Snowcat and the Howling Shadows S2/E5

TRIDEO SERIES

SNOWCAT AND THE HOWLING SHADOWS4

SEASON1: 2 (Erstbereitstellung April und Mai 2076, gedreht Februar und März 2076)

EPISODE: 5/The Trail (bereit gestellt ab 05/28/76, Do, 6PM/PDT)

PRIMARY MARK: Louis Hartfield

SECONDARY MARKS: The Foul One, Altar Boy and other targets of opportunity

SPOILER ALERT: Die Staffel enthält diverse Spoiler auf die Shadowrun Missions 0601-0606 & 0701-0705 (Chicago); 

CAST2: Bloody Guts, Fang, Iron Horse, Leatherface, Mash, Mr.Tea, Rubber Duck, Shark Finn, Thunderstrike; 

CREW2: Average, Moxi Blush, Franklin „Foggy“ Nelson, Tiernan;

SPECIAL  APPEARANCE2: Blue Sky, Eden, Fierce, Red Velvet, Sapper7, Sinister;

PRODUCTION: Spinrad Media

PLOT SUMMARY: Snowcat und die Howling Shadows jagen auch in der zweiten Staffel einen toxischen Schamanen. Louis Hartfield scheint besonders gefährlich, denn er brach aus dem Blackstone Gefängnis aus und damit gelang ihm etwas, das zuvor als unmöglich galt. Hartfield floh nach Chicago, dem gefährlichen und besonderen Pflaster, das den Howling Shadows noch ganz andere Hindernisse in den Weg legen wird.

END CREDITS CLIPS: 1. Internationale Handzeichen mit Iron Horse; 2.Mash mischt Medizin: Kratzer und Bisswunden richtig behandeln; 3. Tiernans Tolle Tropfen: Magic Proof Coffee für Snowcat & betörende, heiße Schokolade, die Snowcat so liebt; 4. Tödliches Training mit Thunderstrike; 5. -. 

WARNING: Diese Trideo-Serie ist für Zuschauer unter 17 Jahren nicht geeignet. Sexualität, Gewalt, Magie, Tod, Kraftausdrücke und Drogenkonsum können vorkommen. Mitglieder der Howling Shadows sind in Waffen- und Magiegebrauch ausgebildet und sind sich über die tödliche Gefahr bewusst, mit der sie es während des Drehs zu tun haben. Zuschauer werden gebeten, diese Dinge nicht nachzumachen, es sei denn, es wird in einem Nachspann-Clip ausdrücklich erlaubt. Ferner ist absolut davon abzuraten, sich auf eigene Faust mit den gezeigten oder ähnlichen Magischen Gefahren, Geistern und/oder Crittern anzulegen.

Episode 5

[Song 32: Disturbed - Land Of Confusion3] Ich stand am verschneiten Ufer des Lake Michigan und grinste keck in die Kamera. „Hey, willkommen zurück!“, begrüßte ich unsere Zuschauer. „Es war sehr clever von dir, heute wieder einzuschalten, denn wir haben gleich zu Beginn etwas ganz besonderes vor. Es wird eines unserer Speed-Datings geben und zwar …“, ich wies hinter mich, „dort drüben, auf der anderen Seite des Sees, mitten im Core von Chicago.“ Ich legte den Kopf ein wenig schief. „Keine Sorge, Sinister, Mr. Tea und Red Velvet sind bereits wieder fast völlig gesund. Aber wir müssen dir doch immer wieder etwas Neues bieten, damit du dich nicht langweilst.“ Ich zwinkerte in die Kamera. „Während wir die letzten Vorbereitungen treffen und über den See fliegen, kannst du dir schon mal die beiden Clips ansehen.“ Ich zauberte und ließ zwei illusionäre Kugeln entstehen, eine war blutrot und sonderte einzelne Tropfen ab, die andere sah aus wie ein Facettenauge. „In den Clips des Steampunk-Journals5 kannst du etwas über Blutmagie oder Insektenschamanen erfahren. Ich hatte in der letzten Folge gar keine Zeit, dir etwas davon zu erzählen, was es mit der Magie der Foul One auf sich hat. Also, viel Spaß und bis gleich.“

«Cut!», rief Average. «Der Take war vom Licht her richtig gut. Du warst sowieso gut, Snowcat.»

Ich lächelte, so viel Lob wie in letzter Zeit hatte ich schon lange nicht gehört. Genau genommen sogar noch nie, und schon gar nicht von Average. „Fein, dann brechen wir jetzt wirklich auf.“

«Super, ich starte den Sea Sprite», verkündete Rubber Duck.

Bloody Guts freute sich. «Ja Mann, ich bin schon so gespannt.»

Die Neugier von Bloody Guts war verständlich. Nur wenige aus dem Team wussten, wer da jetzt gleich zum Speed-Dating erscheinen würde. Liam, Tiernan, Shark Finn, selbstverständlich auch Foggy und ich. Foggy war maßgeblich daran beteiligt gewesen, dass es heute überhaupt zu diesem Event kommen konnte. Ohne Foggy hätten wir das Speed-Dating nicht abhalten können. So aber hatten wir die Genesung unserer drei Kranken in den letzten zwei Tagen genutzt, um die Vorbereitungen für das besondere Event zu treffen.

Südlich der Haymarket Nation liegt der alte Museumscampus von Chicago, und gleich dort befindet sich das Soldier Field, das ehemalige Football-Stadion der Stadt.

Wir Eingeweihten hatten den anderen nur gesagt, dass wir die Location für ein besonderes Event ausscouten wollten.

Selbstverständlich gab es eine Community, die im Soldier Field lebte. Letzte Überreste einer riesigen Gemeinschaft, die sich nach der Abschottung von Bug City dort zusammengerauft hatte. Gegen einige Güter und ein paar SatHS-Merchandise-Artikel durften wir das ehemalige Spielfeld als Bühne für unsere Aktion nutzen. Nach einem längeren Gespräch hatten sich die Männer und Frauen sogar gewünscht, als Zuschauer in den Rängen sitzen zu dürfen. Etwas, was wir nur allzu gerne gestatteten. Zudem spendierten wir für jeden Freiwilligen ein Set aus SatHS-Mütze, -Schal und -Socken. Einen riesigen Topf mit einer von Tiernans Suppen stellten wir unserem Live-Publikum auch zur Verfügung. 

❄️

Als ich unten auf dem ehemaligen Feld stand, wurde mir noch einmal bewusst, wie trostlos es hier eigentlich war. Verschneit, aber trostlos. 

Die Substanz des Core war bis auf die Knochen abgenagt und jegliche AR fehlte, an die man sich in der normalen Welt so gewöhnt hatte. Keine Hinweise auf den besten Hot Dog, keine Einkaufstipps, keine Nachrichten, keine Einladungen und keine Icons, die mir anzeigten, dass Jane oder John Doe gerade ein Restaurant betreten hatten. Vor allem gab es kein AR Overlay, das die Gebäude in bunten Farben erstrahlen ließ, Fassaden einer anderen Epoche zeigte oder schillernde Vögel auf die Bäume setzte. Matrix-mäßig war es hier so still, dass selbst ich glaubte, das Rauschen, das sogenannte Noise, hören zu können. 

In der freien Natur präsentierte sich oberflächlich betrachtet ein ähnliches Bild. Allerdings wurden die fehlende AR und ein schlechter Kontakt zur Matrix dort durch die Vielschichtigkeit und Brillanz der Umgebung ersetzt. Ich liebe die freie Natur, da gibt es keine Einschränkungen. Chicago hingegen bot keine Natur. Es hatte mehr etwas von einem Tuschebild, das zu lange im Regen gestanden hatte. Alles war verwaschen und hinweg gespült. Nur noch die fade Erinnerung seiner selbst.

Wenn ich das bereits merkwürdig fand, wie grausam musste das erst für Technomancer wie Average oder Liam sein? Sicher deutlich schlimmer als für mich die Kopfschmerzen durch die magische Hintergrundstrahlung. Technomancer und minderschwer auch Decker waren hier in Chicago doppelt belastet. Es herrschte jede Menge Noise, und die Verbindung zu Matrix war gestört, oft sogar völlig abgerissen.

Dafür war Liam tatsächlich noch relativ gut gelaunt. Sein normaler Kommandoton war nur leicht pissiger, als ich ihn von ihm gewohnt war. Oh - besagten Ton legte er mir gegenüber kaum und wenn dann nur in einer abgeschwächten Form an den Tag. Kommandos gab er mir sowieso nie. Doch ich hörte ja auch, wie Liam mit den anderen sprach.

Auch Average vertrug die Abwesenheit der Chicago-Matrix besser, als ich gedacht hatte. Seine Aufgaben, die Kommunikation mit den Drohnen und die ständige Verbindung zum Teamnetzwerk, schienen ihm Halt zu geben. 

‹Japanisch gesprochen hat er auch nicht mehr, Drachenkätzchen.›, bemerkte Katze8 beiläufig und sah sich in der kargen Umgebung des Soldier Fields um. 

‹Sogar schon länger nicht mehr, Katze.›

‹Ja, dann hoffen wir mal, dass es dabei bleibt und die wie auch immer geartete Krankheit bei ihm nicht ausbricht, Drachenkätzchen.›

Eden sah sich noch einmal um und entspannte sich ein wenig. Bei unserer ersten Begehung des Drehortes war sie mit der Sicherheit des Geländes ganz und gar nicht zufrieden gewesen. Die Ränge des Soldier Fields waren weitläufig und schneebedeckt. Für einen Scharfschützen wäre es ein leichtes, sich dort zu verstecken. 

Iron Horse und Thunderstrike hatten die Umstände eher als Herausforderung gesehen und gewissenhaft Schwachpunkte markiert.

Ich schmunzelte, als mir in den Sinn kam, wie Sinister zu Thunderstrike gekommen war. 

„Pass auf …“, hatte die Elfe begonnen und war von dem Zwerg mit „Ich pass immer auf, sonst wäre ich schon längst Vater,“ unterbrochen worden. 

Sinister hatte diese Bemerkung beflissen überhört und gesagt: „Wenn ich es richtig verstanden habe, wirst du auch diesmal einer von denen sein, die die Fragen stellen?“

„Ja.“

„Gut, dann würde ich gerne mit Iron Horse auf eine höhere Ebene gehen und dem Speed-Dating von dort aus mit einem Scharfschützengewehr Deckung geben. Passt das für dich?“

Thunderstrike hatte nur genickt, und so waren Sinister und Iron Horse kurz vor unserer Landung mit dem Sea Sprite mitten auf dem Feld auf einer Schmalseite im Oberrang abgesetzt worden.

Thunderstrike hatte ein Slow-Kissen gezaubert, in das die beiden ehemaligen Elitesoldaten gesprungen waren. Damit hatten wir dann gleich die ersten guten Aufnahmen zum Thema Speed-Dating im Kasten.

Die knapp fünf Dutzend Zuschauer, gepimpt mit diversen SatHS-Kleidungsstücken und Klatschpappen, waren frühzeitig auf den unteren Reihen erschienen und wirkten in der Weite der ausgefransten Stuhlreihen ein wenig verloren, was aber ihrer Stimmung keinen Abbruch tat.  

Bis gestern war das Feld völlig zugeschneit gewesen. Tiernan hatte sich mit Magie daran gemacht, einen Großteil des Schnees zu Hügeln aufzuhäufen und den Rest zu einem trittfesten Boden zusammenzudrücken.

Jetzt legte er erneut mit Magie Hand an und machte sich unter der wachsamen Sensoren von Pfister 1 - 310 an seine Runde.

Zunächst entstanden eine Stuhlreihe nebst Balustrade, ein Tisch und weitere Stühle für die von uns, die keine Fragen stellen und darum etwas abseits sitzen würden. Tiernan gab alles - und schon bald war klar, dass hier kein Stuhl dem anderen glich, was seine eisigen Verzierungen anging. 

Fang fragte begeistert, „Tiernan, kann ich auch so einen Thron wie Snowcat haben?“ 

Liam bleckte die Zähne. „Ja, wenn du annähernd so hübsch bist wie Snowcat, dann sofort.“ 

Fang verdrehte die Augen und meinte schmollend: „Mann, ich hab aber Tiernan gefragt.“ 

Tiernan grinste dazu, sagte aber nichts, sondern ‚baute’ weiter. 

Nach unserer Sitzgruppe aus Eis - für den Kandidaten hatte er übrigens keinen Sitz gebaut - ließ er einen Parcours aus Eis entstehen. Brücken, eine Sprungschanze, zarte vertikale Flächen aus durchscheinendem Eis und Stangen, die im Zickzack aufgestellt waren.

Nachdem Tiernan mit seiner kunstvollen Arbeit fertig war, ging Liam den Parcours noch einmal ab und pappte hier und da handliche Pakete fest.

Wir nahmen Platz und ich winkte Ballhaus 1 zu mir. „Komm her!“, sagte ich mit einem Hauch Verführung in der Stimme. „Am besten du bleibst hier neben mir. Erstens finde ich es schön, wenn du bei mir bist, und zweitens kannst du von hier aus alles sehen. Ich glaube, unser Kandidat wird dir gefallen, und vielleicht kennst du ihn ja sogar schon.“ Ich streckte den Arm aus und wies in den Himmel. „Siehst du, da kommt Blue Sky und bringt den Kandidaten.“

Als der kleine Punkt der TransSky größer und größer wurde, stand unser Publikum auf und reckte die Hälse.

❄️

Die Maschine kam stetig näher. Als sie nur noch ein Stück entfernt war, drehte sie ab, um einen Anflug im Halbkreis zu starten. Die Heckklappe öffnete sich und ein Bündel fiel heraus.

[Song 33: Ruslana - Wild Dances3] Ich wusste, dass es sich dabei um eine Frau auf einem Motorrad handelte, dennoch war es ein überraschender Anblick. Eine Zeit lang fiel das Bündel haltlos, doch dann öffneten sich zwei knallrote Fallschirme, die das gepimpte Evo-Falcon-Motorrad, genauer gesagt ein Schneemobil mit Ketten, abbremsten. 

