen dringen zu lassen. 

Sunrise sagte mit seinem unverwechselbaren russischen Akzent in das Schweigen hinein, „Ich habe mir jetzt überlegt, dass ich mir um die Narbe am Oberschenkel wirklich ein Smiley tätowieren lasse, aber eines mit Kopfschuss.“

Steel grinste breit, „Da kann ich dir helfen.“ Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu, „also bei dem Kopfschuss des Smileys.“

Sunrise tat, als verstünde er nicht, „Niet, danke, das Einschussloch ist doch schon da, ich lass das Smiley drumrum stechen!“

Riven verzog leicht das Gesicht, „Oh non, mon amie, Ich sprech sicher nicht im Namen alle Frauen, aber ich glaube, so ein Tattoo am Oberschenkel kommt bei den Frauen allgemein nicht so gut an.“ Snowcat fand es stets hübsch anzuhören, wenn der russische Akzent von Sunrise direkt auf den französischen von Riven traf. 

Sunrise zuckte mit den Schultern, „Den Reißverschluss über der Brust finden Frauen sicher auch nicht anziehend, aber da stört es mich nicht. Darum geht es auch nicht.“

Twinbow stupste Riven an, „Vielleicht sollten wir mal Mystique fragen, was sie von einer solchen Tätowierung hält?“

„Vielleicht sollten wir ihr aber auch gar nichts davon erzählen, damit sie nicht erfährt, dass Sunrise schon wieder verletzt wurde.“, konterte die schöne Zauberin.

„Ja, oder sie verleiht ihm gleich den Gnadenschuss.“, witzelte Twinbow weiter.

Steel verstand nicht, „Warum sollte sie denn ein Problem damit haben, wenn er beim Strohhalm ziehen den Kürzeren zieht?“

Sunrise grinste schief, „Vielleicht zieh ich beim nächsten Mal einfach nicht mit, dann kann ich auch nicht den Kürzeren ziehen.“

„Auch da kann ich helfen,“ Steel lachte breit, „ich zieh einfach für dich und gebe dir das gute kurze Stück.“

Blood grinste kurz wölfisch, „Nee Sunrise, drücken gibt es nicht.“ Sein Grinsen gefror und er sah Riven eiskalt an, dann nahm er einen tiefen Zug von seinem Zigarillo, stieß den Rauch aus, blickte der schönen Frau kurz direkt ins Gesicht, brach die Konfrontation ab und meinte, „Medellin liegt mitten in Aztlan, wir können also davon ausgehen, dass das geheime Gefangenenlager gut befestigt ist.“

Sunrise nickte, „Wie sieht es denn da überhaupt aus? Blood, kennst du die Gegend?“

Blood schüttelte den Kopf, „In Medellin selber war ich noch nicht.“

Starbuck erklärte, „Medellin liegt in einem Tal in den Anden, 1500 Meter hoch. Wegen des milden Klimas wird sie auch die Stadt des ewigen Frühlings genannt. Sie hat 3 Millionen Einwohner, drumrum liegen Berge und Dschungel.“

„Fangen wir mal mit etwas Einfachen an. Wie lange werden wir denn bis nach Medellin brauchen?“, fragte Snowcat.

Steel antwortete, „In den Humvees schätzungsweise acht Stunden. Es sei denn natürlich, wir müssen über Brücken, dann pro Brücke eine Stunde länger.“, witzelte er. 

Thunderstrike überlegte kurz und sagte dann, „Schlage vor, dass wir in der grünen Phase der Mission in der Nähe der Koordinaten ein Basislager aufschlagen und dann erstmal 24 Stunden aus der Ferne beobachten. Durch Beobachtung unter der Nutzung von Drohnen können wir vielleicht schon Operationsziel 1 abhaken. Dann folgt die schwarze Phase der Mission, in der wir das Lager infiltrieren und die Missionsziele 2-4 erfüllen. Ich hoffe, dass wir dafür nicht mehr als 24 Stunden benötigen.“ 

Snowcat lächelte, „Klingt nach einen Ansatz. Dann sammeln wir mal die ersten Ideen und notieren, was wir brauchen, damit ich unsere Bestellung aufgeben kann. Geliefert wird nämlich in die Nähe von Bogotá und auf amazonisches Gebiet.“

Blood rieb sich kurz den Nasenrücken, „Habt ihr mal überlegt, wer von uns überhaupt als Soldat das Lager betreten kann? Meiner Meinung nach sind das genau nur Thunderstrike und Blackstone. Steel und ich können nicht ins Lager, Steel kann nicht mal Naniten nehmen und ich weiß auch nicht, inwieweit die meine biometrischen Daten im System haben. Bin schließlich für die immer noch gestohlenes Eigentum.“ Blood fixierte Snowcat einen Moment lang fast zärtlich und fuhr dann fort, „Ich bin absolut dagegen, Snowcat da als Soldatin reingehen zu lassen, egal wie sehr wir sie verkleiden, sie ist eine viel zu aufregende Frau, als dass das locker über die Bühne geht. Ich werd sicher nicht mit ansehen, wie sie sich anderer Soldaten erwehren muss.“

Riven atmete hörbar auf, „Da sind wir absolut einer Meinung.“

Snowcat wollte gerade etwas erwidern, als Starbuck sagte, „Ich habe eine Idee, wie wir das umgehen können. Nur Thunderstrike und Blackstone gehen als Soldaten, Snowcat ich gehen als Wissenschaftler oder Exec von Aztechnology, die übrigens von jeder Enklave der Welt kommen könnten und nicht Spanisch sprechen müssen.“ Er zögerte kurz, „Ich muss wahrscheinlich mit rein, denn ich gehe davon aus, dass die Kommunikationssystem abgeschirmt ist und ich nur von innen ran komme. Wir könnten uns also eine Agenda erstellen und uns anstelle der Edger falsche SIN‘s geben lassen.“

Snowcat nickte zufrieden, „Das ist eine ganz hervorragende Idee, zumal ich dann auch keine Narben brauche und mein volles Potenzial ausschöpfen kann.“

Auch die anderen waren von der Idee begeistert, Thunderstrike fand die Idee sogar besonders gut, schließlich mussten sie die Missionsziele 1 und 2 unentdeckt erledigen, damit man ihnen Punkt drei auf der Liste noch glauben würde und erst dann konnten sie Punkt vier in Angriff nehmen und mit den neuen Identitäten konnten sie so sogar Zugang zu den Gefangenen erhalten, ohne dass sich einer von ihnen gefangen nehmen lassen musste. Zugriff auf die medizinischen Daten der Amazonier konnte sogar ein leichtes werden. Sie begangen mit dem ersten Planungsphase und stellten das benötigte Equipment zusammen. 


