Tales of Snowcat 11: New Kid on the Block (S3/E9)

TALES OF SNOWCAT (11)

PERIOD6: Magician

ERA6: Light Baroque

AGENDA12: Boston Lockdown

DATE1:  07/15/ 2076

BROADCAST6: Unter „SatHS in Danger“ wird Material als Dokumentation der Situation in Boston gedreht. Episode S3/E9 wird ab 08/28/2076 als Stream zu Verfügung gestellt.

PRODUCTION: Spinrad Media

APPEARANCE2 : AveRage, Doc, Eden, Fang, Fierce, Foggy, Liam, Mash, Mr. Tea, Shark Finn, Sinister, Snowcat, Tiernan;

SPECIAL APPEARANCE2;7: Alba13, Dana, Dave, Sionn, Tango; 

SPOILER ALERT: Die Episode enthält massive Spoiler auf Boston Lockdown von Catalyst Game Labs.

WARNING: Diese Trideoserie ist für Zuschauer unter 17 Jahren nicht geeignet. Sexualität, Gewalt, Magie, Tod, Kraftausdrücke und Drogenkonsum können vorkommen. Mitglieder der Howling Shadows sind in Waffen- und Magiegebrauch ausgebildet und sind sich der tödlichen Gefahr bewusst, mit der sie es während des Drehs zu tun haben. Zuschauer werden gebeten, diese Dinge nicht nachzumachen, es sei denn, es wird in einem Nachspannclip ausdrücklich erlaubt. Ferner ist absolut davon abzuraten, sich auf eigene Faust mit den gezeigten oder ähnlichen magischen Gefahren, Geistern und/oder Crittern anzulegen.

WAS BISHER GESCHAH:

Snowcat erfährt aus Matrixquellen frühzeitig von den Ereignissen in Boston. Als klar ist, dass der gesamte Sprawl wegen einer mysteriösen Krankheit, offiziell eine Version von Enzephalitis, abgeriegelt wird, beschließt Snowcat, nach Boston zu gehen, um nach Tango und Dave, zwei eingeschlossenen Freunden, zu sehen. Snowcat ruft das Team zusammen.

Alle UCler erklären sich sofort bereit, sich an der Mission zu beteiligen. Ein Teil bezieht in einem Lager außerhalb des Lockdown Stellung. Die Gruppe um Snowcat lässt sich in Boston abwerfen. Sie kapern Versorgungsdrohnen für ihre Reise in den abgeriegelten Sprawl. In Boston angekommen haben die Howling Shadows gleich den ersten Kontakt mit Shamblern, der wahren Bedrohung, die die Ursache für den Lockdown ist. Man kehrt schließlich bei Tango, dem Fechtlehrer von Snowcat, ein und baut dort das Basislager auf. Die Runner kommen schnell zu dem Schluss, dass es sich bei der ausgebrochenen Krankheit um eine veränderte Form von CFD handelt. Außerdem vermutet man, dass Experimente und Forschung von NeoNET sowie der Große Drache Celedyr und Cerberus für den Ausbruch verantwortlich sind. Das Team möchte unbedingt herausbekommen, was es mit all dem auf sich hat.

Innerhalb der nächsten Tage retten Snowcat und die Howling Shadows Dave und den Hub-Blogger, letzteren aus der HCZ. Außerdem befestigen sie ihr Lager und bauen es aus.

Ein gewisser DJ, ein Elf und vornehmlich Detective bei Knight Errant, erfährt von diesem Einsatz in der HCZ. Er nimmt Kontakt zu Snowcat auf und beauftragt sie, in die schlimmste Zone von Boston, die MCZ, zu gehen. Dort sollen die Runner neun Metamenschen rausholen. Bei dieser Mission wird den Runnern bewusst, wie viele Shambler und Rager es offenbar geben muss.

Kurz nach diesem Run meldet sich Zoh Rothberg, die Sprecherin des großen Drachen Celedyr, bei Snowcat. Sie hat gehört, dass unter dieser Nummer fähige Runner verfügbar sein sollen. Zoh beauftragt Snowcat, in das magische Labor Nummer 15 einzudringen und dort die Situation zu dokumentieren. Auch dieser Job gelingt. Allerdings bringt er gleich zwei unschöne Erkenntnisse mit sich: Die Shambler können regenerieren, und AveRage ist schon seit längerem mit CFD infiziert. Er infizierte sich bereits, als er vor Jahren in einem NeoNET-Labor in Albuquerque gefangen gehalten wurde.

Da Tangos Studio nun schon 19 Metamenschen beherbergt, beschließt man, Wohnmobile zu besorgen, um mehr Schlafplätze, WCs und Betten zur Verfügung zu haben. Auch diese Mission wird erfolgreich abgeschlossen, verläuft aber ohne die Führung von Snowcat, Liam oder Doc chaotisch.

Eines schönes Morgens wird Eden auf ihrem Wachposten auf dem Dach via Matrix angegriffen, weitere Commlinks spielen verrückt. Als man den Angreifer stellt, entpuppt er sich als Sionn, ein Elf aus dem O’Niall-Clan, der ebenfalls in Boston gestrandet ist. Sionn bleibt. Als O’Niall genießt er einen Vertrauensbonus. Es ist klar, dass er zukünftig mit auf Missionen gehen wird.

Während der nächsten Mission möchte Snowcat herausbekommen, was es mit dem Technomancer in der MCZ auf sich hat, der offenbar eine Armee aus Shamblern kontrollieren kann. Man findet heraus, dass er von einem anderem Stamm von CFD infiziert ist und dass es sich bei ihm um einen „Manipulator“ handelt. Vor dem Durchgang in die Zone trifft man auf die Reporterin Alba Garcia Ruiz, die man später ebenso mit in Tangos Studio nimmt wie die überraschend aus dem Haus befreite Hexe Dana Flynn, Edens Freundin aus Kindertagen. Für die sechs weiteren geretteten Metamenschen erhält Snowcat sechs Paar Schuhe, da DJ inzwischen bereit ist, für jeden aus der Zone Befreiten ein Paar Schuhe zu bezahlen und die Personen danach unterzubringen.