Unsere kleine Gruppe von Zuschauern sprang auf und klatschte und johlte.

Lanzen steckten in speziellen Halterungen, die am Motorrad angebracht waren. 

Die Frau, die auf dem Bike saß, war jeden Zoom wert. Eine Orkin in einer schwarz-roten, figurbetonten Rüstung, die irgendwo zwischen Combat Biker und Amazone lag. Dicke geflochtene Zöpfe roten Haares kamen unter dem Helm hervor. In ihre Hauer waren keltische Runen gefräst.

Als das Motorrad aufsetzte, hatte die Orkin bereits Vollgas gegeben. Und zwar so viel, wie die Schneeketten hergaben. Sie fuhr gekonnt den Parcours ab. Als sie sich einer Rampe näherte, hörte ich Liam murmeln: „Mal sehen, wat se’ wirklich drauf hat.“ 

Kurz bevor sie das Ende der Rampe erreicht hatte und zum Sprung ansetzen wollte, gab es in kurzer Folge drei bunte Explosionen in grün, pink und orange. Die Orkin reagierte schnell, riss den Lenker hoch und sprang trotz der fehlenden Rampe ab. Als sie vor unseren Tisch fuhr und scharf bremste, spritzte Schnee auf, dann verschränkte sie die Arme und grinste kurz.

Eden erhob sich, um zu klatschen.

Ein lauter Jubelschrei ertönte. Bloody Guts war nämlich ebenfalls aufgesprungen. „Rubber Duck! Alta! Das ist Fierce!“ 

Rubber Duck zog die Stirn in Falten und dachte angestrengt nach. „Ähm, ich komm nicht drauf, aber ich kenne sie auch.“

„Alta, das ist Fierce! Von den St. Petersburg Rasputins!“

Rubber Duck schlug sich gegen die Stirn, „Ja, Mann, genau. Hammer Linebiker.“

Fierce grinste und setzte zu eine kurzen Ehrenrunde an. Der Motor heulte auf, als sie Gas gab. Am Extratisch hielt sie an und sprang ab, um Liam und Tiernan zu umarmen. Sie wendete geschickt und fuhr dann hinter unserem Tisch entlang, um all die Howling Shadows abzuklatschen, die ihre Hände ausstreckten. Selbstverständlich waren Rubber Duck und Bloody Guts mit vollem Eifer dabei.

Als Fierce hinter mir angekommen war, hielt sie erneut an, stieg ab, verbeugte sich leicht und meinte fröhlich „Hallo Prinzessin!“, dann umarmte sie mich.

Meine Howling Shadows sahen mich an. Ich zwinkerte ihnen zu und raunte dann für alle hörbar an den Zuschauer gewandt: „Ja, wir kennen uns schon eine Weile, aber für die Entscheidung, ob sie probeweise bei uns mitmachen darf, spielt das keine Rolle.“ 

Ich drehte mich auf meinem Thron aus Eis um fast 180 Grad und hatte nun Ballhaus 2 vor mir. „Fierce wäre gerne schon im November letzten Jahres zum Speed-Dating erschienen, aber sie war bis vor einer Woche noch fest bei den Rasputins unter Vertrag, darum kommt sie erst heute.“

Tiernan war vorgetreten und rief: „Ladies und Gentlemen, darf ich vorstellen, Fierce.“

Ich lächelte die gutaussehende Orkin an. „Du weißt ja, wie das hier läuft! Jeder von uns, der hier sitzt, stellt dir jetzt drei Fragen.“ Ich erklärte nicht weiter, da Fierce nickte.

„Klar, ich hab bisher alle Folgen gesehen. Ich sag die Wahrheit, muss aber nicht antworten, wenn ich nicht will, und alles, was ich nicht sage, kann gegen mich verwendet werden. Wer fängt an?“

Ich wies von mir aus gesehen nach ganz rechts. „Fang beginnt.“

Fierce fuhr das kleine Stück bis zu ihm und lehnte sich lässig auf die Maschine. 

„Kannst du auch laufen?“, wollte Fang wissen.

„Ja klar!“ Fierce grinste. 

Bloody Guts hob den Arm. „Dafür!“, meldete er.

Wir lachten. So schnell hatte unser Decker nur selten seine Meinung kund getan und wenn, dann war er immer dagegen gewesen.

Fierce lachte ebenfalls, sah dann aber wieder zu Fang. „War das deine erste Frage?“

„Ja. Kannst du auch richtig laufen? Nicht dass du außer Atem bist, wenn du mal ein paar Schritte machen musst.“ 

„Wer hat das 'Kurzatmig'-T-Shirt?“, fragte Liam dazwischen. 

Fang griente. „Na, ich nicht, meins ist immer kaputt, weil eine gewisse Frau möchte, dass ich es zerreiße. - Gehörst du auch zur Familie?“ Fang deutete leicht mit dem Kopf Richtung Shark Finn. Fierce erwiderte stolz: „Klar, selber Clan!“ 

„Danke, dann brauch ich keine dritte Frage.“ 

„Nee, lass mal, keine Sonderbehandlung jetzt!“ 

Fang verzog das Gesicht, „Ich will ja nicht das Falsche fragen und Ärger kriegen!“ 

Liam grinste. „Er ist lernfähig.“ 

Fierce sah Fang erwartungsvoll an. Fang zögerte kurz, fragte dann aber: „Was ist denn deine Lieblingswaffe?“ 

„Hab ich nicht wirklich. Ich nehm', was da ist. Lanzen und Äxte kommen ganz cool!“

Fang deutete zu Bloody Guts, lehnte sich dann zurück, blickte hinter dem Rücken des Trolls zu Rubber Duck und meinte: „Mist, wieder einer weniger. Also ich meine, einer weniger, der mit uns feiert, weil er Weihnachten weg ist.“

Rubber Duck nickte und erwiderte: „Stimmt. Wie viele sind in diesem Clan wohl?“ 

Bloody Guts grinste wie ein Honigkuchenpferd. „Wie viele Bikes hast du?“

„Vierzehn plus vier, die ich nicht wirklich fahre.“ 

„Für welches Team würdest du gerne mal spielen?“ 

„Na, für die Howling Shadows natürlich, sonst wäre ich nicht hier. Aber wenn du Combat Biking meinst, dann für die Cavaliers, die sind irgendwie alle so quirlig.“ 

Foggy schaltete sich ein. „Sag besser für die New York Marauders, das ist Spinrads Team. Das wird unserem Sponsor gefallen.“

Fierce nickte und sagte dann ohne zu zögern: „Na für die Howling Shadows natürlich, sonst wäre ich nicht hier. Aber wenn du Combat Biking meinst, dann für die New York Marauders. Die haben letztes Jahr eine Spitzensaison hingelegt, und eine super Teamdynamik haben sie auch.“ 

Fierce hatte ansatzlos ihre Aussage wiederholt und passend abgewandelt. Sie war eben durch und durch Medienprofi, wie die meisten Combat Biker. 

Das schiefe Grinsen von Bloody Guts wurde noch breiter, er lehnte sich vor und stützte sich auf dem Tisch aus Eis ab. „Was denkst du über Trolle?“ 

„Cool. Stark. Groß. Prima Goalies!“

Bloody Guts streckte seine Faust vor und die Orkin faustete ein. 

Sinister meinte: «Er hat nicht gefragt, ob sie Rassist ist.»11 

Ohne sich umzudrehen streckte Bloody Guts seinen gewaltigen Trollarm in die Höhe und präsentierte der Elfe auf den oberen Rängen seinen Mittelfinger.

Rubber Duck eröffnete mit seinem Standard. „Wie ist deine sexuelle Orientierung? 

„Kommt auf das Gegenüber an …“

Moxi klatschte. 

„… erst mal steh ich mehr auf Kerle. “

„Was ist dein Lieblingscocktail?“ 

„Ich mag’s lieber pur, am besten Whisky oder Met.“ 

„Was für ein Auto fährst du?“ 

Fierce überlegte kurz. „Wenn schon Auto, dann fahr ich nicht selbst. Sondern miete eine große Limousine und fahr darin mit Freunden, und mit viel Alkohol.“

Moxi klatschte abermals.

Mash war als nächster an der Reihe. „Beschreibe dich mit drei Worten.“ 

„Schnell, unerbittlich, fierce.“ 

„Warum willst du zu SatHS?“ 

„Ihr seid cool. Die beste Trid-Serie seit langem. Ihr habt was drauf und …“, Fierce legte eine kleine dramatische Pause ein, „ … keinen Ork im Team.“

Shark Finn stand wie immer hinter mir und warf nun ein: „Das ist doch geschwindelt, du willst Weihnachten nur auch so’ne geile Geschichte erzählen wie wir!“

Fierce sah lachend zu Finn und brauste auf. „Ich war doch noch nicht nicht fertig. - Bei SatHS sind die Chancen hoch, zur Legende zu werden und vielleicht sogar in einem epischen Kampf draufzugehen. - Jetzt bin ich fertig.“ 

„Was denkst du über das Team?“, schloss Mash seinen Fragereigen. 

„Ihr arbeitet gut zusammen, seht gut aus, versteht euch in Szene zu setzen!“

Nun war Thunderstrike dran. „Was hältst du von Disziplin?“  

„Ist wichtig, aber man muss es nicht immer so genau damit nehmen. Also man muss das auch mal schleifen lassen.“ 

„Wovor hast du Angst?“

Fierce legte die Stirn in Falten und erwiderte ernst: „Gebrechlich dahinzusiechen und irgendwann an Altersschwäche zu sterben.“ 

„Befolgst du Befehle von einem Mann?“ 

„Ja klar, auch!“

Als einzige der Special Appearances von Staffel 2 hatte Eden sich dafür entschieden, Fragen zu stellen. 

„Was würdest du auf eine Insel mitnehmen?“, übernahm sie die Frage, die ihr selbst vor einem Vierteljahr gestellt worden war. 

„Whisky, Met und Werkzeug. Nee, warte.“ Fierce überlegte noch mal einen Moment und korrigierte sich dann breit grinsend. „Liam, Met und einen Haufen anderer Leute!“ 

„Was kannst du gar nicht leiden?“ 

Shark Finn sah zu Rubber Duck. „Wenn sie jetzt was über Frisuren sagt, hast du endgültig verkackt.“ 

Doch um Frisuren ging es bei der Antwort von Fierce nicht. „Leute, die doof glotzen, und Langeweile.“ 

„Was ist dein Lieblingsspruch oder -zitat?“, fragte Eden nun erneut, was man sie gefragt hatte. 

„Na, mein eigener: Selfie oder Maul?“, erklärte die Orkin grinsend, verschränkte die Arme unter der Brust und setzte sich dabei in Pose. Genau mit diesem Zitat und in der Pose war sie auf den Autogrammkarten der St. Petersburg Rasputins zu sehen.

Mich erstaunte es immer wieder, wie viel Leatherface von Kommunikation hielt, denn auch er hatte fragen wollen. „Was hast du denn drauf?“, lautete die erste seiner drei Fragen.

„Kämpfen, Saufen und Motorradfahren und zwar nicht in der Reihenfolge. Kann ich nämlich alles gleich gut.“ 

„Was war bisher deine größte Lüge?“

Fierce überlegte länger und meinte dann: „Als mein Papa mich gefragt hat, ob ich den Met genommen hab. Und da hab ich nein gesagt. Ich war sechs oder so. Und wenn der das hier sieht, dann wird er mir eine Abreibung verpassen. “

Ich lächelte. Ich glaubte eine solche Lüge würde man ihr nicht schwer zur Last legen. 

Leatherface sah Fierce einen Moment länger an und wollte dann wissen, „Warum bist du denn so wikingermäßig drauf?“ 

Sie grinste. „Na, weil ich da herkomm. Also aus Island.“

Wie immer bei unseren Speed-Datings schloss ich den Reigen mit meinen Fragen ab. „Hast du den Trick geübt?“, fragte ich und ließ alle, die nicht bei der O’Niall-Weihnachtsfeier gewesen waren, im Unklaren darüber, worum es ging. 

„Ja, klar! Kann ich dir nachher zeigen, nächstes Mal schlag ich ihn“, erklärte sie stolz und meinte mit ‚ihm‘ Harlequin. 

„Ich wette dagegen!“, warf Liam ein, „Also nicht, dass du den Trick richtig drauf hast, aber er bescheißt einfach besser als du!“ 

„Mit wem aus dem Team würdest du gerne mal auf ein Date gehen?“, fragte ich. 

Bloody Guts meldete sich sofort. 

Fierce lachte fröhlich. „Ja, genau, mit Bloody Guts.“ Dann sah sie sich um. „Und mit Fang.“  

Fang sah zu Rubber Duck rüber, „Du bist wieder nicht dabei!“

Rubber Duck nickte. „Stimmt leider.“ 

Fierce zog nachdenklich die Stirn kraus. „Obwohl Fang ein bisschen zart aussieht.“ 

Woraufhin Liam meinte: „Ach, der hält was aus.“ 

„Das kann ich bestätigen!“, fügte Mash hinzu.

Fierce freute sich. „Na, dann ist ja gut.“

Bloody Guts buffte Rubber Duck an. „Alta! Du musst langsam mal auf deinen Ruf achten!“ 

„Ich glaub auch!“, bestätigte der Rigger leicht bedripst. 

„Wartet erst mal, bis die Staffel ausgestrahlt wird, dann hat sich das erledigt!“, stichelte Moxi.

Rubber Duck verzog das Gesicht, der Stich hatte gesessen. 