Am Ende stand fest, dass Blackstone und Thunderstrike wirklich als Soldaten in das Lager gehen würden, die Soldaten würden der geheimen und unangekündigten wissenschaftlichen Sondermission zusätzliche Echtheit verleihen. Snowcat gab den weiblichen leitenden Exec und Verhörexperten. Riven und Starbuck würden als Wissenschaftler und Llamé und Twinbow als Sicherheitsleute von Aztechnology gehen. Sunrise, Blood und Steel würde sich außerhalb des Lagers aufhalten, einen Angriff zur Ablenkung starten und etwaige Posten ausschalten.

Natürlich vergassen sie nicht neben Mörser, Sprengstoff, Portugiesisch Chip, Beschwörungsmaterialien und Aufwachdrogen für die sedierten Gefangenen, auch Koffer, Waschzeug und typische Kleidung mit auf ihre Wunschliste zu setzten. 

Starbuck war bereits in die Matrix verschwunden und stellte die erforderlichen Hintergrundinformationen und bevorzugten Profile für die SIN‘s zusammen. Sunrise erhob sich und zog sich zur Schlafbaracke zurück, um sein Bein noch ein wenig zu schonen, damit es sich völlig erholen konnte. 

Blood nahm eine Zigarette aus einer Schachtel, klopfte den Filter dreimal auf den Tisch und zündete sich die Zigarette an, dann fixierte er Riven erneut mit eiskaltem Blick, er starrte sie förmlich an, „Wo wir hier grad so zusammensitzen, wenn du es dir wieder anderes überlegst und abhauen willst, dann solltest du das jetzt tun und nicht nachher im Dschungel im Feindesland.“

Riven zog die Augenbrauen zusammen, ihre schönen Augen funkelten erbost, „Stimmt, das wäre wohl cleverer.“ Sie machte eine Pause und sagte dann mit hörbar unterdrücktem Zorn „Ich habe es jetzt schon oft genug gesagt. Ich hab den Auftrag angenommen und bin dabei. Wenn du und Steel mich später nicht im Team haben wollt, könnt ihr ein Veto einlegen. Aber jetzt bin ich hier. Ich habe den neuen Job gehört und beim Planen geholfen und ich werde sicher nicht gehen.“

Blood lachte eiskalt auf, hätte Snowcat den Elfen nicht so sehr vertraut, hätte sie wohl ein Schaudern unterdrücken müssen, „Das hat dich doch bisher nie abgehalten. Beim letzten Mal hast du den Job mitten im Run und vor Mrs. Johnson geschmissen.“

Bei der Erinnerung an diese Situation bildete sich ein Kloß in Snowcats Kehle. Aber nur kurz, denn für irgendwelche weitere Gedanken an den Moment war keine Zeit, die Luft zwischen Blood und Riven war von negativen Gefühlen geladen. 

Riven nickte, „Das war alles einer bestimmten Situation geschuldet und es war ein mal, das wird nicht wieder vorkommen!“

Blood spuckte seine nächsten Worte aus, „Ach hör doch auf mit dem Scheiß Riven. Das war nicht nur ein mal. Ich hab dich so kennengelernt. Wir haben den Sesrumnir-Run geplant und dann kamst du plötzlich mit, ,Ach sorry, aber ich habe jetzt erstmal wichtigeres zu tun. Ich muss mit meiner Band was machen‘.“ 

„Die Band gibt es ja nun nicht mehr. Also- und ja es war ein Fehler zu gehen und es wird nicht noch mal passieren.“, die Worte waren als Entschuldigung gedacht, aber sie fielen Riven schwer, denn immerhin fuhr Blood sie wirklich an. 

Snowcat nahm astral wahr. Schmutziges Violet, giftiges Grün und ungesundes Grau sprudelten aus Bloods von Cyberware zerstörter Aura. In diesem Augenblick war er wirklich angewidert von Riven und er war wütend, deshalb meinte er jedes seiner nächsten Worte genau so, wie er sie sagte, „Gut. Denn wenn du das nächste Mal mitten in einem Run gehst, ist es das letzte, was du tust. Dann bist du tot.“

Riven biss die Zähne zusammen und zischte, „Das würden wir ja dann noch sehen. Aber es wird ja nicht wieder vorkommen.“

Blood zuckte mit den Schultern und schüttelte damit einen Teil seiner Wut ab, an deren Stelle nun Gelassenheit, beinahe Langeweile trat, „Selbst wenn du mich ausschaltest, Steel schaffst du nicht auch noch. Mir ist wichtig, dass du das verstanden hast.“ Die Überheblichkeit in seiner Stimme würde sicher nicht zu Rivens Entspannung beitragen.

Twinbow sprang auf und stellte sich vor Riven, er sagte ruhig, „Das klingt aber gar nicht, als wenn ihr ,nur‘ zusammen in der Kiste ward. Da war mehr, kann ich vielleicht die ganze Geschichte dazu hören?“

Manche mochte glauben, dass Twinbows Bemerkung Öl ins Feuer goss, aber Snowcat empfand sein Vorgehen sogar als äußerst clever auch wenn sie nicht wusste, ob er das bezweckt hatte oder ob es Zufall war. Er brach damit nämlich die direkte Konfrontation zwischen Riven und Blood und die Spannung zerfiel. 

Das änderte sich auch nicht, als Blood in Twinbows Rücken sagte, „Damit hat das überhaupt nichts zu tun. Ich wollte nur was klar stellen und das hab ich getan.“

Blackstone beugte sich zu Riven und meinte ruhig, „Siehst du, das war es, was ich meinte. Davor wollte ich dich schützen.“

Riven zog einen Schmollmund, „Das das jetzt kommt, habe ich mir sicher selber zuzuschreiben, aber wenn du das nächste mal was sagst, dann wäre es nett, wenn du das vor dem Flug tust.“ Die nächsten Worte betonte sie einzeln, „Und nicht erst im Flugzeug auf dem Weg hierher.“ Bei dieser Aussage bildete sich erneut ein Kloß in Snowcats Kehle. Wenn Blackstone das vor dem Flug gesagt hätte, was wäre dann gewesen? 