Um das Leben in Boston für die Gruppe angenehmer und sicherer zu gestalten, und damit man nicht immer zu Fuß unterwegs sein muss, beschließt man, zwei Limousinen zu organisieren. Auf dem Weg zum Zielort bemerkt AveRage, dass seine Schuhe ihm Probleme bereiten. Neue Schuhe werden in einer Mall besorgt. Währenddessen trennt Columbo sich von der Gruppe, wird von einem Shambler angegriffen und stirbt, noch bevor die anderen zu seiner Hilfe eilen können. Die Mission wird dennoch fortgesetzt. Man verbrennt Columbo auf einem Baseballfeld und nimmt seine Asche in einer Ares-Munitionsiste mit. Der Zielort erweist sich als ehemalige Knight-Errant-Polizeiwache, die inzwischen von Wolverine Security betrieben wird. Im Host finden sich Informationen, dass dies nicht die ganze Wahrheit ist. 17 menschliche Wachmänner halten 18 Personen anderer Rassen gefangen, vergewaltigen die Frauen und zeichnen das auf. Das Team ändert den ursprünglichen Plan und arbeitet an der Befreiung der Gefangenen. Am frühen Abend tauchen Mitglieder der Knights of the Red Branch auf. Spontan beschließt die kleine Gruppe Howling Shadows, sofort zuzuschlagen. Während der Aktion setzt man den Anführer der Red Branch und dessen Bodyguard fest, befreit die Gefangenen und entkommt mit den Limousinen. Sieben Gefangene haben keinen Ort, an den sie sonst gehen könnten, darum nimmt man sie in Tangos Studio mit.

Nach der Rückkehr ins Studio halten die Howling Shadows und ihre neuen Gäste eine irische Wake für Columbo ab. Da das Haus langsam zu voll wird, plant man einen Umzug. Alba schlägt das Gelände der Clairmont Academy, Boston Elite vor. Eine Privatschule mit Internat, auf der Alba selbst gewesen ist. Da sich das große Gelände bestens eignet, startet der Umzug nach einem Balladen-Abend. Gut zwei Wochen später werden die Einzugsarbeiten durch einen Anruf von einem aztlanischen Johnson namens Sandellero unterbrochen, der einen Auftrag für die Runner hat. Sie sollen eine Datei in einen Host in der MCZ spielen. Die Adresse entpuppt sich als Back-Up-Station einer Knight-Errant-Polizeiwache, in der Shambler lernen, sich wie Metamenschen zu benehmen. Das Team spielt die Daten - eine Namensliste von Teilnehmern verschiedener Projekte, die letztendlich alle zum Ereignis des Boston-Lockdowns führten - trotzdem auf, verändert die Liste jedoch leicht. Auf dem Weg zum Grenzzaun bemerken die Runner eine Sprachnachricht, die in den Äther geblasen wird. Erneut wird ein Team für die MCZ gesucht. Zunächst informiert Snowcat sowohl Sergeant McNamara als auch DJ über die bedrohlichen Neuigkeiten über die Shambler. Zurück in der Academy probiert Snowcat noch vor dem Debriefing die Nummer des unbekannten Auftraggebers aus. Penelope Anne Xavier wirkt freundlich und ungeübt, als sie die Runnern damit beauftragt, einige Universitätsrechner, die in der MCZ stehen, wieder anzuschalten und ans Grid anzuschließen, damit ihre sechsköpfige Projektgruppe die Daten retten kann. Erst beim anschließenden Debriefing und gleichzeitiger Auftragsbesprechung wird den Runnern dank Eden klar, dass es sich bei dieser Auftraggeberin um die berüchtigte Technomancerin Pax handelt. 

Anmerkungen:

1. Der Zeitstempel wird an unsere Zeitlinie angepasst und ist maximal an die offizielle Timeline angelehnt.

2. Die Episode wurde am 23.03.18 erspielt. Neben mir und dem GM, war der Spieler von AveRage anwesend. Wegen den Widrigkeiten und Schönheiten des RL, können nur selten alle Spieler am Spielabend teilnehmen. Deshalb können Charaktere ohne weitere Erklärung auftauchen oder verschwinden. Darüber, welche Charaktere mit auf einen Run gehen, entscheiden die Spieler nach eigenem Gefallen. Das muss nicht immer die logistische Entscheidung sein. Manchmal ist ein Charakter mit auf einem Run, obwohl sein Spieler abwesend ist. In diesen Fällen wird der Charakter zwar mitgeführt, sein Handeln gerät, wenn möglich, aber in den Hintergrund. Der Spotlight soll auf Charakteren stehen, deren Spieler anwesend sind. Gegebenenfalls hinterlassen Spieler beim GM Regieanweisungen. 

Eine Beschreibung aller Charaktere und Marks findest du hier [LINK].

Eine Übersicht von Cast und Crew von SatHS findest Du hier [LINK].

3. Die verlinkten Songs sollen lediglich zu Stimmung beitragen und enthalten keine versteckten Hinweise. Jedenfalls meistens nicht :). Übrigens kaufen wir jeden in den Episoden verwendeten Song, sollte er sich nicht schon vorher in unserem Besitz befunden haben. Nicht nur, damit wir die Songs jeder Zeit auf all unseren Geräten abspielen können, sondern auch, weil wir damit den jeweiligen Künstler unterstützen möchten. Eine Liste mit dem kompletten SatHS Soundtrack findest du hier [LINK]. Eine YouTube Playlist zur aktuellen Season findest du hier [LINK].

4.Die Truppe mit der Captain America (Marvel) im zweiten Weltkrieg gegen Hydra ins Feld zieht, heißt „Captain America and the Howling Commandos". Daran angelehnt, entstammt die Titelidee eigentlich. Abgesehen davon, ist „Howling Shadows“ der Titel des aktuellen Shadowrun® -Critter Quellenbuchs von Catalyst. Wir fanden die Doppeldeutigkeit gerade bei der Zusammensetzung des Teams passend. 

5. Eine Übersicht des Steampunk- Journals findest Du hier [LINK].

6. In den ‚Tales of Snowcat’ erzählt Snowcat einem imaginären, nicht näher definierten Zuhörer die Ereignisse aus ihrer ganz persönlichen Sicht. ‚Period' beschreibt dabei den Lebensabschnitt auf dem sich Snowcat befindet. ‚Era' beschreibt das Farbthema, unter das Snowcat in dieser Zeit den Inhalt ihres Kleiderschranks gestellt hat. ‚Broadcast‘ fasst zusammen, was von dem per Drohne gedrehten Material dem Trideo-Zuschauer der Serie Snowcat and the Howling Shadows zur Verfügung gestellt wird und wann es gestreamt wird.

7. Einige der Namen, die in der Geschichte auftauchen, sind auch in der offiziellen Shadowrun-Welt ein Begriff. Ähnlichkeiten sind beabsichtig. Allerdings kann das hier dargestellte Bild auch deutlich von dem Bild im SR-Kanon abweichen, da es unserer Spielwelt angepasst wurde.

8. KE, kurz für Knight Errant, ein Sicherheitskonzern und Tochter von Ares Marcotechnologies.

9. Teilweise stehen Dialoge in diesen « » Textzeichen. Die gesprochenen Worte werden dann vornehmlich via Teamnetzwerk oder Commlink verbreitet und sind für Wesen, die keine Mitglieder im Teamnetzwerk sind, nicht oder nur schwer zu hören. Ferner stehen in < > schriftliche Nachrichten und in ‹ › stehen Dialoge via Geistesverbindung, wie zum Beispiel die mit einem Geist unter Kontrolle, Gespräche via Mindnet oder Dragonspeech.