Fang drehte sich um und rief Foggy zu: „Du, Foggy. Wir müssen mal was für Rubber Duck tun: Eine Anzeige schalten, so mit ‚du bist jung und gutaussehend?-Dann bewirb dich für ein Date!‘ “ 

Rubber Duck grinste schief. „Oh Mann, ihr macht es nicht besser.“

„Was denn?“, meinte Fang. „Dein Postfach wird überquellen!“ 

„Ja, aber nur, bis die Airstream-Folge ausgestrahlt wurde“, stellte Moxi fest.

Rubber Duck fuhr sich verlegen durchs Haar.

Fierce hatte durchschaut, dass sie hier Partei ergreifen konnte. Böse grinsend sagte sie zu Rubber Duck: „Sei nicht traurig! Ich würde mit dir auch auf ein Date gehen, wenn du mich fragst. Ich lass dich ja nicht hängen.“

Alle lachten. Bei Rubber Duck klang es allerdings ein wenig gequält. „Na, das hab ich wohl verdient“, stellte er halblaut fest.

Ich hatte noch nicht meine dritte Frage gestellt und holte dies nun nach. „Gibt es irgendwas, was du auf der Jagd nicht tun würdest?“ 

„Keinen Gegner schlagen, der bereits am Boden liegt!“, erwiderte Fierce. 

Liam grinste wölfisch. „Aber von Überfahren hat keiner gesprochen.“

Nun lachte Fierce. „Genau!“, sie warf einen Seitenblick zu Rubber Duck. „Und von Nachtreten auch nicht.“

❄️❄️

Da niemand einen Einwand oder gar ein Veto gegen Fierce gehabt hatte, hatten wir uns bei unseren Zuschauern bedankt und waren in unser Basiscamp auf der anderen Seite des Lake Michigan zurückgekehrt.

Fang hatte sofort Interesse an der Zusammenarbeit mit Fierce gezeigt und sie gefragt, ob er bei ihr hinten drauf in eine Schlacht fahren dürfe. Fierce war begeistert von dem Vorschlag gewesen, und so hatten die beiden augenblicklich damit angefangen, gemeinsam zu trainieren. Selbstverständlich hatte Liam die entsprechenden Modifikatoren auf dem Schnee-Motorrad angepasst.

Es machte Spaß, den beiden beim Training zuzusehen - und so standen wir am späten Nachmittag des nächsten Tages gemeinsam bei einem Grog oder Tee um unsere wohlduftenden Feuertonnen herum beisammen und unterhielten uns, während die beiden übten.  

Sie testeten zum Beispiel, wo Fang sich am besten festhielt, wie man am besten absprang und ähnliches. 

Selbstverständlich hatten wir den Vormittag damit verbracht, das erste Gruppentraining zu absolvieren und Fierce in unser Teamnetzwerk einzuweisen. 

Schnell hatte sich gezeigt, dass Fierce ein Teamplayer war. Sie verstand es, sich zu integrieren und die Aktionen anderer zu berücksichtigen. Locker berichtete die Orkin darüber, wie sie entschieden hatte, die Rasputins zu verlassen und zu den Howling Shadows zu kommen und ließ dabei nicht aus, welche Hilfe Foggy gewesen war, damit sie so problemlos aus dem Vertrag gekommen war. 

«Können wir das nochmal drehen? Ich glaub, ich hab’s nicht richtig drauf?», fragte Average grinsend, als Fang mal wieder kopfüber im Schnee gelandet war. 

„Nö!“, erwiderte Fang locker, „Positionier beim nächsten Mal die Kameras einfach besser.“

❄️

„Wir haben noch keine Ahnung, warum die Ancients und Altar Boy sich die Kinder und Teenager schnappen“, nahm ich den Faden unseres Gespräches wieder auf. „Lasst uns doch einmal Brainstorming betreiben. Was unterscheidet Kinder und Teenager von Erwachsenen und zwar unabhängig von Rasse und Geschlecht? Was haben sie alle gemeinsam?“

„Wenig Eigengeschmack?“, brummte Leatherface und kassierte giftige Blicke.

„Du machst dich hier nicht beliebt“, fauchte Liam.

Leatherface zuckte mit den Schultern. „Sorry, kam mir eben als erstes in den Sinn.“ 

„Man kann sie erziehen, leichter einschüchtern und ihnen etwas beibringen, weil sie lernfähig sind?“, überlegte Mr. Tea laut.

„Für Kinder bis zum menschlichen Äquivalent von zehn Jahren stimme ich dir in allen Punkten zu“, erklärte ich. „Aber Teenager neigen dazu, rebellisch zu sein und sich nichts sagen zu lassen. Die muss man überzeugen.“

„Was mit Ideologien und den richtigen Schlagworten aber zu schaffen ist“, stellte Foggy fest.

Mash nickte. „Das stimmt. Einigen wir uns darauf, dass sie formbar sind.“ 

Red Velvet hatte unauffällig einen Schritt an Mr. Tea heran gemacht. Sie stand nun so dich neben ihm, dass nur schwer ein Blatt Papier zwischen sie gepasst hätte. „Sind Kinder besser für Insektengeister geeignet?“, fragte die Japanerin.

Übrigens standen auch Rubber Duck und Moxi dicht beieinander. Dennoch bot sich ein völlig anderes Bild. Der Rigger hatte sich um Moxi bemüht, sich erkundigt, ob ihr auch warm genug war, aber sie zeigte ihm die kalte Schulter. Zumindest tat sie das noch. Doch ich war mir ziemlich sicher, dass Rubber Duck bereits intensiv daran arbeitete, Moxi wieder für sich einzunehmen und seinen Fehler wieder gut zu machen. Moxi hatte in den letzten Tagen immer wieder kleine Geschenke auf ihrem Kopfkissen gefunden, und zwar schon bevor sie Rubber Duck gestern zu verstehen gegeben hatte, wie daneben sein Verhalten kürzlich erst gewesen war.

„Nein! Zumindest nicht, dass es sich als Suchkriterium der Invae bis zu den Metamenschen rumgesprochen hätte“, sagte ich nachdenklich. „Völlig ausschließen kann ich es nicht. Wie wir gerade feststellten, sind sie formbar. Vielleicht passt sich ihr Geist leichter an Verschmelzungen an. Behalten wir das im Hinterkopf.“ 

„Wenn man einen Fuchs aus seinem Bau treiben will, dann braucht man kleine Hunde, die in den Bau rennen und die Füchse raustreiben. Kinder sind klein“, erklärte Leatherface.

Ich nickte, „Halten wir auch das fest.“

„Es kann jedenfalls keine Doppelgänger-Sache sein“, meinte Mr. Tea nun, „die entführten Kinder und Teenager sehen sich nicht einmal ansatzweise ähnlich. Oder was meinst du, Red Velvet?“

Red Velvet sah zu Mr. Tea und lächelte leicht. „Ich weiß nicht, mit Kindern hab ich keine Erfahrung.“

❄️❄️

Wir waren bereits den 19. Tag in Chicago und hatten immer noch keinen Hinweis auf den Aufenthaltsort unseres eigentlichen Ziels, Louis Hartfield. Zugegebenermaßen konzentrierte sich unsere Suche aktuell auch mehr auf Altar Boy und die Ancients. Obwohl, so richtig stimmte das auch nicht, denn wir hatten uns nach der Gefangennahme der Foul One mehr auf Übergabe, Genesung und Training konzentrieren müssen, als wirklich aktiv zu suchen. 

Genau genommen waren es derzeit Becky 99 und die Desolation Angels, die aktiv suchten.

Darum ging ich auch sofort höchstpersönlich ans Commlink, als mir kurz vor 12 Uhr mittags die Nummer des Wegwerf- Commlinks via AR eingeblendet wurde, welches ich Becky gegeben hatte.

«Hey, Becky?, Was gibt es?», stellte ich die Frage noch zu Ende und betätigte augenblicklich den ‚Attention!‘-Button in meinem virtuellen Display, um mein Team zu aktivieren. Die Verbindung war schlecht, doch ich war mir ziemlich sicher, unter all dem Rauschen und Knacken Schüsse herausgehört zu haben.

«Becky? Ich versteh dich nicht. Brauchst du Hilfe?»

Ich öffnete einen Kanal zu Bloody Guts. «Versuch, sie zu lokalisieren.»

«Bin schon dabei.»

«krrizchistrkrrr… im Fuji …. krrischstrrriiii …. ha ….krrizchistrkrrr …. Hi …. da…. Hilfe ….»

Bloody Guts meldete, «Sie hat Fuji gesagt und nach dem, wo das Signal her kommt, würde ich sagen, sie ist im Fuji America Gebäude.» Passende Koordinaten schlugen im Teamnetzwerk ein.

[Song 34: Marco Beltrami //World War Z - Zombies in Coach3] Ich hatte nach dieser Information noch nicht einmal ganz zu Ende ausgeatmet, als Rubber Duck schon verkündete: «Bin unterwegs, mache den Sea Sprite startklar.»

«Copy. - Team, alle auf Go! Wir treffen uns so schnell wie möglich in voller Kampfausrüstung an unserem Sea Sprite.»

Leatherface knurrte kurz. Für ihn war es, als wäre er mitten in der Nacht geweckt worden. Von allen anderen aus dem Cast erntete ich nur Bestätigungen. Auch in unseren Airstream war Bewegung gekommen. Ich hatte es besonders leicht, denn Moxi half mir in die Panzerungsteile und kümmerte sich danach um mein Make-up und Haar, während ich das Equipment zusammenpackte. Wir waren ein eingespieltes Team. 

Da Liam auch auf ‚Go‘ gegangen war, ließ ich meinen Elektronikkram wieder zurück.

Wir waren schnell. 

Innerhalb von wenigen Minuten saßen wir alle gerüstet und bewaffnet in unserem Flieger.

Ich hoffte, es würde schnell genug gewesen sein, um Becky helfen zu können.

Zum Glück mussten wir nicht allzu weit fliegen.

❄️

Der Anflug zeigte ein runtergekommenes, fünf Stockwerke hohes Gebäude nebst Parkhaus. Die vierte und die fünfte Etage des Hauses waren eingestürzt und wirkten kaum begehbar. 

Vor dem Eingang ins Haus standen Quads und schwere Bikes, mehr eilig abgestellt denn geparkt. Die mehr als ein Dutzend Ganger waren abgestiegen und beschossen den Eingang des Hauses. 

Ein Scan mit den Sensoren ergab, dass es sich bei den Angreifern um alte Bekannte von uns handelte: Es waren Ramblers, also die Gang, der unser Scout-Team auf der Suche nach der Foul One begegnet war.

Rubber Duck flog eine Kurve, ging rasant tiefer und ließ die Heckklappe runter.

Fierce, mit Fang hinten drauf, gab Gas, so viel das Kettenfahrzeug hergab. Sie hüpften hinaus und würden von Norden angefahren kommen.

Iron Horse, Shark Finn, Red Velvet, Liam, Eden und ich waren abgesprungen, als der Sea Sprite über einem ehemaligen Park gleich neben dem Haus geschwebt war. Von dort waren es nur noch einige Meter bis zum Fuji-Gebäude. 

Die Ramblers reagierten nicht auf uns, da sie auf Fang und Fierce konzentriert waren, die sie eben entdeckt hatten. 

Fierce hatte ihnen die Entdeckung leicht gemacht, indem sie ein Horn betätigt und einen lauten Kampfschrei ausgestoßen hatte. 

Den Sea Sprite konnten die Ramblers wegen eines Stille-Zaubers nicht hören. 

Wir huschten geduckt über das Gelände, während Rubber Duck noch Sinister und Mash auf dem Dach des ehemaligen Fuji-Gebäudes absetzte. Die beiden wollten sich von oben durchschlagen. Falls auch innen gekämpft wurde, konnten sie Gegnern in den Rücken fallen.

Thunderstrike und Leatherface blieben im Sea Sprite. Sie konnten uns von dort aus Feuerschutz geben. 

Fang heulte furchteinflößend, als sich das Bike den Ramblers näherte. 

Drei ergriffen sofort die Flucht.

Liam bog plötzlich ab, rannte vor auf die Straße und rammte zwei Stangen in den Schnee.

Alle Ramblers hatten uns den Rücken zugewandt, als wir in Schussreichweite kamen. 

«Wartet noch kurz», flüsterte ich, «vielleicht können wir sie verjagen, ohne zu kämpfen.»

Ich bat meine Sylphe, die Kraft der Angst einzusetzen. Einige hatte sich immer noch nicht von dem Wolfsheulen erholt, da waren sie eventuell leichter zu verschrecken.

Ich wurde nicht enttäuscht. Nach und nach ergriffen die Ramblers die Flucht. 

Als die ersten drei Bikes an Liams Stangen vorbeifuhren, explodierte etwas. Ein Quad wurde direkt getroffen. Die beiden Männer darauf flogen nur so durch die Luft.

Ich kontrollierte das nicht weiter, sondern zog mein Commlink-Display in den Vordergrund meines AR-Bildschirmes, um bei Becky anzurufen. Die Eingangstür wurde von einem Geist versperrt und der konnte durchaus zu Becky gehören. 

So dicht beieinander funktionierte die Verbindung deutlich besser.

«Echt, ihr seid da?», erwiderte sie erfreut. «Ja, ja, der Geist ist von mir. Warte, ich rufe ihn ab.»

Kaum ausgesprochen, verschwand der Geist in der Tür und gab den Weg frei.

«Kommt ihr dann rein?», fragte Becky 99. «Wir sind links hinten durch, in den Überresten eines Großraumbüros.»

«Verstanden, wir kommen!», lautete meine simple Antwort.

«Wir sichern den Eingang vom Bike aus», gab Fang bekannt.

Offenbar hatten sich da zwei gefunden. Es sprach nichts dagegen, dass sie uns von dort aus Deckung gaben. Also bestätigte ich.

Wir betraten das verfallene Haus. Die Luft war staubig und roch nach Schimmel. «Schließt eure Masken und stellt sicher, dass die Versiegelung eingeschaltet ist», sagte ich an. «Sinister, Mash, wir treffen uns bei Becky 99. Das Gefecht lief schon eine Weile. Es könnte Verletzte geben.»