Die schöne Frau wiederholte noch einmal, ihr französischer Akzent war auf ein Minimum reduziert und sie sah Blood dabei an: „Jedenfalls bin ich jetzt hier und ich werde den Job durchziehen, egal was ihr sagt. Ich hab mir eure Worte ja selber eingebrockt und ich kann mit euren Bemerkungen leben, das ist kein Problem. Und wenn ihr mich im Dschungel dann hängen lasst, oder mich kalt machen wollt, dann ist das eben so.“

Blood verdrehte die Augen, „Auch damit hat das nichts zu tun. Es gibt nur Ärger, wenn du noch mal mitten drin abhaust. Ansonsten ist die Geschichte erledigt.“

Thunderstrike verzog das Gesicht, „Wie wäre es denn wenn Riven sich Twinbow schnappt und mit ihm irgendwo zurückgezogen ne Runde poopen geht und Blood und Steel, wenn ihr zwei euch mal ein ne Runde besauft, um Dampf abzulassen. Denn so oft, wie ihr beide betont, dass das alles kein Problem mehr ist, ist da noch eines.“

Blood grinste und nun wirkte er ziemlich entspannt, „Nö, das siehst‘e falsch und überhaupt ist es ziemlich fies von dir zu sagen, ich soll mich mit Steel besaufen gehen. Steel kann sich nicht besaufen.“

Thunderstrike zog erstaunt eine Augenbraue hoch, „Wieso nicht?“

Bloods Grinsen wurde breiter, „Na weil er ein Cyborg ist.“

„Echt?“, kam es von der Barracke von Sunrise.

„Ja echt,“ rief Steel locker zurück. „Wolltest du nicht schlafen?“

„Kann man doch gar nicht, bei eurem Gequatsche.“

Blood steckte sich die Zigarette in dem Mundwinkel und rief, „Na dann komm wieder her und trink ein Bier mit uns.“

Sunrise kam zurück und Blood nahm eine Dose Bier aus der Kühlbox und deutete einen Wurf an. 

„Pass aber auf,“, meinte Steel, „nicht dass er gleich wieder zurück ins Bett muss.“

Blood schüttelte den Kopf, „Nee. Keine Sorge, ich werfe auch human.“

Steel verzog das Gesicht, „Der war ... leider gut.“, dann lachte er. Sunrise fing die Dose und die Jungs witzelten ein bisschen weiter rum.

Snowcat wollte sich gerade erheben, um ihre Bestellung aufzugeben, als Blood etwas einfiel und er Riven ruhig ansprach, „Du sag mal, wie ist das eigentlich, wenn du mit ins Lager gehst, kann es da zu irgendwelchen Problemen kommen, weil du was nicht ertragen kannst?“, es steckte wirklich kein Hohn oder Argwohn in dieser Anfrage.

Riven spürte das, blieb ebenfalls ruhig und überlegte. „Na wenn es während ich da bin zu irgendwelchen Vergewaltigungen im Lager kommt, kann ich für nichts garantieren. Ich glaube zwar, dass ich das kontrollieren kann, aber ich bin mir nicht sicher.“, gab sie zu.

Blood nickte, „Könnte aber gut sein, dass da so was passiert. Kriege bringen eben viel Schlechtes hervor. Dann bleibst du wohl besser draußen bei uns.“ 

Riven seufzte. Thunderstrike meinte sofort, „Eine gute Idee, dann wäre das Team im Dschungel auch nicht mehr ohne magischen Schutz.“ Woraufhin Riven nickte. Twinbow legte ihr den Arm um die zarten Schultern und drückte sie an sich.

Snowcat zog sich ein wenig zurück, um ihre Bestellung in Auftrag zu geben. Als sie einige Minuten später mit der Antwort zurückkehrte und erklärte dass man ihnen alles in ungefähr zwölf Stunden liefern würde, erzählte Twinbow bereits Witze.

Noch vor Mitternacht lag Snowcat auf ihrem Feldbett und lauschte auf die Geräusche des Dschungels. Irgendwo riefen ein paar Affen. Dann wurden die Laute von dem Prasseln des Regens auf das Barackendach übertönt. Snowcat malte sich aus, wie sich die Tropfen einem Wasserfall gleich durch die großen Bäume schoben. 

Wenn vor der Heimreise noch Zeit war, würde sie versuchen von dieser ungiftigen dunkelblauen Blume, die sie gesehen hatte, ein paar Samen zu nehmen. Die Pflanze würde sich sicher gut in Professor Lavertys Garten machen. Natürlich würde sie erst sammeln, wenn sicher war, dass die Blume wirklich ungiftig war. 

Twinbow und Riven hatten ihre Pritschen nebeneinander geschoben und waren Arm in Arm eingeschlafen. Snowcat lächelte, sie gönnte den beiden jede Minute. 

Sie alle hatten vor wenigen Stunden einen meisterlichen Shadowrun hingelegt und nun stand ihnen eine weitere schwierige Mission bevor. Sicher würde es sehr aufregend werden. Alle weiteren Gedanken hatten bis nach dem Schlafen Zeit. 


Am Vormittag des 31.05.2072 warteten die Runner im Dschungel Amazoniens auf ihre Lieferung. Pünktlich zur verabredeten Zeit näherten sich zwei Ares Air Supplie Drohnen und brachten das gewünschte Equipment ohne Ausnahme, selbst das von Riven bestellte Beschwörungsmaterial war dabei. 

Nachdem die Drohnen sich wieder in den Himmel verabschiedet hatten, studierten sie die Sin‘s und verkleideten sich dementsprechend mit den Nanopasten. 

Blackstone bat Snowcat beiseite, „Kann es eigentlich Probleme mit den Edgern wegen des Zeugs von Liam geben? Können die sich irgendwie beißen?“, wollte er wissen. Snowcat beruhigte ihn und dann nahm er die Naniten, genau wie Thunderstrike.

In alter Wagenbesetzung - Snowcat, Riven, Blackstone, Starbuck und Blood fuhren im ersten Wagen und Steel, Twinbow, Sunrise, Llamé und Thunderstrike im zweiten,- umrundeten sie Bogotá und fuhren dann weiter gen Norden. Snowcat hatte Riven angeboten, eine kleine Umbesetzung vorzunehmen, damit Riven auch während der Fahrt bei Twinbow sein konnte, aber diese hatte bezaubernd und vielleicht ein wenig müde lächelnd abgelehnt, „Nein, das hier ist Arbeit und die Aufteilung ist schon gut so.“

Über kleinere Wege überquerten sie die Grenze nach Aztlan und bogen dann auf die Hauptstrasse ab. Kaum hatten sie die Landesgrenze passiert, änderte sich das Bild der Umgebung. Wo der Dschungel in Amazonien nahezu unberührt gewesen war,  hatte man ihn Aztlan Schneisen geschlagen und großflächig abgeholzt, wo man es für nötig gehalten hatte. Gab es Bodenschätze, hatte man den Boden eben aufgerissen und wenn man in Technochtitlan Holz benötigte, dann wurden eben weitere Bäume gefällt. Das bunte Grün Amazoniens wich zusehend einem faden Abklatsch. Die bunten Blumen waren ebenso verschwunden, wie die farbenprächtigen Tiere. Je tiefer sie in den Dschungel von Aztlan fuhren, desto schlimmer wurde es. Bald hatten manche Bäume verdrehte Äste und das eine oder andere Tier wies Eiterbeulen auf. 