10. „AveRage“ hat seine Drohnen-Kamera-Einheiten, die je aus drei CU^3 bestehen, nach berühmten Kameramännern benannt.

11. Snowcat sieht die Geister, die einen Element zugeordnet sind als klassische Elementarwesen:  Luftgeister sind Sylphen, Erdgeister Gnome (früher Brownies), Feuergeister Salamander und Wassergeister sind Undinen. Jeder Geist, den sie beschwört, hat für sie zudem einen eigenen Namen. Guidance Spirits sieht Snowcat als weise Paten, die sie mit Godfather und Godmother betitelt. Guardian Spirits sind für sie Warden, also Krieger verschiedenen metamenschlichen Rassen. Die Warden tragen als Hommage an meine Lieblingsbuchsreihe den ‚Dresden Files‘ von Jim Butcher, die Namen von den Warden des White Council. Spirits of Man sind für sie Leprechauns (Kobolde) und Task Spirits sind Brownies. Beast Spirits bekommen den Titel Master und Plant Spirits den Titel Mother (z.B. Master Wolf oder Mother Oak). 

12. Schlagwort(e), Überschrift(en) unter dem die Episode steht.

13. Alba wird von der Spielerin T. geführt. Sie ist neu in der Gruppe und ein RPG-Frischling.

14. NPC, der in Boston gerettet wurde und für den Verlauf der Geschichte keine namenhafte Rolle spielt. Max und Caroline sind eine Hommage an die Serie: Two Broke Girls.

POSTED BY SNOWCAT

Wir hielten Kriegsrat im Zen-Garten der Academy.

Wir, das waren in diesem Fall AveRage, Doc, Liam, Sionn und ich. 

Ich hatte gut zwei Stunden geschlafen, was mir aber dank der mir innewohnenden Magie ausreichte, um mich einigermaßen erfrischt zu fühlen.

Es war eine laue Sommernacht und der Sternenhimmel funkelte über uns. Wegen der Abkapselung des Sprawls wurde Strom gespart, das führte zu weniger Lichtverschmutzung und als Folge konnte man den Sternenhimmel besser funkeln sehen. 

Die Stromversorgung hier auf dem Gelände hatte in den vergangenen Tagen nicht einmal ausgesetzt, aber selbst wenn, wir hätten dann immer noch unsere Reserveversorgung gehabt. 

Vor wenigen Minuten hatte der 15. Juli 2076 begonnen. 

Damit war heute unser 36. Tag im Boston Lockdown.

[Song 1: Zola Jesus - Run Me Out3] „Lasst uns noch einmal die Fakten zusammenfassen, die wir bisher kennen“, begann ich und nahm einen winzigen Schluck aus meinem Glas. Liam hatte das wirklich gute Zeug rausgeholt und gemeint, damit rede es sich besser. Ich stimmte ihm zu. Die nächsten Worte kamen mir schon viel flüssiger von den Lippen. „Die AI Deus, die nur zu Beginn ihrer Existenz friedlich war und aus einem Projekt von Renraku hervorging, hat die Renraku-Arkologie übernommen und hat Otaku erschaffen, die sich Whites nannten. Deus versprach seinen Otaku, sie vor dem sogenannten Schwund, dem Verlust ihrer Fähigkeiten, zu bewahren. Deus war stets bestrebt, die Arkologie und später selbst die Matrix verlassen zu können und hat sich dafür in 1000 Metamenschen mit spezieller Cyberware geladen, die sich ‚Network‘ nannten. Im Oktober 2064 gelang ihm der Ausbruch aus der Arkologie in die Matrix, doch da er sich dort mit neuen Gefahren konfrontiert sah, beabsichtigte er ein Update, welches ihn wahrhaft göttlich werden lassen sollte und für das er einen ultravioletten Host benötigte. Man hielt Deus seit dem Crash 64 für tot, da man ihn danach nicht wiederfinden konnte. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann war Pax für die - wie es nun scheint - offenbar nicht gänzlich erfolgreiche Vernichtung von Deus verantwortlich. Richtig?“

AveRage nickte. „Genau. Pax war, genau wie Puck, einst ein Jünger von Deus. Sie war sogar seine rechte Hand. Sie hat sich von ihm verraten gefühlt, weil er aus der Arkologie abgehauen ist. Sie war einer seiner besten Otaku, wollte aber auf keinen Fall, dass ihre Fähigkeiten schwinden. Sie hat dann selbst nach einem Weg gesucht, ihre Fähigkeiten zu behalten und die ‚Deep Resonance‘ aufgesucht. Wo auch immer sie wirklich war, von da ist sie mit einer neuen Prophezeiung zurückgekehrt, die sie ihrem Tribe, den Ex-Pacis verkündet hat. Ihre neue sogenannte Prophezeiung ist das Übelste überhaupt! Darum ist auch klar, dass sie nie und nimmer bei der Tiefenresonanz gewesen ist.“

„Oh ja!“, bestätigte Sionn ernst. „Pax ist nämlich die erste Jüngerin der Dissonanz. Um die komplette Matrix dissonant zu machen, hat sie sich '64 mit Winternight zusammengetan. Sie hat den Virus Jormungand mitgeschrieben, der dann den Crash 2.0 ausgelöst hat und dem Tausende von Matrix-Usern zum Opfer gefallen sind. Puck hat das Code-Ei übrigens platziert. Das konnte er nur, weil Deus in der Zwischenzeit von Overwatch und anderen, wie dem Decker Dodger und der AI Megara, angegriffen wurde. Overwatch nannten sich die Otaku, die schon immer gegen Deus und dessen Whites gekämpft haben. Das hat übrigens nichts mit dem Overwatch-Score zu tun, den man ansammelt, wenn GOD sich Notizen über einen macht, aber das nur so nebenbei.“