Schummriges Licht fiel durch die Ritzen und Löcher. Die meisten Fenster waren verbarrikadiert worden. Und zwar von innen, mit jeder Menge Geröll. Das war eine merkwürdige Art, Fenster zu verschließen. Wir wirbelten Staub auf. Als er im Schein des Lichts erkennbar herabrieselte, schimmerte er grünlich.

Außerdem war es hier drin ziemlich warm. So, als wenn das Haus eine Fussbodenheizung besäße, die man voll aufgedreht hatte, oder als wenn zumindest der Keller beheizt wäre.

Ich nahm astral wahr. Die Hintergrundstrahlung hatte sich verändert, auch wenn sie nicht stärker geworden war. 

Das hier stank nur so nach Kakerlake. Doch solange keiner in den dunklen Keller hinabsteigen wollen würde, konnten wir das Problem unten liegen lassen. 

Liam trat einem auf dem zugemüllten Gang liegenden Rambler zwei mal in die Seite. Das war natürlich auch eine Möglichkeit, zu checken, ob jemand noch bei Bewusstsein war. 

Als Becky uns sah, zeichnete sich Dankbarkeit auf ihrem Gesicht ab. Sechs der sieben jungen Frauen waren verletzt worden. Zwei von ihnen sogar schwer, wie ich nach einem kurzen Blick mit astraler Unterstützung feststellen musste.

Ich begrüßte Becky freundlich lächelnd. „Hey, das ist aber kein besonders cooler Ort für eine Ruhepause“, sagte ich sanft. „Unser Arzt wird jeden Moment hier sein, dann kümmern wir uns um die Verletzten.“

Beckys Augen weiteten sich auf Untertassengröße. „Ihr habt einen Arzt mitgebracht?“

❄️

Mash hatte uns erst einmal die Anweisung gegeben, alle Verletzten draußen zu behandeln. Dort drinnen war es nun mal so gar nicht hygienisch gewesen. 

Ich hatte mit jedem Verletzten ein paar Worte gewechselt und die Patienten mit einem Healthy Glow auf die Behandlung vorbereitet.

‹Du weißt aber schon, dass das ist, als würdest du die alle irgendwie putzen, Drachenkätzchen›, nörgelte Katze.

‹Ja, aber doch mit Magie, ohne Körperkontakt. Dafür zu sorgen, dass sich die Metamenschen nach meinen Worten besser fühlen, ist gut für meine Reputation, Katze. Dafür lohnt es sich.›

‹Das mit der Reputation stimmt sicher. Die meisten hier himmeln dich bereits an, Drachenkätzchen. Na, meinetwegen, dann mach weiter damit.› Zusehen wollte Katze dennoch nicht. Sie schlenderte ein Stück die Straße hinunter und sah sich noch einmal den ehemaligen Park an.

Während Mash weiter behandelte und Iron Horse und Shark Finn Wasser an die durch den Schimmel hustenden Desolation Angels verteilten, erzählte Becky mir, was geschehen war.

„Wir suchen ja immer noch nach Tasha und versuchen gleichzeitig, das HQ der Ancients oder diesen Altar Boy zu finden.“ Becky seufzte kurz, und das klang nach echtem Schmerz. „Aber irgendwie sind die unauffindbar. Heute dachten wir uns, wir besuchen mal die Crypt Kickers, das ist eine Ghoul-Gang, die hier in der Nähe lebt. Wir haben ganz guten Kontakt zu denen, aber nun schon länger nichts mehr von denen gehört. Was öfter mal vorkommt. Wir wollten die fragen, ob sie was wissen. Aber so weit sind wir gar nicht gekommen, weil wir hier auf die fragging Ramblers getroffen sind. Die Fragger dachten, sie sind Kerle und wir nur Frauen und sie könnten uns anmachen. Klar gab’s da Widerworte, und dann haben die sofort ihre Knarren raus geholt und auf uns geschossen. Wie waren völlig unvorbereitet. Die waren uns zwei zu eins überlegen, sie hatten Quads und wir waren zu Fuß unterwegs. Also haben wir uns hier in das Haus zurück gezogen und uns verschanzt. Die meisten Fragger wurden durch meine Geister aufgehalten. Ein paar kamen durch, die haben wir ausgeschaltet. Aber inzwischen hatte ich ganz schön starke Kopfschmerzen. Ich weiß nicht, wie lange wir noch durchgehalten hätten. Vielen Dank noch mal.“

❄️

Wir halfen gern. Besonders, wenn es kameratauglich und nützlich war, weil man die Kontakte noch brauchen konnte. 

Da der Friedhof, auf dem die Crypt Kickers leben sollten, tatsächlich nicht sonderlich weit weg war und Fierce die einzige von uns war, die auch ohne den Sea Sprite einen Motor unter dem Hintern hatte, fuhr sie vor, um nach dem Rechten zu sehen.

Für Fang war es keine Frage. Er blieb, wo er die ganze Zeit über gewesen war, auf dem Bike der Orkin hinten drauf.

Wir anderen machten uns zu Fuß auf den Weg hinterher. Becky und ihre Mädchen waren insoweit wiederhergestellt, dass sie uns begleiten konnten und wollten. Die Crypt Kickers schienen ansatzweise etwas wie ihre Freunde zu sein.

❄️

«Sind jetzt beim Friedhof», meldete Fang bald darauf.

«Hier ist aber keiner», erklärte Fierce. «Oh wartet, shit, hier sind doch welche, das müsst ihr euch selbst ansehen. »

In einem deutlich ernsteren Ton, als wir von Fang gewohnt waren, fügte er hinzu: «Aber ihr könnt euch Zeit lassen. Es gibt hier keinen Grund zur Eile.»

❄️

[Song 35: Witcher 3 - The Trail3] Fangs Ansage hatte erahnen lassen, was wir vorfinden würden.

Dennoch ist es immer bedrückend, ein Schlachtfeld zu betreten, auf dem Tote liegen. 

In dem Fall waren es gut zwei Dutzend tote Ghoule, die man niedergemetzelt hatte.

«Scheiße, wer macht denn sowas?», fragte Bloody Guts wütend.

Auch auf dem Gesicht von Becky zeichnete sich Zorn ab. 

„Sieht übel aus., meinte Fang dazu. „Da kann wohl jemand Ghoule nicht leiden.“

„Wir holen uns die Penner einfach!“, erklärte Fierce. „Dann machen die sowas nie wieder.

Ich hob die Hand und gebot der Diskussion Einhalt, bevor sie weiter entfachte und Rachegedanken aufkamen.

„Die Crypt Kickers sind überfallen worden“, erklärte ich, „Das mag ein schauriger Anblick sein. Doch der Schauplatz an dem wir die Gnawer und Goblins vernichtet haben, sah auch nicht besser aus. Im Gegenteil.“ 

Auf einige Gesichter meiner Howling Shadows trat Betroffenheit oder Erkenntnis. Ich hatte sie nicht bedrücken wollen. Doch ich musste sie davor zu schützen, Gewalt mit zweierlei Maß zu messen. Was für den einen gerecht war, konnte für den anderen ein abscheuliches Verbrechen sein.

Ich drehte mich zu Becky 99. Eine kalte Windbö erfasste mein Haar. Auch Beckys Gesichtsausdruck hatte sich verändert. 

„Es tut mir Leid, was mit deinen Freunden geschehen ist“, erklärte ich.

Becky zuckte mit den zierlichen und doch so starken Schultern. „Shit happens, und richtig befreundet waren wir ja nicht. Die Crypt Kickers waren eigentlich ganz friedlich, das ist alles.“

Ich gab die Anweisung, sich umzusehen, um herauszufinden, was hier genauer geschehen war. „Seid aber vorsichtig und verletzt euch nicht an den Klauen der Ghoule, sie könnten immer noch ansteckend sein.“

„Dazu wollte ich auch gerade raten!“, bestätigte Mash.

Es dauerte nicht lange, da brachte mir Mr. Tea einen Fetzen grünen Leders. Das hier war also tatsächlich wieder ein Werk der Ancients gewesen.

Den Spuren nach war dieser alte Friedhof die Heimat oder das Lager der Ghoule gewesen. Einige Krypten waren zu Behausungen umfunktioniert worden. Sie waren unerwartet und offenbar schlafend angegriffen worden. Selbst wenn sie Wachen gehabt hatten, hatten diese ihnen nicht genügend Zeit zur Vorbereitung verschafft. Dann hatten die Ghoule sich nach besten Kräften verteidigt. Entweder hatten die Ghoule keinen Gegner zur Strecke bringen können oder aber die Ancients hatten ihre Toten mitgenommen, denn bis auf den Stofffetzen und Reifenspuren, deren Profil wir von der Entführung der Bernisten- und Stanish-Kinder her kannten, gab es keine Hinweise auf die Angreifer. Alles im allem wirkten es, als wären die Crypt Kickers völlig unterlegen gewesen.

Da hier viel zu Bruch gegangen war, ließ sich nur schwer sagen, ob etwas fehlte. Oder ob überfallen worden war, um zu töten oder ob es noch andere Gründe gegeben hatte. 

Also suchte ich mir einen Ghoul, der zentral lag, hielt Ausschau nach einem persönlichen Gegenstand, zog meine Handschuhe aus, hockte mich neben ihn und stellte Aurenkontakt zum Gegenstand und zum Ghoul her.

Den gewaltsamen Tod von jemandem mitzuerleben, ist nie ein Vergnügen. Diesmal waren der Schreck, aus dem friedlichen Schlaf gerissen zu worden sein, und die damit einhergehende Verwirrung so heftig gewesen, dass mein Herz schneller schlug und ich noch einige Sekunden orientierungslos blieb, nachdem ich in mit meinen Sinnen in die Realität zurückgekehrt war. Shark Finn stand dicht bei mir und half mir hoch. Seine Gegenwart wirkte immer beruhigend auf mich.

Doch es hatte sich gelohnt, denn ich wusste nun etwas, was wir vorher nicht gewusst hatten. Die Ancients hatten zwei Ghoul-Kinder entführt.

Ich teilte meinem Team mit, was ich herausgefunden hatte.

Becky ballte die Hände zu Fäusten. „Was wollen die nur mit den Kindern?“

„Ich weiß es nicht. Noch nicht. Wir werden es herausfinden!“, versprach ich.

Fang hatten einzelne Reifenabdrücke entdeckt, die ihn zu einer ausgewachsenen Spur geführt hatten. Er glaubte, ihr folgen zu können.

Iron Horse erklärte, der Überfall habe erst vor wenigen Stunden stattgefunden. Wahrscheinlich erst kurz nach Morgengrauen, was für die Ghoule vergleichbar mit der Zeit war, zu der sie schlafen gingen.

Damit waren wir dichter dran denn je.

‚Altar Boy, wir kriegen dich! Und dann finde ich heraus, was für einen Scheiß du da abziehst“, versprach ich mir selbst.

❄️

Fierce und Fang wollten der Spur nur allzu gern folgen. Wir nutzten kurzerhand ein Quad, das die Ramblers zurück gelassen hatten, damit Sinister und Red Velvet sie begleiten konnten. Der Rest von uns stieg zusammen mit Becky und den Desolation Angels in den Sea Sprite, um die Mädchen nach Hause zu bringen. Erst danach würden wir zu unseren Bikern zurückkehren und Abstand halten. Schließlich wollten wir am helllichten Tag nicht von der gesamten Stadt gesehen oder gehört werden und ganz besonders wollten wir die Ancients nicht aufschrecken, bevor wir ihr Versteck kannten.

Als der Sea Sprite abhob, meinte Bloody Guts: „Oh Mann, habt ihr gesehen, wie wild Fang darauf war, mit Fierce zu fahren? Fehlt nur noch, dass er mit dem Schwanz wedelt, so spitz ist der auf die.“

Average zoomte mit einer der Drohnen auf eine Stelle im Schnee. «Guckt mal, ist das da Sabber auf dem Boden?»

Leatherface erzählte ruhig: „Ich glaube nicht, aber einen erhöhten Pheromonausstoß konnte ich tatsächlich bei Fang feststellen.“

Bloody Guts verzog angewidert das Gesicht. „ Zombiebabies, Zombiebabies, Zombiebabies!“, rief er, um sich auf andere Gedanken zu bringen. 

Average erklärte: «Keine Sorge ich hab alles im Blick, spätestens hinterher. Vielleicht fahren die ja mal links ran. Wenn die das machen, schneide ich das dann raus?»

„Selbstverständlich schneidest du es raus, und du machst auch keine Kopien.“, verlangte Mr. Tea.

Ich konnte bemerken, dass Rubber Duck zufrieden lächelte. 

Ich ahnte, was er dachte - wenn sich Fang für Fierce interessierte, würde dieser die Finger von Moxi lassen.

Liam hingehen blickte ernst drein. Er hasst es, wenn solche Sprüche über die Frauen seiner Familie gemacht werden.

❄️

Es war nicht sonderlich leicht gewesen, der Spur zu folgen. Als klar gewesen war, dass die Verfolgung sich hinziehen würde, waren wir zum Basislager geflogen, um aufzutanken, während die zwei Bikes und ihre vier Passagiere nach den Ancients suchten. 

Frisch betankt waren wir dann in die Nähe unserer Scouts zurückgekehrt, hatten aber immer ausreichend Abstand gehalten.

«Heyho», meldete Fierce sich kurz vor 22:00 Uhr am Abend des 19. Februar 2076. «Ich denk, ihr solltet jetzt herkommen, wir haben Ancients gefunden. Also, äh, wenigstens stehen vor dem Baumarkt hier Bikes mit Ancients-Symbolen.»

Wir schlossen auf und ließen uns so dicht wie möglich bei unseren Spähern absetzen. 