Die Verschmutzung des Dschungels legte sich wie ein schwerer, zäher Teer auf ihre Auren und dämpfte die Magie in ihnen. Bei Snowcat manifestierte sich die Hintergrundstrahlung immer als unangenehmer Druck in Kopf und Nacken, diesmal kam das Gefühl hinzu, hier unerwünscht zu sein. Die Auswirkungen waren nicht unerheblich und alle magisch Aktiven in der Gruppe hatten damit zu kämpfen. Snowcat konnte die Färbung ihres Haares nicht mehr erhalten und musste auf die Perücke zurückgreifen, die man ihr geliefert hatte. Sie dunkelte ihr Haut mit Spray nach, zum Glück hatten sie für ihre Gesichtsveränderung bereits die Nanopaste benutzt.  

Während einer kurzen Pause um sich die Beine zu vertreten, hockte sich Snowcat in den Dschungel und griff mit behandschuhten Händen in den Boden. Während sie die Erde durch ihre Finger rieseln ließ, flüsterte sie auf Sperethiel, „Was haben sie dir nur angetan und wie lange wird es dauern, bis diese Wunden heilen?“ Sie erhob sich und seufzte. Es war so traurig. Dann schüttelte sie das Gefühl wieder ab, sie konnte den Dschungel nicht heilen, aber amazonische Krieger und erwachte Wesen zu befreien, war ein Schritt in die richtige Richtung.

Dank der Chemie, die beim Strassenbau verwendet worden war, kamen sie gut voran. Nach ungefähr der Hälfte der Strecke stürzte plötzlich ein Baum auf die Strasse. Snowcat gelang es gerade noch rechtzeitig das Lenkrad herum zu reißen. Mit großer Anstrengung brachte sie den Wagen wieder unter Kontrolle und rief, „Achtung. Auch das könnte eine Falle sein.“, tatsächlich entdeckte sie im Dunklen des verworrenen Urwaldes einen einsamen Indio, der sie beobachtete. 

Eine Sekunde später meldete Riven, „Der Mann in Wald war ein Geist, hat wahrscheinlich die Unfallkraft eingesetzt.“

Snowcat nickte, verständlicher Weise hatte er das, schließlich waren sie Eindringlinge im aztlanischen Gewand. 

Einige Kilometer vor Medellin bogen sie in die Tiefen des Dschungels ab. Mitten drin wurde der Unterschied zu Amazonien noch deutlicher. Er zeichnete sich in den Farben und im Wuchs der Pflanzen ab. Die Fahrt durch das Unterholz war holprig und schwer zu bewältigen, aber sowohl Steel als auch Snowcat waren gut genug, um diese Strecke zu meistern. 

Drei Kilometer südlich der Koordinaten schlugen sie kurz vor Sonnenuntergang auf einer kleinen Lichtung im Dschungel ihr Basislager auf. Nach einem Mahl aus Militärrationen und Wasser machten sich Blackstone, Blood, Thunderstrike, Sunrise und Snowcat auf, um sich näher an das Lager zu schleichen und von dort aus mit der ersten Beobachtungsphase zu beginnen. Wenn diese gut lief, sollte eine zweite Phase, in der sie Minidrohnen ins Lager schicken würden, folgen. Riven schnappte sich die Beschwörungsmaterialien, die sie bekommen hatte. Obwohl es wegen der Hintergrundstrahlung sehr anstrengend war, wollte sie versuchen den Geist, den sie bereits an sich gebunden hatte, für zusätzliche Dienste zu binden. „Irgendwie habe ich das Gefühl, dass seine Fähigkeiten die Kopfschmerzen wert sind, die ich vielleicht dafür einstecken muss.“, erklärte sie. „Außerdem beginnt mein Teil der Arbeit ja frühestens, wenn ihr im Lager seid und es Ärger gibt.“ Das schöne Gesicht der jungen Frau war noch ein wenig blasser als sonst, es war sicher nicht leicht für sie, ihren Geliebten und ihre Freunde in ein feindliches Lager gehen zu lassen, während sie selbst mit Blood, Steel und Sunrise draußen warten musste. Snowcat zog ihre gepanzerte Dschungeltarn-Kleidung über, umarmte Riven und hauchte Starbuck einen Kuss auf die Wange. Steel kam zu ihr und meinte, „Was ist mit mir? Mich siehst du auch ein paar Stunden nicht.“ 

Snowcat grinste und küsste dann auch Steel zu Abschied auf die Wange. „Ätsch!“, meinte er darauf in Richtung von Blood. Blood zuckte mit den Schultern, „Dafür wälze ich mich mit ihr ein paar Stunden durch den Dreck. Ich hab‘s besser.“ 

„Aber ich sehe mir das mit der Überwachungsdrohne von Oben an, ich bin sicher, ich hab da einen viel besseren Blick auf Snowcats Hinterteil, als du.“

Twinbow berührte Riven sanft am Arm, „Komm, ich wache während deiner Beschwörung über dich.“


Für die Strecke von zwei Kilometern brauchten die fünf fast zwei volle Stunden. Thunderstrike bewegte sich so, als wäre er hier zu Hause und dank seiner Erfahrung lernten sie den einen oder anderen Trick, sonst hätte es wohl noch länger gedauert. Dann lagen sie nebeneinander auf dem Dschungelboden und blickten mit Ferngläsern hinunter in das etwa 1 Kilometer entfernte Gefangenenlager und das erste, was Snowcat dazu einfiel, war, dass das Wort Lager völlig unzutreffend war. Vor ihnen lag ein Gefängniskomplex von gewaltigem Ausmaß. Dass der Rest der Welt von der Position des Lagers keine Kenntnis hatte, konnte nur noch daran liegen, dass Aztlan seinen Luftraum schützte, dass Amazonien keine eigenen Satelliten besaß und dass es sich von weiter oben nur um ein weiteres kleines Loch im Dschungel handelte.

Der gesamte Komplex war von einer Doppelmauer umgeben. Die erste Mauer war 15 Meter hoch und aus Beton, nach 20 Metern folgte eine zweite Mauer, die noch 12 Meter hoch war und aus Plasteel bestand. Fünf Wachtürme waren mit je einem Mann besetzt. Die größte Überraschung war, dass die Hauptgebäude mehrstöckig waren. Drei Stockwerke waren auf das Erdgeschoss gestapelt worden und es handelte sich dabei nicht nur um Leichtholzwände und Fertigcontainer. Hier hatte man etwas Stabiles auf die Beine gestellt. Um das Lager herum hatte man 50 Meter Urwald völlig abgeholzt und dem Erdboden gleichgemacht. Es wäre nicht verwunderlich, wenn man das gerodete Land vermint hatte. Das hüglige Gelände nahe der Anden würde Sunrise zwar ein Schussfeld bieten, aber allein wegen der Entfernung würde er mal so richtig zeigen können, was er draufhatte. 