Ich gab zum Besten, was ich zum Thema aus erster Hand erfahren hatte: „Puck hat mit seinem Verrat nicht unwesentlich zur vermeintlichen Vernichtung von Deus beigetragen. Hielt er noch bis kurz vor Schluss Deus die Treue, hatte er irgendwann doch genug von den Grausamkeiten, die die AI seinen Brüdern und Schwestern angetan hatte. Also hat er Pax gesteckt, dass Deus beabsichtigte, sich aus dem Netzwerk zusammenzusetzen und sich mit einem Upgrade zu einer wahren Matrix-Gottheit zu erheben. Das wollte Puck verhindern, wie er mir selbst erzählte. Dass genau dies es war, was dann den Crash verursachte, wusste er damals nicht. Puck hasst und fürchtet sowohl Deus als auch Pax. Seine Furcht vor Pax ist noch größer, da er sie für grausam und verrückt hält. Wir wissen aus Genf, dass die Ex-Pacis dissonante Technomancer sind. Sie haben dort eine AI gefangen und stark beschädigt, als sie versucht haben, sie dissonant zu machen.“ Ich trank noch einen Schluck und fuhr fort: „So weit die Geschichte. Deus und Pax sind jetzt verfeindet, Pax will Deus definitiv vernichtet sehen. Wenn Cereus tatsächlich eine Mischung aus Deus und Cerberus ist, dann bestünde er aus den Codes der beiden. Demnach lebt Deus noch und hat versucht, sich mit Cerberus in den Körper von Eliohann zu bringen. Dann haben wir es jetzt mit einem Bewusstsein zu tun, das eine Mischung aus einer größenwahnsinnigen AI und einen eventuell gestörten Drachen ist. Das klingt nach einem schlechten Matrix-Spiel, bei dem jemand den Endboss besonders bedrohlich machen wollte. Aber wenn Deus oder dessen Reste freiwillig aus der Matrix raus wollten, wer ist dann der Verräter, vor dem Cerberus gewarnt werden sollte?“

„Ich vermute vor Deus“, meinte Doc.

Liam schüttelte dem Kopf. „Ich glaube, der Verräter ist Pax.“

Ich legte den Kopf leicht schief und überlegte laut: „Zumindest steht Pax als Penelope Anne Xavier auf der Liste der an dem Projekt beteiligten Wissenschaftler. Wir wissen also, dass sie Zugang hatte. Du meinst, sie hat Deus in das Projekt gelockt oder zumindest gewusst, dass Deus das Projekt interessant finden würde?“

Liam nickte.

„Aber warum? Um die Überreste von Deus in einem Drachenkörper zu sammeln?“, mutmaßte ich weiter. „Damit sie dann weiß, wo er ist?“

Liam leerte sein zweites Glas Whiskey in einem Zug und schenkte dann sich, Sionn und Doc nach. „Der Körper ist zumindest vielversprechend genug, als dass ein selbsterklärter Gott ihn als würdig empfinden könnte und überhaupt anbeißt.“ 

Ich blickte kurz hinauf in den Sternenhimmel und meinte dann: „Okay. Wenden wir uns mal dem Projekt zu. Wir haben über den Ablauf folgendes zusammengetragen: Celedyr will über CFD Cerberus in Eliohann bringen. Dafür hat er literweise Naniten mit einer Kopie des Bewusstseins von Cerberus programmiert. Natürlich nimmt er eine Kopie für den Transfer, damit das Original nicht zerstört wird, sollte etwas schief gehen.“ Ich sah in die kleine Runde, alle stimmten mir soweit zu. Ich fuhr fort: „Die Magie des Rituals war wahrscheinlich dazu da, den Körper von Eliohann zu reanimieren, alles zu bündeln und zu verankern. Celedyr war währenddessen im NeoNET-Tower und hat den magischen Part überwacht. Vielleicht hat er auch Energie aus der Dragon-Line abgezogen. Cerberus hat das Experiment wahrscheinlich von der Matrixseite aus bewacht. Es war wichtig, für eine kurze Lebenszeit der Naniten zu sorgen, damit nachher mit daneben gegangenen oder entflohenen Naniten kein Drachenwissen umherfliegt. Die grundlegenden Instinkte, die für das Überleben eines Wesens notwendig sind, wurden dauerhaft programmiert. Das erklärt die vielen Shambler, sie besitzen nur Grundlagen, jedoch kein Cerberus-Bewusstsein. In dem Moment, wo das Image des Bewusstseins auf die Naniten übertragen wird, schleust Pax Deus' Code mit ein. Deus nimmt die Einladung an und freut sich, weil er glaubt gottgleiche AI schlägt Kopie von E-Ghost. Soweit klingt alles stimmig. Aber ist es nicht dumm von Pax, Deus einen Drachenkörper zur Verfügung zu stellen? Das macht ihn doch mächtig?“

Doc sah zu mir und antwortete: „Nein. Pax kann gut und gerne davon ausgehen, dass die Drachen bemerken, das das Projekt fehlgeschlagen ist und sich diesem Problem annehmen. Aztech hat sogar eine Waffe gegen Drachen entwickelt. Demnach ist der Körper von Eliohann eine schöne, verlockenden Falle.“

Liam nickte. „Pax war die gesamte Zeit auf der sicheren Seite, was die Vernichtung von Deus angeht. Gewinnt beim Kampf um den Köper Cerberus, vernichtet er Deus. Gewinnt Deus, kann Pax auf die böse AI zeigen - und davon ausgehen, dass die Drachen das Problem angehen, da sie keine AI im Drachenkörper dulden.“

[Song 2: The Soft Moon - Blackhe Soft Moon - Black3] Ich hatte unseren Thesen nichts hinzuzufügen, einiges konnten wir sogar belegen. Es gab aber noch ein paar Kleinigkeiten, die für das Gesamtbild interessant waren. „Was ist mit denen in der Polizeiwache? Haben die irgendwas mit all dem zu tun?“

Doc schüttelte kaum merklich den Kopf. „Nein. Das sind alles Headcase-Shambler, sie wollen frei sein und überleben.“

„Und warum wollte Aztech die Daten dort ablegen?“, fragte ich weiter.

Auch darauf hatte Doc eine Antwort parat: „Vielleicht in der Hoffnung, dass die Shambler Informationen finden und für sie die letzten Zeugen beseitigen, da Aztechnology nicht will, dass jemand weiß, dass sie an dem Dreck beteiligt waren.“

Was dann wieder erklärte, warum draußen solch ein Brimborium um unsere Episode gemacht wurde. Ich lächelte. „Gut, das kaufe ich ebenfalls. Was ist mit Ronald? Was unterscheidet ihn?“ 

Diesmal antwortete wieder Liam: „Ronald hat einfach ein bisschen mehr Cerberus abbekommen.“

„Dann gibt es nun noch Cereus, mit dem dann niemand gerechnet hat. Weder Pax noch sonstwer. Aber warum hasst er alles so?“, wollte ich noch wissen. „Liegt das an den Gefühlen von Deus? Denn von Cerberus an sich sollte kein Hass kommen.“

Wieder war es Liam, der als erster dazu eine Idee hatte: „Wenn Cerberus den Verrat noch bemerkt hat, dann wollte er eingreifen, bevor die Übertragung fertig war. Seine Wut über den Verrat könnte auf die Naniten abgefärbt haben. Dann wäre Cereus eine AI oder etwas in der Art, die aus dem Hass geboren wurde.“

Ich seufzte. „Was für ein trauriger Gedanke! Aber ja, so könnte es sein.“

Average hatte die meiste Zeit über schweigend zugehört und hier und da bestätigend genickt. Nun fragte er: „Töten wir Pax denn nun?“