❄️

Der Baumarkt lag weit im Norden der Zone, inmitten auf einer Insel im Fluss. Die Insel war praktisch nur über zwei Wege erreichbar. Auf dem großen, trostlosen Parkplatz nebenan standen 17 Yamaha Rapiers, die mit grünen und roten Anarchie-Zeichen lackiert waren oder entsprechende Patches auf Leder oder Sitzstoff genäht hatten.

‹Das ist kein Grund für spontane Emotionen, Drachenkätzchen›, warnte Katze. ‹Die dort sind nicht aus deinem Rudel.›

‹Eigentlich sind sie das doch, Katze.›

‹Nein, Drachenkätzchen. So darfst du sie nicht sehen. Du ahnst doch selbst, dass irgendetwas nicht stimmt.›

Wir hatten eine ausreichende Entfernung eingehalten und betrachteten die Szene mit Sichtverbesserungen und Ferngläsern. Nur, auch da blieb es ein Baumarkt. Jedenfalls war so nicht sonderlich viel zu erkennen. Wir mussten einen Blick hinein werfen.

Fierce spuckte kurz aus und meinte: „Hey, Fang, lass uns davor fahren und rufen: Kommt raus, ihr Ancient-Pisser.“ 

Fang war sofort dafür.

„Wenn sie ihr Geschäftsfeld geändert haben, stört sie das vielleicht nicht.“, gab Mr. Tea zu bedenken. 

Fierce überlegte einen Moment, „Na gut, dann schleicht Sapper eben runter, verdrahtet die Bikes und lässt die hoch gehen, dann kommen die bestimmt raus. - Dann warten wir vor der Tür und hauen sie zu Klump.“

Ich schüttelte den Kopf. „Negativ. Wir wollen herausbekommen, was sie mit den Kindern wollen und wo sie sie verstecken. Erst zuzuschlagen und dann zu fragen ist nicht sonderlich hilfreich. Außerdem müssen wir bis zum Baumarkt ziemlich viel freie Fläche zurücklegen. Ich möchte nicht, dass sie uns früher bemerken, als notwendig ist.“ Ich nahm astral wahr und beschrieb: „Zwei Watcher fliegen Patrouille.“ Ich sah den Watchern noch einen Moment zu und markierte dann etwas via AR auf unsere Karte. „Sie decken ungefähr diesen Bereich ab. Übertreten wir diese Grenze und nutzen Magie, die sie bemerken, werden sie es melden. Und wenn wir die Watcher vom Himmel pusten, merkt der, der sie erschaffen hat, es auch.“ 

❄️

Wir besprachen uns kurz. 

Tiernan, Rubber Duck und Bloody Guts waren als einzige im Flieger geblieben.

Thunderstrike entfernte sich ein Stück und bezog mit den Gewehr so Position, dass er unserem Angriffswinkel Deckung geben konnte. 

Fierce auf dem Bike, mit Fang hinten drauf, würde ebenso wie Sinister und Red Velvet und Mash und Leatherface, letztere ohne Motorrad, am Rand der Insel warten und sich erst auf unser Signal hin in Bewegung setzen.

Ich konzentrierte mich auf die Ebene der Luft, rief und fand eine Sylphe, die ich augenblicklich bat uns zu verschleiern. Dann machte ich mich mit Iron Horse, Mr. Tea, Liam, Eden und Shark Finn schleichend auf den Weg zum Baumarkt. 

Wir würden nachsehen, was die Ancients dort trieben.

❄️

Als es nur noch wenige Meter bis zum Haupteingang waren, holte ich eine von Rubber Ducks Dragonfly-Drohnen aus einer Tasche und ließ sie frei.

Kaum hatte ich sie in die Luft geworfen, war unser Rigger hinein gesprungen und steuerte sie auf der Suche nach einem Eingang auf den Baumarkt zu. 

Die Rolltore waren heruntergelassen und sahen sehr robust aus. Doch Rubber Duck entdeckte ein defektes Lüftungsfenster, durch das er passen würde. 

Ich nahm erneut astral wahr. Die Eingänge waren mit einem ‚Feinde entdecken‘- Zauber belegt. Liam meldete, es gäbe weder Fußangeln noch Stolperdrähte. Das war doch wenigstens etwas.

Die Tür bei der Autoabteilung sah am schwächsten aus. Doch auch sie hatte diesen Zauber auf sich liegen. Dennoch markierte ich das Tor im Netzwerk als Ziel. Dann sagte ich an, was ich entdeckt hatte und gab unserer Kavallerie die Anweisung, bis zum Rand der Watcher-Zone vorzurücken.

Rubber Duck hatte sich derweil durch den Spalt in den Baumarkt gezwängt.

Ich zog den Kamerafeed in den vorderen Bereich meines AR-Sichtfeldes. 

[Song 36: Cast von Pan - Smells Like Teen Spirit3] Der Baumarkt war über die Jahre hinweg völlig geplündert worden. Nachdem die Regale durch Metamenschen leergeräumt worden waren, hatte man alles demontiert, was auch nur irgendwie brauchbar gewesen war. Einzig ein paar Metallregale und einige Tresen waren übrig geblieben. So gab der leere Markt ganz hervorragend den Blick auf die skurrile Szene im vorderen rechten Drittel frei.  

Was ich da sah, gefiel mit gar nicht.

Zwölf Ancients standen mit starrem Blick und einer Kerze in der Hand auf einem Ritualkreis, dessen magische Symbole in den Boden eingeätzt worden waren. Auf markante Punkte des Kreises waren ebenfalls Kerzen gestellt. Die Runen schimmerten orange-golden im flackernden Licht. In der Mitte lag ein menschliches Mädchen, das ungefähr zehn Jahre alt sein mochte. Über dem kleinen Körper stand ein Elf im Teenager-Alter. Er hatte einen Talar über die Gangerklamotten geworfen, hielt einen Dolch mit einer gezackten Klinge in der Hand und summte irgendetwas. 

Jeden Moment würde er das Kind opfern.

Wir hatten keine Zeit zu verlieren. 

«Team Vorhut, vorrücken bis zur Wand. Kavallerie, auch ihr seid auf Go!», befahl ich. «Mr. Tea, kannst du uns neben dem Tor ein Loch in die Wand schlagen?», fragte ich, während wir uns bereits bewegten. 

«Kann ich!» bestätigte er.

«Gut! - Thunderstrike, zaubere eine Stille-Zone auf den Bereich. Das sollte uns einen Überraschungsvorteil verschaffen.»

«Copy.» Und kurz darauf meldete der Zwerg: «Zone steht.»

«Bis auf Widerruf setzt nur NICHT-tödliche Munition gegen alle außer Altar Boy ein», sagte ich noch an.

Mr. Tea trat an die Wand und schlug mit einer einzigen Attacke vier Quadratmeter heraus.

Shark Finn ging durch das frische Tor und ließ sein MMG augenblicklich surren, was surreal wirkte, da ich das MMG-Feuer zwar sehen, aber nicht hören konnte. Jedenfalls noch nicht. 

Der Fomori deckte die Bande mit Supression-Fire ein, allerdings reagierten sie überhaupt nicht darauf. 

Das erste, was ich bemerkte, als ich den Baumarkt betrat und die Stillezone verließ, war, dass jegliche Hintergrundstrahlung fehlte. Die Last Chicagos fiel förmlich von mir ab und das füllte mich mit Zuversicht.

Mr. Tea rannte los, direkt auf Altar Boy zu, und meldete: „Das Maschinengewehrfeuer ist mir nicht geheuer. Die Kugeln prallen ab und das nicht mal knapp. An einem magischen Gemäuer.» 

Ich schmunzelte kurz. Mr. Tea hatte seine Ansage in Form eines Limericks getätigt, um sich so gleichzeitig zentrieren zu können.

Ich wechselte erneut meine Wahrnehmungsebene und blickte in den Astralraum. Zwei Barrieren schützten das Ritual. Die physische Barriere löste sich unter dem Beschuss von Shark Finn bereits auf. Die Manabarriere hingegen hatte Bestand. So war es mir nicht möglich, die Auren der Ancients oder gar die Aura von Altar Boy zu askennen. 

Ich gab die Informationen via Teamnetzwerk weiter. 

Iron Horse legte in einer schier anmutigen Bewegung einen Pfeil auf seinen verzierten und hochmodernen Bogen. Er zielte und ließ den Pfeil Richtung Altar Boy surren. Ungebremst flog dieser über die unsichtbare Schwelle und traf Altar Boy von hinten in den Rücken, wo er stecken blieb. 

„EY!“, rief der Elf in einem genervten Ton. Mehr beiläufig packte er den Pfeil am Schaft und zog ihn aus Kutte und Lederjacke, als wäre er ein Spielzeug.

Er war mit Sicherheit kein Elf mehr.

«Platz da für Turbo-Loupi!», verkündete Leatherface und kam unter schweren Schritten näher. Mash hatte unserem Loup-Garou vor dem Kampf zwei mit Magie präparierte Gegenstände gegeben. Leatherface hatte sich gefreut und gesagt, dass er dann Turbo-Loupi sei. Ich gönnte mir ein Schmunzeln, unser Loup-Garou überraschte mich immer wieder.

Shark Finn hatte es geschafft, den physischen Barrierezauber runterzudrücken. Er baute sich nicht wieder auf.

Altar Boy fluchte. „Verdammt noch mal!“ 

Die lässig angepisste Haltung hatte er gut drauf. 

Mr. Tea rannte weiter direkt auf den Jungen im Messdiener-Gewand zu. 

Altar Boy schien willens, sein Ritual dennoch durchzuziehen. 

Ich grinste in mich hinein. ‹Wollen wir doch mal sehen, ob ich ihn nicht ablenken kann, Katze ›, kommentierte ich und griff in meine Gürteltasche, um ein paar Drams herauszuziehen, die mir das Abgleiten des Entzugs meines Zaubers leichter machen sollten. Ich musste den Spruch schon allein deshalb hoch ansetzten, um die Manabarriere damit zu durchdringen. Ich formte die Magie um mich herum nach meinem Willen und drückte die Fäden des Zaubers durch die Barriere. 

‹Sehr gut, Drachenkätzchen!›, lobte Katze.

Zufrieden grinsend registrierte ich, wie zumindest etwas von meinem Spruch Altar Boy erreichte. 

Der jugendliche Elf drehte sich uns ein Stück zu. Mit einem genervtes Gesichtsausdruck, den nur Teenager draufhaben, schimpfte er: „Verdammt! Hört auf!“ Seine grau-blauen Augen blickten so kalt, dass es einem frösteln konnte. 

Eden riss ihre schallgedämpfte Maschinenpistole hoch, um auf Altar Boy zu schießen. Etwas, was durchaus gelang, doch der Elf wich blitzschnell aus. 

Auch dem zweiten Pfeil, den Iron Horse abgefeuert hatte, entging Altar Boy durch eine über-metamenschliche Bewegung. Der Teenager ballte eine Hand zur Faust. „Ma’an! Hört! Auf!“, verlangte er.

Für Mr. Tea schenkte dieser Aufforderung keine Beachtung. Er rannte näher heran und stoppte direkt vor dem Ritualkreis.

Ich grinste böse. „Fürsorgeamt Chicago, es ist nach 22 Uhr, Schlafenszeit für Altar Boy, du musst ins Bett!“

❄️

[Song 37: Graeme Revell/ The Crow - Last Rites3] Genau in diesem Moment brach Fierce mit ihrer Falcon durch die Wand. 

Fang hatte sein Messer bereits gezogen. Fierce gab noch mehr Gas und fuhr eine Kurve, um sich von rechts zu nähern.

Dicht darauf folgte das von Sinister akquirierte Quad. Die Elfe brachte das Gefährt kurz hinter dem Durchbruch zum Stehen. Red Velvet sprang ab. 

Unbeeindruckt ließ Altar Boy das Messer sinken. Seine Haltung drückte eine Langeweile, Frust und Überheblichkeit aus, die jeden Ganger stolz machen würde. 

‹Aber für einen waschechten Ancient fehlt es ihm an Grazie, Drachenkätzchen›, kommentierte Katze in einem sarkastischen Ton.

Altar Boy stieß übertrieben genervt die Luft aus. „Oookaaay! Es geht euch um die Kleine da. Ich überlass sie euch. Ihr könnt sie haben. Seid ihr dann zufrieden und hört auf zu nerven?“

Er wandte sich mir zu und starrte mich an. „Echt. Du kannst die haben. Das Experiment ist eh ein totaler Fehler.“

Ich lächelte überlegen. „Tatsächlich? Vielleicht kann ich dir ja helfen?“

Seine Augen vergrößerten sich ein wenig. „Kennst du dich damit aus?“

Mash und Leatherface trafen ein, damit war die Band vollständig. Möglichst unbemerkt tippte ich eine Nachricht in mein Commlink. <Verteilt euch um den Kreis. Angriff auf mein Zeichen.>

Altar Boy schien das nicht zu interessieren. Er sah nur mich an. Allerdings drehten sich die ansonsten reglosen Ancients so, dass sie uns jetzt im Blick hatten.

„Ich kenne mich gut mit Magie und Ritualen aus“, erklärte ich selbstbewusst und lässig. „Woran scheitert es denn?“

Die Schultern von Altar Boy sanken wieder herab. Ich hatte sein Interesse bereits wieder verloren. „Ach so, du kennst dich nur generell mit Magie aus. Wenn du erst nach Details fragen musst, dann nützt du mir nix.“ 

„Tja“, sagte ich nun, „Wenn du meinst, ich müsste es so wissen, nur weil ich eben dazu gekommen bin und das Ritual dank der Barriere noch nicht einmal sehen konnte, bist du es, der von den falschen Voraussetzungen ausgeht.“ 

Er zuckte noch mal mit den Schultern. „Na, das war jedenfalls ein Fehlschlag.“ Er wies hinter sich auf einen kleinen Berg. 

Einen Berg voller Kinderleichen.