Innen waren Bereiche durch einem 10 Meter hohen Maschendrahtzaun von einander getrennt, wobei der Gefängnisteil, auf dem auch die Barracken der Soldaten zu finden waren, erneut durch einen Doppelzaun von dem restlichen Teil getrennt worden war. Im Gefängnisbereich standen auch die Wachtürme, sie waren also eher für die Sicherung nach innen gedacht, als für die nach außen. 

Während der ersten Stunde Überwachungsarbeit machten sie im ausführenden Teil des Lagers zwei Bunker hinter dem Haupttor, ein vierstöckiges HQ vor dem drei Helipads lagen, eine Fahrzeugdepot, eine umzäunte Waffenkammer, ein umzäuntes Kommunikationscenter, eine geparkten Hubschrauber und einen kleinen Teocalli aus. 

Im Gefängnisbereich lagen sich zwei Gebäude in T-Form gegenüber, in denen sich offenbar die Soldaten-Barracken und die Messen befanden. Links daneben waren drei große, vier Etagen hohe Gebäude im U gebaut worden. An das eigentliche Gefängnis lehnten sich also zwei Gebäude an. 

Sie beobachteten das Gelände eine weitere Stunde und kamen dann zu der Erkenntnis, dass es sich bei den Seitengebäuden beim Gefängnis um ein Krankenhaus mit Leichenhalle und eine Haus mit Verhörräumen handelte. 

Was für eine Anlage. Steel machte mir seiner Drohne Aufnahmen und Starbuck trug jede Information umgehend in einen dreidimensionalen Lageplan ein.

Sie beschlossen, dass Snowcat, Blackstone und Thunderstrike zurück ins Basislager kehren sollten, um sich noch ein wenig auszuruhen. Sunrise, Blood und Steels Drohne würden die Nacht über hier bleiben und eventuelle Wachwechsel und ähnliches aufzeichnen. Etwas über sechs Stunden nach ihrem Weggang, kehrten die drei in das Basislager zurück. 


Ein Schrei riss Snowcat kurz vor Sonnenaufgang aus einem unruhigen Halbschlaf. Er war von Twinbow gekommen, „Ich brauch Hilfe. Riven geht es nicht gut. Irgendwas stimmt nicht.“ Snowcat sprang auf, sie musste sich zwar kurz orientieren, aber dann rannte sie, wie die anderen im Lager, in Richtung Beschwörungskreis. Steel überholte sie auf halber Strecke und sicherte bereits in die Umgebung, als sie selbst ankam.

Ziemlich genau in der Mitte des Kreises kniete Twinbow und er hielt Rivens zierlichen Körper in seinen Armen, sanft strich er ihr das Haar aus dem Stirn. Seine tiefe Besorgnis war ihm ins Gesicht geschrieben, aber er war Runner genug, um nicht in Panik zu verfallen.

Riven war totenbleich. Schweißperlen hatten sich auf ihrem schmerzverzerrten Gesicht gebildet. Das seltsamste jedoch war, dass ihr sonst zu wunderbar schwarzes Haar nun seinen Glanz verloren hatte und ungesund aschgrau aussah, beinahe so, als hätte man ihm sämtliche Farbe ausgesaugt. 

Riven atmete schwer und zitterte unkontrolliert, aber sie war noch bei Bewusstsein. Gerade noch. Snowcat zog das Medkit von ihrem Gürtel, Blackstone trat an Rivens Seite und legte der schönen Hexe den Arm frei, damit Snowcat leichter messen konnte. 

„Riven hat nach einer Überlastung des Herz-Kreislaufsystems einem Herzinfarkt und einen Kreislaufkollaps erlitten, sie ist schwer angeschlagen, aber nicht in unmittelbarer Lebensgefahr.“, erklärte die Elfe ruhig, während sie die erforderlichen Medikamente zusammen mischte. Blackstone ging ihr dabei zu Hand.

Nach einigen Minuten kehrte Farbe in Rivens Gesicht zurück. Sie lächelte schwach, als sie in die besorgten Augen von Twinbow blickte, der sie immer noch hielt und ihr über die Wange streichelte. 

Snowcat sprach sanft und leise, „Hey Riven, bleib bitte noch einen Moment liegen, du hast es ja ganz bequem. Dein Kreislauf ist noch nicht stabil, aber mehr kann ich erstmal nicht tun. Ich übergebe dich an die magischen Hände von Thunderstrike.“

Thunderstrike sah ernst aus, als er Snowcats Platz bei Riven einnahm. In dieser Umgebung zu zaubern, war keine einfache Angelegenheit. 

Steel hielt weiterhin die Umgebung im Auge. Von Starbuck kam, „Außer denen, die wir mitgebracht haben, aber ich keine Nodes entdeckt.“

Während Thunderstrike seine Heilmagie einsetzte, packte Snowcat in aller Ruhe ihr Medkit zusammen. Die Zeichen von Schmerzen und Anspannung waren bereits aus Rivens Gesichtsausdruck verschwunden und auch ihrer Haarfarbe hatte sich erneut verändert, das Grau war dunkler und kräftiger geworden und ähnelte nun mehr einem  Anthrazit von nassem Asphalt. Mit der magischen Heilung kehrte auch wieder der leichte Hauch von gesunder Röte in Rivens hellen Teint zurück, ihr Haar bekam neuen Glanz, auch wenn es immer noch nicht gänzlich schwarz war. 

Riven nickte Thunderstrike dankbar zu, der sich mit angespannten Gesichtsausdruck erhob. 

„Was war denn los?“, wollte Twinbow wissen. Er klang liebevoll und weiter besorgt, dann richtete er Riven in seinen Armen auf und sie blieb an ihn gelehnt sitzen. „Oh merde, alles sah gut aus, aber dann habe ich die Energie des sich widersetzenden Geistes einfach nicht kanalisieren können. Ich glaube der Entzug ist völlig in die Badehose gegangen.“

Twinbow umfasste Rivens Hals und zog ihr Gesicht zu sich, sicher würde er sie gleich küssen. Snowcat stand auf und auch Blackstone wollte sich schon abwenden, doch dann bemerkten Snowcat, dass Twinbow seine Hände um den zarten Hals von Riven gelegt hatte und zudrückte, Riven begann bereits zu röcheln. Snowcat konnte das bizarre Bild nicht erfassen, leicht verärgert sagte sie, „Was ihr da macht ist nicht witzig, hört auf damit!“

Blackstone trat gegen Twinbows Fuss, „Ey, hört auf mit dem Scheiß.“

Ungläubig stellte Snowcat fest, dass die beiden nicht aufhörten und dabei war es überhaupt nicht lustig...