Ich seufzte, aber nur innerlich. Ja, der Plan die Matrix dissonant zu machen, war übel. Dennoch tat ich mich immer noch schwer damit, einfach so pauschal über ein Wesen zu richten und es zum Tode zu verurteilen. Es gab irgendwie immer ein Wenn und Aber. Ja, ich wollte Pax aufhalten, aber ob sie dafür tot war oder nicht, war mir eigentlich egal. Vielleicht gab sie ja für irgendwen ein gutes Tauschobjekt ab. Beinahe hätte ich geschmunzelt, in dem Fall hieß es natürlich Tauschsubjekt. Da ich mir diesbezüglich alles offen halten wollte, erwiderte ich diplomatisch: „Wir gehen in jedem Fall gegen sie vor, halten sie auf und versuchen, sie physisch zu lokalisieren. Alles weitere sehen wir dann.“ Ich ließ keine Pause für Protest und fragte sofort: „Was vermuten wir denn jetzt auf den Rechnern, die wir online nehmen sollen? Es kann nach unserer Theorie ja nichts mit Deus zu tun haben.“

Liam zuckte mit den Schultern. „Irgendein Bonusprodukt. Irgendwas dissonantes, das sie freilassen will.“

„Gut. Das klingt einleuchtend“, meinte ich nun. „Dann sollten wir die Rechner sprengen und Xavier im Anschluss sagen, dass wir dagewesen sind, aber noch Zeit für die Mission brauchen. Wir sollten uns mit dem Run allerdings nicht zu viel Zeit lassen. Pax wird viel vorausplanen und doppelgleisig fahren. Wir dürfen nicht riskieren, dass ein anderes Team uns zuvorkommt.“

Doc sah mich an. „Willst du heute Nacht noch los?“

Ich nickte. „Ja, am liebsten schon.“

„Nachts sind die Ghoule draußen“, gab AveRage zu bedenken.

„Stimmt, aber die dürften ziemlich satt sein. Außerdem sind wir denen zu lebendig“, stellte ich grinsend fest. „Zusätzlich können wir nachts Mash mitnehmen.

Nun sah Liam mich an. „Nachts in die MCZ, mitten im Kerngebiet des Ereignisses, da werden viele schmutzige Shambler sein. Willst du dir das wirklich antun? Du bist gerade erst zurück von einem Run, du könntest auch andere schicken.“

Ich schmunzelte kurz. Liam hat die Worte ‚schmutzige Shambler‘ in der Hoffnung benutzt, der Dreck schrecke mich ab. „Stimmt, könnte ich, und da werden extrem viele Shambler sein. Allerdings bin ich die einzige, die eine matrixlose Kommunikation gewährleisten kann.“

„Das ist natürlich ein Argument“, bestätigte Liam.

Sionn stand auf. „Na, dann wollen wir mal alle nötigen Vorbereitungen treffen. Wir wollen ja vor Sonnenaufgang zurück sein.“

Liam fragte: „Du willst also mitkommen?“

Sionn antwortete: „Ohne mich bist du ja aufgeschmissen!“ 

„Hey!“, beschwerte Liam sich. „Das ist eigentlich mein Satz!“

Sionn lachte.

„Oha, dann sind da gleich zwei große Egos unterwegs!“, stellte AveRage fest.

„Quatsch!“, meinte Sionn nun. „So groß ist mein Ego gar nicht.“

AveRage grinste breit. „Ich meinte ja auch mich und Liam! Du bist nur größenwahnsinnig!“

Sionn zog eine Fratze, rollte mit den Augen und fragte: „Woran hast du bemerkt, dass ich eigentlich die Weltherrschaft an mich reißen will?“

❄️

Wir brauchten etwas mehr als eine Stunde für die Vorbereitungen. 

Unser Team war diesmal relativ klein, es bestand aus AveRage, Liam, Mash, Sionn und mir.

Dank der beiden Knights of the Red Branch, die wir vor einigen Tagen mitgebracht hatten, war Mash satt und voll genährt. Er pulsierte praktisch nur so vor Energie. Das machte ihn mächtiger, als ich ihn je erlebt hatte. 

Mit ihm konnten wir weitere Firepower getrost hier lassen. Auch Doc blieb. Er hielt in der Academy die Stellung und konnte notfalls noch ein Rescue-Team organisieren.

Ein kurzer Anruf bei DJ hatte genügt, uns einen neuen Code für die Grenze zu besorgen. 

Sionn grinste breit, als er Mash nach seiner Sonnenallergie befragte. Ich war mir ziemlich sicher, dass der Elf inzwischen zwei und zwei zusammengezählt hatte und ahnte, dass es sich bei Mash um einen HMHVV-Infizierten handelte. Sionn war einfach auch viel zu lange im Geschäft, als dass man so etwas vor ihm längere Zeit hätte verbergen können.

Tiernan verteilte magische Getränke an uns, Mash hatte eine Tasche mit 20 farblich markierten Edelstahlspritzen dabei, AveRage bekam auf eigene Bitte einen SWAT-Helm und ein Monosword ausgehändigt, weil ihm das seiner Aussage nach geistige Stabilität verlieh, Sionn war erneut mit Schleuder und MP unterwegs und Liam, ja, der war eben Liam und hatte alles mögliche dabei.

Bevor es losging, griff Liam nach meinem Rucksack, um ihn zu kontrollieren. Als ich ihn fragend anblickte, schob er mir seinen Rucksack rüber. Es ging also um die gegenseitige Kontrolle. An sich etwas, was durchaus eine gute Sache war! Allerdings würde ich nur wenigen meine Taschen zur Kontrolle überlassen. 

Selbstverständlich musste auch in der Nacht der erneute Umweg über die Dragon-Line sein. Ich hatte mich für eine Sylphe entschieden, was dann bedeutete, dass ich den Mindnet-Spruch zur Kommunikation selber aufrechterhalten würden müssen. 

Wie heißt es immer so schön? - Man kann eben nicht alles haben.

Sylphe11 Meeraii war sich ihrer Macht bewusst, und darum nicht ganz so freigiebig mit Diensten, wie ich es mir erhofft hatte, doch ich wertete es nicht als schlechtes Omen.

Im Anschluss an das Füllen meiner Zauberspeicher erklärte ich jemandem zum zweiten Mal innerhalb von 24 Stunden, was es mit der Kommunikation via Mindnet auf sich hatte. Selbstverständlich war Mash magisch vorgebildet und hatte mit dem Verständnis an sich kein Problem. Ihm behagte jedoch die Vorstellung nicht, er könnte etwas an uns weiterdenken, was wir nicht wissen sollten. Vielleicht hatte er Angst, uns seinen Hunger, seinen Appetit oder Gedanken wie ‚lecker‘ mitzuteilen. Oder vielleicht verspürte er Sorge, seine Emotionen könnten uns schrecken. Jedenfalls konnte ich förmlich spüren, wie er besonders vorsichtig beim Denken war.