Gefühle wallten in mir auf, doch ich schaffte es überraschend gut, dem Berg nur einen emotionslosen Seitenblick zu widmen. 

„So wie die da alle zuvor. All diese ‚besonderen‘ Kinder taugen nichts“, erklärte Altar Boy nun. „Sie können in eine andere Welt, diese Technomancer, aber hier beim Ritual funzt das einfach nicht.“

Ich benötigte all meine Willenskraft, um locker zu bleiben. Altar Boy hatte gedacht, er könne mit Technomancern, die die Welt der Matrix ohne technische Hilfsmittel betreten können, ein magisches Ritual durchführen, um durch sie eine andere magische Ebene zu betreten? 

Diese Kinder waren alle umsonst gestorben!

Average fauchte wütend. «Hört auf zu quatschen. Kämpft! Der ist dissonant.» 

Liam konterte sofort im aggressiven Ton. «Der ist gar nix mit Technomancer. Lass Snowcat machen!»

Altar Boy senkte den Kopf, seufzte und wiederholte mehr zu sich selbst. „Ich versteh einfach diese Kraft nicht. Mein Meister und ich haben es nun oft ausprobiert, aber es klappt nicht.“

Ich horchte auf. Mein Meister? Mein Gefühl, es könne sich bei Altar Boy um einen Master-Shedim handeln, hat sich eigentlich verstärkt, doch nun hatte er von seinem Meister gesprochen. Das wäre für einen Master-Shedim extrem ungewöhnlich. 

Altar Boy sah wieder zu mir. „Was bist du überhaupt? Du bist jedenfalls kein Elf. - Ah, jetzt weiß ich’s, du bist ein Drake!“, plauderte er inzwischen lässig mein Geheimnis aus. 

Naa toll! - Das würden wir rausschneiden müssen. Da tat man alles dafür, dass man ein gute Maskierung besaß und jeder dahergelaufene Master-Shedim konnte sie einfach durchbrechen. Und das ganze Team wusste es nun auch. Ich war mir nicht sicher, ob ich jedem weit genug traute, das Geheimnis zu bewahren. Doch es lohnt nicht, um verschütte Milch zu weinen. Jetzt hatte ich anderes zu tun.

‹Jedenfalls hat er sich bei uns gerade noch unbeliebter gemacht, Drachenkätzchen. Keine Sorge wegen des Teams. Es gibt doch Laés, und sollten Komplikationen auftreten, gibt es noch etwas, das mit L anfängt und vier Buchstaben hat: Liam.›

„Zeig mal deine wahre Gestalt!“, forderte Altar Boy inzwischen.

Schon wieder etwas, wovon der Junge keine Ahnung hatte. Meine elfische Gestalt war ebenso wahr, wie meine dragonische. 

Ich überging dieses Thema. „Was habt ihr denn nach eurem ersten Versuch alles geändert?“

Altar Boy zog die Stirn in Falten, „Wir haben jedes Mal ein frisches Kind genommen.“

Ich musste erneut meinen Zorn unterdrücken. Wäre das ein Metamensch, ich hätte ihn als wahnsinnig betitelt. Es war Wahnsinn, immer das Gleiche zu versuchen und ein anderes Ergebnis zu erwarten.

„Kennst du dich nun damit aus?“ fragte er.

Ich blickte auf die Runen. „Ihr versucht ein Gateway auf eure Heimatebene zu öffnen und habt gehofft, dass Technomancer, die in die Matrix können, auch auf magische Ebenen können. Aber da liegt ihr falsch. Die Matrix hat nichts mit der Magie zu tun“ , vermutete ich überzeugend. 

„Ja, scheint so zu sein“, bestätigte er und versuchte, einen Zweifel zu hinterlassen. „Du kennst dich mit Technomancern und Magie aus. Also bist du schon 'ne Weile auf dieser Welt? Ja?“ 

Ich richtete mich zu meiner vollen Schönheit auf und sah Altar Boy ernst und wissend an, „Ja. Sehr lange sogar!“ Ich strahlte aus, dass es länger sei, als er glauben würde, und das offenbar überzeugend, denn Altar Boy dachte einen Moment nach und wirkte beeindruckt. Mein Team war inzwischen perfekt positioniert. Dennoch wollte ich versuchen, mehr herauszubekommen. „Habt ihr dabei auch den Jadekelch eingesetzt?“ 

Erneut tauchte etwas wie Interesse in Altar Boys Augen auf. Entgegen dessen fragte er: „Jadekelch, was für ein Jadekelch?“

„Ein Artefakt, das mit Shedim verbunden sein soll und helfen könnte. Habe ich mal gehört.“

„Könnte, und du hast nur davon gehört. Dann kennst du es also nicht?“

Altar Boy hatte praktisch bestätigt, dass er ein Shedim war. Außerdem tat er so, als wenn er den Jadekelch nicht hatte oder nicht mal kannte. Doch das glaubte ich ihm nicht. Ich grinste böse. „Na, ist mir ja auch egal. Schon blöd, dass ihr den Kontakt zu eurer Heimatebene verloren habt. Wusstest du, dass das Schließen eures Rifts ein Nebeneffekt und Zufall gewesen ist? Schon Mist, wenn man das einzige Tor durch Desinteresse an der eigenen Art verliert.“  Ich bat meine Sylphe Aravilar und Godfather Unug, sich schon bereit zu halten.

Altar Boy funkelte mich hasserfüllt an. Mein Stich hatte gesessen. Dann zuckte er mit den Schultern. „Na, egal. Ihr könnt die Kinder jetzt jedenfalls alle haben. Die kleine Desolation Angel, die ihr ja alle so verzweifelt sucht, liegt auf dem großen Haufen auf der zweiten Ebene von oben.“

Ich sah Altar Boy neutral an. Die Genugtuung, bei mir eine emotionale Reaktion zu entdecken, wollte ich ihm nicht gönnen. Er beäugte mich genau und sagte nach einer Pause: „Können wir das hier zivilisiert beenden? Kann ich gehen, ohne dass ihr Blödsinn macht? Das eine Mädchen lebt immerhin.“

Ich tippte die Ready-Taste auf meinem Commlink, um mein Team vorzuwarnen. Dann sagte ich ernst: „Ich fürchte das geht nicht. Du hörst ja nicht auf, Kinder zu töten.“

Altar Boy verdrehte die Augen. Da er diese Mimik nur von einem Teenager kopiert hatte, wirkte sie  besonders abstoßend. „Doch! Hab ich ja gesagt. Ist ein Fehlschlag. Das mit den Technomancern lassen wir.“

<Steady>

Ich überlegte und schüttelte dann langsam mein Haupt. „Nein! Wir können dich trotzdem nicht gehen lassen!“

Altar Boy blähte die Wangen auf und meinte kalt: „Ihr wollt also sterben?“

<Go!>

Ich lächelte, „Hmmm … Nein!“

Es war schon Bewegung in mein Team gekommen. Waffen waren bereit gemacht worden.

Der Teenager im Talar blieb völlig entspannt. „Lauft!“, befahl er.

Eine Welle der Angst driftete über uns hinweg.

Katze drückte sich gegen mein Bein.

Mein Team geriet ins Stocken …

Mr. Tea drehte ab. Eden machte kehrt. Leatherface sprintete davon. Fang rief „Los weg hier!“ und Fierce wendete. Auch Shark Finn suchte das Weite, und wenn Liam nicht gewesen wäre, hätte Finn mich wahrscheinlich gepackt und mitgenommen.

Selbst Iron Horse machte, dass er wegkam.

Na bravo!

«Was zur Hölle?!?», fluchte Rubber Duck.

An mir glitt die Angst schließlich ab und ich blieb standhaft. Ich tat als wäre mir egal, dass meine Teamkameraden weggelaufen waren, packte noch eine Portion Überlegenheit in meinen Blick und sah Altar Boy an.

Altar Boy hielt meinem Blick stand und eventuell hatte ich ihn abermals ein wenig beeindruckt.

Auch Red Velvet, Liam und Mash waren geblieben und standen an meiner Seite. 

„Bringt sie mir!“, forderte er emotionslos. Ich war mir nicht sicher, ob er mich oder uns alle vier meinte.

Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie Leatherface sich besann. Er machte auf dem  Absatz kehrt und war offenbar kampfbereit. 

[Song 38: 2Cellos - Smells Like Teen Spirit3]„Ich hasse Kinder!“, erklärte Red Velvet und hob ihr Katana, um den nächstbesten Ancient anzugreifen. 

Leatherface nutzte den Schwung seiner Flucht und rannte auf den Ritualkreis zu, um gleich zwei Ancients zu attackieren.

Ich streckte mich und rief laut, klar und mit magischer Befehlsgewalt: „Kommt zurück und kämpft, Howling Shadows!“

Zwei Ancients bewegten sich schneller als die anderen. Das würden Shedim sein. 

Mash berührte mich zart am Arm.  

Magische Energie beschleunigte mich, meine Umgebung verlor an Geschwindigkeit. Dennoch hatte ich Altar Boy aus den Augen verloren. Verdammt!

Ich nahm astral wahr und sandte mein Gespür für Magie aus. Wenn Altar Boy sich verschleiert hatte, war die Chance gegeben, ihn so zu entdecken. 

Und da, tatsächlich, ich entdeckte ihn, wie er auf den Ausgang auf von mir aus gesehen sieben Uhr zuhielt.

Außerdem bestätigte sich, dass es sich bei den beiden schnellen Elfen um Shedim handelte. 

Red Velvet holte mit dem Katana aus. Doch ihr Schlag ging daneben. 

Verdammt!

Im Moment waren wir den Ancients noch mehr als zwei zu eins unterlegen, da war es besser, wenn jeder Hieb saß.

‹Keine Sorge Drachenkätzchen, zehn sind nur normale Ancients. Sie haben keine Chance›, beschwichtigte Katze.

Leatherface stand mehr zufällig genau einem Shedim-Elfen gegenüber. Er holte aus und schlug zu. 

Das hatte gesessen. Der Elf wurde förmlich in der Mitte zerteilt. Der Shedim darin war gezwungen, den leblosen Körper zu verlassen.

Red Velvet parierte geschickt die Angriffe der beiden normalen Ancients bei sich. Deren Gesichter blickten tumb drein. 

Mash zog eine Spritze aus seiner Rüstung und warf sie. Er traf damit einen Ancient, der gleich darauf schlafend danieder sank.

Die Ancients hatten beschlossen, ihre Angriffe zu kombinieren. Vier stellten sich Leatherface entgegen, fünf konzentrierten sich auf Red Velvet.

Der ersten Angriffswelle wich der Loup-Garou aus und schlug im Gegenzug einen Ganger nieder.

Ich markierte im Teamnetzwerk den verbliebenden Shedim in einem Köper und bat gleich darauf meine beiden Geister, den Shedim zu vernichten, der sich bereits im Astralraum befand. 

‹Wie ihr wünscht, Mylady›, versprachen beide und stürzten sich mit Freude auf das, was sie selbst hassten. 

«Kümmert euch um die Ancients und lasst Altar Boy ziehen!», sagte ich an. 

Denn inzwischen waren alle meine Howling Shadows zurückgekehrt und griffen ins Kampfgeschehen ein. 

Ich hingegen behielt den miesen Kinder und Teenager killenden Fragger im magischen Blick.

Iron Horse schoss einen Schockpfeil ab, der einen Ancient mitten in die Brust traf.

Unterschwellig war es ein merkwürdiges Gefühl, gegen Ancients zu kämpfen. 

Leatherface schlug so heftig nach einem seiner Gegner, dass er ihm den Hals aufriss. Der Kopf sackte ein Stück zur Seite. Blut sprudelte heraus. Erst dann brach der Körper unter einen seltsamen Blubbergeräusch zusammen. 

Red Velvet schlug gekonnt auf ihre Gegner ein und sah dabei wieder unglaublich elegant aus.

Biepbiepbiep …

… Kabumm. 

Ein heiße Druckwelle fegte über uns hinweg. Leatherface befand sich in der Nähe des Explosionsherdes. 

Hirnmasse und Blut spritzen durch die Gegend.

Ich sprang geistesgegenwärtig zur Seite. 

Hirnmasse gibt wirklich hässliche Flecken.

„Das war eine Cortexbombe!“, sagte Liam an. „Vermutlich hat jeder eine. Setzt nur Betäubungswaffen ein, damit sie nicht hochgehen.“

Leatherface schüttelte sich, um die Benommenheit loszuwerden. Die Bombe war keine Kleinigkeit gewesen. Ein anderer als unser Loup Garou wäre vielleicht ausgeknockt worden.   

Shark Finn brüllte: „Weiter nach rechts, Red Velvet!“

Red Velvet reagierte sofort und trat ein Stück nach rechts. Da sie den Weg freigemacht hatte, konnte Finn abdrücken. Er deckte einen Ancient mit Stick-’n’-Shock ein, bis er zuckend zusammen brach. 

Mr. Tea trat auf den Plan. Er widmete sich gleich drei Ancients und lähmte sie.

Ihre normalen Gegner hatte Red Velvet einigermaßen im Griff, doch der zweite Shedim trat an sie heran und griff sie an. Er packte sie. Ich konnte die Kälte beinahe sehen, die an ihrem Arm entlangkroch und sie lähmte.

Eden riss ihre Maschinenpistole hoch und feuerte auf den Shedim. Frei nach dem Motte, das wir ausgegeben hatten: Viel hilft viel, wenn der Körper zerstört werden soll. 

Aravilar und Godfather Unug nahmen meinen Wunsch ernst und griffen von sich aus den zweiten Shedim an. Es war, als rissen sie ihn förmlich aus dem Körper. Dann schredderten sie ihn zufrieden.

Sinister, Eden, Iron Horse und Co - nachdem alle dazu gekommen waren, blieben die Ancients völlig chancenlos.

Mash oblag es mit einer weiteren Betäubungsspritze, den letzten Ancient ins Reich der Träume zu schicken. 