Snowcat sah genauer hin und es war wirklich ganz und gar nicht lustig, denn die beiden scherzten nicht. Riven zog an Twinbows Händen und ihre Augen waren vor Schreck geweitet. In Twinbows Augen stand pure Mordlust geschrieben. Snowcat legte Befehlsgewalt in ihre Stimme und gebot laut und deutlich, „Twinbow hör sofort auf damit!“

Steel hatte offenbar noch nicht mitbekommen, was da abging, denn er sagte amüsiert ins Commlink, „Blood, ich schick dir nen Feed, guck mal, was hier los ist.“

Twinbow hörte auf Riven zu würgen. Sie fiel nach Luft japsend zu Boden. Twinbow sah sich um, nahm sich nicht mal die Zeit aufzustehen, sondern attackierte noch am Boden kniend den verdutzten Blackstone. Der Elf packte den Zwerg bei den Beinen und versuchte ihn von den Füssen zu holen. Blackstone wich gerade noch aus. 

Jetzt hatte Blackstone verstanden. Er griff seinerseits an und versuchte Twinbow zu überwältigen und ihn zu Boden zu drücken. 

Mit einer geschickten Drehung des Oberkörpers werte Twinbow den Angriff ab, er nutzte Blackstones Schwung und landete eine Attacke.

Snowcat konnte es kaum glauben, wer hatte hier die Kontrolle übernommen? 

Die Antwort kam sofort. Llamé sagte an, „Hinten in den Bäumen sitzt ein Schattengeist.“, kaum hatte er das gesagt, sprintete er bereits los. 

Nun, da Snowcat wusste, wo sie suchen musste, sah auch sie die schwarze, schemenhafte Gestalt eines dreidimensionalen, zerrissenen Schatten, der die Umrisse eines Kapuzenmantel tragenden Humanoiden mit Klauenhänden darstellte und sich zwischen den Bäumen manifestiert hatte, sie rief, „Riven, Thunderstrike, auf zwei Uhr ist ein Geist, greift den an.“

Ob Thunderstrike tun würde, was Snowcat angewiesen hatte, wusste die Elfe nicht, was sie aber sah war, dass Riven das nicht tat. Sie hatte sich aufgesetzt und wütende Tränen rannen über ihr Gesicht: „Twinbow, ich dachte wir lieben uns, aber du wolltest mich auch nur ausnutzen.“ Ohne Nachzudenken trat sie nach ihm. 

Verdammt, die Wut des Geistes hatte auch von Riven Besitz ergriffen.

Auch Thundestrike griff den Schattengeist nicht an. Er rief, „Das wird nichts. Rückzug in die Wagen. Los! Spelldefence aktiv.“, dann setzte er sich in Bewegung. 

Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, entriegelte Starbuck alle Türen und setzte sich in einen der Humvess. 

Von Blood kam über Commlink, „Los Steel, schaff Snowcat da weg.“, da wurde sie auch schon an der Taille gepackt und hochgehoben. 

Llamé wandelte sich. Er fauchte in seiner Leopardengestalt auf. 

Genau in diesem Augenblick konnte Snowcat sehen, wie Twinbow Blackstone packte und ihn ein gutes Stück von sich weg warf. 

Starbuck verspiegelte die Scheiben des Wagens. Thunderstrike riss eine der Türen auf und wartete.

Der Leopard Llamé hielt direkt auf Blackstone zu und griff den am Boden liegenden Zwerg an. 

Oh nein, sie hatten noch einen an den Schattengeist verloren. 

Steel warf Snowcat beinah in den Wagen und sprang dann selbst hinein. Thunderstrike folgte und schloss die Tür hinter ihnen.

Riven sah nun wirklich wütend aus. Ihr Haar war jetzt feuerrot und wirbelte umher. Sie streckte die Hand aus und griff Twinbow mit einem Zauber an. Ein Strahl geballter Energie löste sich von ihrer Faust, traf Twinbow in den Rücken und verpuffte wirkungslos. Mit Magie war dem Elfen nicht so leicht beizukommen. 

Steel rutschte in den Waffenturm und eröffnete das Feuer auf den Geist, doch er traf nicht oder nicht gut genug. Die wabernde Gestalt des hässlichen Schattengeistes zuckte nicht mal.

Twinbow stand nun doch auf und wandte sich wieder Riven zu. Gleich würde er auf sie einschlagen

Llamé schlug nach Blackstone, der sagte genervt, „Hey, greif den da an.“ und zeigte auf Twinbow. Aber Llamé scherte sich nicht darum. Die Raubkatze sprang erneut und griff den Zwerg abermals an. Blackstone erwehrte sich gerade noch und zog sein Schweizer Messer, um sich besser zu verteidigen. Llamé führte einen weiteren Angriff, doch Blackstone war ein guter Schwertkämpfer und er verletzte Llamé mit seiner Klinge an einem Hinterlauf.

Riven sprang auf und schrie; „Du bist doch meine Rettung und dennoch zerreißt du mir das Herz.“ Das Rot ihrer Haare war noch dunkler geworden und dann veränderte sich ihre Haltung plötzlich, sie hatte ihren Geist in sich fahren lassen. 

Nun würde es alles gleich noch viel hässlicher werden.

Doch zu Snowcats Erleichterung drehte sich Riven um und rannte auf den Schattengeist zu.

Llamé griff Blackstone abermals an, die Klinge ging ihm auf die Nerven und er biss direkt hinein und zerbrach das schöne Schweizer Messer in zwei Teile.

In blanker Wut rannte Twinbow Riven hinterher, ihm war anzusehen, dass er die zornige Hexe hier und jetzt töten wollte. 

Snowcat wollte irgendetwas tun, um zu einzugreifen, doch Starbuck schüttelte nur den Kopf, „Ich lass dich nicht raus.“

Thunderstrike konzentrierte sich und berührte Steel am Bein, dieser murmelte, „Ah, so funktioniert das also.“, und drückte ab. Die Kugeln aus dem Maschinengewehr schlugen in die Schattengestalt ein und rüttelten sie durch. Schwarze Fetzen rissen ab, faserten auf und lösten sich dann gänzlich auf. Der Geist verlor an Substanz.

Llamé sprang direkt auf Blackstones Kehle zu.

Twinbow setzte zum Schlag auf Rivens Hinterkopf an.

Doch bevor beide ihre Attacke ausführen konnte, schlug Riven nach dem Schattengeist und dieser zerstob in einer schwarzen Wolke. 