❄️

Im Grenzstreifen angekommen, bat Sergeant McNamara mich höflich einen Moment zur Seite. Er drückte seine Sorge darüber aus, dass ich mitten in der Nacht noch einmal in die heiße Zone wollte. Er schlug mir sogar vor, bei ihm zu warten und die Arbeit in der MCZ meinen Männern zu überlassen. Seine Sorge war so unglaublich süß von ihm, dass ich ihn am liebsten dafür geküsst hätte. Doch das wäre natürlich unpassend gewesen. 

❄️

In der Nacht war es tatsächlich deutlich unheimlicher als am Tag. Das war zu erwarten gewesen. Wir waren verschleiert. Doch wir konnten unsere Schritte und unseren Atem weiterhin hören, was uns ungewöhnlich laut vorkam.

Mash war von der Situation am wenigsten beeindruckt oder gar gegruselt. Kein Wunder, war er doch selbst ein Raubtier der Nacht.

Die Ghoule behelligten uns wie erwartet nicht. Selbst, wenn wir appetitlich für sie gewesen wären, sie hätten uns nicht bemerkt.

❄️

[Song 3: John Murphy/ 28 Weeks Later - Walk to Regents Park3] In tiefster Nacht und zur besten Shadowrun-Zeit erreichten wir das Zielgebiet.

Umgeben von Bergen voller Unrat und Müll lag das Gebäude düster und friedlich vor uns.

Nur, dass der Müll eben gar kein Müll war. Das waren hunderte und aberhunderte Shambler, die sich in Gruppen zusammen gestellt hatten und so ausgemergelt und energielos waren, dass sie nicht einmal mehr umherwankten.  

Ich konnte es schon aus der Entfernung spüren: So dicht am Zentrum des Vorfalls hatte sich bereits magische Hintergrundstrahlung aufgebaut. Ich nahm astral wahr. Purer Hass auf alles und jeden brandete mir entgegen.

Die Picknicktische, die normalerweise um das Gebäude herumstanden, waren fort. Weggefressen von hungrigen CFD-Erkrankten, die zum überwiegenden Teil Studenten gewesen waren. Einige von ihnen nagten stumm und emotionslos an angefressenen Leichen herum. 

Der Anblick glich einem skurrilen Abziehbild aus der Hölle.

‹Wo müssen wir genau hin?›9, flüsterte ich, obwohl ich es unhörbar für andere via Gedankenverbindung ausgesprochen hatte.

Liam sah zu mir. ‹Es sind vier Mainframes. Alle im Keller, wir müssen also in den Keller.› 

Vor jedem Eingang standen Shambler. Gut 30 Meter weiter links von unserer aktuellen Position sah es jedoch aus, als könne man an eine Tür gelangen, ohne vorher direkt durch einen Haufen von ihnen gehen zu müssen.

AveRage sandte eine Drohne aus und teilte den Feed via AR und via Mindlink. Da drei von uns Technomancer waren, hatten wir es riskiert, ein lokales Netzwerk aufzubauen, welches wir definitiv abschalten würden, bevor wir uns dem Haus weiter näherten.

Auch wenn die Drohne klein war, bat ich Sylphe Meeraii, diese ebenfalls vor allen Sinnen zu verschleiern.

Die Drohne flog zu der Tür, die ich für zugänglich hielt. Die ersten Bilder zeigten, dass ich mich gründlich geirrt hatte. Auch dort standen Shambler direkt vor der Tür, wenn auch nicht so dicht gestaffelt. Ich hätte es sicher gewagt, mich hindurchzuschlängeln, doch frei war der Zugang mitnichten.

AveRage steuerte die Drohne zu einem kaputten Fenster des Treppenhauses im 1. Stock. Auch auf den Gängen standen Shambler. Nahezu alle Möbel waren auf ihre Tauglichkeit als Essen geprüft worden und wiesen Bissspuren auf. Einige waren bis zur Unkenntlichkeit ihrer Funktion abgeknabbert.

‹Was nun?›, fragte Sionn. ‹Schieben wir uns da einfach durch die Massen und hoffen, dass sie uns nicht entdecken?›

Das Gesicht von AveRage verfinstere sich vor Sorge. ‹Ich denke, mein Bäuchlein passt da nicht vorbei.›

‹Wir könnten irgendwo aufs Dach und uns dann von oben durchschlagen›, schlug Liam vor.

‹Mash, du beherrschst doch den Levitations-Spruch?›, vergewisserte ich mich.

Mash hob eine seiner Augenbrauen. ‹Ja das tue ich immernoch.›

‹Dann denke ich, versuchen wir noch mal den Trick mit dem Weglocken. Mash erhebt mich in die Luft, damit ich weiter gucken kann und ich erschaffe Geräusche, denen die Shambler vor dem Eingang folgen. Allerdings sollte die Illusion diesmal wohldosiert sein. Es nützt nichts, wenn wir mit dem Lärm alle Shambler im Umkreis von einer Meile aufwecken.›

❄️

‹Sei schön vorsichtig mit der Prinzessin!›, forderte Sionn.

Mash grinste kurz böse. ‹Keine Sorge, Snowcat ist so leicht, da kann nichts schiefgehen.›

‹Oh ja, ich erinnere mich!›, erklärte der Elf und klang ein wenig verträumt.

❄️

Ich versuchte es mit dem simplen Klingeln eines Glöckchens. Es dauerte einen Moment, aber dann machte sich ein Shambler auf, nach dem Geräusch zu sehen. 

Ein weiterer folgte. 

Dann noch einer.

Der Herdentrieb setzte ein. 

Wir warteten, bis sich die entstandene Karawane ein gutes Stück entfernt hatte.

Als ich die illusionären Geräusche verstummen ließ, geriet der Shambler-Strom in Stocken. Einige sahen sich um und begannen, das anzuknabbern, was sich in ihrer Nähe befand.

Gespenstisch.

Mash setzte mich samtweich wieder auf den Boden ab. 

‹Los! Sionn, geh vor!›, verlangte Liam.

‹Ja, genau, schick den Schotten vor›, meinte Sionn in sarkastischem Ton, zwinkerte mir zu und setzte sich dann völlig lautlos in Bewegung. Was auch immer man von dem Technomancer halten mochte, schleichen konnte er.

Der Weg zur Tür war frei, allerdings war sie verschlossen. 

Ich spürte mit magischen Sinnen nach Bewegung und erklärte: ‹Innerhalb der nächsten zehn Meter bewegt sich nichts.›

Sionn brauchte nicht lange, um das Schloss zu hacken, dann zog er ein seltsam anmutendes Kännchen aus seinem Rucksack. Er ölte die Scharniere, bevor er die Tür öffnete.