Ich hatte inzwischen die Zeit genutzt, um leise und heimlich Altar Boy zu folgen. 

Selbstverständlich nicht, um ihn anzugreifen, sondern in erster Linie, um ihn in seinem Rücken zu askennen. 

Er war fast aus der Tür heraus - fast. 

Doch dank Mash war ich unglaublich schnell. Elegant und durch meinen Geist verschleiert hatte ich mich zwischen den leergeräumten Regalen entlang bewegt und fokussierte die Aura des kleinen Bösewichtes. 

Es bestätigte sich, was ich von Anfang an vermutet hatte. Altar Boy war ein Master-Shedim. Böse, düster, hasserfüllt - und weniger mächtig, als ich befürchtet hatte. 

Katze stand nah bei mir. Ihr Schwanz peitschte hin und her. ‹Riechst du das, Drachenkätzchen?›, fragte sie leise. 

‹Ja, Katze›, flüsterte ich. ‹Ein Geruch oder eine Art Beigeschmack, der mir bekannt vorkommt. Dr. Auslander, der Master Shedim aus Neah Bay, hatte das auch.›

‹So ist es! Wie überaus interessant, Drachenkätzchen. Du solltest herausfinden, was es damit auf sich hat!›

Ich zog meine Fubuki, wechselte das Magazin, zielte und schoss, noch bevor Altar Boy aus meinem Sichtfeld verschwunden war. Der verschleierte Schuss machte kein Geräusch. Die Kugel traf ihr Ziel im Nacken des Shedim. Die elfische Hülle war wahrscheinlich schon länger tot. Der TAG blieb kleben und sendete ein Signal an mein Commlink, das ich an Bloody Guts weiterleitete. 

Zufrieden drehte ich mich um und lief direkt in Liam hinein, der dicht hinter mir gestanden hatte.

❄️

[Song 39: Disturbed - Sound Of Silence3] Mash kümmerte sich bereits um das Mädchen, während die anderen die Ancients fesselten und den beiden Hüllen die Köpfe abschnitten. 

Mein zufriedenes Gefühl war augenblicklich wieder verschwunden. 

So viele tote Kinder. 

Mash winkte mich zu sich. Ich hockte mich zu dem Mädchen und nahm vorsichtig ihre Hand. Da sie diese nicht wegzog, hielt ich sie fest. 

Traurige Augen blickten mich an. Augen, die von einer Seele zeugten, die mehr Schmerz ertragen hatte, als ein so zartes Gebilde je ertragen sollte. „Hey, ich bin Snowcat. Du musst keine Angst mehr haben“, sagte ich sanft, „Wir beschützen dich jetzt. Möchtest du mir deinen Namen sagen?“

Das Mädchen sah mich nur an.

Die Kleine hatte aschblondes Haar und hübsche grüne Augen. Sie war ein wenig abgemagert, was ihre Augen noch größer wirken ließ. 

Ich lächelte. „Dann vielleicht später. Bis darin gebe ich dir einen Namen. Was hältst du von Linda? Das ist keltisch und bedeutet die Sanfte. Darf ich dich so nennen?“ 

Sie nickte. 

„Hallo Linda“, sagte ich dann, „Ich bin sehr erfreut, dich kennenzulernen.“ Eigentlich hatte ich ihre Hand kurz loslassen wollen, um sie ihr dann zur Begrüßung zu reichen. Doch als ich den Griff lockerte, drückte sie meine Hand fest. 

So hielt ich ihre Hand weiter. 

Mash hatte eine Wärmedecke geholt und erklärte: „Körperlich geht es ihr soweit gut. Ich habe alles getan, was möglich war. Sie braucht natürlich noch etwas zu essen und ein Bad - und dann viel Zeit für ihre Psyche.“

Ich nickte, dann sah ich zu Linda. „Ich muss mich jetzt noch um ein paar Dinge kümmern und würde dich gern…“

Sie richtete sich auf und umklammerte mich. 

Ich streichelte sie. „Alles wird irgendwann wieder gut“, erklärte ich leise. „Versprochen!“

Ohne, dass sie es merkte, verabreichte Mash Linda ein Schlafmittel. Dann übergab ich das Mädchen an Fierce, die sie zu Rubber Duck in den Flieger brachte. Dort war sie erst mal in Sicherheit. 

Ich sah zu Liam. „Ist sie ein Technomancer?“, fragte ich auf gälisch.

Er nickte. „Ja.“

❄️

Es gab zwei Haufen mit Kinderleichen. Auf dem einen lagen 14 Körper, einer davon war der von Tasha. Auf dem anderen zählten wir sechs Kinder, darunter die beiden Ghoule. So würde das der Stapel für die ‚Fehlgriffe‘ sein. HMHVV-Infizierte konnten keine Technomancer sein. 

Wir brachten die Kinder alle in den Sea Sprite.

Die Stimmung war gedrückt. 

Da war Trauer, aber da war auch Wut in meinen Howling Shadows. Natürlich besonders wegen all der Kinder. Aber auch, weil viele Howling Shadows geflohen waren. 

Wir hatten die Ancients zurückgelassen und den Ritualkreis zerstört.

Als der Sea Sprite abhob, erklärte ich: „Ich habe Altar Boy getaggt. Wir werden ihn und seinen Meister finden und sie dann dahin zurückschicken, woher sie gekommen sind. Macht euch keine Gedanken, weil ihr Angst hattet, so wirken Geisterkräfte nun einmal. Bei unserer nächsten Begegnung werden wir besser auf Altar Boy vorbereitet sein. Wir werden uns ausreichend ‚Guts‘ bringen lassen, dann ist die Angst schon mal kein Problem. Jetzt lasst uns erst mal Becky 99 und die Desolation Angels informieren. Danach sehen wir weiter. Ich werde Becky anbieten, bei der Trauerfeier für Tasha zu helfen. Abgesehen davon werden wir uns auch um die anderen toten Kinder kümmern und sie ordentlich bestatten.“

Leatherface pustete die Luft aus. ‚Was für ein Verschwendung!‘, schien er zu sagen. Aber wenn es um Kinder ging, waren Metamenschen nun einmal eigen. 

❄️

Ich rief Becky an und bat um einen Treffpunkt, an dem wir mit dem Sea Sprite landen konnten. 

Selbstverständlich ahnte sie bereits, dass das kein gutes Zeichen war. Dennoch war es nicht leicht, ihr die Nachricht zu überbringen. 

Der Schmerz in Beckys Gesich zerriss einem das Herz. Wir unterhielten uns leise etwas abseits und ohne die Anwesenheit von Kameras. 

Nur wir beide, von Ex-Ganger zu Ganger. Von Frau zu Frau.

Ich erklärte, was geschehen war und was es mit der neuen Führung der Ancients auf sich hatte. Ich versprach, dass wir uns darum kümmern würden und dass Becky und die Desolation Angels uns im Rahmen ihrer Möglichkeiten helfen können würden. Aber wir würden entscheiden, wann und wie das war. 

Becky hörte sich alles genau an. Am Ende war sie mit allem einverstanden. Die Idee, die Kinder gemeinsam beizusetzen, zu verbrennen, begrüßte sie sogar sehr.

❄️

So kehrten wir nur zu einer Stippvisite ins Basislager zurück. Dort luden wir alles ein, was wir brauchten. Das komplette Team kam mit. Wir ließen das Lager nur durch Drohnen bewacht zurück. 

Moxi hatte bereits Kleidung für die schlafende Linda herausgesucht. Wir zogen sie um, und ich besorgte noch einen Teddy aus dem Bett von Bubbles für sie. 

Mash legte ihr eine Infusion, um sie zu ernähren. Sie sollte so lange wie möglich schlafen. 

Als Mash und ich für einen Moment im Dodge General allein waren, fragte Mash: „Ist es wahr, dass du ein Drake bist?“

‹Applaus, Applaus›, lobte Katze, ‹der Vampir-Doktor ist der erste, der fragt. Du solltest ihm einen Orden für Neugier verleihen.›

Ich nickte. „Ja, ist es.“

Auf dem Gesicht von Mash zeichnete sich mehrere Gefühlsregungen ab. Neugier und Enttäuschung waren zwei davon. Er wartete noch einen Moment, dann meinte er: „Nun, ich habe gleich am ersten Abend gesagt, dass ich ein Vampir bin. Ich hätte mich gefreut, wenn mir das gleiche Vertrauen entgegen gebracht worden wäre.“

Ich lächelte verständnisvoll. „Das verstehe ich.“

Mash hob kurz eine Augenbraue, wartete erneut und da ich nichts weiter sagte, meinte er: „Sicher gibt es da medizinische Dinge, die ich beachten muss.“

„Du weißt alles, was du bei mir als Elf beachten musst. Ich bin ein vollständiger Elf. Du meinst also, was für die Behandlung in meiner anderen Form erforderlich ist, nehme ich an?“

Mash nickte.

„Wenn wir zurück im Compound sind, dann werde ich dir meine dragonische Gestalt zeigen, dann kannst du dir dein eigenes Bild machen. Gucken wo das Herz liegt, solche Dinge halt. Sollte irgend ein Fakt vorher nötig sein, sprich am besten mit Liam. Er kennt sich damit aus.“

Mash nickte abermals. „Ah, Liam. Gut, das mache ich.“ Ich konnte sehen, dass ihm noch viele Fragen auf den Lippen lagen. Doch er behielt sie für sich. 

Hätte ich ihm erzählt, dass Drakes immun gegen das HMHVV-Virus waren oder besser gesagt, nicht dadurch verwandelt werden konnten, wäre seinen Neugier sicherlich noch größer gewesen.

❄️

Average funkte mich an, «Du Snowcat, das mit den vielen Technomancern, das würde ich gerne rausschneiden. Ich will nicht, dass Technomancer nach Chicago kommen, um die anderen zu rächen. Ich will auch nicht, dass Konzerne auftauchen und meine Art hier suchen.»

„Du hast völlig recht, das muss niemand wissen. Wir nehmen das völlig aus der Geschichte raus. Erstell schon mal ein Storyboard, damit wir wissen, was ich mit einer Illusion nachstellen muss.“

«Super, danke, mach ich.»

❄️

[Song 40: Tori Amos- - Smells Like Teen Spirit3] Gleich nach unserer Landung auf dem Gebiet der Desolation Angels begannen wir mit den Vorbereitungen für die Trauerfeier. 

Tiernan entfachte ein Feuer und begann Essen zuzubereiten. Wir würden die Nacht über wach sein, da brauchten wir Stärkung.

Ich zeichnete von jedem der Kids ein Bleistift-Porträt. Ich zeichnete sie alle mit einem lachenden Gesicht. Da es in Chicago kalt genug war, waren ihre Körper gut erhalten geblieben. Ich musste mir nicht sonderlich viel dazudenken. 

Außer das Lachen natürlich. Ich schluckte schwer.

‹Du kanntest sie nicht, Drachenkätzchen›, mahnte Katze.

‹Keine Sorge, Katze. Ich werde schon nicht all zu traurig über ihren Tod werden.›

‹Es sieht mir aber ganz danach aus, Drachenkätzchen.›

‹Es sind Kinder, Katze. Da darf auch ich ein wenig traurig sein.›

‹Das verstehe ich. Doch vergiss nicht, dass es dich nicht runterziehen darf, Drachenkätzchen. All deine Howling Shadows sind traurig, das macht es schwerer.›

Ich lächelte, ‹Ich weiß, Katze. Ich werde auch für sie stark sein und ich werde sie trösten. Womit ich mich dann selber tröste.› 

‹Nun gut, Drachenkätzchen. Ich will nur nicht, dass dein Schild bricht.›

‹Es bricht schon nicht, Katze. Jedenfalls nicht wegen ein paar Kindern, die ich nicht kannte.›

‹Nun gut, Drachenkätzchen. ›

Moxi schminkte die Jungen und Mädchen und bürstete ihr Haar. Eden half ihr dabei. Mit den jungen Kindern ging die Navy Seal dabei besonders behutsam um. 

Mash kümmerte sich ebenfalls um die Toten. Er balsamierte sie und sorgte so dafür, dass sie beim Verbrennen angenehm riechen würden.

Liam baute zusammen mit Shark Finn 20 Scheiterhaufen auf. Liams Gesicht war feucht von Tränen. Auch Tiernan weinte immer wieder.

Liam sah sich jedes einzelne Gesicht an und prägte es sich ein. 

Average filmte die Kinder sogar ab. Dabei war er ernst und still. 

Thunderstrike und Iron Horse erledigten alle notwendigen Aufgaben mit dem sogenannten ‚Tausend-Meter-Blick‘. Konzentriert auf die Aufgabe. Emotionen waren da, aber sie würden ihre Urteilskraft nicht mindern. 

Red Velvet blieb von all dem relativ unberührt. Ernst und distanziert gelang es ihr, höflich zu bleiben. 

Rubber Duck und Bloody Guts halfen wo sie konnten, doch auch sie waren schweigsam und sie machten keinerlei Witze. Fang hielt es ebenso.

Sinister zeigte neben Trauer auch eine Menge Wut, besonders, da auch ein elfischer Junge unter den Teenagern gewesen war.

Einzig Leatherface grummelte vor sich hin. Tote waren für ihn Futter. Doch heute schien es im besonders schwer zu fallen, zur Ruhe zu kommen. Kein Wunder, morgen Nacht war Vollmond.

Wir werkelten und taten und jeder machte das auf seine Art. Mit mehr oder weniger Trauer.

Ich ging durch die Reihen und spendete Trost, wo immer ich konnte. Meist reichten einige Worte, um es leichter zu machen, manchmal musste es auch eine Umarmung sein. 

Ich hatte Seidenpapier mitgebracht und Liam stellte Draht zur Verfügung. So konnten wir Kong-Ming-Laternen bauen. Die jungen Frauen der Desolation Angels waren zunächst nicht sonderlich von der Bastelei begeistert, doch ich wusste, später würde es ihnen gefallen. 