Die schöne, große Raubkatze schüttelte sich und trottete zur Seite. Auch Twinbow brach die Bewegung ab und ließ den Kopf hängen. 

Rivens wütende Tränen versiegten und wurden durch einzelne leise Tränen voller Traurigkeit ersetzt.

Der Spuck war vorbei. 


Die Schlösser des Humvees klickten laut, als Starbuck sie zitternd frei gab. Er war äußerst blass um die Nase, wusste er doch selbst am Besten, was eine Besessenheit anrichten konnte. Er selbst hatte vor zwei Jahren Clicks, einen Runnerkollegen, unter der Beeinflussung eines Vampirs erschossen. 

Snowcat sandte ihre Sinne aus und spürte nach Magie, aber sie konnte keine weitere Geisterpräsenz entdecken. Sie gab diese Information weiter und stieg dann aus.

Geknickt und mit gesenktem Haupt stand Twinbow, der nicht weniger elend aussehenden Riven gegenüber, das Haar der schönen Hexe war nun wieder dunkel und der schwarze Glanz kehrte dorthin zurück. Der gut aussehende Elf ließ die Schultern hängen und begann „Ehrlich Riven, das war nicht ich. Ich meine, ich war nicht ich selbst. Ich wollte dir nicht wehtun. Das wollte ich niemals. Habe ich dich verletzt?“

Riven schüttelte den Kopf, „Nein. Ich weiß, dass du nicht du selbst warst. Ich war auch nicht ich selbst. Aber was ist das nur, dass ich meine Freunde nicht schützen kann? Wenn ich das Ding beschworen habe... Und wir waren doch gerade so glücklich...“, sie drehte sich um, ging ein paar Schritte und setzte sich mit dem Rücken an eine knorrigen, verdrehten Baum. Sie sah so zerbrechlich aus.

Twinbow ging ihr nach. „Darf ich mich zu dir setzten?“, fragte er halblaut. 

„Was willst du denn?“, fuhr sie ihn an. 

„Nur in deiner Nähe sein.“, erwiderte er noch leiser. Er setzte sich auf die andere Seite des Baumes. 

Thunderstrike murmelte, „Na, da ist jetzt wohl ein Moraloffizier gefragt.“ Lauter an alle gewandt, fragte er, „Ist wer verletzt, ich meine körperlich?“

Alle verneinten.

Nein, körperliche Wunden hatte niemand davon getragen, dafür aber seelische. Snowcat ging zu Riven und hockte sich vor sie, „Ich glaub nicht, dass du den Schattengeist versehentlich beschworen hast. Aber selbst wenn, du warst es, die ihn am Ende vernichtet hat.“

Der Hauch eines Lächeln trat auf Rivens Gesicht, „Das habe ich, oder vielmehr die Göttin hat ihn vernichtet.“, dann wurde sie wieder ernst, „Aber Twinbow und ich, wir waren gerade so glücklich und in einem einzigen Augenblick kann das alles wieder vorbei sein.“

Snowcat nickte, „Das stimmt. Das Leben eines Shadowrunners ist nun mal gefährlich. Darum ist es ja auch so wichtig, dass wir die gute Zeit, die uns gegeben ist nutzen und jede Sekunde davon genießen und immerhin sind wir alle freiwillig hier. Also kein Grund sich zu beschweren.“

Von Blood kam kaltschnäuzig über Funk, „Hey, aber die Situation war eben schon hart, also wenn du jetzt aussteigen magst, würden Steel und ich dir eine Sondergenehmigung erteilen.“

Snowcat schmunzelte innerlich, sehr clever von Blood, wirklich sehr clever.

Riven schnaubte auf, „Ich brauche eure blöden Sondergenehmigungen nicht. Ich werde sicher nicht gehen.“ Nach einer Pause fügte sie mit einem zuversichtlichen Lächeln hinzu, „Und dass der Geist in mir die Kontrolle übernommen hat, das zeigt doch auch, dass die Göttin mit dem was zwischen mir und Twinbow läuft, einverstanden ist.“

Snowcat nickte zustimmend. Sie selber war sich zwar nicht sicher, ob Lillith das wirklich gemeint hatte oder ob sie nicht eher hatte sagen wollen, ,Niemand außer mir ergreift die Kontrolle über meine Jünger!‘, aber sie wusste viel zu wenig über Rivens Göttin, als dass sie sich ein Urteil darüber erlauben konnte. 

Thunderstrike kam herüber, „Nun mal Schluss mit dem Jammern, aufsetzten und Rotz abwischen. Wir sind hier nicht im Kindergarten.“

Riven funkelte ihn an, „Ja, aber ich bin auch kein Soldat.“

Llamé stand nackt vor dem zweiten Humvee und meinte, „Starbuck, kannst mal aufmachen? Ich brauch was Frisches zum Anziehen.“

Starbuck erschrak, „Oh, ja natürlich.“

„Hey Llamé,“, kam es von Sunrise über Commlink, „Ich wusste ja gar nicht, dass du ein Gestaltwandler bist.“

Leicht knurrend kam von ihm zurück, „Na aber jetzt weißt du es.“


Snowcat studierte vorsichtig den Astralraum ihres Basislagers. Währenddessen kam von Blood. „So nebenbei, Guten Morgen. Wir haben hier den Wachwechsel mit angesehen und dabei folgendes in Erfahrung gebracht. 32 Trooper in Gruppen von 4x8 sichern das Gefängnis. Jede Gruppe hat je zwei dieser gezüchteten Leoparden dabei. Außerdem wechseln sie die fünf Turmwachen. Später kommen weitere fünf Wachen aus dem Zellenblock und je drei aus den beiden Bunkern.“ Starbuck trug die Informationen umgehend in ihr Netzwerk ein.

Zur Sicherheit gezüchtete Leoparden. Wie überaus interessant, dachte Snowcat. 