Im Gebäude war es finster. Restlichttaschenlampen halfen. Selbstverständlich hatten wir welche dabei. Auch in diesem Gang gab es Shambler. Ein gutes Dutzend von ihnen stand vereinzelt und still umher. Warum bei allen Drachen der Sechsten Welt setzten sie sich nicht hin, wenn sie so ausgelaugt waren?

Der Gestank hier drin musste bestialisch sein, aber dank der Breezer, die wir schon allein aus Sicherheitsgründen aufgesetzt hatten, bekamen wir davon nichts mit.

Mir stellten sich die Nackenhaare auf, als ich so dicht an einem Shambler vorbei musste, dass ich seine Körperwärme spüren konnte. Unwillkürlich hielt ich den Atem an, und stieß ihn erst wieder aus, als wir die Treppe Richtung Keller hinabstiegen.

❄️

Unten angekommen wurde das durchschnittliche Shambler-Aufkommen pro Meter deutlich geringer. 

Sionn ölte jede Tür an den Scharnieren, er hatte sogar Keile dabei, damit uns niemand unseren Rückweg abschneiden konnte. 

Den ersten Server fanden wir völlig unbewacht vor. Liam verdrahtete ihn und bereitete so die Sprengung per Fernzündung vor. 

Der zweite Serverraum ließ unsere Alarmglocken klingeln. Er war abgeschlossen. Das Schloss war für Sionn kein Hindernis. Allerdings lagen hier zwei schwer verletzte Shambler auf dem Boden, die langsam aber stetig regenerierten. Irgendjemand musste in den letzten Tagen hier gewesen sein. 

Mash betäubte die beiden mit Nacrojet und fesselte sie an Armen und Beinen. Das würde sie ausschalten, bis der Server selbst gesprengt worden war. Außerdem lief die Maschine bereits. Natürlich fragten wir uns, ob das bedeutete, dass aktuell jemand anderes hier war, um den Auftrag von Pax zu erfüllen.

Nun gingen wir noch vorsichtiger vor. Wir checkten alles mehrmals, doch im dritten Raum war niemand. Er war weder abgeschlossen, noch war der Server aktiv. 

Während Liam die dritte Anlage verdrahtete, entdeckte Sionn eine FlySpy-Drohne, die den Raum beobachtete. Irgendetwas war hier tatsächlich los. Ich setzte einen echten Penny, dass es sich dabei um eine Drohne von Cereus handelte. 

Beim vierten Server gab es nichts, was unsere Paranoia weiter beflügelte.

Also blieb nur noch der Knoten, den wir eigentlich noch hätten booten sollen, den wir aber ebenfalls sprengen würden.

Hier gab es ziemlich viel getrocknetes Blut auf dem Boden. Es war definitiv gekämpft worden. Doch das war schon Tage her. 

Sionn berührte das Gerät und verkündete dann: ‹Das Teil war innerhalb der letzten Woche schon mal online, ist jetzt aber aus.›

Fragen huschten durch mein hübsches Köpfchen. Warum das? Hatte hier jemand nachgesehen? War das hier eine Falle für Pax? Oder gar eine Falle für Deus? 

Sionn begann, sich alles ganz genau anzusehen. AveRage wich ihm dabei nicht von der Seite. Sionn fand Fußspuren und entdeckte, dass ein Kabel nicht wieder richtig eingerollt worden war. 

‹Vielleicht bekommen wir weitere Hinweise, wenn ich das Gerät anfasse›, sagte ich an und dachte natürlich an Psychometrie. ‹Darum werde ich das jetzt tun.›

Ich konzentrierte mich und stellte eine Art Aurenkontakt mit dem Gerät her. Zum Glück musste ich es dazu nicht berühren, sondern konnte Abstand halten, wenn auch nur wenige Millimeter.

Mein Bewusstsein glitt nur langsam in die öde Existenz des Knotens hinein. Trostlos und ausgeschaltet stand er herum. 

Vorsichtig und abermals langsam bewegte ich mich in der Zeitlinie zurück. Zwei Shambler traten verschwommen ins Bild und schalteten mich aus. Ich las den letzten Zeitstempel ab. Das Ereignis war ungefähr eine Woche her. Es folgten fünf Wochen, in denen ich online, aber ohne Datentransfer vor mich hin brummte. Dann legte ein Shambler ein Fernsteuerdeck auf mich und schaltete mich ein. Das war das letzte, was ich sah, bevor ich wieder in der Leere des Ausgeschaltet-Seins verschwand.

❄️

Unsere Mission war soweit erledigt. Jetzt mussten wir nur noch unbehelligt von hier weg.

[Song 4: Aleksandar Dimitrijevic - Last Ray of Lights3] Die Masse an Shamblern war noch nicht zur Tür zurückgekehrt. 

Soweit, so gut!

Allerdings stand da ein einzelner Nerd auf leicht erhöhter Position, ich schätzte ihn auf Anfang 20, im beschmuddelten Polo-Shirt, der sich emotionslos umsah und ohne Timbre in der Stimme immer mal wieder ‚Hallo’ in die Gegend rief.

Wenn wir nicht durch Massen von Shambler wollten, mussten wir direkt an ihm vorbei. 

Wir verlangsamten unser Tempo und näherten uns vorsichtig. 

Als wir ihn mit gezückten Waffen beobachten, änderte sich das suchende Verhalten. Der Körper des Shamblers straffte sich, sein Gesicht sah nun ernst und sehr erwachsen drein. Er blickte grob in unsere Richtung und sagte emotionslos und völlig akzentfrei auf Englisch: „Ich gehe davon aus, dass ihr irgendeine Art von Tarnvorrichtung besitzt, die ich nicht durchdringen kann. Mein Wissen ist hier beschränkt. Es fasziniert mich. Ich kann auch keinerlei Kommunikation feststellen. Was ihr da besitzt, sind anscheinend einige sehr brauchbaren Eigenschaften.“

Liam sah mich streng an. ‹Du willst sicher mit dem plaudern. Zeig dich dem bloß nicht!›

Ich schüttelte den Kopf. ‹Keine Sorge, ich habe nicht die Absicht, mich ihm zu zeigen.›

Zunächst dachte ich daran, mit Hilfe einer Illusion mit ihm zu sprechen, doch dann fand ich einen einfacheren und sichereren Weg, unerkannt zu bleiben. Ich bat meine Sylphe Meeraii, sich zu manifestieren und für mich zu sprechen. Vielleicht war ein solcher Botendienst unter dem Niveau eines mächtigen Geistes, aber Sylphen stehen auf Tricks und Täuschungen, und so gehorchte Meeraii meiner Bitte sogar gern.

Das hellblaue Wesen mit den graublauen, wallenden Gewändern materialisierte sich und sagte mit leichtem Donner in der Stimme, was ich erdachte: „Du möchtest uns sprechen?“ 

„Faszinierend“, meinte unser Gegenüber zunächst ohne jeglichen Ausdruck im Gesicht. „Ja. Was habt ihr hier gemacht?“, fragte er unverblümt.