❄️

Noch bevor die Nacht völlig zu Ende war hatten wir bis auf Tasha jedes der 20 Kinder auf einen Scheiterhaufen gebettet. 

Unter musikalischer Begleitung durch Tiernan und mich wurde Tasha von ihren großen Schwestern getragen. 

Ein erhabener Moment.

Wir entzündeten die Feuer mit Fackeln. 

Die Feuer brannten warm und hell.

Liam hatte sich zudem noch etwas einfallen lassen. Der Rauch stieg in den Farben des Regenbogens auf. 

Dank Mash duftete es nach Lavendel. 

Wir stießen mit Bier auf die Verstorbenen an, auch wenn wir ihre Namen nicht kannten. Linda hatten wir geweckt, damit sie dabei sein konnte. Sie wich nicht von meiner Seite. Doch zumindest ließ sie meine Hand los, damit ich Cello spielen konnte.

Als die Kong-Ming-Laternen in den Himmel stiegen und das Licht der Sterne überstrahlten, die bald verblassen würden, standen den meisten Tränen im Gesicht. Doch es handelte sich um friedliche, erhabene Trauer. 

Genau dazu waren solche Veranstaltungen da.

„Danke“, meinte Becky zum Abschied. „Ich schulde dir was, Snowcat.“

Ich lächelte und umarmte sie kurz. Dass ich Tasha gerne gerettet hätte, wusste Becky bereits. Das musste ich nicht weiter betonen.

❄️

Als wir kurz nach Sonnenaufgang in unser Lager zurückkehrten, waren wir alle ziemlich erschöpft. 

Wir brachten Linda in ein freies Bett im Mädchen-Airstream. Linda war aufgeregt und traurig. Sie wollte mich nicht gehen lassen, sprach aber weiterhin kein Wort. Liam stellte einen kleinen Kasten von der Größe einer Ringschatulle auf Lindas Nachttisch - und plötzlich entspannte das Mädchen sich sichtbar. Sie lehnte sich zurück und ließ meine Hand los.

Liam sprach nun Gälisch. „Das ist ein kleines Zusatzgerät, das das Matrix-Signal verstärkt. Sparky und Arcade sind jetzt virtuell hier. Sie werden ihr helfen, zur Ruhe zu kommen.“ 

Ich lächelte zufrieden. „Das ist gut“, erwiderte ich, ebenfalls auf Gälisch. „Wenn wir hier keine Familie von ihr finden können, nehmen wir sie mit nach Seattle und bringen sie bei Jake unter.“

„Ay! - Dann versuch mal ein bisschen zu schlafen, Cousine.“

„Mache ich.“

Fierce kam mit einem Handtuch um den Kopf aus der Dusche und grinste Liam an, als er gerade den Mädchen-Wagen verlassen wollte. „Meinetwegen musst du nicht gehen“, erklärte sie. „Ich finde das mit der Trennung zwischen Jungs und Mädchen eh, äh, unpraktisch.“

Liam grinste böse. „Für die Gesundheit einiger Jungs ist es aber besser so.“

❄️

Auch ich verschwand schnell noch unter der Dusche und kuschelte mich bald darauf duftend in meine Kissen. 

Mash funkte mich an. «Leatherface hat mich um ein Schlafmittel gebeten. Geht das in Ordnung?»

«Ja, geht es, wir brauchen jetzt alle ausreichend Erholung, selbst er.»

«Gut, dann gebe ich ihm was. Gegenmittel liegt aber vorsichtshalber bereit. Gute Nacht und schöne Träume.»

«Gute Nacht.»

Ich wollte gerade mein Commlink in den Schlafmodus stellen, als eine Anfrage von Average herein kam.

«Snowcat, möchtest du eine Folge mit der Feuerbestattung beenden?»

«Ja, das hatte ich vor. Wieso, meinst du, das ist schlecht?»

«Nee, das nicht. Find das sogar gut, das verschafft dem Bedeutung. Ich weiß nur nicht, welchen Abspann-Clip wir dann nehmen. Sind nicht so viele Kategorien übrig, und Surfen und Make Up, das klingt irgendwie alles falsch.»

«Das sehe ich auch so. Ich dachte, du nimmst einfach den Flug der Kong-Ming-Laternen und legst ihn in Dauerschleife. Wir suchen noch einen Song aus, den wir darunter legen. Ich denke, das sollte passen. »

«Ja super, top Idee. So machen wir’s. Danke Snowcat.»

Ich unterdrückte ein Gähnen. «Gerne doch. - Average, du solltest aber auch ein bisschen schlafen. Ich weiß, es ist anstrengend für dich hier, mit so wenig Matrix-Präsenz.»

«Schlafen kann ich, wenn wir es dem Altar Boy heim gezahlt haben», erwiderte Average trotzig.

«Ja, das stimmt, aber müde oder überarbeitet nützt uns keiner etwas. »

«Ja, okay. Ich schlafe auch, versprochen.»

🎬 SatHS S2/E5 Vorschau E6🎬

Snowcats Stimme sagt: „Und das passiert noch bei SatHS:

Bild: Snowcat steht vor dem Spire. Ihr Haar weht im Wind. Sie trägt ihre weiße ‚Heavy Combat Armor‘ und blickt nur leicht lächelnd in die Kamera. „Hey!- Normalerweise gäbe es hier jetzt ein paar Teaser zu sehen. - Doch die nächste Folge ist gleichzeitig die letzte Folge der zweiten Staffel.“

Zoom auf Snowcats Gesicht. Sie blickt ernst.

„Das, was wir heute gezeigt haben, war schon ziemlich heftig, nicht wahr? Dabei haben wir diesen abscheulichen Altar Boy mehr so zufällig getroffen.“

Die Kamera zieht auf. Snowcat ist jetzt wieder ganz zu sehen. In ihrer Hand entsteht eine tiefschwarze Kugel. „Altar Boy ist ein Shedim. Von den Geistern, die die Körper unserer Toten stehlen, hast du vielleicht schon gehört. Einiges hast du eventuell in den letzten Episoden von Snowcat und den Howling Shadows aufgeschnappt.“

Snowcat wirft die Kugel in die Luft und lässt sie dort schweben.

„In dieser Kugel verbirgt sich ein Clip, der dir so einiges über Shedim erzählt und das Wichtigste zusammen fasst.“

Der Link zum Steampunk-Journal leuchtet auf. 

Zoom auf Snowcats Gesicht.

„Ursprünglich waren wir jedoch ausgezogen, um Louis Hartfield zu fangen. Vielleicht erinnerst du dich noch?“

Schnitt. Perspektivwechsel. 

„Wir haben das nicht vergessen. Auch wenn er bis zu dieser Folge noch nicht einmal aufgetaucht ist. Vielleicht fragst du dich jetzt, ob wir ihn überhaupt noch finden, wo wir doch auch Altar Boy jagen? Und wie das dann alles in eine Folge passen soll.“

Nochmaliger Zoom.

Snowcat zwinkert und meint leise: „Ich kann dir sagen, das haben wir uns nach der ersten Begegnung mit Altar Boy auch gefragt.“

Kamera zieht etwas auf. „Die Antwort auf alle diese Fragen wird dir die letzte Folge geben.“

Kamera fährt zurück. Snowcats weiße Gestalt hebt sich vom grau-weißen Hintergrund Chicagos ab.

„Wir wären nicht die Howling Shadows, wenn es nicht spannend, voller Action und gefährlich werden würde!“

Schnitt.

Nahaufnahme von Snowcats Gesicht. „Also, vergiss nicht, nächste Woche wieder einzuschalten.“

‹Drachenkätzchen, hör auf zu denken und schlaf jetzt. Was du den anderen erzählt hast, gilt auch für dich! Vielleicht nutzt du die Methode, die dein Harlequin dir gezeigt hat.›

Ende der 5. Episode.

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Du hast Fragen an das Team oder an die Macher von SatHS? - Deine Fragen kannst Du uns [HIER] stellen.

Fussnoten

0. Bei den Episoden handelt es sich um in Geschichten umgewandeltes Pen & Paper RPG. Durch die Umstellung von SR4A auf SR5 und zusätzlichen Regelerweiterungen, kann es in den Geschichten zu Unbeständigkeit oder Widersprüchen zu früheren Episoden kommen. So beherrscht zum Beispiel ein Charakter eine Fähigkeit nicht mehr, die er vorher konnte oder das Wirken einer Kraft hat andere Auswirkungen, als zuvor. Für den Charakter ist es aber so, als wäre es immer schon so wie nach den neuen Regeln gewesen. Wir spielen die aktuelle Kampagne im ‚cineastischen’ Stil, das heißt, eine tolle Szene zu haben, steht über der hundertprozentigen Regeltreue. 

1. Der Zeitstempel wird an unsere Zeitlinie angepasst und ist maximal an die offizielle Timeline angelehnt.

2. Die Staffel wurde (bisher) am 03.03., 31.03., 15.04., 21.04., 28.04.,12.05.; 24.05.; 09.06. 16.06. und 14.07 erspielt. (Insgesamt fanden bisher 10 Spielabende statt. Der Spieler von Fang war am 1., 2., 4., 5., 7., 8. Abend; der Spieler von Leatherface war am 1.,2.,4.,6., 7., 9., 10, Abend und der Spieler von Mr.Tea war am 1.,2.,3., 6., 7., 9. 10.,  Abend anwesend.) Wegen den Widrigkeiten und Schönheiten des RL, können nur selten alle Spieler am Spielabend teilnehmen. Deshalb können Charaktere ohne weitere Erklärung auftauchen oder verschwinden. Darüber, welche Charaktere mit auf einen Run gehen, entscheiden die Spieler nach eigenem Gefallen. Das muss nicht immer die logistische Entscheidung sein. Manchmal ist ein Charakter mit auf einem Run, obwohl sein Spieler abwesend ist. In diesen Fällen wird der Charakter zwar mitgeführt, sein Handeln gerät, wenn möglich, aber in den Hintergrund. Der Spotlight soll auf Charakteren stehen, deren Spieler anwesend sind. Gegebenenfalls hinterlassen Spieler beim GM Regieanweisungen. 

Eine Beschreibung aller Charaktere und Marks findest du hier [LINK].

Eine Übersicht von Cast und Crew von SatHS findest Du hier [LINK].

3. Die verlinkten Songs sollen lediglich zu Stimmung beitragen und enthalten keine versteckten Hinweise. Jedenfalls meistens nicht :). Übrigens kaufen wir jeden in den Episoden verwendeten Song, sollte er sich nicht schon vorher in unserem Besitz befunden haben. Nicht nur, damit wir die Songs jeder Zeit auf all unseren Geräten abspielen können, sondern auch, weil wir damit den jeweiligen Künstler unterstützen möchten. Eine Liste mit dem kompletten SatHS Soundtrack findest du hier. [LINK].

4.Die Truppe mit der Captain America (Marvel) im zweiten Weltkrieg gegen Hydra ins Feld zieht, heißt „Captain America and the Howling Commandos". Daran angelehnt, entstammt die Titelidee eigentlich. Abgesehen davon, ist „Howling Shadows“ der Titel des aktuellen Shadowrun® -Critter Quellenbuchs von Catalyst. Wir fanden die Doppeldeutigkeit gerade bei der Zusammensetzung des Teams passend. 

5. Eine Übersicht des Steampunk- Journals findest Du hier [LINK].

6. Bei den Dear Diary-Texten handelt es sich um ganz private Texte, persönliche Erlebnisse und intime Gedanken von Snowcat, die nirgends nachzulesen oder zu sehen sind. Es sei denn, du findest den Platz unter den Dielen, wo Snowcat das Tagebuch versteckt hat und wagst es, darin zu lesen. :)

7. Bei Sapper handelt es sich um Liam, der während der Dreharbeiten ein spezielles Halstuch trägt, das verhindert, dass sein Gesicht auf den Trideoaufnahmen zu erkennen ist. Allerdings verhindert das nicht die Tonaufnahmen und so bekommt Average in Staffel 2 einiges an Extra-Arbeit, um jedes Liam durch ein Piep oder ein Sapper zu ersetzen.

8. Bei Katze handelt es sich um ein „Wesen“, das andere außer Snowcat weder hören, noch sehen können. Snowcat unterhält sich gedanklich ständig mit Katze, auch parallel zu anderen Gesprächen. Ob es sich bei Katze um ein Hirngespinst, dem Mentor-Spirit Katze oder irgendetwas anderem handelt, ist bisher nicht geklärt.

9. In der SR-Welt werden die Episoden einer Staffel mit genau eine Woche Abstand als Stream zur Verfügung gestellt. In unserer RL-Welt kommen andere Faktoren zum tragen. Ich werde versuchen einen 2 wöchigen Abstand zwischen den Folgen nicht zu überschreiten.

10. „AveRage“ hat seine Drohnen-Kamera-Einheiten, die je aus drei CU^3 bestehen, nach berühmten Kameramännern benannt.

11. Teilweise stehen Dialoge in diesen « » Textzeichen. Die gesprochenen Worte werden dann vornehmlich via Teamnetzwerk verbreitet und sind für Wesen, die keine Mitglieder im Teamnetzwerk sind, nicht oder nur schwer zu hören. Ferner stehen in < > schriftliche Nachrichten und in ‹ › stehen Dialoge via Geistesverbindung, wie die mit Katze, einem Geist unter Kontrolle oder Dragonspeech. 

An dieser Stelle bedanken sich die Spieler unserer Runde bei allen, die an der Entwicklung und Verarbeitung der Shadowrun®-Produkte mitgewirkt haben. Ohne ihre Arbeit wäre unser Spiel nicht möglich! 

We would like to thank the authors, artists and all others who are involved in the development of the Shadowrun® rules, adventures and stories. Without them, our game would not be possible.

Vielen Dank an @Vin. ;*

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*