Snowcat ging zu Riven, die immer noch an dem Baum saß, auch Twinbow hatte seine Position nicht verlassen. Riven schien nun nicht mehr zu grübeln, es sah aus, als würde sie inzwischen stattdessen meditieren. Snowcat sprach sie dennoch direkt an, schaltete aber auf Vox, als sie erklärte, „Du hast den Schattengeist nicht mit deiner Beschwörung gerufen, der lauerte hier schon eine ganze Weile und hat uns länger beobachtet, bevor er seine Chance gesucht und zugeschlagen hat. Bei dem Schattengeist handelte es sich übrigens um eine ganz üble Version, einem so genannten Wraith. Wraiths schüren Hass und Blutlust und ernähren sich dann von dem, was entsteht. Sie stehen total auf Rasserei, Todschlag und Vergewaltigung. Je körperlicher, desto besser. Das Gefangenenlager riecht für einen Wraith sicher wie ein Festmahl.“ Snowcat sah Riven mit bestimmten Blick in die Augen, fuhr jedoch im liebevollen Ton fort, „Der Entzug bei dem Versuch dem Geist weitere Dienste abzutrotzen, hat dich allerdings fast das Leben gekostet. Das sollten wir uns für die Zukunft merken und Beschwörungen bei Hintergrundstrahlung unterlassen. Das Ganze hat bei dir einen bleibenden Eindruck hinterlassen, der für uns alle sichtbar ist. Deine Haare ändern nun die Farbe.“  Snowcat schaltete das Commlink ab und sagte leiser, „Ich vermute mal, dass die Farbwahl mit deinem gegenwärtigen emotionalen Zustand gekoppelt ist. Soweit ich weiß, nennt man das Mood Hair. Ich habe schon davon gehört, dass es zu eine Veränderung kommen kann, wenn Magie in einer solchen Gegend daneben geht. Deine Göttin muss wahrlich schützend ihre Hand über dich gehalten haben, denn in den meisten Fälle von denen ich gehört habe, waren die Metamenschen danach entstellt. Narben, Buckel oder andere scheussliche Missbildungen kommen auf der Liste ziemlich oft vor. Ebenso wie geistige Störungen bis hin zum völligen Gedächtnisverlust oder nervösem Zucken. Du aber bist nun eine noch extravagantere Erscheinung, als zuvor.“ Die letzten Worte hauchte Snowcat förmlich. 

Riven lächelte sie an und nickte, „Ja, noch ein gutes Omen. Ich bin auf dem richtigen Weg, dessen bin ich mir jetzt sicher. Aber vielleicht ist es ja mal an der Zeit, dass ich Twinbow so nach und nach ein paar Geschichten erzähle, die du bereits kennst.“

Snowcat nickte, sie wusste, was Riven damit meinte, die traurige Erinnerung an die Krebserkrankung ihrer Mutter, während gerade die Magie in Riven erwachte, die Probleme zuvor mit dem Stiefvater und natürlich den Missbrauch durch Kevin. Snowcat zwinkerte Riven aufmunternd zu, „Mach das und höre dabei einfach auf dein Bauchgefühl.“ 

Irgendwann etwas später kam Starbuck zu Snowcat rüber, er war immer noch ein wenig blass um die Nase herum, zurückhaltend fragte er, „Sag mal, es könnten doch auch noch andere dieser Geister hier sein, nicht wahr?“ 

Snowcat nickte, „Ausschließen können wir das nicht.“

Starbuck hatte diese Antwort offenbar befürchtet, „Vielleicht ist es dann besser, wenn ich alle meine Waffen abgebe. Ich möchte nämlich ungern noch mal für den Tod von einem von uns verantwortlich sein.“

Snowcat legte Starbuck beruhigend ihre Hand auf den Arm, „Nein, wenn wir das berücksichtigen würden, müssten wir alle unsere Waffen abgeben. Nicht auszudenken, was zum Beispiel jemand wie Blood anrichten könnte, wenn er unter eine solche  Beeinflussung geraten würde. Wir werden einfach besser auf unsere Umgebung achten.“

Starbuck atmete tief durch und meinte dann, „Gut. Du hast Recht. Wie immer. Dennoch gefällt mir das gar nicht.“

Damit hatte Starbuck nun wieder Recht. Schattengeister, Gefangenenlager und vergifteter Dschungel waren keine Dinge, die einem gefielen.


Bei frühlingshaftem Sommerwetter, immerhin war heute der 1. Juni, lief Phase zwei der Überwachung des Lagers. Nach stundenlanger Arbeit hatten sie mit Hilfe von Minidrohnen, guten Augen und Snowcats Sinn für magische Hintergrundstrahlung folgendes zusammengetragen:

Insgesamt befanden sich im Lager 150 Trooper und 12 Mages. Der Backroundcount fiel im Lager weitaus geringer aus. In der 2. und 3. Etage des Gefängnisses befanden sich 200 mundäne Gefangene, die nicht sonderlich schlimm zugerichtet waren. In der 4. Etage waren 50 erwachte Gefangene untergebracht, man hatte ihnen Magiermasken aufgesetzt und sie über einen Tropf ruhig gestellt. In der ersten Etage gab es speziellen Zellen in denen sie an denkenden Wesen, 9 Drakes, 3 gefiederte Schlangen, 6 Lindwürmer, 2 ältere Lindwürmer, 5 Wywern und 25 Shapeshifter zählten. 25 Gefangene wurden derzeit in den Verhörräumen gefoltert. Wobei die Peiniger das gesamte Folter-Repertoire einsetzten, von dem man schon gehört hatte. Snowcat war froh, nicht diejenige zu sein, die sich das aufgenommenes Material später ansehen musste. Weitere 25 Gefangene befanden sich im Lazarett und wurden medizinisch versorgt. Was für Wesen und Teile in der gut gekühlten Leichenhalle lagen, würde sich noch zeigen. 

Ihre Überwachung hatte nebenbei auch schon ergeben, dass im Fahrzeug-Depot sechs Busse standen die je 60 Sitzplätze hatten, somit hatten sie zumindest eine Transportmöglichkeit entdeckt. 

Erneut begangen sie mit dem Planen, zeigten auf, was sie unter ihre Kontrolle bringen mussten und wie sie wo vorgehen wollten.

Snowcat betrachtete die Datei mit den gesammelten Daten immer wieder und ihr Blick fiel auf das Stichwort ,gezüchteten Leoparde‘n. Jetzt, wo Llamés Geheimnis in dieser Gruppe gelüftet war, hatte sich ihnen eine Möglichkeit eröffnet, die nach Snowcats Meinung ihre Erfolgschance erhöhte getarnt zu bleiben, denn sie würden dadurch gleich noch authentischer auftreten können. Es bleib nur noch die Frage, ob sich das mit Llamés Stolz vereinbaren ließ, sie lächelte den Afrikaner an und fragte unschuldig, „Würde es dir eigentlich etwas ausmachen, wenn du dich als gezüchteter Kriegsleopard tarnen würdest und mich als mein Schutztier hinein begleitest?“


                                                            UC - UNIVERSAL CONSULTANTS - UC

                              UC - Unknown Consequences -das TOP-Runnerteam aus Seattle- You See! 


Ob es den Runnern tatsächlich gelingt, die Gefangenen zu befreien, ob Llamé sich an die Leine legen lässt und ob die Runner es mit dem Gefangenenzug zurück bis nach Bogotá schaffen, wird demnächst nur hier zu lesen sein. Also, vergiss das Vorbeischauen nicht, omae.

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*