„Warum möchtest du das wissen?“

„Aus Neugier.“ 

„Das ist kein ausreichender Grund. Wir wissen auch nicht, was du vorhast.“

Der ‚Shambler‘ verarbeitete das kurz und meinte dann. „Verstehe! Ist es richtig, dass ihr Personen seid, die Aufträge gegen Geld annehmen?“

„Ja! Und ist es richtig, dass du Shambler steuern kannst?“, ließ ich die Sylphe im Gegenzug fragen. Es war klar, dass jemand die Kontrolle über den Shambler übernommen hatte.

„Shambler ist also eure Bezeichnung für die Infizierten. Ja, das ist korrekt. Man kann sie hacken. Keiner von denen ist angemessen für mich. Mit allen, die ich finden kann, ist eine vernünftige Steuerung unmöglich. Deswegen habe ich einen Vorschlag für euch. Ich brauche zwei Dinge: Eine Blutprobe von einem funktionierenden mit der Boston-Variante von CFD Infizierten und 500 ml saubere Nanitenflüssigkeit.“

Ich hob interessiert eine meiner zarten Augenbrauen. Langsam gab es keinen Zweifel mehr, wen ich da vor mir hatte. Meeraii teilte meine Gefühle nicht, deshalb klang sie neutral: „Ich weiß nicht, wo man die Flüssigkeit herbekommt.“

„Hier aus einem Labor in der Nähe, aber das ist wohl kein Ort, an den ihr gehen könnt. Ihr solltet welche im NeoNET Blue Hills Research and Development Center bekommen.“

„Nehmen wir mal an, wir könnten es besorgen, was kannst du uns dafür geben?“ 

„Ich kann euch ein Fairlight Paladin geben. Wäre das angemessen?“

„Ja, das ist cool und ausreichend wertvoll!“, ließ ich erwidern.

„Also macht ihr es?“, fragte er oder sie oder wie auch immer es sich sah. 

„Wir wissen noch nicht genug über unsere Möglichkeiten. Doch wir überprüfen, ob wir es machen können“, ließ ich sagen. „Wenn wir die beiden Dinge besorgen können, kommen wir zu dem Ort, der vor dem Ausbruch das Café ‚White Mocha Magista’ war. Dort geben wir Bescheid. Weißt du, wo das ist?“

Es dauerte zwei, drei Sekunden, dann antwortet er mit Ja.

„Gut, dann kommen wir da hin. Dort machen wir auch aus, wie das mit der Übergabe laufen soll. Für wen sollen wir dann eine Nachricht abgeben?“, ließ ich noch fragen.

„Ach ja, Namen sind euch ja so wichtig. Für Cereus.“

Hätte ich mit mir selbst gewettet, ich hätte soeben gewonnen. 

„Wie nenne ich dich?“, fragte er seinerseits

Nun zögerte ich einen Moment, dann ließ ich erwidern: „Nenne mich Buttercup.“ Hätte ich ihm meinen Namen oder irgendeine Variation davon mitteilen lassen, Cereus hätte zu viel über mich herausbekommen können.

„Buttercup. Verstanden!“, sagte der junge Mann, bevor die Intelligenz aus seinem Hirn verschwand und er wieder zum Shambler wurde.

❄️

‹Shit! Was für ein Gespräch! Wir sind echt mittendrin›, kommentierte Sionn, als wir uns wieder in Bewegung gesetzt hatten.

‹Wieso shit?›, meinte AveRage. ‹Ich hab super-coole Aufnahmen davon machen können. Das macht sich sicher toll in einer der Folgen. Der Geist sieht hammermäßig aus!›

Liam grinste kurz und meinte: ‹Noch 30 Sekunden!›

Niemand von uns fragte sich, was er damit meinte.

‹Wollen wir den Job denn machen?›, erkundigte sich Sionn.

Ich zuckte mit den Schultern. ‹Ich weiß nicht genau. Obwohl, nein. Eigentlich will ich das nicht! Ich möchte jemandem mit so viel Hass auf alles nicht helfen, an einen beweglichen, gut steuerbaren Körper zu kommen. Abgesehen davon wüsste ich nicht mal, wo wir an einen funktionierenden Infizierten kommen.›

‹Ich schon!›, kam nun von Liam, während es in der Entfernung rumste und vier Server explodierten. Nicht, dass ich das gehört hätte, die 30 Sekunden waren nur vergangen. ‹Ronald funktioniert doch prima.›

‹Ronald ist ja 'ne super Idee!›, freute sich Sionn. ‹Den kann ich eh nicht leiden! Ich finde, den sollten wir so oder so platt machen!›

Ich strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. ‹Ja, stimmt, Ronald ginge. Wir könnten den Job also erledigen. Aber noch weiß ich nicht, warum wir das tun sollten. Es sei denn natürlich, wir nutzen es aus irgendeinem Grund als Falle.›

‹Zum Beispiel!› bestätigte Liam.

Ich lächelte. ‹Man weiß nie genau, wozu solche Informationen gut sind.› 

Mit einem hatte Sionn natürlich Recht. Wir waren mittendrin im Geschehen. Das war dann genau so, wie ich es liebte. Das Bild setzte sich immer weiter zusammen. In meinem Hinterkopf war der Gedanke entstanden, man könne dem frisch geborenen Cereus von seinem Hass heilen und ihn die Schönheit der Sechsten Welt lehren. Ich mochte die Idee, so abwegig sie auch war. So hasserfüllt hatte er nicht mal gewirkt. Doch Cereus würde wahrscheinlich mindestens auf der Deus-Schiene fahren und die Welt auf seine Art verbessern wollen.

‹Mir ist das alles recht! Hauptsache, wir machen Pax platt!›, verkündete AveRage unerwartet.

‹Wir haben verhindert, dass Pax ihren Bonus bekommt und so Zeit gewonnen›, erwiderte ich sanft. ‹Jetzt sehen wir erstmal zu, dass wir pünktlich vor Morgengrauen nach Hause kommen. Alles weitere besprechen wir dann in der Academy, wenn wir ein wenig darüber geschlafen haben.›

Tatsächlich freute ich mich schon auf den Anblick unseres neuen Zuhauses. 

Ende der Episode

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Snowcat and the Howling Shadows

An dieser Stelle bedanken sich die Spieler unserer Runde bei allen, die an der Entwicklung und Verarbeitung der Shadowrun®-Produkte mitgewirkt haben. Ohne ihre Arbeit wäre unser Spiel nicht möglich! 

We would like to thank the authors, artists and all others who are involved in the development of the Shadowrun® rules, adventures and stories. Without them, our game would not be possible.

Vielen Dank auch an @Vin für das Korrekturlesen. ;*

*reckundstrekgenüsslich* Hoffe Ihr habt Spass; *knutschi*